Entscheidungsstichwort (Thema)
ausgefallene Beiträge. unzulässiger Konkursantrag. Betriebseinstellung. offensichtliche Masselosigkeit. fehlender Konkursantrag. Absetzen an unbekannten Ort. Feststellung der Masselosigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Konkurseröffnungsantrag unzulässig, hindert er nicht den Eintritt des Insolvenzereignisses der Betriebseinstellung bei völliger Masselosigkeit.
2. Die Feststellungslast für die offensichtliche Masseunzulänglichkeit des die Betriebstätigkeit einstellenden Unternehmens trägt, wer konkursausfallgeldrechtliche Ansprüche geltend macht.
Normenkette
AFG § 141n Abs. 1, § 141b Abs. 3 Nr. 2, § 141a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. April 1991 aufgehoben. Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 18. Februar 1987 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin hat den Beigeladenen zu 2) bis 4) deren außergerichtliche Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten nach konkursausfallgeldrechtlichen (kaug-rechtlichen) Vorschriften einen Anspruch auf die Entrichtung von Pflichtbeiträgen für die Monate Juli und August 1984 hat. Das Sozialgericht (SG, Urteil vom 18. Februar 1987) hat diese Frage verneint. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG, Urteil vom 11. April 1991) hat die Beklagte verpflichtet, die Beiträge sowie Mahngebühren und Säumniszuschläge in Höhe von zusammen 2.144,30 DM zu zahlen.
Die Beigeladenen zu 2) bis 4) waren Arbeitnehmer des … F. Dieser betrieb in den Monaten Juli und August 1984 eine Gaststätte. Nach einer Verschuldung in Höhe von etwa 50.000,– DM setzte er sich mit seiner Habe ins Ausland ab. Sein Aufenthalt ist seitdem unbekannt. Von seinen Arbeitnehmern sind Kaug-Ansprüche nicht geltend gemacht worden. Bei der Klägerin sind Beitragsansprüche in Höhe von 2.082,70 DM offengeblieben, Diese machte sie ebenso wie Mahngebühren und Säumniszuschläge am 28. September 1984 dem Grunde nach geltend. Am 18. Januar 1985 bzw mit Schriftsatz vom 28. Dezember 1987 gab sie eine Aufschlüsselung ihrer Ansprüche.
Den Antrag der Klägerin lehnte die Beklagte durch ihren Bescheid vom 5. November 1985 mit der Begründung ab, daß ein Kaug-Ereignis iS von § 141 b Abs. 3 Nr. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht feststellbar sei. Zu demselben Ergebnis ist das SG gekommen. Die mögliche Zahlungsunfähigkeit des F bedeute nicht ohne weiteres, daß eine Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse nicht in Betracht komme.
Nach Zustellung des Urteils des SG stellte die Klägerin am 21. Mai 1987 einen Konkursantrag bei dem zuständigen Amtsgericht. Dieser wurde durch Beschluß vom 29. Mai 1987 mit der Begründung als unzulässig abgelehnt, daß die Anschrift des F unbekannt und ein Verfahren demgemäß nicht durchführbar sei.
Nach der Überzeugung des LSG sind die Voraussetzungen des § 141 n Abs. 1 Satz 1 AFG erfüllt. F habe seinen Restaurationsbetrieb endgültig eingestellt. Der Konkursantrag der Klägerin sei rechtsunerheblich, weil seine Abweisung nicht mangels Masse, sondern wegen fehlender prozessualer Voraussetzungen erfolgt sei. Ein Konkursverfahren über das Vermögen des F komme offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht; denn es komme nicht auf die Offensichtlichkeit nicht vorhandener Masse, sondern vielmehr auf die Nichtoffensichtlichkeit vorhandener Masse an. Es sei weder offensichtlich noch von der Beklagten substantiiert vorgetragen worden, daß und welche verwertbaren Vermögenswerte F besitze. Im übrigen vermittle die Tatsache, daß F seine Betriebstätigkeit im Inland eingestellt und Schulden in großer Höhe gemacht und sich danach abgesetzt habe, dem unvoreingenommenen Betrachter den Anschein seiner Insolvenz. Daran ändere nichts, daß der im Inland wohnende Beigeladene zu 2) kein Kaug beantragt habe. Aus einer möglichen Zahlung des Lohnes an den Beigeladenen zu 2) folge nicht, daß F danach solvent geblieben sei. Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte ist der Auffassung, daß weder die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen noch die rechtlichen Darlegungen des Gerichts ihre Verurteilung rechtfertigen. Das LSG habe weder die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 2) bis 4) noch den Ausfall der begehrten Beiträge festgestellt. Soweit das LSG von einer Verschuldung des F in Höhe von ca 50.000,– DM ausgehe, habe es die Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung überschritten. Bezüglich der Zahlungsunfähigkeit des F beruhten die Annahmen des LSG lediglich auf Spekulationen. Insbesondere sei die objektive Feststellungslast dafür, daß ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des F offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht gekommen sei, zu Unrecht umgekehrt worden ist. Es komme in diesem Zusammenhang darauf an, ob äußere Tatsachen in ihrer Gesamtheit den Anschein erweckten, daß F vermögenslos gewesen sei. Das LSG setze die Zahlungsunwilligkeit des F mit seiner Vermögenslosigkeit gleich. Das Verschwinden eines Schuldners nach der Inanspruchnahme durch Dritte erwecke aus der Sicht eines unvoreingenommenen Betrachters deutlich weniger den Anschein, daß er keine Mittel mehr habe, als denjenigen, daß er vorhandene Mittel nicht mehr den von ihm eingegangenen Verpflichtungen entsprechend verwenden wolle. Es komme aber nur darauf an, ob ein Konkursverfahren mangels Masse nicht in Betracht komme. Im übrigen hält die Beklagte einen inländischen Konkursgerichtsstand für erforderlich und für nicht gegeben. § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG verlange, daß die Voraussetzungen für eine konkursgerichtliche Sachentscheidung vorliegen. Diese seien jedoch, wie die Verwerfung des Konkursantrages der Klägerin zeige, nicht gegeben gewesen. Die Richtigkeit ihrer Auffassung werde nicht zuletzt durch § 249 b AFG bestätigt. Die Beklagte weist im übrigen darauf hin, daß in dem angefochtenen Urteil Ausführungen bezüglich der Zahlungsverpflichtung für die angeblichen Nebenforderungen der Klägerin fehlen. Nach ihrer Überzeugung ist auch die Kostenentscheidung des LSG rechtswidrig.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. April 1991 aufzuheben und die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. April 1991 – L 3 Ar 94/89 – zurückzuweisen.
Nach ihrer Überzeugung hat das LSG ausreichende Feststellungen für seine Entscheidung getroffen. Sie habe ihre offenstehenden Forderungen substantiiert und rechtzeitig geltend gemacht. Die Klägerin hält den von ihr gestellten und von dem Konkursgericht verworfenen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des F für unerheblich iS von § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG. Das LSG habe mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung angenommen, daß die Eröffnung eines Konkursverfahrens offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht gekommen sei. Auch die fehlende Zuständigkeit der deutschen Konkursgerichtsbarkeit habe die Vorinstanz rechtlich zutreffend gewürdigt.
Dieser Revisionsentgegnung schließt sich die Beigeladene zu 1) an.
Sie beantragt,
die Revision der Beklagten/Berufungsbeklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. April 1991 – L 3 Ar 94/89 – zurückzuweisen.
Die übrigen Verfahrensbeteiligten stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Der erkennende Senat vermag der Auffassung des LSG, daß ein Insolvenzereignis iS des § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG eingetreten ist, nicht zu folgen. Die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil rechtfertigen die Annahme des LSG nicht.
Grundlage eines etwaigen Anspruchs der Klägerin auf Entrichtung von Pflichtbeiträgen ist § 141 n Abs. 1 AFG. Nach dieser Vorschrift entrichtet die Beklagte derartige Beiträge, welche ausgefallen und „bei Eröffnung des Konkursverfahrens” noch nicht entrichtet sind. Der Eröffnung des Konkursverfahrens sind in § 141 b Abs. 3 AFG zwei andere Insolvenzereignisse gleichgestellt. Einerseits steht die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse (Nr. 1) und andererseits die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Nr. 2), der Eröffnung des Konkursverfahrens gleich.
Soweit die Klägerin für erwägenswert hält, der Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse (§ 141 b Abs. 3 Nr. 1) eine sonstige Abweisung des Konkursantrages gleichzustellen, folgt der erkennende Senat dem nicht. Allen drei Insolvenztatbeständen der §§ 141 b Abs. 1 bzw 141 b Abs. 3 AFG ist gemeinsam, daß ein Vermögensverfall auf Arbeitgeberseite verlangt wird. Die Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens aus sonstigen Gründen läßt aber gerade diese Voraussetzungen in der Regel offen, weil die Vermögenslage nicht überprüft wird. Schon aus diesem Grunde scheidet die Gleichsetzung einer sonstigen Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mit dem Insolvenzereignis des § 141 b Abs. 3 Nr. 1 AFG aus.
SG und LSG haben mit Recht angenommen, daß auch das im Ausland befindliche Vermögen eines dorthin zurückgekehrten ausländischen Unternehmers in die Betrachtung einzubeziehen ist (BSG SozR 4100 § 141 a Nr. 6) und demgemäß zutreffend überprüft, ob im vorliegenden Falle ein Insolvenzereignis iS von § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG eingetreten ist. Diese Vorschrift setzt neben der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit, welche nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil gegeben ist, zwei weitere „negative” Merkmale als Anspruchsvoraussetzung voraus. Einerseits darf ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden sein, und andererseits darf ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommen. Das LSG geht mit Recht davon aus, daß derartige negative Umstände oder Merkmale, eben weil sie nicht bestehen bzw vorhanden sein dürfen, praktisch kaum exakt festgestellt werden können. In derartigen Fällen verlangt der Gesetzgeber anerkanntermaßen zu prüfen, ob und welche feststellbaren äußeren und inneren Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß ein bestimmter Umstand nicht gegeben ist. Das LSG hat allerdings dennoch – nicht frei von Widersprüchen – auf der einen Seite angenommen, daß ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist, andererseits jedoch den Umstand, daß ein Konkursverfahren mangels Masse nicht in Betracht komme, für nicht feststellbar erachtet. Während es also einerseits die eine negative Anspruchsvoraussetzung für nicht feststellbar erachtet, hat es jedoch eine andere in den Urteilsgründen festgestellt.
Für das gesetzliche Erfordernis, daß ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist, genügt, wenn sämtliche nach den Erfahrungen des täglichen Lebens erforderlichen sinnvollen Ermittlungen ergeben, daß kein entsprechender Antrag vorhanden ist. Nicht anders ist das LSG selbst verfahren. Das LSG hat allerdings bei der vorliegenden Entscheidung mit Recht beachtet, daß die Klägerin nach der Abweisung ihrer Klage durch das SG am 21. Mai 1987 einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des F stellte. Es hat diesen Konkursantrag im Zusammenhang mit seiner Ablehnung aus prozessualen Gründen durch das zuständige Konkursgericht rechtlich richtig bewertet. Auch nach der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts (BSG) ist dieser Antrag im Rahmen von § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG unbeachtlich.
Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 30. Oktober 1991 – 10 RAr 3/91 – SozR 3-4100 § 141 b Nr. 3 – ausgeführt, das Merkmal „wenn ein Antrag auf Konkursverfahren nicht gestellt worden ist” in § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG sei dahin zu verstehen, daß nur Anträge gemeint seien, über welche das Konkursgericht noch nicht entschieden hat oder welchen es gefolgt ist oder welche es mangels Masse abgewiesen hat. Solche Konkursanträge dagegen, welche weder zur Eröffnung des Konkursverfahrens noch zur Abweisung der Eröffnung mangels Masse führen, seien keine Anträge im Sinne der genannten Vorschrift. Der Senat hat in seiner Entscheidung die Auffassung vertreten, daß eine derartige restriktive Auslegung der Vorschrift ihrem Sinn und Zweck entspricht. An dieser Auffassung, auf welcher das damalige Urteil möglicherweise nicht beruht, hält der Senat fest:
Das Kaug-Recht hat, wie oben bereits dargelegt ist, in erster Linie den Zweck, für Arbeitnehmer die Folgen der Zahlungsunfähigkeit beim Unternehmer zu mildern. Die Feststellung dieser Voraussetzungen liegt grundsätzlich in der Hand der zuständigen Konkursgerichte. Das in § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG normierte Insolvenzereignis soll die Beanspruchung des Konkursgerichts für den Fall offensichtlicher vollständiger Überschuldung des Unternehmers überflüssig machen. Kostenträchtige Konkurseröffnungsanträge sollen für den Arbeitnehmer jedenfalls dann entbehrlich sein, wenn die konkursrechtlich relevante Zahlungsunfähigkeit des Unternehmers offensichtlich ist. Niemandem soll ein unangemessenes Kostenrisiko aufgezwungen werden, nur um ein Insolvenzereignis im Sinne des Kaug-Rechts herbeizuführen (s. BSG SozR 4100 § 141 b Nr. 30).
Anders verhält es sich dagegen, wenn die Frage der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmers offenbleibt, weil der Durchführung des konkursgerichtlichen Verfahrens sonstige Hindernisse entgegenstehen. In einem solchen Falle fehlt es an einer Aussage des Konkursgerichts über diese maßgebliche Voraussetzung für die Gewährung kaug-rechtlicher Leistungen (BSG wie zuvor). Demgemäß kann ein Konkursantrag, wenn er von vornherein nicht zulässig ist oder sonstwie von dem zuständigen Gericht verworfen wird, keine Sperrwirkung iS von § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG haben. Er ist vielmehr, wovon das LSG zutreffend ausgegangen ist, unbeachtlich. Dasselbe gilt, wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 1991 (aaO) ausgeführt hat, für zurückgenommene Konkurseröffnungsanträge. Aus diesem Grunde geht der erkennende Senat mit dem LSG davon aus, daß ein nach § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG beachtenswerter Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens im vorliegenden Falle nicht gestellt worden ist.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt demgemäß weiterhin davon ab, ob auch die weitere – negative – Voraussetzung dieser Vorschrift, daß nämlich ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, vorliegt. Das LSG hat angenommen, daß diese negative Anspruchsvoraussetzung aus den oben erörterten grundsätzlichen Erwägungen dahin umgedeutet werden müsse, daß es auf „die Nichtoffensichtlichkeit vorhandener Masse” ankomme. Diese Auffassung des LSG teilt der erkennende Senat aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Sie beinhaltet eine Umkehrung der vom Gesetzgeber geregelten Feststellungslast und läßt gerade die wichtigste Voraussetzung für die Gewährung kaug-rechtlicher Leistungen, nämlich die Zahlungsunfähigkeit bzw Masseunzulänglichkeit des Unternehmers, offen. Der Gesetzgeber hat aber bereits in dem Grundsatz des § 141 a AFG klargestellt, daß ein Ausgleich für ausgefallenes Arbeitsentgelt (bzw ausgefallene Beiträge) nur „bei Zahlungsunfähigkeit” des Arbeitgebers in Betracht kommt. In § 186 b Abs. 1 AFG, welcher die Aufbringung der Mittel für die Kaug-Versicherung betrifft, ist weiterhin festgehalten, daß die Mittel für die Kaug-Versicherung auch den Ausfall der Pflichtbeiträge umfassen. Aus diesen genannten Gründen wäre es abwegig anzunehmen, daß der Mangel an Konkursmasse nicht festgestellt zu werden brauchte.
Allerdings hat der Gesetzgeber insoweit eine Erleichterung für den Berechtigten geschaffen, als weder er noch die Beklagte die fehlende Masse exakt zu ermitteln braucht. Vielmehr genügt insoweit, daß die Masseunzulänglichkeit „offensichtlich” ist. Das BSG hat hierzu in seinem Urteil vom 23. November 1981 (SozR 4100 § 141 b Nr. 21) entschieden, daß ein Kaug-Versicherungsfall auch gegeben sein kann, wenn noch Zweifel an der Masseunzulänglichkeit bestehen. Damit ist dem Zweck des Gesetzes Genüge getan, welcher ua auch darauf gerichtet ist, den Berechtigten schnell und unbürokratisch in den Besitz der Ausgleichszahlung zu bringen. Folglich ist an der bisherigen Auffassung des Senats festzuhalten.
Das LSG ist also bei der Auslegung des § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen. Da es alle in diesem Zusammenhang bedeutsamen Beweismittel und Beweisanzeichen herangezogen hat, so daß keine weitere Sachverhaltsaufklärung zur offensichtlichen Masseunzulänglichkeit möglich ist, war der erkennende Senat verpflichtet, selbst zu überprüfen, ob die von dem LSG festgestellten Tatsachen bei Zugrundelegung seiner eigenen Rechtsauffassung die Entscheidung des LSG im Ergebnis rechtfertigen oder ob dies nicht der Fall ist.
Als Gründe für die offensichtliche Masselosigkeit des F hat das LSG angesehen, daß dieser „Schulden in großer Höhe gemacht und sich ins Ausland abgesetzt (hat), ohne sie zu begleichen”. Die Annahme des LSG, der Anschein der Masseunzulänglichkeit sei damit für einen objektiven Betrachter gegeben, ist unzutreffend. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, daß es nicht gerechtfertigt ist, Zahlungsunwilligkeit und Zahlungsunfähigkeit gleichzusetzen (s. auch LSG Schleswig-Holstein, Zip 1988, 1140). Dies geschieht aber in dem Urteil des LSG, wenn allein die Nichterfüllung wirtschaftlicher Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Untertauchen eines Unternehmers als Anschein für dessen Masseunzulänglichkeit angesehen wird. Eine derartige Betrachtungsweise entspricht weder den Erfahrungen des täglichen Lebens noch berücksichtigt sie, daß F sich nach den Feststellungen des LSG mit „Habe” ins Ausland abgesetzt hatte.
Nach alledem rechtfertigen die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen nicht die Annahme, die Eröffnung des Konkursverfahrens sei im Zeitpunkt der Betriebseinstellung (BSG SozR 3-4100 § 141 b Nr. 3) offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht gekommen. Die Voraussetzungen des § 141 n iVm § 141 b Abs. 3 Nr. 2 AFG sind nicht gegeben. Das Begehren der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben, die gegen das Urteil des SG gerichteten Berufungen mußten zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen