Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 20.08.1992) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. August 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Der 1937 geborene Kläger wohnt in Serbien. Dort durchlief er eine dreijährige Ausbildung als Maschinenschlosser und arbeitete (mit Unterbrechungen) von Juli 1955 bis Dezember 1984 als Maschinenschlosser und Schweißer. Zwischenzeitlich war er von Oktober 1968 bis Dezember 1973 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Bei der B …, Metallbau GmbH & Co. KG, in K … führte er bis Juli 1972 als Facharbeiter (mit einer Eingruppierung nach Lohngruppe VII des Manteltarifvertrages für die Metallindustrie in Südwürttemberg-Hohenzollern ≪MTV≫) Schweißarbeiten im Schiffsbau aus. Danach war er noch – wiederum als Elektroschweißer – bei der Firma Gerätebau Sch … in E … tätig.
Den im Mai 1984 gestellten Rentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 1987 ab. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte unter dem 16. Dezember 1987 zurück, weil der Kläger noch Kontroll- und Prüftätigkeiten in der metallverarbeitenden Industrie sowie die Tätigkeit eines Lagerverwalters oder Werkzeugausgebers vollschichtig verrichten könne. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 9. Januar 1988 durch Einschreiben mit Rückschein bekanntgegeben. In der Rechtsbehelfsbelehrung dieses Bescheides heißt es ua: „Die Klageschrift und (nach Möglichkeit) sämtliche Unterlagen sind in doppelter Ausfertigung einzureichen.”
Am 14. April 1988 ist bei der Beklagten ein als Widerspruch bezeichnetes Schreiben des Klägers eingegangen, das am 12. April 1988 (Poststempel) in Jugoslawien abgesandt worden war. Diese Eingabe ist von der Beklagten dem Sozialgericht (SG) Landshut vorgelegt (Eingangsstempel: 14. Juli 1988) und dort als Klage eingetragen worden, die durch Urteil des SG vom 20. Juli 1990 abgewiesen worden ist. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 20. August 1992). Das LSG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:
Beim Kläger bestehe keine BU und erst recht keine EU. Der Arbeitgeber, bei dem der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland die längste Zeit eine Arbeitsleistung zurückgelegt habe, die B …, Metallbau GmbH & Co. KG, habe dem Kläger einen Einsatz als Facharbeiter (Bauschlosser) bei Montagearbeiten im Schiffsbau bestätigt. Er sei als Facharbeiter nach Lohngruppe VII unter Berücksichtigung einer dreijährigen Ausbildungszeit entlohnt worden. Das SG sei im Hinblick auf die verrichteten Arbeiten als Elektroschweißer vom Leitberuf eines angelernten Arbeiters ausgegangen. Hiergegen spreche die Entlohnung nach Lohngruppe VII, die einen Einsatz in Arbeiten zur Voraussetzung habe, die in bezug auf das fachliche Können einen Ausbildungsstand erforderten, wie er entweder durch eine fachentsprechende Berufsausbildung oder durch eine Anlernausbildung und zusätzliche Berufserfahrung erzielt werde. Es stehe auch nicht fest, ob der Kläger wegen seiner Leistungseinschränkungen weiterhin Schweißarbeiten verrichten könne. Wenn er aber auf seine Facharbeiterausbildung und den hohen Stand seiner Kenntnisse verweise, so könne er aufgrund seiner hohen Qualifikation und der nicht wesentlich gestörten Konzentrations- und Umstellungsfähigkeit auch weiterhin Tätigkeiten der Lohngruppe VII nach dem einschlägigen MTV verrichten. So sei beispielsweise ein Einsatz beim Prüfen und Messen von elektrischen Bauteilen (Lohngruppe VII) oder beim Prüfen in der Fertigung von Dreh-, Stanz-, Gummiform-, Spritzguß- und Kunststoffgußteilen sowie Bremsbelägen (Lohngruppe VI) möglich. Es handele sich um verantwortungsvolle Prüftätigkeiten, die im Sitzen, Stehen und Gehen auszuführen seien. Wenn deshalb ein weiterer Einsatz des Klägers als Schweißer nicht mehr in Betracht komme, weil hier das Heben und Tragen erheblicher Gewichte anfalle, so sei er doch nicht gehindert, in den aufgezeigten Verweisungstätigkeiten vollschichtig zu arbeiten und dabei die gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und sie im wesentlichen wie folgt begründet:
Der Auffassung des LSG, daß ihm noch ein vollschichtiger Einsatz beim Prüfen und Messen von elektrischen Bauteilen oder beim Prüfen in der Fertigung von Dreh-, Stanz-, Gummiform-, Spritzguß- und Kunststoffgußteilen sowie Bremsbelägen möglich sei, könne nicht gefolgt werden. Diese Feststellungen beruhten auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) und verstießen gegen die Vorschrift des § 128 Abs 2 SGG. Er sei nicht zu der Frage gehört worden, ob er aufgrund seines Gesundheitszustandes in der Lage sei, die mehr auf intellektuellem Gebiet liegenden Prüf- und Meßtätigkeiten auszuüben. Gerade bei derartigen Tätigkeiten falle die von ihm geltend gemachte Leistungsbeschränkung auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet entscheidend ins Gewicht. Die eingeholten deutschen ärztlichen Gutachten befaßten sich vorwiegend mit der Frage, ob er noch in der Lage sei, seine früheren Tätigkeiten als Bauschlosser und Schweißer auszuüben. Diese Gutachten hätten nicht die Frage zum Gegenstand, ob er in der Lage sei, die vom LSG genannten Prüf- und Meßtätigkeiten auszuüben. Diese Tätigkeiten seien nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Sie seien nicht einmal aktenkundig. Der Auskunft der B … vom 27. März 1990 sei lediglich eine summarische Lohngruppenbeschreibung beigefügt gewesen, aus der die im Urteil des LSG genannten Verweisungstätigkeiten nicht zu ersehen seien. Wenn das LSG auf die in seinem Urteil genannten Verweisungstätigkeiten habe abstellen wollen, hätte es ihn vor seiner Entscheidung hierzu hören müssen. Das LSG habe weder festgestellt, welche Anforderungen an diese Verweisungstätigkeiten gestellt würden, noch, ob er diesen Anforderungen nach seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen und seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen sei. Die Verweisung auf die vom LSG genannten Prüftätigkeiten, die nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen seien, stelle eine mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht zu vereinbarende unzulässige Überraschungsentscheidung dar. Das angefochtene Urteil beruhe auch auf den gerügten Verfahrensmängeln. Er hätte geltend gemacht und mache jetzt geltend, daß er nicht in der Lage sei, die vom LSG genannten Verweisungstätigkeiten auszuüben. Dies werde auch durch ein hierzu eingeholtes ärztliches Gutachten nachgewiesen werden können.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 20. August 1992 und des SG Landshut vom 20. Juli 1990 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. September 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1987 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor: Die Entscheidung des LSG stelle keine Überraschungsentscheidung dar. Wie das angefochtene Urteil sei auch die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer Facharbeiterqualifikation des Klägers ausgegangen und habe ihn im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1987 auf Kontroll- und Prüftätigkeiten in der metallverarbeitenden Industrie verwiesen. Nachdem weder im Verwaltungsverfahren noch im sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren wesentliche neurologisch-psychiatrische Erkrankungen des Klägers hätten festgestellt werden können und seine Konzentrations- und Umstellungsfähigkeit im übrigen noch nicht wesentlich gestört sei, könne er weiterhin Tätigkeiten, die in Lohngruppe VII nach dem einschlägigen MTV beschrieben seien, verrichten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG, weil die berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen teilweise verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind und auch im übrigen noch keine abschließende Entscheidung zulassen. Insbesondere bedarf es weiterer Aufklärung des Sachverhalts zum bisherigen Beruf des Klägers sowie zu den für ihn noch in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten.
Die Vorinstanzen sind zu Recht von einer zulässigen Klage ausgegangen. Auch wenn der Kläger in seinem am 18. April 1988 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben ausdrücklich nur erklärt hat, er lege Widerspruch ein, weil er mit dem Bescheid der Beklagten nicht zufrieden sei, ist diese Eingabe als Klage anzusehen. Denn es war bereits unter dem 16. Dezember 1987 ein Widerspruchsbescheid ergangen und der Kläger hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er diesen durch Einlegung des zulässigen Rechtsbehelfs überprüfen lassen wolle. Eine derartige Klageschrift konnte der Kläger fristwahrend auch bei der Beklagten einreichen, welche sie unverzüglich an das SG abzugeben hatte (vgl § 91 SGG). Daß der Kläger damit die reguläre Klagefrist von drei Monaten seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides in Jugoslawien am 9. Januar 1988 nicht eingehalten hat (vgl § 87 Abs 1 Satz 2 iVm § 64 SGG), ist unbeachtlich. Die Erhebung der Klage war nämlich gemäß § 66 Abs 2 SGG innerhalb eines Jahres möglich, weil die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides unrichtig ist. Der in der Rechtsbehelfsbelehrung enthaltene Hinweis, daß die Klageschrift und (nach Möglichkeit) sämtliche Unterlagen in doppelter Ausfertigung einzureichen seien, entspricht zwar im wesentlichen dem Inhalt des § 93 Satz 1 SGG. Ohne Zusatz der Regelung in § 93 Satz 2 und 3 SGG kann dadurch jedoch der falsche Eindruck erweckt werden, als führe die Nichtbeachtung bereits zur Erfolglosigkeit der Klage (vgl dazu BSG SozR 1500 § 93 Nr 1; Beschluß des Bayerischen LSG vom 26. Juli 1989 – L 14 B 104/89).
Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen BU oder EU richtet sich noch nach den §§ 1246, 1247 der Reichsversicherungsordnung (RVO), da der Rentenantrag bereits im Jahre 1984 – also bis zum 31. März 1992 – gestellt worden ist und er sich auch auf die Zeit vor dem 1. Januar 1992 bezieht (vgl § 300 Abs 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB VI≫; BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 29).
Nach § 1246 Abs 2 RVO ist ein Versicherter berufsunfähig, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich oder geistig Gesunden mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. EU liegt hingegen vor, wenn der Versicherte aufgrund entsprechender gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (vgl § 1247 Abs 2 RVO). Da der Versicherungsfall der EU an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als derjenige der BU, ist es nicht zu beanstanden, daß das LSG zunächst geprüft hat, ob der Kläger berufsunfähig ist.
Ausgangspunkt für die Beurteilung der BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der „bisherige Beruf”, den der Versicherte ausgeübt hat (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 107, 169). In der Regel ergibt sich dieser aus der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit, die auch dann maßgebend ist, wenn sie nur kurzfristig ausgeübt worden ist, aber zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 130, 164). Das LSG ist davon ausgegangen, daß der bisherige Beruf des Klägers derjenige eines Bauschlossers bei Montagearbeiten im Schiffsbau gewesen sei. Diese Beurteilung begegnet insofern Bedenken, als das LSG dabei nicht die letzte Beschäftigung des Klägers als Elektroschweißer bei der Firma Gerätebau Sch …, sondern seine bis Juli 1972 verrichtete Tätigkeit bei der B … zugrunde gelegt hat. Auch wenn es sich dabei um das am längsten dauernde Arbeitsverhältnis des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland gehandelt hat, durfte der zuletzt ausgeübte Beruf nicht ohne weiteres unberücksichtigt bleiben. Sollte dieser nicht der qualitativ höchste gewesen sein, wäre zu prüfen gewesen, ob eine Lösung vom ursprünglichen Beruf vorliegt (vgl dazu BSGE 41, 129 = SozR 2200 § 1246 Nr 11; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 130, 158). Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann für die Frage des sogenannten Berufsschutzes auf die zuvor verrichtete Tätigkeit zurückgegriffen werden. Die insoweit noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen können vom erkennenden Senat im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (vgl § 163 SGG). Auch im übrigen reichen die berufungsgerichtlichen Feststellungen nicht aus, um die angefochtene Entscheidung bestätigen zu können.
Das LSG hat es nicht nur offengelassen, ob der Kläger auch weiterhin Schweißarbeiten (im Sinne seiner bisherigen Berufstätigkeit) verrichten kann, sondern sich auch dazu nicht festgelegt, ob er aufgrund seines bisherigen Berufes als Facharbeiter oder (wie das SG angenommen hatte) als Angelernter anzusehen ist. Vielmehr ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß der Kläger auch einem Facharbeiter sozial zumutbare Verweisungstätigkeiten noch vollschichtig verrichten könne.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Prüfung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion/besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 138, 140). Da einem Versicherten ein sozialer Abstieg nur um eine Stufe dieses Schemas zugemutet wird, wäre der Kläger als Facharbeiter auf Tätigkeiten verweisbar, die zumindest der Stufe des Angelernten zugeordnet werden können. Dabei reicht es grundsätzlich aus, wenn es sich um an sich ungelernte Tätigkeiten handelt, die aber aufgrund ihrer Wertigkeit für den Betrieb in einem einschlägigen Tarifvertrag Anlerntätigkeiten gleichgestellt worden sind (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn 17, 34).
Nach den Feststellungen des LSG ist dem Kläger noch ein vollschichtiger Einsatz beim Prüfen und Messen von elektrischen Bauteilen (Lohngruppe VII MTV) oder beim Prüfen in der Fertigung von Dreh-, Stanz-, Gummiform-, Spritzguß- und Kunststoffgußteilen sowie Bremsbelägen (Lohngruppe VI MTV) möglich. Abgesehen davon, daß die Wertigkeit dieser Tätigkeiten zweifelhaft sein könnte, wenn sie nicht in einem tariflichen Lohngruppenverzeichnis aufgeführt sind (der Kläger weist insoweit zutreffend darauf hin, daß die von der B … zu den SG-Akten gereichte Lohngruppenbeschreibung keine entsprechenden Angaben enthält), vermag der erkennende Senat diese Beurteilung des LSG jedenfalls insoweit seiner Entscheidung nicht zugrunde zu legen, als das LSG zu dem Ergebnis gelangt ist, der Kläger sei fachlich und gesundheitlich fähig, die betreffenden Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Diese Tatsachenfeststellung hat der Kläger nämlich mit der zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffen, das LSG habe insoweit den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl §§ 62, 128 Abs 2 SGG) verletzt.
Nach § 128 Abs 2 SGG darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Das Gericht muß die Beteiligten demnach über die für seine Entscheidung maßgebenden Tatsachen vorher unterrichten, ihnen insbesondere auch Gelegenheit geben, sich zu den in Betracht gezogenen Verweisungstätigkeiten zu äußern (vgl dazu BSG SozR 1500 § 62 Nr 11; SozR 2200 § 1246 Nr 98). Daran fehlt es hier. Das LSG konnte die Fähigkeit des Klägers zur Verrichtung bestimmter Verweisungstätigkeiten nur feststellen, nachdem es dessen Restleistungsvermögen mit den Anforderungen dieser Tätigkeiten verglichen hatte (vgl dazu BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 33). Der Kläger ist jedoch im Berufungsverfahren weder auf die betreffenden Verweisungstätigkeiten als solche noch auf eine offenbar vorhandene Gerichtskunde von den fachlichen und gesundheitlichen Anforderungen dieser Tätigkeiten hingewiesen worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten war das LSG seiner diesbezüglichen Hinweispflichten nicht allein deshalb enthoben, weil der Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1987 den Kläger ua auf „Kontroll- und Prüftätigkeiten in der metallverarbeitenden Industrie” verweist. Denn eine derart allgemein gehaltene Angabe erfüllte nicht die Anforderungen an eine konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 34; zur Bezeichnung von Kontroll- und Prüftätigkeiten insbesondere auch BSG, Urteile vom 14. Dezember 1983 – 4a RJ 69/84 – und vom 27. April 1989 – 5 RJ 29/88 –). Im übrigen waren für den Kläger auch anhand des Widerspruchsbescheides die fachlichen und gesundheitlichen Anforderungen solcher Tätigkeiten nicht erkennbar.
Nach alledem ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen. Bei ihrer ergänzenden Sachverhaltsaufklärung wird die Vorinstanz auch dem Vorbringen des Klägers zu einer weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nachzugehen haben. Ferner bleibt es dem LSG vorbehalten, auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
Fundstellen