Leitsatz (amtlich)
1. Personen, die den Berechtigten nach G 131 Kap 1 gleichgestellt wurden (G 131 § 4 Abs 2), sind für die Zeit nach dem 1951-04-01 im öffentlichen Dienst des Bundesgebiets und von Berlin (West) versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung (AVAVG 1927 § 69; RVO § 169).
2. Auch bei einem anerkannten Sowjetzonenflüchtling (BVFG § 90 Abs 1) gilt eine in der Sowjetzone ausgeübte, dort versicherungspflichtige Beschäftigung als versicherungspflichtig im Sinne des AVAVG 1927 § 95 nur dann, wenn sie im Geltungsbereich des AVAVG versicherungspflichtig gewesen wäre.
3. Ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung ändert oder ersetzt den ursprünglichen (SGG § 95) nur dann, wenn er denselben Streitgegenstand (SGG § 92) betrifft; ein bloßer Sachzusammenhang mit dem anfänglich erhobenen Anspruch ist jedenfalls nicht ausreichend iS des SGG § 96.
Normenkette
AVAVG §§ 69, 95 Abs. 1; RVO § 169 Abs. 3 Fassung: 1945-03-17; G131 § 4 Abs. 2; BVFG § 90 Abs. 1; SGG § 96 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 95 Fassung: 1953-09-03, § 92 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. August 1957 aufgehoben, soweit es den Bescheid der Beklagten vom 5. September 1956 betrifft.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Der 1901 geborene Kläger ist als Sowjetzonenflüchtling anerkannt und hat den Flüchtlingsausweis C erhalten. Er war am 1. Dezember 1931 als Förster zum Beamten auf Lebenszeit ernannt worden und - abgesehen von den Zeiten seines Wehrdienstes sowie seiner Kriegsgefangenschaft - bei der Staatlichen Forstverwaltung in Mecklenburg bis zum 31. Januar 1955, zuletzt als Revierforstamts- und Oberförstereileiter, beschäftigt. Seit Einführung der einheitlichen Sozial- und Arbeitslosenversicherung in der sowjetischen Besatzungszone hatte er Sozialversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungskassen dort abgeführt. Am 5. März 1955 flüchtete der Kläger nach W und nahm später seinen Wohnsitz in H. Durch Entscheidung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg vom 25. April 1956 wurde er nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131) den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 dieses Gesetzes bezeichneten Personen gleichgestellt. Laut Mitteilung der Oberfinanzdirektion H vom 12. Mai 1956 wurden dem Kläger als verdrängtem Beamten Ansprüche auf Übergangsgehalt nach dem Gesetz 131 zuerkannt. Diese Bezüge wurden ihm rückwirkend ab Mai 1955 mit 436,59 DM monatlich, vom 1. Januar 1956 an mit 492,75 DM monatlich gewährt.
II. Am 24. Mai 1955 meldete sich der Kläger arbeitslos und stellte Antrag auf Unterstützung. Mit Verfügung der Beklagten vom 2. Juni 1955 wurde ihm Arbeitslosenunterstützung (Alu) nicht zuerkannt, aber Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu) ab 27. Mai 1955 für 78 Unterstützungstage bewilligt. Diese Verfügung enthält den Satz: "Die Anwartschaft gemäß § 95 Abs. 1 - 3 ist durch versicherungspflichtige Beschäftigungen ... nicht erfüllt". Hiergegen legte der Kläger am 7. Juni 1955 Widerspruch ein und begehrte Alu unter Bezugnahme auf seine versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone. Sein Widerspruch wurde durch Bescheid der Widerspruchsstelle beim Arbeitsamt Hamburg vom 13. August 1955 als unbegründet zurückgewiesen.
III. Während des vom Kläger beim Sozialgericht Hamburg mit Klage vom 22. August 1955 anhängig gemachten Rechtsstreits entzog ihm die Beklagte mit einer weiteren (zweiten) Verfügung vom 5. September 1956 die inzwischen auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) umgestellte Alfu mit Wirkung vom 27. Mai 1955 an, weil sein Lebensunterhalt durch den Bezug des Übergangsgehalts gesichert sei. Gleichzeitig wurde die Erstattung der überzahlten Unterstützung geltend gemacht. Hiergegen legte der Kläger am 25. September 1956 ebenfalls Widerspruch ein. Über diesen (zweiten) Widerspruch ist im Verwaltungswege seitens der Beklagten bislang nicht entschieden worden.
IV. Mit Urteil vom 8. April 1957 hob das Sozialgericht Hamburg die Verfügung des Arbeitsamts vom 2. Juni 1955 und den Widerspruchsbescheid vom 13. August 1955 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab 27. Mai 1955 Arbeitslosenunterstützung für 312 Unterstützungstage anstelle der gewährten Arbeitslosenfürsorgeunterstützung und Arbeitslosenhilfe zu zahlen. Als anerkannter Flüchtling stehe der Kläger in der Arbeitslosenversicherung den Berechtigten im Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG) gleich. Infolgedessen begründe seine versicherungspflichtige Beschäftigung in der sowjetischen Besatzungszone die Anwartschaft auf Alu, zumal die von ihm dort ausgeübte Tätigkeit auch im Bundesgebiet nicht ausschließlich von beamteten und damit versicherungsfreien Arbeitnehmern verrichtet worden sei. Daß der Kläger auf Grund seiner späteren Stellung als verdrängter Beamter für eine Beschäftigung innerhalb des öffentlichen Dienstes kraft Gesetzes im Bundesgebiet versicherungsfrei geworden sei, ändere nichts an dieser Rechtslage.
Über den Bescheid (Verfügung) der Beklagten vom 5. September 1956 wurde im Urteil des Sozialgerichts nicht entschieden.
V. Auf die Berufung der Beklagten hin wurde durch Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. August 1957 das Urteil des Sozialgerichts vom 8. April 1957 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zugleich wurde "die Berufung des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 5. September 1956 zurückgewiesen". Das Landessozialgericht ging davon aus, daß eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst, die in der sowjetischen Besatzungszone der Versicherungspflicht unterliegt, sich nicht zum Erwerb einer Anwartschaft auf Alu bei einem Personenkreis eignet, der den Berechtigten nach Kap. I des Gesetzes zu Art. 131 GG gleichgestellt ist. Es war ferner verfahrensrechtlich der Auffassung, daß der Bescheid der Beklagten vom 5. September 1956 über die Entziehung der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung den mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 2. Juni 1955 abgeändert habe. Dieser neue Bescheid sei daher ebenfalls zum Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden. Entziehung und Rückforderung der gezahlten Alfu aber seien gerechtfertigt.
Revision wurde zugelassen.
VI Das Urteil des Landessozialgerichts wurde dem Kläger am 17. September 1957 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1957, beim Bundessozialgericht eingegangen am 11. Oktober, legte er Revision ein und beantragte,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. August 1957 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. April 1957 zurückzuweisen.
Nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist begründete er seine Revision am 13. Dezember 1957. Bei der Berechnung des Übergangsgeldes nach Gesetz 131 sei ihm nur eine Dienstzeit vom 1. April 1917 bis zum 18. Mai 1945 angerechnet worden. Für eine echte Gleichstellung hätten ihm aber auch die folgenden Zeiten bis 1955 gutgebracht werden müssen. Die vom Gesetzgeber gewollte Gleichstellung mit den Berechtigten im Bereich des Grundgesetzes sei nur herbeizuführen, wenn die Dauer seiner nach sowjetzonalem Recht geleisteten versicherungspflichtigen Tätigkeit in entsprechender Weise im Bundesgebiet berücksichtigt werde.
Die Beklagte beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Eine Beschäftigung, die ein anerkannter Sowjetzonenflüchtling in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands ausgeübt habe, könne nur dann zum Erwerb einer Anwartschaft auf Alu dienen, wenn sie auch bei Ausübung in Westdeutschland der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen hätte. Die Tätigkeit, die der Kläger innerhalb der Rahmenfrist des § 95 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) in der sowjetischen Besatzungszone im öffentlichen Dienst ausgeübt habe, wäre jedoch im Geltungsbereich des AVAVG versicherungsfrei gewesen. Auf die Frage, welche Dienstzeiten bei der Berechnung seines Übergangsgeldes nach Gesetz 131 zu berücksichtigen seien, komme es hinsichtlich des Anspruchs auf Alu nicht an.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.
VII. Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist daher zulässig.
Die Revision ist jedoch nur teilweise begründet.
Im Streit steht der Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung (Alu). Voraussetzung für deren Gewährung ist u.a., daß der Arbeitslose die Anwartschaft erfüllt hat (§ 87 Nr. 2 AVAVG a.F.). Sie ist erfüllt, wenn er in den letzten zwölf Monaten vor der Arbeitslosmeldung wenigstens 26 Wochen in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hat (§ 95 Abs. 1 AVAVG a.F.). Aus dem Wortlaut letzterer Vorschrift selbst wird nicht unmittelbar ersichtlich, ob auch versicherungspflichtige Beschäftigungen, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ausgeübt werden, die Grundlage für die Anwartschaft auf Alu abgeben können. Nach § 90 des seit dem 5. Juni 1953 in Kraft befindlichen Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG -) vom 19. Mai 1953 (BGBl. I S. 201) werden indessen Vertriebene und Flüchtlinge in der Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung den Berechtigten im Geltungsbereich des GG und in Berlin (West) gleichgestellt. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 30. Oktober 1956 (vgl. BSG. 4 S. 102 ff.) die unmittelbare Geltung des § 90 Abs. 1 BVFG bejaht und in späteren Entscheidungen an dieser Auffassung festgehalten. Bei einem anerkannten Sowjetzonenflüchtling gilt daher grundsätzlich auch eine Beschäftigung, die in der Sowjetzone ausgeübt worden ist und in der Bundesrepublik versicherungspflichtig gewesen wäre, als versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 95 AVAVG a.F. (vgl. BSG. 4 S. 108 ff.).
Der Kläger fällt unter den vom BVFG erfaßten Personenkreis. Er ist Sowjetzonenflüchtling (§ 3 BVFG) sowie Inhaber des Flüchtlingsausweises C (§ 15 BVFG). Zutreffend hat daher das Landessozialgericht ausgeführt, daß keine Bedenken bestehen, seine Beschäftigung bei der Staatlichen Forstverwaltung in Mecklenburg, die auf Grund der Verordnung über die Pflichtversicherung gegen Arbeitslosigkeit in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands vom 28. Januar 1947 (Arbeit und Sozialfürsorge 1947 S. 103) versicherungspflichtig war, einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne des § 69 AVAVG gleichzusetzen. Die Tatsache allein, daß der Kläger dort und damals pflichtversichert war sowie Beiträge abführte, schafft aber noch keinen Anspruch auf Alu (vgl. LSG. Hamburg in Breithaupt 1957 S. 555 ff.).
VIII. § 90 BVFG bewirkt eine "Gleichstellung" der Vertriebenen und Flüchtlinge mit den Berechtigten im Bundesgebiet. Das bedeutet, daß jene rechtlich so zu behandeln sind, als wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht im Bereich der Sowjetzone, sondern im Bundesgebiet verrichtet hätten. § 90 BVFG eröffnet dagegen keinen Anspruch auf Besserstellung. Dies wäre jedoch der Fall, wenn dem Kläger Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung allein auf Grund der Regelung der Versicherungspflicht in der Sowjetzone, die sich mit den vergleichbaren Vorschriften in der Bundesrepublik nicht deckt, zuerkannt würden. Daher genügt es für die Erfüllung der Anwartschaft auf Alu (§ 95 AVAVG a.F.) vorliegend nicht, daß der Kläger in der sowjetischen Besatzungszone eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt hat. Vielmehr muß die Beschäftigung auch in Westdeutschland versicherungspflichtig gewesen sein (vgl. BSG. 4 S. 108 ff.), wie das Landessozialgericht richtig erkannt hat. Im Bundesgebiet jedoch unterfiel der Kläger nicht der Versicherungspflicht des § 69 AVAVG a.F. Mit Entscheidung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg vom 25. April 1956 war er nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 des G 131 den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 dieses Gesetzes bezeichneten Personen gleichgestellt. Hätte er also seine Tätigkeit im Staatlichen Forstdienst statt in der Sowjetzone im Bundesgebiet ausgeübt, war er gemäß § 169 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ohne besondere Antragstellung kraft Gesetzes versicherungsfrei. Ohne Belang bleibt dabei, ob der Kläger seine Beschäftigung im Beamten-, Angestellten- oder Arbeiterverhältnis wahrgenommen hat. In jedem Falle war er Berechtigter nach dem G 131.
IX. Diesem rechtlichen und sachlichen Ergebnis steht auch nicht entgegen, daß die Versicherungsfreiheit durch die Gewährleistung der Anwartschaften gemäß § 169 Abs. 3 RVO erst von dem Zeitpunkt der tatsächlichen Verleihung ab begründet wird und keine rückwirkende Kraft hat. Abs. 3 des § 169 RVO bezieht sich auf jene Fälle, in denen die Gewährleistung durch Einzelakte von Verwaltungsbehörden (z.B. Ernennung zum Beamten) vorgenommen wird (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Anm. 13 zu § 169 Abs. 3 RVO). Für die Berechtigten nach Kap. I des G 131 und die ihnen gleichgestellten Personen ist jedoch die Gewährleistung allgemein durch den Gesetzgeber mit Inkrafttreten dieses Gesetzes konstitutiv erfolgt. Vom 1. April 1951 an war also im Bundesgebiet ihre Beschäftigung im öffentlichen Dienst - regelmäßig ohne Unterschied ob als Beamter, als Angestellter oder als Arbeiter - versicherungsfrei. Mithin kann der Kläger die Anwartschaft auf Zahlung von Alu im Bundesgebiet mit den von ihm bis 1955 in der sowjetischen Besatzungszone ausgeübten Beschäftigungen nicht erwerben, da ihre Verrichtung im Geltungsbereich des AVAVG nicht versicherungspflichtig war.
Weder die Vorschriften des AVAVG noch § 90 BVFG geben aber weiterhin rechtlich eine Möglichkeit, auszugleichen, daß bei der Berechnung des Übergangsgehalts des Klägers gemäß G 131 zunächst ein Teil seiner in der sowjetischen Besatzungszone abgeleisteten Dienstzeiten unberücksichtigt geblieben ist. Maßgebend für deren Anrechnung sind vielmehr allein die Regelungen nach dem G 131 selbst. Anwartschaft und Anspruch auf Alu werden dadurch nicht berührt.
Zu Recht hat das Landessozialgericht nach alledem das Urteil des Sozialgerichts, das dem Kläger versicherungsmäßige Alu zusprach, aufgehoben und die Klage abgewiesen. Insoweit ist das Urteil des Berufungsgerichts im Ergebnis zu bestätigen und die Revision zurückzuweisen.
X. Nicht zu folgen ist dagegen der Auffassung des Landessozialgerichts, daß auch die Verfügung der Beklagten vom 5. September 1956, mit der sie die bis dahin gewährte Alfu (seit 1. April 1956 Alhi) entzog, Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden sei.
Zwingende Voraussetzung hierfür ist nach § 96 Abs. 1 SGG, daß der (angefochtene) Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch einen neuen "abgeändert oder ersetzt" wird. Der Verwaltungsakt der Beklagten vom 2. Juni 1955 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 1955 enthält sachlich zwei Bestandteile: a) die Versagung der Arbeitslosenunterstützung, b) die Gewährung der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung. Mit der Klage war beantragt, den Widerspruchsbescheid dahin abzuändern, daß die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger - statt der bewilligten Alfu - die Alu zu gewähren. Das Klagebegehren ist also eindeutig auf Zahlung von versicherungsmäßiger Alu gerichtet. Das ist der Streitgegenstand (§ 92 SGG). Die Beschwer des Klägers lag von Anfang an in der Versagung der Alu. Gegen die Zubilligung der Alfu hat er nichts einzuwenden; allenfalls ist er damit einverstanden, daß diese Unterstützungsart entfällt, wenn er mit seinem Alu-Anspruch durchdringt. Aus der Fassung des Klagantrags "statt der bewilligten Alfu" kann somit nicht geschlossen werden, daß auch der die Alfu bewilligende Teil des ursprünglichen Verwaltungsakts angefochten und Gegenstand des Verfahrens ist. Diese Meinung vertrat offensichtlich auch das Sozialgericht. Unabhängig davon entzog dann während des sozialgerichtlichen Verfahrens die Beklagte mit dem (zweiten) Bescheid vom 5. September 1956 auch die Alfu und machte deren Rückzahlung geltend. Hierdurch wurde jedoch die Versagung der Alu im ursprünglichen Verwaltungsakt vom 2. Juni 1955 unmittelbar nicht berührt. Streitgegenstand vor Gericht ist der vom Kläger weiterhin verfochtene Alu-Anspruch geblieben. Demzufolge ist der erste (primäre) Teil des Verwaltungsakts vom 2. Juni 1955 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 1955 durch den neuen Verwaltungsakt vom 5. September 1956 nicht abgeändert und nicht ersetzt worden. Dieser zweite Verwaltungsakt bildet einen gesonderten, neuen Streitgegenstand und enthält zudem für den Kläger eine andersartige (unterschiedliche) Beschwer. Dies gilt insbesondere in Bezug darauf, daß die Alfu und die Alhi auf die "Bedürftigkeit" abstellen.
Das Landessozialgericht hat nach alledem die Voraussetzungen des § 96 SGG zu Unrecht angenommen. Ein bloßer Sachzusammenhang mit dem anfänglich erhobenen Anspruch ist jedenfalls nicht ausreichend, um einen neuen Verwaltungsakt zum Gegenstand des Verfahrens im Sinne des § 96 SGG zu machen. Diesbezüglich ist das Urteil des Landessozialgerichts fehlerhaft und aufzuheben, soweit es die Entscheidung über den Verwaltungsakt vom 5. September 1956 betrifft.
Die Beklagte wird im Vorverfahren über den im Verwaltungswege noch anhängigen Widerspruch des Klägers gegen die Verfügung vom 5. September 1956 zu befinden haben.
XI. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Da der Kläger mit der Revision teilweise obsiegt hat, erschien es angemessen, der Beklagten ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen.
Fundstellen