Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 10.08.1995; Aktenzeichen L 10 Lw 546/95)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. August 1995 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Ulm klarstellend wie folgt gefaßt wird:

„Der Bescheid der Beklagten vom 23. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1993 wird insoweit aufgehoben, als darin die Mitteilungen der Beklagten vom 2. Dezember 1988, 22. Oktober 1989 sowie 25. Oktober 1990 aufgehoben und für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1990 als Zuschuß zum Beitrag in der Altershilfe der Landwirte erbrachte Leistungen in Höhe von 1.030,00 DM zurückgefordert werden.”

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Parteien streiten zuletzt noch über die Aufhebung der Bewilligung eines Zuschusses zum Beitrag des Klägers in der Altershilfe der Landwirte und die Rückforderung des überzahlten Betrages.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger durch „Mitteilung” vom 7. Mai 1987 nach § 3c Abs 8 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (≪GAL≫ eingefügt durch das 3. Gesetz zur Verbesserung und Ergänzung sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft ≪3. Agrarsoziales Ergänzungsgesetz≫ – 3. ASEG vom 20. Dezember 1985, BGBl I 2475) iVm § 1 der Verordnung über einen Beitragszuschuß in der Altershilfe für Landwirte (GAL-Beitragszuschußverordnung vom 21. Mai 1986, BGBl I S 750), für die Zeit ab dem 1. Januar einen Beitragszuschuß in Höhe von monatlich 20,00 DM.

Mit der weiteren „Mitteilung” an den Kläger vom 2. Dezember 1988 wurde zusätzlich für die Zeit ab dem 1. Juni 1988 der auf den Sohn O. … als mithelfenden Familienangehörigen entfallende „vorläufige” Beitragszuschuß auf 10,00 DM monatlich festgesetzt. Das damalige Schreiben enthält ua folgenden Zusatz:

„Die Bewilligung der Leistung wird vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet, wenn eine der Voraussetzungen, nämlich die Höhe des Bruttoeinkommens, nicht abschließend geprüft und festgestellt werden kann. Die Landwirtschaftliche Alterskasse Württemberg geht auf der Grundlage einer vorausschauenden Beurteilung davon aus, daß nach den vorgelegten Unterlagen ein maßgebendes Bruttoarbeitseinkommen (nicht Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft) und ein außerlandwirtschaftliches Bruttoeinkommen im Kalenderjahr vor der Antragstellung 1/7 der Bezugsgröße nicht überschreitet.

Sollten Ihre Einkommensangaben auf einer Schätzung beruhen, bitten wir die entsprechenden Nachweise vorzulegen, sobald Ihnen diese zur Verfügung stehen.

Für den Fall, daß das Bruttoeinkommen die Bezugsgröße überschritten hat, bestünde für die entsprechende Zeit kein Anspruch. Die zu Unrecht gezahlten Beiträge wären unter den Voraussetzungen des § 50 SGB X zurückzuzahlen.”

Schließlich setzte die Beklagte durch „Mitteilungen” vom 22. Oktober 1989 bzw 25. Oktober 1990 den auf den Kläger für die Kalenderjahre 1989 und 1990 entfallenden – nunmehr ebenfalls als „vorläufig” bezeichneten – Beitragszuschuß auf weiterhin 20,00 DM monatlich fest und fügte auch diesen Mitteilungen jeweils einen Vorbehalt bei, der wörtlich demjenigen in der Mitteilung vom 2. Dezember 1988 entsprach.

Nachdem die Beklagte im Mai 1990 erfahren hatte, daß eine bis dahin verpachtete Teilfläche von 1,49 ha bereits am 4. Februar 1987 an den Kläger zurückgegeben worden war, ermittelte sie die Einkommensverhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau in den Jahren 1985 bis 1989 und hob nach entsprechender Anhörung mit dem nunmehr streitgegenständlichen Bescheid vom 23. August 1991 ua „die in 1988, 1989 und 1990 … ergangenen Bescheide … über die Bewilligung von Beitragszuschuß … mit Wirkung vom 1. Januar 1988” auf; gleichzeitig forderte sie den insofern überzahlten Betrag von 1.030,00 DM zurück. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß im Hinblick auf das Überschreiten des maßgeblichen Wirtschaftswerts von 40.000,00 DM (§§ 3c Abs 8 GAL, 1 Abs 1 Satz 1 Buchst b GAL-Beitragszuschußverordnung) zu den nach § 1 Abs 2 Satz 1 1. Halbsatz GAL-Beitragszuschußverordnung maßgeblichen Stichtagen (30. November 1987, 30. November 1988, 30. November 1989) im genannten Zeitraum ein Anspruch auf Beitragszuschuß nicht mehr bestehe.

Der hiergegen am 24. September 1991 zunächst eingelegte Widerspruch blieb erfolglos und führte zur Bestätigung der Ausgangsentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 1993, der ausdrücklich „die Bescheide über die Bewilligung des jährlichen Beitragszuschusses vom 2. Dezember 1988, 22. Oktober 1989 und 25. Oktober 1990” als aufgehoben bezeichnete.

Das Sozialgericht (SG) Ulm hat mit Urteil vom 12. Januar 1995 den Bescheid der Beklagten vom 23. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1993 insoweit abgeändert, „als darin die Bescheide über die Bewilligung von Beitragszuschuß nach § 3c GAL vom 2. Dezember 1988, 22. Oktober 1989 und 25. Oktober 1990 aufgehoben und die damit bewilligten Leistungen zurückgefordert worden sind”. Die Berufung der Beklagten hiergegen hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 10. August 1995 zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Erstattung überzahlter Leistungen erfordere gemäß § 50 Abs 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die rechtmäßige Aufhebung des zugrundeliegenden Verwaltungsaktes. Hieran fehle es im vorliegenden Fall; die Beklagte habe nämlich ausweislich eines internen Vermerks vom 16. Mai 1990 gewußt, daß die in Frage stehenden Flächen bereits 1987 an den Kläger zurückgegeben worden waren und er demgemäß bösgläubig ihm nicht zustehende Beitragszuschüsse bezogen habe. Gegenüber der sich hieraus ergebenden Überschreitung der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X könne sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, sie habe noch Ermittlungen durchführen müssen, um die wirtschaftliche Gesamtsituation des Klägers zu eruieren und die Möglichkeit eines evtl fortbestehenden geringeren Anspruchs auf Beitragsentlastung nach dem Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz ≪SVBEG≫ vom 21. Juli 1986, BGBl I S 1070) abzuklären. Die Anwendung von § 45 SGB X als einer verfahrensrechtlichen Vorschrift habe mit der Antragsfiktion in § 5 Abs 2 SVBEG nichts zu tun; im übrigen seien die materiellen Voraussetzungen beider Ansprüche ohnehin nicht identisch.

Die Beklagte hat hiergegen am 2. Oktober 1995 die vom LSG zugelassene Revision eingelegt: § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X führe gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Adressat des aufzuhebenden Verwaltungsakts die Begünstigung „schuldhaft erwirkt” habe bzw seine Rechtswidrigkeit in vorwerfbarer Weise gekannt habe zu einem auffälligen Widerspruch gegenüber dem grundlegenden Prinzip der materiellen Gerechtigkeit. Im Sinne eines Ausgleichs zwischen diesem Aspekt und dem Vertrauensschutz des Leistungsempfängers sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Hinweis auf NJW 1985 S 819 ff) zu der vergleichbaren Regelung des § 48 Abs 4 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz davon auszugehen, daß die Jahresfrist erst dann zu laufen beginne, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage sei, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme des Verwaltungsaktes zu entscheiden. Dies sei bei Fertigung des internen Vermerks vom 16. Mai 1990 noch nicht der Fall gewesen. Vielmehr habe sich für die Beklagte die Notwendigkeit, über eine Rücknahme entscheiden zu müssen erst nach umfassender Klärung der für die Gewährung der laufenden Leistungen Beitragszuschuß und Beitragsentlastung maßgebenden Einkommensverhältnisse des Revisionsbeklagten ergeben. Hinsichtlich der Begründung im übrigen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 31. Oktober 1995 verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. August 1995 und das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Januar 1995 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er bezieht sich im wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Urteils und weist ergänzend nochmals darauf hin, daß § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X seinem Wortlaut nach ausschließlich auf diejenigen Tatsachen abstelle, welche die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen. Damit bestehe keine Möglichkeit, die Vorschrift in dem von der Beklagten vorgetragenen Sinne auszulegen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die aufgrund Zulassung durch das LSG statthafte Revision der Beklagten ist zwar zulässig eingelegt worden, erweist sich jedoch als sachlich in vollem Umfang unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG die Berufung gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, soweit dieses auf die zulässige Anfechtungsklage des Klägers (§ 54 Abs 1 Satz 1 1. Alternative des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) den Bescheid vom 23. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 1993 im hier noch streitigen Umfang aufgehoben hatte.

Eine Rechtsgrundlage für die Aufhebung der „Mitteilungen” vom 2. Dezember 1988, 22. Oktober 1989 und 25. Oktober 1990 sowie die nach Auffassung der Beklagten hiervon abhängige Rückforderung des streitigen Teilbetrags von insgesamt 1.030,00 DM, der dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1990 als Beitragszuschuß nach § 3c Abs 8 GAL iVm § 1 GAL-Beitragszuschußverordnung gezahlt worden war, gibt es nicht. Die genannten Mitteilungen beschränken sich darauf, den durch die fortgeltende „Mitteilung” vom 7. Mai 1987 begründeten Rechtsvorteil der Höhe nach zu konkretisieren. Insofern wenden sie die einschlägigen Bestimmungen zutreffend an. Damit fehlt es bereits an der Grundvoraussetzung des von der Beklagten als Rechtsgrundlage herangezogenen § 45 Abs 1 SGB X „soweit ein Verwaltungsakt … rechtswidrig ist …”), so daß es auf die von den Parteien umfänglich erörterte Frage, ob die Jahresfrist des Abs 4 Satz 2 der Norm gewahrt ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

Aufgrund der „Mitteilung” der Beklagten vom 7. Mai 1987, deren Auslegung als Bescheid auch dem Revisionsgericht obliegt (BSGE 48, 56 sowie SozR 1200 § 42 Nr 4 S 14 und BSGE 62, 32 ff, 36 = SozR 4100 § 71 Nr 2, jeweils mwN) steht zwischen den Parteien unverändert bindend (§ 77 SGG) fest, daß der Kläger seit dem 1. Januar 1986 ein subjektives Recht (sog Stammrecht) auf Beitragszuschuß hat (vgl zur Bindungswirkung von Bewilligungsbescheiden SozR 1500 § 77 Nr 20 und BSGE 61, 286 ff, 287 = SozR 4100 § 134 Nr 31), aus dem regelmäßig wiederkehrende Einzelansprüche (zur Unterscheidung zwischen Stammrecht und Einzelanspruch bei sozialen Rechten auf wiederkehrende Leistungen s grundlegend BSGE 5, 4 ff, 6 und Senat in SozR 3-2600 § 300 Nr 3) auf den nach § 3 Abs 1 GAL-Beitragszuschußverordnung jeweils festgesetzten Jahresbetrag (Abs 2 ebenda sowie § 4b Abs 5 Satz 3 GAL) entstehen. Allein auf dem damals erlassenen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (Senat in SozR 5850 § 3c Nr 3) beruhen demgemäß auch die für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1990 erbrachten und der Höhe nach durch die Person des Klägers und seines als mithelfender Familienangehöriger ebenfalls beitragspflichtigen Sohnes bestimmten Zuschußleistungen (hierzu allgemein Schmidt, Zuschuß zum Altershilfe-Beitrag nach dem 3. Gesetz zur Verbesserung und Ergänzung sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft, SdL 1986 S 43 ff). Nach § 2 GAL-Beitragszuschußverordnung erfolgt nämlich auf Antrag – lediglich – die erstmalige Bewilligung eines Zuschusses zum Beitrag als Verwaltungsakt (vgl Urteil des Senats vom 16. November 1995, 4 RLw 3/94).

Nachdem der Kläger aufgrund der vom LSG getroffenen Sachverhaltsfeststellungen bereits im Februar 1987 die hier in Frage stehende Teilfläche von 1,49 ha Pachtland zurückerhalten hatte, war der Bescheid vom 7. Mai 1987 jedenfalls für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1988 schon bei seinem Ergehen rechtswidrig. Mit dem aufgrund dieses Umstandes am 30. November 1987 als dem hier maßgeblichen Stichtag (§ 1 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 GAL-Beitragszuschußverordnung) erreichten Wirtschaftswert von 40.724,00 DM war nämlich gleichermaßen die Grenze des § 3c Abs 3 Buchst c GAL von 30.000,00 DM wie auch diejenige des Abs 8 Buchst b ebenda iVm § 1 Buchst b GAL-Beitragszuschußverordnung von 40.000,00 DM mit der Folge überschritten, daß ein Anspruch auf Beitragszuschuß keinesfalls (mehr) bestand. Die sich hieraus ergebende Rechtswidrigkeit der damaligen Entscheidung steht indessen weder formell noch materiell dem Eintritt der Bindungswirkung entgegen (s exemplarisch BSGE 61, 286 ff, 287 = SozR 4100 § 134 Nr 31 und Bley in SGB/RVO-GesamtKomm, Stand: August 1992, § 77 SGG Anm 1b) cc) mwN) und wirkt sich auch nicht auf die Rechtmäßigkeit hierauf aufbauender Folgeentscheidungen aus.

Die mit dem angegriffenen Bescheid aufgehobenen „Mitteilungen” beschränken sich entgegen ihrem teilweise irreführenden Wortlaut zeitlich wie inhaltlich auf bruchstückhafte Regelungen zum Anspruch des Klägers auf Beitragszuschuß der Höhe nach: Diese war zunächst für das Kalenderjahr 1986 zusammen mit der Bewilligung im Bescheid vom 7. Mai 1987 auf der Grundlage der damals bereits veröffentlichten Bekanntmachung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 8. Oktober 1986 (BAnz 1986 S 14201) festgesetzt und abgerechnet worden und konnte, soweit sie die Person des Klägers betraf, auch für 1987 und 1988 jeweils unverändert fortgezahlt werden (Bekanntmachungen des BMA vom 8. Oktober 1987 in BAnz 1987 S 13929 und vom 5. Oktober 1988 in BAnz 1988 S 4469), ohne daß es insofern über die Zahlung hinaus eines schriftlichen Verwaltungsaktes bedurft hätte (§ 2 Abs 1 GAL-Beitragszuschußverordnung, § 33 Abs 2 Satz 1 SGB X). Die Mitteilung vom 2. Dezember 1988 trägt vor diesem Hintergrund lediglich isoliert, dh ohne daß förmliche Festsetzungen auch für die Kalenderjahre 1989 und 1990 getroffen worden wären, dem Umstand Rechnung, daß sich der Leistungsbetrag wegen der zusätzlichen Berücksichtigung des Sohnes O. … des Klägers um 120,00 DM jährlich (für 1988 anteilig: 70,00 DM) erhöhte. Schließlich setzen die „Mitteilungen” vom 22. Oktober 1989 und 25. Oktober 1990 – ohne Änderung des Zahlbetrages und nunmehr wieder allein auf den Kläger bezogen – offensichtlich die Bekanntmachungen des BMA für die Kalenderjahre 1989 und 1990 um.

Eine erneute Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen war zur Ermittlung der Beitragshöhe, die lediglich die Multiplikation des vom BMA jeweils in Übereinstimmung mit dem gesetzlich möglichen Maximalbetrag (§ 4b Abs 5 Satz 2 Halbsatz 2 GAL) festgesetzten Zuschusses mit dem Faktor „1” bzw „0,5” erforderte, weder objektiv geboten noch hat das LSG Umstände festgestellt, aus denen sich ergäbe, daß sie dennoch durchgeführt worden wäre. Im Gegenteil widerspräche es dem Grundsatz der Gesetzesgebundenheit der Verwaltung, ohne weiteres anzunehmen, die Beklagte habe bei Erlaß der Mitteilungen vom 2. Dezember 1988, 22. Oktober 1989 und 25. Oktober 1990 bewußt die Bindungswirkung des Bescheides vom 7. Mai 1987 mißachtet und sich ohne dessen ausdrückliche Aufhebung, die entsprechend § 2 Abs 1 GAL-Beitragszuschußverordnung als actus contrarius schriftlich und nach ordnungsgemäßer Anhörung (§ 24 SGB X) durchzuführen gewesen wäre, zu einer Neuregelung befugt gesehen. Ebensowenig kann im übrigen davon ausgegangen werden, daß die Rechtswidrigkeit sog Grundlagenbescheide automatisch hierauf aufbauende Folgebescheide erfaßt (vgl zur sog „Theorie der konstitutiven Fehlerwiederholung” SozR 1300 § 45 SGB X Nr 37 und zuletzt BSG vom 15. August 1996, 9 RV 22/95, zur Veröffentlichung vorgesehen); einer derartigen Annahme steht nämlich bereits durchgreifend der Einwand entgegen, daß andernfalls die Zeitschranken für die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte in § 45 Abs 3 SGB X weitgehend ihrer Bedeutung beraubt würden.

Schließlich hat sich die Beklagte zur Aufhebung der genannten Mitteilungen zutreffend bereits selbst nicht auf die jeweils beigefügten Vorbehalte berufen. Diese betreffen nämlich allein die Rückforderung zu Unrecht bezogener Leistungen, nicht aber die vorgreifliche Aufhebung des zugrundeliegenden Bescheides (vgl in diesem Sinne ausdrücklich den Formulierungsvorschlag von Stüwe, Bindungswirkung von Verwaltungsakten bei der Zuschußgewährung und der Beitragsentlastung, SdL 1988 S 206 ff, 216 sowie zur Unterscheidung von Aufhebungs- und Rückforderungsvorbehalt SozR 3-1300 § 32 Nr 4 S 34). Im übrigen ist ihre Anwendung auf den – wie dargestellt – für die Leistungshöhe unerheblichen Fall beschränkt, daß das (außerlandwirtschaftliche) Einkommen iS von § 3c Abs 2 GAL 1/7 der Bezugsgröße (§ 1 Abs 1 Satz 1 Buchst c GAL-Beitragszuschußverordnung) bzw – ohne erkennbaren Bezug zum einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsrecht – die Bezugsgröße selbst überschritten hat. Unter diesen Umständen ist auf vielfältige weitere sprachliche und inhaltliche Unklarheiten im Zusammenhang mit den ausgesprochenen Vorbehalten nicht weiter einzugehen.

Nach alledem hat das LSG die angefochtenen Entscheidungen wie dargestellt im Ergebnis zutreffend aufgehoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1173956

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge