Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Anwendung des Art 2 § 42 S 2 ArVNG können Beiträge, die in der Zeit vom 1.1.1957 bis zur Verkündung des ArVNG (26.2.1957) für die Jahre 1955 oder 1956 entrichtet sind, nicht anders behandelt werden als später entrichtete. Das bedeutet, daß sie bei der Prüfung der Frage, ob die Anwartschaft aus früheren Beiträgen zum 1.1.1957 erhalten war, nicht berücksichtigt werden können.

2. Diese Auslegung des Art 2 § 42 S 2 ArVNG ist mit dem GG vereinbar.

3. Die günstigere Berechnung nach altem Recht gemäß Art 2 § 42 ArVNG setzt voraus, daß bei Eintritt des Versicherungsfalles die Wartezeit erfüllt ist mit Beiträgen, die für die Zeit nach dem 31.12.1956 entrichtet sind, und solchen Beiträgen, die vor dem 1.1.1957 entrichtet sind und aus denen die Anwartschaft zum 31.12.1956 erhalten war.

 

Normenkette

ArVNG Art. 2 § 42 S. 2 Fassung: 1957-02-23; GG Art. 3 Fassung: 1949-05-23, Art. 14 Fassung: 1940-05-23, Art. 20 Fassung: 1949-05-23, Art. 28 Fassung: 1949-05-23

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25 . November 1960 mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben . Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen .

Von Rechts wegen .

 

Gründe

I .

Die am 26 . September 1892 geborene Klägerin war vor , in und nach dem ersten Weltkrieg invalidenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen . Später versicherte sie sich freiwillig weiter . Für eine kurze Zeit um die Jahreswende 1942/1943 wurden für sie noch einmal Pflichtbeiträge zur Invalidenversicherung (JV) abgeführt . 1950 nahm sie ihre Versicherung wieder auf . Sie entrichtete rechtzeitig jeweils 26 Beitragsmarken der Klasse II für die Jahre 1949 bis 1954 . Die Quittungskarte Nr . 21 enthält weitere 24 Beitragsmarken der Klasse II mit dem Jahresaufdruck 55 , entwertet für das Jahr 1955 , ferner 24 Beitragsmarken der Klasse II mit dem Jahresaufdruck 56 , entwertet für das Jahr 1956 , sowie schließlich 8 Beitragsmarken der Klasse II mit dem Jahresaufdruck 57 , von denen 4 für 1956 und 4 für 1957 verrechnet worden sind .

Mit Bescheid vom 1 . Oktober 1957 bewilligte die Beklagte der Klägerin auf Grund des Rentenantrages vom 14 . Februar 1957 vom 1 . Februar 1957 an Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von 34 , 50 DM monatlich und vom 1 . September 1957 an Altersruhegeld in Höhe von 51 , 70 DM monatlich . Dabei berechnete sie die Renten nach neuem Recht , d . h . nach dem Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) vom 23 . Februar 1957 . Die für die Klägerin günstigere Berechnung nach altem Recht gemäß Art . 2 § 42 ArVNG wurde abgelehnt , weil mangels ausreichender Beitragsleistung im Jahre 1956 die Anwartschaft aus den früheren Beiträgen zum 1 . Januar 1957 erloschen sei und auch die sogenannte Halbdeckung nicht erreicht war .

Das Sozialgericht (SG) in München hat die gegen diesen Bescheid erhobene Klage auf Gewährung der günstigeren Berechnung nach altem Recht abgewiesen . Auf die Berufung der Klägerin hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG München vom 1 . Februar 1960 aufgehoben und den Bescheid der Beklagten vom 1 . Oktober 1957 dahin abgeändert , daß die Rente nach Art . 2 § 42 Satz 1 ArVNG zu berechnen ist . Es hat festgestellt , nach den vorliegenden ärztlichen Gutachten sei der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit erst "im Februar 1957" eingetreten . Bei der Klägerin habe im Jahre 1957 das vorgeschrittene Alter (64 Jahre) im Vordergrund gestanden , weiter vor allem Aufbrauchserscheinungen; außerdem seien noch die Übergewichtigkeit (71 kg bei 157 cm Größe) und ein kleiner Kropf von Bedeutung gewesen . Die Klägerin habe noch bis Februar 1957 leichtere Arbeiten in der Hauswirtschaft regelmäßig und auf die Dauer in einem Umfang verrichten können , wie es zum Erwerb der Hälfte des Verdienstes einer vergleichbaren gesunden Versicherten , d . h . einer gesunden hauswirtschaftlichen Arbeitskraft , notwendig gewesen sei . Wenn sie auch in ihrem Rentenantrag selbst angegeben habe , schon seit etwa einem halben Jahr invalide zu sein , so sei doch zu bedenken , daß sie bis zum Ende des Jahres 1956 keinen Rentenantrag gestellt hatte.

Aus anderen Erwägungen aber sei das Begehren der Klägerin begründet . Es seien nämlich , so hat das LSG ausgeführt , die Voraussetzungen für die Gewährung der günstigeren Berechnung der Rente nach altem Recht gegeben . Die Klägerin habe die für das Jahr 1956 noch fehlenden 4 Beiträge in der Zeit vom 1 . Januar bis 14 . Februar 1957 nachentrichtet . Das sei nach § 1442 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF - § 1418 RVO nF - zulässig gewesen . Die Frage , ob diese im Jahre 1957 , aber vor der Verkündung des ArVNG nachentrichteten Beiträge zur Erhaltung der Anwartschaft "zum 1 . Januar 1957" im Sinne des Art . 2 § 42 ArVNG angerechnet werden könnten , sei zu bejahen . Zwar werde ua vom Bundessozialgericht (BSG) - Entscheidung vom 1 . Juli 1959 , BSG 10 , 139 - eine andere Ansicht vertreten . Danach seien Beiträge , die für die Zeit vor dem 1 . Januar 1957 bestimmt , jedoch tatsächlich erst nach diesem Zeitpunkt geleistet worden sind , bei der Prüfung der Frage , ob die Anwartschaft im Sinne des Art . 2 § 42 Satz 2 ArVNG erhalten ist , nicht zu berücksichtigen . Für diese Ansicht könne indes allenfalls der Wortlaut des Gesetzes sprechen , jedoch sei dieser nicht so eindeutig , wie das BSG ausgeführt habe . Daher müsse der Zweck der Vorschrift im Rahmen der gesamten Sozial- und Rechtsordnung maßgebend sein , zumal die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift keinen oder nur geringen Anhalt für die Auslegung gebe . Der Bericht des Bundestagsausschusses für Sozialpolitik scheine zunächst für die Auffassung des BSG zu sprechen; darin sei aber andererseits auch ausgeführt , daß die Vergünstigung des Art . 2 § 42 ArVNG - beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - nur denen nicht zugute kommen solle , welche die Anwartschaftsvorschriften des alten Rechts nicht beachtet hätten . Die Klägerin habe das aber getan . Aus diesen Erwägungen müßten die in zulässiger Weise nachentrichteten Beiträge für die Erhaltung der Anwartschaft im Sinne des Art . 2 § 42 ArVNG berücksichtigt werden , zumindest müsse dies für die in der Zeit zwischen dem 1 . Januar 1957 und der Verkündung des ArVNG geleisteten Beiträge gelten . Eine andere Auslegung widerspreche dem Sinn des Art . 2 § 42 ArVNG , dessen Hauptbedeutung in der sogenannten Besitzstandswahrung liege . Es sei vielfach bei den in der Rentenversicherung freiwillig Versicherten üblich gewesen , die zur Erhaltung der Anwartschaft für das zurückliegende Jahr notwendigen Beiträge zu Beginn den folgenden Jahres nachzuentrichten . Der Versicherte habe dann nur das Risiko getragen , daß beim etwaigen Eintritt eines Versicherungsfalls vor der Nachentrichtung die Anwartschaft erloschen sein konnte . Hieraus dürfe aber nicht geschlossen werden , der Versicherte müsse auch das Risiko in Kauf nehmen , daß durch eine rückwirkende Gesetzesänderung mit einschneidenden Änderungen der Rentenberechnung seine Rente erheblich niedriger werde als nach altem Recht . Art . 2 § 42 ArVNG dürfe nicht ähnlich wie § 4 Abs . 2 Sozialversicherungsanpassungsgesetz (SVAG) behandelt werden . Nach alledem brauche nicht erörtert zu werden , ob Art . 2 § 42 ArVNG und seine rückwirkende Inkraftsetzung gegen das Grundgesetz (GG) verstoße .

Gegen das ihr am 1 . März 1961 zugestellte Urteil vom 25 . November 1960 , in dem die Revision zugelassen worden war , hat die Beklagte am 17 . März 1961 Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet . Sie rügt unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung des BSG und auf die dieser sich anschließende Literatur Verletzung des Art . 2 § 42 ArVNG und beantragt sinngemäß ,

das genannte Urteil des Bayerischen LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 1 . Februar 1960 zurückzuweisen .

Die Klägerin und Revisionsbeklagte beantragt ,

die Revision zurückzuweisen .

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend .

II .

Die nach § 162 Abs . 1 Nr . 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte , auch form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG .

Art . 2 § 42 ArVNG schreibt für Versicherungsfälle , die in der Zeit vom 1 . Januar 1957 bis zum 31 . Dezember 1961 eintreten , die Berechnung der Rente nach den vor dem 1 . Januar 1957 geltenden Vorschriften (einschließlich des Sonderzuschusses des § 36 Abs . 1 desselben Artikels) aus den bis zum 31 . Dezember 1956 zurückgelegten Versicherungszeiten vor , wenn dies für den Versicherten gegenüber der Berechnung nach den ab 1 . Januar 1957 geltenden Vorschriften günstiger ist . Voraussetzung hierfür ist jedoch ua , daß aus den vor dem 1 . Januar 1957 entrichteten Beiträgen die Anwartschaft zu diesem Zeitpunkt nach den bis dahin geltenden Vorschriften erhalten war . Der 4 . Senat des BSG und der erkennende Senat haben hierzu bereits entschieden (BSG 10 , 139; 12/4 RJ 122/60 vom 19 . Oktober 1961) , daß bei der Frage , ob die Anwartschaft aus den vor dem 1 . Januar 1957 entrichteten Beiträgen entsprechend der Vorschrift des Art . 2 § 42 Satz 2 ArVNG zu diesem Zeitpunkt nach den bis dahin geltenden Vorschriften erhalten war , nur die bis dahin tatsächlich entrichteten Beiträge zu berücksichtigen sind . An dieser Ansicht ist trotz der dagegen vom LSG erhobenen Bedenken auch weiterhin festzuhalten . Nach dem 31 . Dezember 1956 gemäß § 1418 RVO nF nachentrichtete Beiträge genügen insoweit nicht . Ob für die Fälle des § 1397 Abs . 6 RVO nF (§ 11 Abs . 3 der DVO zur 2 . LAV) und des § 1420 Abs . 1 Nr . 1 und 2 RVO nF (§ 1444 Abs. 1 Nr . 1 und 2 RVO aF) etwas anderes zu gelten hat (vgl . BSG 6 , 85) , braucht hier nicht entschieden zu werden .

Für die angeführte Ansicht spricht zunächst der Wortlaut des Gesetzes , der es auf die "vor dem 1 . Januar 1957 entrichteten" Beiträge abstellt . Ähnliche Fassungen hatten überdies bereits Art . 19 der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung (VereinfVO) vom 17 . März 1945 (RGBl I 41) und - worauf ebenfalls schon in der genannten Entscheidung des 4 . Senats hingewiesen ist - § 4 Abs . 2 SVAG vom 17 . Juni 1949 gekannt . Danach war die Anwartschaft aus Beiträgen , die bis zum Ablauf des zweiten Kalenderjahres nach Kriegsende , d . h . bis zum 31 . Dezember 1947 bzw . bis zum 31. Dezember 1948 entrichtet waren , bis zu diesen Zeitpunkten erhalten , sofern nicht der Versicherungsfall vor dem 1 . April 1945 bzw . vor dem 1 . Januar 1949 eingetreten war . Für Beiträge , die für die Zeit vor dem 1 . Januar 1924 entrichtet sind , galt dies jedoch nicht , wenn bis zum 31 . März 1945 bzw . bis zum 30 . November 1948 für die Zeit nach dem 31 . Dezember 1923 kein Beitrag "entrichtet ist" . Hierzu war stets anerkannt , daß für die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen über das Wiederaufleben der vor dem Jahre 1924 geleisteten Beiträge erforderlich war , daß die späteren Beiträge tatsächlich bis zum 31. März 1945 bzw . bis zum 30 . November 1948 entrichtet waren , und daß eine nach diesen Stichtagen gemäß § 1442 RVO aF erfolgte Entrichtung zur Anwendung jener Vorschriften nicht ausreichte (vgl . VerbKomm . 5 . Aufl . § 1264 RVO Anm . 15; LSG Mainz SozR § 4 SVAG Bl . Ab 4 Nr . 8; BSG 6 , 85; Koch/Hartmann , Kommentar zum Angestelltenversicherungsgesetz ,§ 190 AVG aF Anm . 10 S . 668) . § 4 Abs . 2 SVAG hatte sogar , ebenso wie sein Vorläufer , Art . 19 VereinfVO , bewußt die Möglichkeit ausgeschlossen , die bis zum Stichtag geforderte Beitragsleistung noch nachzuholen (Koch/Kartmann , aaO ,§ 32 AVG aF Anm . 1 zu § 1264 RVO) . Der Anschluß an die alte Versicherung durch Wiederaufleben der Anwartschaft sollte nicht erst , wenn der Versicherte von den sich für ihn ergebenden Vorteilen Kenntnis erhalten hatte , nachträglich nach seinem Gutdünken hergestellt werden können . Entsprechende Wendungen wie in Art . 19 der VereinfVO und § 4 Abs . 2 SVAG kehrten sodann in § 4 Abs . 3 FAG wieder . Danach galt die Anwartschaft aus bestimmten Beiträgen unter gewissen Voraussetzungen als erhalten , "sofern bis zum 30 . November 1948 für die Zeit nach dem 31 . Dezember 1923 mindestens ein Beitrag entrichtet worden ist und der Versicherungsfall nicht vor dem 1 . Januar 1949 eingetreten ist" . In dieser Vorschrift zeigt die Gegenüberstellung , daß "für die Zeit nach dem 31 . Dezember 1923" wenigstens ein Beitrag "bis zum 30 . November 1948" entrichtet worden sein muß , erneut , daß nur eine tatsächlich bis zu diesem Stichtag geschehene Beitragsleistung ausreichte und nicht eine Nachentrichtung gemäß § 1442 RVO aF . Ähnlich eindeutig lautet jetzt § 1249 RVO nF . Hiermit im Einklang steht ferner die Entstehungsgeschichte der Übergangsvorschrift des Art . 2 § 4 Satz 1 ArVNG , wonach ua zur Fortsetzung seiner bisherigen Selbstversicherung (§ 1243 RVO aF) berechtigt ist , wer sie "durch Entrichtung eines Beitrages vor dem 1 . Januar 1956" begonnen hatte . Diese Fassung ist wiederum absichtlich gewählt worden , um klar zu stellen , daß die Entrichtung , d . h . sowohl die Ausstellung der Versicherungskarte als auch die Markenverwendung , vor dem 1 . Januar 1956 liegen mußte (vgl . Jantz/Zweng , Das neue Recht der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten , Art . 2 § 4 ArVNG Anm . I Abs . 2) . Wenn ein Sozialversicherungsgesetz mithin von bis zu einem bestimmten Zeitpunkt entrichteten Beiträgen spricht , waren hierunter stets solche Beiträge zu verstehen , die bis dahin auch tatsächlich geleistet worden sind (vgl . auch die GE Nr . 1732 und 1768 , AN 1913 , 561 und 745) . Für die Annahme , daß der Gesetzgeber in Art . 2 § 42 ArVNG von diesem seit langem geübten Sprachgebrauch habe abgehen wollen , fehlt es an hinreichendem Anhalt .

Der Umstand , daß hierdurch nunmehr in gewisser Hinsicht diejenigen Versicherten benachteiligt werden können , die im Hinblick auf die Nachentrichtungsfrist des § 1442 RVO aF glaubten , ihre Beitragspflichten für das Jahr 1956 noch in den Jahren 1957 oder 1958 erfüllen zu können , rechtfertigt , abgesehen von etwaigen Sonderfällen , keine andere Beurteilung . Jeder Versicherte begab sich bereits nach altem Recht in gewisse Gefahren , wenn er seine freiwilligen Beiträge nicht in dem Kalenderjahr leistete , für das sie bestimmt waren , so z . B . in die , daß er alle Ansprüche aus seiner Versicherung verlor , wenn nach jenem Jahr , aber vor der an sich noch möglichen fristgerechten Nachentrichtung innerhalb zweier Jahre Umstände eintraten , die eine rechtswirksame Nachentrichtung ausschlossen . Ein Hauptfall hierfür war , daß ein Versicherter während der Zweijahresfrist nach Schluß des Kalenderjahres invalide wurde . Jede Beitragsentrichtung war alsdann unzulässig und auch eine etwaige Nachentrichtung daher unwirksam (§ 1443 RVO aF) , so daß der Versicherte alle Rechte aus seiner Versicherung verlor , wenn durch die bisherigen Beiträge die Wartezeit noch nicht erfüllt war , oder wenn die Anwartschaft aus den früheren Beiträgen erloschen war . Entsprechendes konnte bei Hinterbliebenenrentenansprüchen eintreten . Jeder Versicherte ging und geht deshalb stets , wenn er seiner Beitragsverpflichtung nicht in dem Jahre nachkommt , für das sie gilt , ein Risiko ein , dessen Folgen er , selbst wenn ihn daran kein Verschulden trifft , tragen mußte und auch jetzt noch tragen muß . Alles dies muß auch für die Nachteile gelten , die eine Gesetzesänderung für einen Teil der Versicherten hinsichtlich der Höhe ihrer späteren Rente mit sich bringt , zumal wenn bei dieser Gesetzesänderung in anderer Hinsicht wiederum erhebliche Verbesserungen eingeführt werden , wie dies in der Rentenversicherung zB durch den Wegfall aller Vorschriften über die Erhaltung der Anwartschaft geschehen ist; hierdurch werden ua nunmehr Beiträge anrechnungsfähig , die dies nach altem Recht nicht gewesen wären .

Wenn demgegenüber der Versuch gemacht worden ist , die vom BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung aus dem Wortlaut des Art . 2 § 42 gezogenen Schlüsse zu widerlegen durch den Hinweis auf das Wörtchen "zu" in den Worten des Gesetzes "zu diesem Zeitpunkt" (so ua LSG Schleswig in Breithaupt 1958 , 855 , 859) , so kann dies nicht überzeugen . Es mag zwar zutreffen , daß der Wille des Gesetzgebers durch Wahl der Fassung "am 1 . Januar 1957" noch klarer hätte ausgedrückt werden können . Es geht aber nicht an , die Klarheit des Wortlauts deshalb zu bezweifeln , weil ein noch höherer Grad an Klarheit denkbar wäre .

Spricht nach alledem gerade bei Art . 2 § 42 ArVNG der Wortlaut mit besonderem Gewicht für die Auslegung , welche die Vorschrift in der Rechtsprechung des BSG erfahren hat , und gibt , wie das LSG zutreffend ausgeführt hat , die Entstehungsgeschichte der Übergangsregelung keinen oder nur geringen Anhalt für die Ermittlung des Willens des Gesetzgebers , so weist auch die vom LSG mit Recht für besonders bedeutungsvoll erachtete Betrachtung des Sinnes und Zweckes der Vorschrift in die gleiche Richtung wie der Wortlaut . Eine solche Betrachtung darf die großen Ziele der Reform der sozialen Rentenversicherung , wie sie insbesondere durch das ArVNG und das Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 23 . Februar 1957 vorgenommen worden ist , nicht aus dem Auge lassen . Zu diesen Zielen gehört neben der sehr beträchtlichen Erhöhung der meisten Leistungen und der Vermehrung der Leistungsarten vor allem die Beseitigung der bisherigen Anwartschaftserhaltungsvorschriften . Besonders bedeutungsvoll ist ferner die Einführung einer neuen Rentenberechnung und hierbei der bewußte Bruch mit dem bisherigen System der Grundbeträge und anderen festen Rentenbestandteile und der Mindestrenten und die Ersetzung dieses Systems durch beitragsbezogene und letzten Endes lohnbezogene Renten . Von diesem die Neuregelungsgesetze beherrschenden Grundsatz der individuellen Rente und der darin ausgedrückten Ablehnung einer nivellierend berechneten Rente mit ihrem nicht selten jedes Maß überschreitenden Mißverhältnis zwischen Beitragsleitung und Rente hat der Gesetzgeber in Art . 2 § 42 ArVNG eine zeitlich und nach ihren sonstigen Voraussetzungen begrenzte Ausnahme gemacht . Es kann aber nicht Aufgabe der Rechtsübung der Versicherungsträger und der Rechtsprechung sein , diese Ausnahmevorschrift ohne zwingende Gründe über ihren Wortlaut hinaus ausdehnend so auszulegen , daß das Ergebnis eine erhebliche Erweiterung des von dem Wortlaut der Vorschrift erfaßten begrenzten Personenkreises wäre und damit eine bedeutsame Zurückdrängung der vom Gesetzgeber angestrebten neuen Rentenberechnung zu Gunsten der alten , von ihm grundsätzlich abgeschafften , weil abgelehnten Rentenberechnung . Eine solche Auslegung würde sich in Widerspruch zu dem Willen des Gesetzgebers setzen (ähnlich Brockhoff , RVO , GesamtKomm . Anm . 2 zu Art . 2 § 42 ArVNG mit der Ausführung , es sei notwendig , sich bei der Auslegung des § 42 zu vergegenwärtigen , daß dieser eine Vorschrift von ganz besonderem Ausnahmecharakter sei , die eng auszulegen sei) .

Auch für den Fall , daß die freiwilligen Beiträge für die Jahre 1955 oder 1956 in der Zeit vom 1 . Januar 1957 bis zur Verkündung des ArVNG (26 . Februar 1957) entrichtet worden sind , kann - entgegen der Auffassung des LSG - nichts anderes gelten . Die Besonderheit dieses Falles - dessen Entscheidung der erkennende Senat in seinem Urteil vom 19 . Oktober 1961 offen gelassen hat - ist es , daß diese Beiträge im Zeitpunkt ihrer Entrichtung nicht nur gemäß § 1442 RVO aF wirksam waren - dies hat auch das ArVNG nicht geändert (§ 1418 RVO) - , sondern daß ihre Entrichtung weiter nach dem damals - vor der Verkündung des ArVNG - zunächst noch geltenden Recht in entsprechenden Fällen den bereits eingetretenen Verlust der Anwartschaft aus den früheren Beiträgen nachträglich beseitigte und dadurch bei vielen Versicherten wieder die Hoffnung begründete , bei Eintritt des Versicherungsfalles eine Mindestrente nach den alten Vorschriften zu erhalten . Diese Hoffnung hat das rückwirkende Inkrafttreten des ArVNG zum 1 . Januar 1957 (Art . 3 § 8 ArVNG) auch für die hier zu erörternden Sonderfälle zunichte gemacht , wenn nach der obigen Gesetzesauslegung der Tatbestand der Ausnahmevorschrift des Art . 2 § 42 ArVNG deshalb nicht erfüllt ist , weil die in Rede stehenden Beiträge nicht (tatsächlich) vor dem 1 . Januar 1957 entrichtet worden sind . Es fehlt jedoch an hinreichendem Anhalt dafür , daß der Gesetzgeber diese Folge nicht gesehen und gewollt hätte . Das kann um so weniger angenommen werden , als er dem rückwirkenden Inkrafttreten des ArVNG ua in Art . 3 § 8 Satz 2 dieses Gesetzes Rechnung getragen und dadurch bewiesen hat , daß er sich der Folgen der Rückwirkung des Gesetzes bewußt war (zu vgl . BSG 10 , 139 , 147) .

Durchgreifende rechtsstaatliche Bedenken gegen diese Rückwirkung sind auch in Anbetracht ihrer Folgen nicht zu erheben . Zwar wird davon auszugehen sein , daß das Rechtsstaatprinzip (zu vgl . insbes . Art . 20 , 28 GG) um der Rechtssicherheit willen rückwirkend belastende Gesetze dann verbietet , wenn sie , ohne daß Gründe der Gerechtigkeit oder Sittlichkeit oder sonstige überwiegende öffentlich-rechtliche Interessen dafür sprechen , Eingriffe in Rechte oder Rechtsverhältnisse vornehmen , mit denen die Betroffenen nicht rechnen konnten (Enneccerus-Nipperdey , Allg . Teil des Bürgerlichen Rechts , 15 . Aufl ., S . 353 § 61 II und die dort angeführte Rechtsprechung und Literatur) . Um einen solchen unzulässigen Eingriff handelt es sich hier jedoch schon deswegen nicht , weil die rückwirkende Einführung der beitragsgerechten Rente dem Grundsatz der Gerechtigkeit entspricht und keine Rede davon sein kann , die Versicherten hätten sich darauf verlassen können , der Gesetzgeber werde an dem seit langem umstrittenen Grundsatz der Mindestrenten für die Dauer festhalten . Vielmehr war im Jahre 1956 mit einer Änderung dieser gesetzlichen Regelung durchaus zu rechnen , wie überhaupt auf dem Gebiete des Sozialversicherungsrechts , das nahezu ständig in Fluß ist , stets mit Änderungen gerechnet werden muß , zumal wenn der Entwurf einer Neuregelung bereits vorliegt und im Zuge solcher Änderungen einerseits Verbesserungen , andererseits Verschlechterungen der Rechtsverhältnisse der Versicherten zu erwarten sind . Dies gilt jedenfalls dann , wenn nicht sonstige Rechtsnormen höherer Ordnung , insbesondere Vorschriften des GG , entgegenstehen . Das ist nicht der Fall .

Insbesondere liegt auch keine Verletzung der Eigentumsgarantie des Art . 14 GG vor . Hierfür kann dahingestellt bleiben , ob Ansprüche auf Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch Art . 14 geschützt sind (vgl . hierzu BVerfG 11 , 64 , 70 sowie 11 , 221 , 226 , 227) , und ob darüber hinaus etwa sogar eine Anwartschaft "Eigentum" im Sinne des Art . 14 GG sein kann . Eine Enteignung liegt schon deswegen nicht vor , weil durch die in Rede stehende Übergangsregelung und ihr rückwirkendes Inkrafttreten die Anwartschaft - d . h . die mit jedem Beitrag verbundene Aussicht , daß er im künftigen Versicherungsfalle einen Rentenanspruch begründen hilft - nicht beseitigt ist , sondern lediglich die Hoffnung , die gesetzliche Regelung über die Mindestrente werde weiterbestehen , und deshalb werde die Beitragsentrichtung vor der Verkündung des ArVNG dazu mithelfen , bei künftigem Eintritt des Versicherungsfalles die Mindestrente zu erhalten .

Ebensowenig ist der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz (Art . 3 Abs . 1 GG) verletzt . Zwar bedeutet das rückwirkende Inkrafttreten des Art . 2 § 42 ArVNG in gewisser Hinsicht die Aufhebung der sonst bestehenden Gleichstellung derjenigen , die vor Ablauf eines Beitragsjahres tatsächlich ihre Beiträge entrichtet haben , mit denen , die die Beiträge innerhalb von zwei Jahren nachentrichten . Diese unterschiedliche Regelung behandelt jedoch nicht willkürlich oder sachfremd Gleiches ungleich . Denn zwischen diesen beiden Gruppen von Beitragsentrichtern bestand von vornherein der erhebliche sachliche Unterschied , daß die zweite Gruppe ihre Anwartschaft nicht erhalten hatte , auch wenn sie unter gewissen Voraussetzungen - insbesondere der , daß nicht inzwischen der Versicherungsfall eingetreten war - die Möglichkeit hatte , sie wiederherzustellen . Zudem können für das rückwirkende Inkrafttreten des Art . 2 § 42 ArVNG sachliche Gründe angeführt werden , etwa der berechtigte Wunsch , zu verhüten , daß auf Grund von Nachrichten über die zu erwartende gesetzliche Regelung in großem Umfang auch solche Beitragsnachentrichtungen gemäß § 1442 RVO aF erfolgten , die sonst nicht stattgefunden hätten , oder der gleichfalls berechtigte Wunsch , zahlreiche Rechtsstreitigkeiten darüber zu verhüten , ob die Beiträge vor oder nach der Verkündung des ArVNG entrichtet worden sind .

Setzt die Anwendung des Art . 2 § 42 Satz 2 ArVNG nach alledem die tatsächliche Beitragsentrichtung vor dem 1 . Januar 1957 voraus und kann auch nichts anderes für den Fall der Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge in der Zeit vom 1 . Januar bis zur Verkündung des ArVNG gelten , so verlangt Art . 2 § 42 Satz 2 ArVNG für die günstigere Berechnung nach altem Recht doch nicht , wovon auch das LSG zu Recht ausgegangen ist , daß die Anwartschaft aus allen bis zum 31 . Dezember 1956 entrichteten Beiträgen zu diesem Zeitpunkt erhalten war; wie der 4 . Senat des BSG ebenfalls in seinem Urteil vom 1 . Juli 1959 (BSG 10 , 139) bereits näher ausgeführt hat , ist nach Art . 2 § 42 Satz 2 ArVNG allein die Erhaltung der Anwartschaft aus früheren Beiträgen in einem bestimmten Zeitpunkt , nämlich zum 1 . Januar 1957 , erforderlich , ohne daß hieraus gefolgert werden darf , damit müsse die Anwartschaft aus allen bisherigen Beiträgen erhalten sein . Es wäre unverständlich , wenn ein Versicherter die günstigere Vergleichsberechnung nach altem Recht allein deswegen nicht beanspruchen dürfte , weil er verfallene Beiträge aus früheren Jahren aufzuweisen hat , während er die Vergleichsberechnung beanspruchen könnte , wenn jene nicht vorhanden wären (RVO-Gesamtkomm . S . 383 Anm . 8a zu Art . 2 § 42 ArVNG) . Nach § 1264 Abs . 1 Satz 3 RVO aF begann nach dem Erlöschen einer Anwartschaft die Versicherung mit den späteren Beiträgen von neuem . Auch mit Rücksicht hierauf kann es nicht angehen , daß alte Beiträge , aus denen die Anwartschaft erloschen war und auch nicht auf dem Wege der Halbdeckung (§ 1265 RVO aF) als erhalten gilt , bei der Anwendung des Art . 2 § 42 ArVNG jetzt den Versicherten zum Nachteil gereichen . Der erkennende Senat schließt sich deshalb dem genannten Urteil des 4 . Senats auch insoweit an .

Die Gewährung einer Rente unter Zugrundelegung der günstigeren Berechnungsvorschriften des alten Rechts setzt indes voraus , daß die bis zum 31 . Dezember 1956 entrichteten Beiträge , aus denen zu diesem Zeitpunkt die Anwartschaft erhalten war , zusammen mit den etwaigen später entrichteten Beiträgen die gesetzliche Wartezeit im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles erfüllen . Denn es kann für die günstigere Vergleichsberechnung nicht genügen , wenn mehr oder weniger zufällig einige wenige Beiträge vorhanden sind , aus denen zum 31 . Dezember 1956 die Anwartschaft erhalten ist , während alle übrigen aus der Zeit vor 1957 verfallen sind und lediglich dadurch wieder Bedeutung erlangen , daß nach neuem Recht alle Anwartschaftserhaltungsvorschriften mit Ausnahme des § 1249 Satz 2 RVO entfallen sind . Würde man sich bei Anwendung des Art . 2 § 42 ArVNG lediglich mit der Erfüllung der Wartezeit nach den Vorschriften des neuen Rechts (§ 1249 RVO) zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles begnügen , würde das erste einschränkende Erfordernis der Anwartschaftserhaltung des Art . 2 § 42 Satz 2 keinen brauchbaren Sinn mehr ergeben . Nach den Ausführungen des Abgeordneten Schüttler ausweislich des schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik , Bundestagsdrucksache Nr . 3080 , Anl . III S . 25 zum damaligen § 41 der Übergangsvorschriften , sollte Voraussetzung für die vorgesehene Vergünstigung sein , daß der Versicherte seinen Willen zur Umstellung durch Entrichtung von jährlich neun Monatsbeiträgen vom 1 . Januar 1957 an beweist , und außerdem die Anwartschaft nach bisherigem Recht am 1 . Januar 1957 erhalten war oder durch auf diesen Zeitpunkt berechnete Halbdeckung (§ 1265 RVO aF) als erhalten galt . Habe der Versicherte dagegen , so heißt es dort weiter , die Anwartschaftsvorschriften vor dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht beachtet , so könne er nach geltendem Recht eine Rente nicht erhalten; er könne sich deswegen auch nicht darauf berufen , daß das zur Zeit geltende Recht mit seiner Rentenformel ihn günstiger stellen würde , wenn er nicht unter der Herrschaft des neuen , sondern des alten Rechts invalide geworden wäre . Die günstigere Berechnung nach altem Recht gemäß Art . 2 § 42 ArVNG kann daher nur demjenigen zugute kommen , der bei Eintritt des Versicherungsfalles tatsächlich rentenberechtigt wäre , sofern das alte Recht noch gelten würde (so bereits BSG 7 , 282 , 287) . Diesen Grundgedanken hat das Gesetz in Art . 2 § 42 ArVNG auch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht . Denn daß die Wartezeit bei Eintritt des Versicherungsfalles erfüllt sein muß , brauchte als selbstverständlich nicht besonders gesagt zu werden . Daß aber die Anwartschaft erhalten sein muß , ergibt sich ua aus Art . 2 § 42 Satz 2 ArVNG . Dort wird sogar verlangt , daß ab 1 . Januar 1957 für jedes Kalenderjahr vor dem des Versicherungsfalles mindestens neun Monatsbeiträge entrichtet worden sind . Diese Vorschrift stellt damit eine Anwartschaftserhaltungsvorschrift dar , und für diese Zeit ist somit diese Anwartschaftserhaltungsvorschrift gegenüber dem früheren § 1264 Abs . 1 Satz 1 RVO aF sogar noch verschärft worden . Es brauchte also zwar erst bei Eintritt des Versicherungsfalles die Wartezeit erfüllt zu sein , sie muß aber erfüllt sein mit solchen Beiträgen , die seit dem 1 . Januar 1957 entrichtet sind , und zwar für jedes Jahr vor dem Kalenderjahr des Versicherungsfalles und für mindestens neun Monate jährlich , und mit solchen früheren Beiträgen , aus denen zu diesem Zeitpunkt die Anwartschaft nach altem Recht erhalten war , auch wenn es sich dabei nur um einige wenige handelt , was zB dann von Bedeutung werden kann , wenn der Versicherungsfall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zum Ende des Jahres 1961 eintritt und für die Jahre 1957 bis 1960 je 12 Monatsbeiträge und dann noch einige weitere für das Jahr 1961 entrichtet sind .

Die Entscheidung des BSG vom 20 . April 1961 (SozR Art . 2 § 42 ArVNG Bl . Aa 2 Nr . 3) steht diesem Ergebnis nicht entgegen , da dort die Klägerin in den Jahren 1953 bis 1956 jeweils 52 freiwillige Wochenbeiträge geleistet hatte und diese zusammen mit den im Jahre 1957 aufgebrachten 13 Wochen- und 9 Monatsbeiträgen die gesetzliche Wartezeit für die gewährte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllten .

Etwas besonderes kann allenfalls dann gelten , wenn in der Zeit vom 1 . Januar 1957 bis zur Verkündung des ArVNG (26 . Februar 1957) bereits ein Anspruch entstanden ist . Daß ein solcher in einer bestimmten Höhe bereits entstandene Anspruch durch das rückwirkende Inkrafttreten des ArVNG (Art . 3 § 8) entscheidend beeinträchtigt werden sollte , ist nicht anzunehmen . Eine sinngemäße Auslegung des Gesetzes ergibt vielmehr , daß die Rückwirkungsvorschrift des genannten Artikels entgegen seinem zu allgemein gehaltenen Wortlaut diejenigen Fälle nicht erfassen wollte , in denen mit Rücksicht auf diese Vorschrift ein im Augenblick der Verkündung bereits in einer bestimmten Höhe entstandener Anspruch zum Nachteil des Versicherten herabgesetzt werden würde . Es kann nicht davon ausgegangen werden , daß Art . 3 § 8 ArVNG mit einer solchen verfassungsrechtlich zum mindesten bedenklichen Rückwirkungsfolge belastet werden sollte (vgl . BVerfG 11 , 139 , 148) . Damit müßte in diesem Falle die günstigere Rente nach altem Recht gewährt werden. Darüber hinaus wäre daneben noch der Sonderzuschuß des Art . 2 § 36 ArVNG zu leisten . Denn auch dabei würde es sich noch um eine Rente handeln , die im Sinne des Art . 2 § 31 ArVNG nach dem bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Rechts festgestellt werden muß , so daß hier Art . 2 § 36 ArVNG ebenfalls anzuwenden wäre .

Werden diese rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt , so ergibt sich für den vorliegenden Streitfall folgendes:

Die Revision muß bereits deswegen zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG führen , weil dieses nicht ausreichend geklärt hat , wann der Versicherungsfall eingetreten ist und zu welchem genauen Zeitpunkt die Anfang 1957 für 1956 nachentrichteten Beiträge entrichtet worden sind . Darauf aber kommt es entscheidend an . Das LSG hat zwar festgestellt , daß die Klägerin im Februar 1957 berufsunfähig geworden ist , ohne aber anzugeben , ob das vor oder nach dem Inkrafttreten des ArVNG der Fall gewesen ist . Andererseits hat es festgestellt , daß die in der Quittungskarte Nr. 21 befindlichen 8 Beitragsmarken der Klasse II mit dem Jahresaufdruck 57 in der Zeit vom 1 . Januar bis zum 14 . Februar 1957 geleistet sind . Es ist also möglich , daß die Klägerin bereits seit Anfang Februar 1957 berufsunfähig war , die Beiträge jedoch erst kurz vor dem oder gar erst am 14 . Februar 1957 , also nach dem Eintritt ihrer Berufsunfähigkeit , entrichtet hat . Dann aber wären sie nach § 1443 RVO aF und § 1419 Abs . 1 RVO nF unwirksam . Das hätte zur Folge , daß die vom LSG bestätigte Anrechnung der Anfang 1957 entrichteten Beiträge auf das Jahr 1956 ohnehin nicht zulässig gewesen wäre , so daß schon aus diesem Grunde allen weiteren rechtlichen Ausführungen des LSG die Grundlage entzogen wäre .

Aber auch dann , wenn das nicht der Fall war , durften die Anfang 1957 entrichteten Beiträge bei der Prüfung der Frage , ob die Anwartschaft aus den vor dem 1 . Januar 1957 entrichteten Beiträgen zu diesem Zeitpunkt nach den bis dahin geltenden Vorschriften erhalten war , grundsätzlich jedenfalls nicht berücksichtigt werden . Nach § 4 Abs . 2 des SVAG war die Anwartschaft aus den alten Beiträgen der Klägerin nur bis zum Ende des Jahres 1948 erhalten . Für die Folgezeit waren nach § 1264 RVO aF zur Erhaltung der Anwartschaft für jedes Kalenderjahr mindestens 26 Wochenbeiträge zu entrichten . Für die Jahre 1949 bis 1954 sind nun zwar jeweils 26 Beitragsmarken der Klasse II fristgerecht geleistet worden . Schon für das Jahr 1955 liegen jedoch nur 24 Beiträge der Klasse II mit dem Jahresaufdruck 55 vor . Die Anwartschaft war damit bereits zum Ende des Jahres 1955 erloschen . Selbst wenn man aber die fehlenden zwei Wochenbeiträge für 1955 durch eine Umdatierung der für 1956 entrichteten gewinnen würde , wären alsdann lediglich 22 Wochenbeiträge für 1956 vorhanden , die ausweislich des Markenaufdrucks im Jahre 1956 verwertet worden sind . Es fehlten somit auf jeden Fall einige Wochenbeiträge für 1956 , um die Anwartschaft aus früheren Beiträgen zu erhalten .

Daß damit zum Ende des Jahres 1956 wenigstens 24 Beiträge vorlagen , aus denen die Anwartschaft erhalten war , vermag aus den obigen Gründen der Klägerin nicht zu helfen , da sie zusammen mit den späteren Beiträgen nicht die gesetzliche Wartezeit erfüllten .

Schließlich lassen die bisher vom LSG getroffenen Feststellungen die Möglichkeit offen , daß die Klägerin ihre Anfang 1957 für das Jahr 1956 bestimmten Beiträge noch vor Eintritt ihrer Berufsunfähigkeit entrichtet hat , und daß diese noch vor der Verkündung des ArVNG eingetreten ist . Dann wäre immerhin ein Rentenanspruch nach altem Recht entstanden , zumal der Rentenantrag bereits am 14 . Februar 1957 gestellt worden war .

Damit mußte das angefochtene Urteil aufgehoben werden , damit das LSG den Streitfall unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen neu prüfen und entscheiden kann .

Dabei wird es auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben .

 

Fundstellen

BSGE, 271

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