Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 03.08.1989) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 3. August 1989 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt von der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (BU/EU).
Der Kläger war von 1970 bis 1982 in Deutschland beschäftigt. Er war ua tätig als Maurer, Sägewerks- und Maschinenarbeiter, als Stanzer, Zimmermann und Betriebsmaler. In Jugoslawien war der Kläger bis 1970 als Maurer beschäftigt gewesen.
Im April 1984 stellte der Kläger einen Rentenantrag. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 14. August 1984). Das Sozialgericht (SG) wies die Klage ab (Urteil vom 25. Juli 1985). Das Landessozialgericht (LSG) hob dieses Urteil des SG auf und verwies die Sache an das SG zurück (Urteil vom 17. April 1986). Mit Urteil vom 23. Juli 1987 hat das SG erneut die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das entsprechende Urteil ist in der Sitzung vom 3. August 1989 verkündet worden. Das Urteil kam laut den Vermerken in der Akte des LSG im Mai 1990 vollständig abgefaßt zur Akte.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger – ua – eine Verletzung des § 134 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23. Juli 1987 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. August 1984 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 1. Mai 1984 zuzüglich 4% Zinsen vom Tage der Rentenbewilligung an zu zahlen;
hilfsweise beantragt er,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist iS der Zurückverweisung begründet. Das angefochtene Urteil leidet an einem Verfahrensmangel.
Nach § 134 Satz 2 SGG soll ein bei der Verkündung noch nicht schriftlich niedergelegtes Urteil binnen drei Tagen nach der Verkündung in vollständiger Abfassung der Geschäftsstelle übergeben werden. § 551 Nr 7 der Zivilprozeßordnung (ZPO), der im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden ist (§ 202 SGG), enthält die unwiderlegliche Vermutung, daß eine Entscheidung stets auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, wenn sie nicht mit Gründen versehen ist. Dann liegt ein unbedingter oder absoluter Revisionsgrund vor. Zwar ist ein solcher nicht schon dann anzunehmen, wenn die Drei-Tages-Frist des § 134 Satz 2 SGG überschritten ist. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat aber mit dem – den Beteiligten abschriftlich übersandten – Beschluß vom 27. April 1993 (GmS-OGB 1/92 – ZIP 1993, 1341; NJW 1993, 2603) einheitlich für alle Gerichtsbarkeiten entschieden, daß es einen absoluten Revisionsgrund darstellt, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe eines bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßten Urteils nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Auf eine diesbezügliche Rüge muß das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werden. Das gilt auch für Urteile, die bereits vor dem Beschluß des GmS verkündet waren.
Zwischen der Verkündung des Urteils des LSG am 3. August 1989 und der Übergabe des unterschriebenen Urteils an die Geschäftsstelle im Mai 1990 liegen mehr als neun Monate. Die Überschreitung der nach dem genannten Beschluß des GmS maßgeblichen Fünf-Monats-Frist ist vom Kläger innerhalb der Revisionsbegründungsfrist gerügt worden. Die gerügte Rechtsverletzung führt daher zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung, ohne daß der Senat die durch die Revision im übrigen aufgeworfenen Rechtsfragen in der Sache zu prüfen hat.
Das LSG wird auch über die Kosten der Revisionsinstanz zu befinden haben.
Fundstellen