Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu hohe Punktbewertung im Zugunstenbescheid nicht korrigierbar
Leitsatz (redaktionell)
1. Die BVG §§ 62 und KOV-VfG § 41 zeigen, daß die in einem Bescheid getroffene Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nur unter ganz gewissen Voraussetzungen geändert werden kann. Das BSG hat demgemäß wiederholt entschieden, daß die Versorgungsverwaltung bei der Neufeststellung der Rente an die Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit - "Teil-Minderung der Erwerbsfähigkeit" - für die unverändert gebliebenen Leiden gebunden ist. Die Verwaltungsbehörde darf daher bei der Neufeststellung nach BVG § 62 Abs 1 die Rente nur "entsprechend" neu feststellen, sofern nicht ein förmlicher Berichtigungsbescheid nach KOV-VfG §§ 40, 41 erlassen wird. Solange dies nicht geschehen ist bleibt eine ursprünglich zu hoch festgesetzte Minderung der Erwerbsfähigkeit Grundlage für die neu zu ermittelnde Minderung der Erwerbsfähigkeit. Die gleiche Forderung muß auch für die Punktzahl bei der Schwerstbeschädigtenzulage gelten.
2. Sind die Voraussetzungen der BVG §§ 62KOV-VfG § 41 nicht erfüllt, so ist es (auch) im Rahmen eines "Zugunstenbescheides" unzulässig, die rechtsverbindlich festgestellte Punktbewertung einzelner Organsysteme zu Ungunsten des Betroffenen abzuändern, auch wenn der Betroffene durch die Neubewertung insgesamt nicht schlechter, sondern sogar besser als nach der früheren Bewertung gestellt wird.
3. Nach KOV-VfG § 40 Abs 1 ist die Verwaltungsbehörde lediglich berechtigt, einen neuen, der wahren Rechtslage entsprechenden Bescheid zu erteilen, soweit der frühere Bescheid den Beschädigten benachteiligt und daher "zugunsten" des Beschädigten berichtigt werden muß. Im übrigen aber ist die Behörde an die in dem früheren Bescheid getroffene Regelung gebunden.
Dies ist eine notwendige Folge der in den KOV-VfG § 24 und SGG § 77 ausgesprochenen Bindungswirkung von Bescheiden.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 Fassung: 1966-12-28; KOVVfG § 40 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27, § 41 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27, § 24 Fassung: 1955-05-02; SGG § 77 Fassung: 1953-03-09
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Februar 1972 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt eine Erhöhung der Schwerstbeschädigtenzulage. Er bezieht wegen einer Vielzahl von Schädigungsfolgen Versorgung aufgrund des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H. sowie Pflegezulage der Stufe II. Mit Bescheid vom 10. Mai 1963 wurde ihm ab Juni 1960 Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe III gewährt. Das Versorgungsamt (VersorgA) setzte dabei für die Organsysteme "Gehirn" und "Sehen" je 100 sowie für "Schädel" 15, insgesamt 215 Punkte an. Durch Bescheid vom 27. Oktober 1964 wurde von Amts wegen ohne erneute Angabe der Einzelpunktzahlen vom 1. Januar 1964 an Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe IV gewährt; der Bescheid wurde als eine Ergänzung des Bescheides vom 10. Mai 1963 bezeichnet.
Mit Schreiben vom 3. Februar 1968 bat der Kläger seine Schwerstbeschädigtenzulage zu überprüfen, weil eine Entstellung des Gesichts nicht berücksichtigt worden sei.
In dem als "Zugunstenbescheid gemäß § 40 Abs. 1 VerwVG" bezeichneten Bescheid vom 21. Juni 1968 nahm das VersorgA für "Sehen" 100, für "Gehirn I" und "Kopf" (einschließlich Gesichtsentstellung) je 50 und für "Hören" 30 Punkte an und stellte eine Gesamtpunktzahl von 230 fest; es gewährte weiterhin Schwerstbeschädigtenzulage nach der Stufe IV, weil die für die nächsthöhere Stufe erforderliche Gesamtzahl von mindestens 250 Punkten nicht erreicht sei. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. September 1968).
Im Klageverfahren hat der Kläger erneut die Gewährung der Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe V begehrt, weil für das Organsystem "Gehirn" 100 Punkte bindend anerkannt worden seien; unter Zuerkennung von 70 anstatt 50 Punkten für "Kopf" werde sogar eine Gesamtpunktzahl von 300 erreicht. Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 12. Februar 1971 den Beklagten verurteilt, dem Kläger vom 1. Februar 1968 an Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V zu gewähren. Durch den Bescheid vom 27. Oktober 1964, der Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe IV gewährt habe, seien mindestens 220 Punkte anerkannt worden; von dieser Mindestpunktzahl sei daher auszugehen. Unter Berücksichtigung der sachlich gerechtfertigten Erhöhung der Punktzahl für "Kopf" von 15 auf 50 sei daher eine Gesamtpunktzahl von mindestens 250 erreicht. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 29. Februar 1972 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 21. Juni 1968 stelle die Ablehnung eines beantragten Zugunstenbescheides dar. Der Bescheid vom 27. Oktober 1964 sei zwischen den Beteiligten bindend geworden. Nach § 40 Abs. 1 VerwVG stehe es im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde, ob sie zugunsten des Berechtigten einen neuen Bescheid erteilen wolle. Wenn aber feststehe, daß ein bindender Bescheid unrichtig sei, so sei die Verwaltungsbehörde verpflichtet, einen der materiellen Rechtslage entsprechenden Bescheid zu erteilen. Dies sei hier der Fall. Die Versorgungsbehörde habe in dem Bescheid vom 10. Mai 1963 eine Gesamtpunktzahl von 215 angenommen und diese später auf 220 abgerundet. Auf den hier strittigen Zugunstenantrag des Klägers habe der Beklagte die MdE für "Kopf" unter Berücksichtigung der Gesichtsentstellung von 30 auf 50 v.H. und für "Hören" von 10 auf 30 v.H. erhöht. Dementsprechend habe er die Punktzahl für "Kopf" von 15 auf 50 Punkte und für "Hören" von 0 auf 30 Punkte heraufgesetzt. Damit sei die für die Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V erforderliche Mindestpunktzahl von 250 Punkten überschritten. Der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, im Rahmen des durch den Zugunstenantrag des Klägers eingeleiteten Verwaltungsverfahrens die Punktebewertung einzelner Organsysteme zu Ungunsten des Klägers abzuändern. Er sei vielmehr an die in den Bescheiden vom 10. Mai 1963 und 27. Oktober 1964 vorgenommene Punktbewertung gebunden gewesen. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 62 BVG bei der Neufestsetzung des MdE-Grades bei Änderung der Verhältnisse. Das BSG habe ausgesprochen, daß die für einzelne Schädigungsfolgen festgesetzte Bewertung der MdE nur geändert werden dürfe, wenn die Voraussetzungen des § 41 VerwVG gegeben seien. Der Beklagte habe aber selbst eingeräumt, daß dies nicht in Betracht komme. Daß es sich bei der Rechtsprechung des BSG um Fälle des § 62 BVG gehandelt habe, während hier die Neufeststellung im Wege eines Zugunstenbescheides in Streit stehe, bedeute keinen rechtserheblichen Unterschied. Vielmehr sei der Beklagte zum Erlaß eines Zugunstenbescheides, der dem Kläger die Schwerstbeschädigtenzulage nach Gruppe V zuerkennen müsse, verpflichtet. Hierzu habe er durch das SG verurteilt werden können, weil die Ablehnung der Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V unter jedem denkbaren Gesichtspunkt ermessensmißbräuchlich sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Februar 1972 und des Urteils des Sozialgerichts Speyer - Zweigstelle Mainz - vom 12. Februar 1971 die Klage abzuweisen.
In seiner Revisionsbegründung rügt er die unrichtige Anwendung des § 40 VerwVG. Diese Vorschrift eröffne die Möglichkeit, trotz eines bereits abgeschlossenen Verfahrens unter Verzicht auf die Wirkungen der Bindung an den früheren Bescheid der Erforschung der materiellen Wahrheit und der Verwirklichung des materiellen Rechts zu dienen. Deshalb könne der Versorgungsfall neu aufgerollt werden. Dabei könne es nicht angehen, auf die frühere sachlich unrichtige Punktbewertung aus rein formalen Gründen durch Hinzurechnung weiterer Punkte noch eine weitere höhere Unrichtigkeit aufzustocken. Dies könne vor allem dann nicht gelten, wenn der Beschädigte durch die Neubewertung nicht schlechter, sondern - wie im vorliegenden Fall - sogar um 10 Punkte besser als nach der früheren Bewertung gestellt werde.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er meint, durch einen Zugunstenbescheid sollten lediglich die in früheren Bescheiden nicht berücksichtigten Krankheiten zusätzlich nachträglich anerkannt werden können. Wenn aber einmal Feststellungen endgültig getroffen seien, erwüchsen diese in Rechtskraft und ließen eine spätere Veränderung zuungunsten des Berechtigten nicht mehr zu.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 164, 166 SGG). Sein zulässiges Rechtsmittel konnte keinen Erfolg haben.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Wege des sog. Zugunstenbescheides Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V zu gewähren. Gemäß § 40 Abs. 1 VerwVG kann die Verwaltungsbehörde zugunsten des Berechtigten jederzeit einen neuen Bescheid erteilen. Nach der Rechtsprechung des BSG (s. SozR Nrn. 3, 8 und 10 zu § 40 VerwVG) hat die Verwaltungsbehörde dann, wenn ein früherer bindend gewordener Bescheid unrichtig ist und den Berechtigten belastet, nicht die Wahl, entweder zugunsten des Beschädigten einen neuen Bescheid zu erteilen oder an der Bindungswirkung festzuhalten; sie ist in diesem Fall vielmehr zur Erteilung eines neuen, der materiellen Rechtslag entsprechenden Bescheides verpflichtet.
Die Bescheide vom 10. Mai 1963 und vom 27. Oktober 1964 waren teilweise unrichtig. Der Beklagte hat darin, wie er selbst einräumt, die Gesichtsentstellung des Klägers nicht berücksichtigt. Er hat nachträglich die Einzelpunktzahl für "Kopf" von 15 auf 50 Punkte erhöht und den Gehörschaden mit 30 zusätzlichen Punkten bewertet (§ 2 Abs. 5 Satz 2 DVO zu § 31 Abs. 5 BVG). Bei Berücksichtigung dieser zusätzlichen Punkte wird die für die Schwerstbeschädigtenzulage der Stufe V erforderliche Mindestpunktzahl überschritten. Der Bescheid vom 27. Oktober 1964, der nur die Stufe IV gewährt hat, ist demnach unrichtig und belastet den Kläger.
Die Herabsetzung der Punktzahl, die der Beklagte für das Organsystem "Gehirn I" von 100 auf 50 vorgenommen hat, ist nicht gerechtfertigt. Der Beklagte hat sich offenbar auf die Rechtsprechung des 11. Senats des BSG (vgl. BSG 24, 236 ff; SGb 1967, 275) zur Anpassung unrichtig festgestellter Sozialversicherungsrenten stützen wollen. Der 11. Senat hat ausgesprochen, daß es dem Versicherungsträger erlaubt sei, bei einer unrichtig zu hoch festgesetzten Rente die jährliche Anpassung auf der Grundlage der richtig festgesetzten Rente durchzuführen, solange er den bisherigen Zahlbetrag der Rente nicht herabsetze, weil für eine "progressive Erhöhung eines fälschlicherweise zu hoch festgestellten Betrages ... kein Vertrauensschutz beansprucht werden" könne (vgl. BSG 24, 236, 240). Der 11. Senat hat dies damit begründet, daß die Berechnungsfaktoren der Rente nicht verbindlich seien und in den Rentenanpassungsgesetzen ein "Bestandsschutz" nicht ausgesprochen sei. Auf diese Rechtsprechung kann sich der Beklagte jedoch nicht berufen, denn die Rechtslage ist in der Kriegsopferversorgung anders. Es begegnet schon erheblichen Bedenken, den Grad der MdE, der sich mitunter aus umfangreichen medizinischen und juristischen (vor allem im Bereich des § 30 Abs. 2 BVG) Ermittlungen und Wertungen ergibt, als "Berechnungsfaktor" zu bezeichnen. Vor allem aber zeigen im Bereich der Kriegsopferversorgung - im Gegensatz zur Rentenversicherung - die §§ 41 VerwVG und 62 BVG, daß die in einem Bescheid getroffene Festsetzung der MdE nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen geändert werden kann. Das BSG (vgl. BSG 19, 15 ff; 77 ff; SozR Nr. 13 zu § 30 BVG) hat demgemäß wiederholt entschieden, daß die Versorgungsverwaltung bei der Neufeststellung der Rente an die Bewertung der MdE - "Teil-MdE" - für die unverändert gebliebenen Leiden gebunden ist. Die Verwaltungsbehörde darf daher bei der Neufeststellung nach § 62 Abs. 1 BVG die Rente nur "entsprechend" neu feststellen, soweit sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben - sofern nicht ein förmlicher Berichtigungsbescheid nach §§ 40, 41 VerwVG erlassen wird. Solange dies nicht geschehen ist, bleibt eine ursprünglich zu hoch festgesetzte MdE Grundlage für die neu zu ermittelnde MdE. Die gleiche Folgerung muß auch für die Punktzahl bei der Schwerstbeschädigtenzulage gelten, weil diese sich nach einem in der Verordnung zur Durchführung des § 31 Abs. 5 BVG im einzelnen festgelegten Verfahren aus der MdE ergibt. Die Verringerung der Punktzahl durch den Beklagten war hier nur deshalb möglich, weil die MdE in einem Teilbereich niedriger eingeschätzt worden war.
Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG ist nicht eingetreten. Der Beklagte geht ferner selbst davon aus, daß die Voraussetzungen des § 41 VerwVG nicht erfüllt sind. Mit § 40 VerwVG kann er seine Maßnahme nicht rechtfertigen. Diese Vorschrift gibt zwar die Möglichkeit, die in einem früheren Bescheid bindend getroffene unrichtige Entscheidung im Sinne der materiellen Rechtslage zu berichtigen. Dies ist aber nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nur "zugunsten" des Versorgungsberechtigten möglich. Der Beklagte kann seine Bescheide auch nicht damit begründen, daß er die Belastung des Klägers nicht erhöht hat. Das BSG (KOV 1960, 76 und SozR Nr. 10 zu § 40 VerwVG) hat zwar ausgesprochen, daß die Verwaltungsbehörde jederzeit einen neuen Verwaltungsakt erlassen kann, sofern der. Betroffene durch den neuen Verwaltungsakt nicht weiter belastet wird (vgl. auch BSG 18, 22). Durch den angefochtenen Bescheid vom 21. Juni 1968 ist der Kläger aber gerade "belastet" worden, denn der Beklagte hat die in dem begünstigenden Verwaltungsakt vom 27. Oktober 1964 festgesetzte Punktbewertung zum Nachteil des Klägers geändert.
Wenn die Gesamtpunktzahl aus dem Bescheid vom 27. Oktober 1964 um 10 erhöht wurde, so ist dies nur deshalb erreicht worden, weil - richtigerweise - weitere Punkte hinzugerechnet wurden. Tatsächlich hat der Beklagte aber für das Organsystem "Gehirn" 50 Punkte abgesetzt; ohne diese Herabsetzung hätte der Kläger die für die höhere Stufe der Schwerstbeschädigtenzulage erforderliche Punktzahl erreicht. Die Aberkennung ist somit für den Kläger ein Nachteil, der es ausschließt, von einer Regelung "zu seinen Gunsten" zu sprechen.
Die Auffassung des Senats und das hier gewonnene Ergebnis führen auch nicht etwa dazu, daß der Beklagte, wie er vor dem LSG vorgetragen hat, verpflichtet wird, aus rein formalen Gründen Leistungen zu gewähren, die im materiellen Recht keine Grundlage haben. Gemäß § 40 Abs. 1 VerwVG ist der Beklagte im vorliegenden Fall lediglich berechtigt, einen neuen, der wahren Rechtslage entsprechenden Bescheid zu erteilen, soweit der frühere Bescheid den Kläger benachteiligt und daher "zugunsten" des Klägers berichtigt werden muß. Im übrigen aber ist der Beklagte an die in dem früheren Bescheid getroffene Regelung gebunden. Dies ist aber eine notwendige Folge der in den §§ 24 VerwVG, 77 SGG ausgesprochenen Bindungswirkung von Bescheiden. Auf das von dem Beklagten angezogene Urteil des BSG (in BVBl 1967, 41) kann sich dieser schon deshalb nicht berufen, weil dieses Urteil einen anders gelagerten Fall betraf.
Die Punktzahl für das Organsystem "Gehirn I" aus dem Bescheid vom 10. Mai 1963 mit 100 Punkten ist daher weiterhin bindend. Diese Festsetzung ist durch den Bescheid vom 27. Oktober 1964 nicht aufgehoben worden, weil hierin lediglich, wie es dem durch die DVO idF vom 17. Juli 1964 (BGBl I, 489) neu eingefügten § 2 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 entsprach, die Gesamtpunktzahl auf 220 aufgerundet worden ist. Unter Hinzurechnung der vom Beklagten neu festgesetzten Punkte ergibt sich somit, daß der Kläger die für die Zuerkennung der Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V erforderliche Punktzahl überschreitet. Ob dem Kläger auch die Stufe VI zusteht, brauchte hier nicht entschieden zu werden Der Bescheid, der ihm weiterhin nur die Stufe IV gewährte, ist jedenfalls unrichtig; der Beklagte ist zum Erlaß eines neuen Bescheides nach § 40 Abs. 1 VerwVG verpflichtet. Dazu konnte er durch die Vorinstanzen verurteilt werden, weil jede andere Regelung ermessensfehlerhaft wäre. Der Beklagte hätte lediglich einen Ermessensspielraum in der Richtung, von wann an er die dem Versorgungsberechtigten günstigere Regelung treffen will (vgl. SozR Nr. 6 und 10 zu § 40 VerwVG; BVBl 1966, 100). Diese Frage spielt aber hier keine Rolle, weil der Kläger die höhere Stufe erst von der Antragstellung im Februar 1968 an begehrt.
Die Revision ist daher unbegründet und muß zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da die Voraussetzungen der §§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG erfüllt waren, konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Fundstellen