Leitsatz (amtlich)

Sind aus einer dem mitversicherten Ehegatten bewilligten Rente zunächst Ersatzansprüche Dritter zu erfüllen, so kann als Zeitpunkt für das Erlöschen des Familienhilfeanspruchs frühestens der Tag angenommen werden, an dem die aufgelaufene Rente ausgezahlt wird oder an dem der Rentenversicherungsträger dem mitversicherten Ehegatten mitteilt, mit welchem Auszahlungsbetrag er für die Vergangenheit rechnen könne.

 

Leitsatz (redaktionell)

Beitritt zu einer Innungskrankenkasse und Fristeinhaltung nach § 176b Abs 2 RVO:

1. Die Beitrittsberechtigung ergibt sich aus § 176b Abs 1 Nr 2 RVO, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen. Danach können ua Personen, für die der Anspruch auf Familienhilfe erlischt, der Versicherung freiwillig beitreten.

2. Unter welchen Voraussetzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung Familienhilfe gewährt wird, ergibt sich aus § 205 Abs 1 S 1 RVO.

3. Die in § 176b Abs 2 RVO festgesetzte Frist (ein Monat) ist eine Ausschlußfrist, deren Lauf allerdings nicht schon beginnt, wenn Aussicht auf Einkommen besteht, die Einkommen müssen auch realisierbar sein. Erst dann kann der bisher mitversicherte Ehegatte entscheiden, ob er der Krankenversicherung als freiwilliges Mitglied beitreten will und ob er in der Lage ist, die Beiträge aufzubringen.

 

Normenkette

RVO § 176b Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1977-06-27, Abs. 2 S. 2, § 205 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 10.11.1983; Aktenzeichen L 16 Kr 10/83)

SG Detmold (Entscheidung vom 03.12.1982; Aktenzeichen S 10 Kr 37/82)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Mitglied der Beklagten geworden ist.

Nachdem sich die Landesversicherungsanstalt (LVA) Oberfranken und Mittelfranken in dem Rechtsstreit S 9 (11) J 224/80 vor dem Sozialgericht (SG) Detmold verpflichtet hatte, dem Kläger ab 1. April 1980 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) zu gewähren, erteilte sie ihm am 10. September 1981 einen Ausführungsbescheid, in dem der Rentenzahlbetrag ab 1. April 1980 auf monatlich 990,50 DM und ab 1. Januar 1981 auf monatlich 1.017,90 DM festgestellt wurde. Die laufende Zahlung der Rente sollte mit dem 1. November 1981 beginnen. Der bis dahin aufgelaufene Rentenbetrag in Höhe von 19.093,50 DM wurde zunächst einbehalten. Durch Bescheid vom 26. Oktober 1981 teilte die LVA dem Kläger sodann mit, nach Befriedigung von Ersatzansprüchen seien ihm noch 15.295,50 DM nachzuzahlen.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1980 hatte die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Höxter festgestellt, daß der Kläger die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) nicht erfülle. In der Folgezeit wurde er, da er kein eigenes Einkommen hatte, von der Beklagten - der Kasse seiner versicherungspflichtig beschäftigten Ehefrau - im Rahmen der Familienhilfe (§ 205 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) mitbetreut.

Am 11. November 1981 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, der Versicherung nach § 176b RVO beitreten zu wollen. Er wies darauf hin, daß der Familienhilfeanspruch wegen des Rentenbezuges erloschen sei; seine Ehefrau erziele ein Arbeitsentgelt von monatlich etwa 1.000,-- DM netto. Die Beklagte lehnte die Aufnahme des Klägers mit Bescheid vom 26. November 1981 ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 1982).

Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung beantragt, daß er ab 3. Oktober 1981 freiwilliges Mitglied der Beklagten geworden sei. Diese Klage hat das SG durch Urteil vom 3. Dezember 1982 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten vom 26. November 1981 und 29. Januar 1982 aufgehoben und festgestellt, daß der Kläger aufgrund seiner Beitrittserklärung vom 11. November 1981 Mitglied der Beklagten geworden ist (Urteil vom 10. November 1983). Die Voraussetzungen des § 176b Abs 1 Nr 2 RVO für einen freiwilligen Beitritt des Klägers zur Beklagten hätten am 11. November 1981, also im Zeitpunkt seiner Beitrittserklärung, vorgelegen. Der Anspruch auf Familienhilfe, den seine bei der Beklagten versicherte Ehefrau für ihn gemäß § 205 RVO unstreitig gehabt habe, sei jedenfalls zu diesem Zeitpunkt erloschen gewesen; denn er habe ein Gesamteinkommen gehabt, das 1/6 der Bezugsgröße nach § 18 des Sozialgesetzbuches - Viertes Buch - (SGB IV) überschreite. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Beitritt auch innerhalb der durch § 176b Abs 2 Satz 2 RVO vorgeschriebenen Frist von einem Monat nach dem Erlöschen des Familienhilfeanspruchs erklärt worden. Der Anspruch auf die Familienhilfe sei nämlich erst mit der Zahlbarmachung der Rente und deren Zufluß an den Kläger erloschen. Der bloße Anspruch auf eine Rente mache bei Fehlen tatsächlicher Einkünfte einen Ehegatten noch nicht fähig, gemäß § 1360 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einen angemessenen Beitrag zum gemeinsamen Familienunterhalt zu leisten. Im übrigen behalte die in § 176b Abs 2 Satz 2 RVO angeordnete Bindung des für das gesamte weitere Versicherungsleben bedeutsamen Beitritts an eine Frist von lediglich einem Monat rechtsstaatlichen Bedenken nur Stand, wenn die Tatbestände, an die der Fristbeginn geknüpft sei, für die Betroffenen so überschaubar und klar seien, daß sie den Beginn der Frist erfassen und deren relativ kurze Laufzeit voll ausschöpfen könnten. Da der Kläger erstmals für den Monat November 1981 - unter Berücksichtigung der zahlungstechnischen Gegebenheiten also frühestens gegen Ende Oktober 1981 - laufende Rente erhalten habe, sei der am 11. November 1981 erklärte Beitritt noch fristgerecht erfolgt. Denn der nach Befriedigung von Ersatzansprüchen Dritter aus der Rentennachzahlung verbliebene Restbetrag sei ebenfalls nicht vor Ende Oktober 1981 in seine Verfügungsgewalt gelangt; denn noch in dem über die Verwendung der Rentennachzahlung erteilten Bescheid vom 26. Oktober 1981 werde mitgeteilt, daß die Auszahlung des freigegebenen Restbetrages noch einige Zeit in Anspruch nehmen könne.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 176b RVO. Entgegen der Auffassung des LSG habe der Kläger die Frist zum freiwilligen Beitritt in die Krankenversicherung versäumt. Die Frist beginne im Zeitpunkt des Erlöschens des Anspruchs auf Familienkrankenhilfe zu laufen. Dieser Anspruch sei aber nicht erst mit der Zahlung der EU-Rente an den Kläger, sondern mit der Zustellung des Rentenbescheides erloschen. Hierfür spreche insbesondere die Regelung des § 176 Abs 1 Satz 4 RVO. Danach müsse der in § 176 Abs 1 Nr 9 RVO genannte Personenkreis den freiwilligen Beitritt binnen eines Monats nach Zustellung des die Rente gewährenden Bescheides erklären. Der Unterschied zwischen dem beitrittsberechtigten Personenkreis nach § 176 Abs 1 Nr 9 RVO und dem Personenkreis nach § 176b Abs 1 Nr 2 RVO bestehe lediglich darin, daß ihr Beitrittsrecht sich aus unterschiedlichen vorher bestandenen Versicherungsverhältnissen ergebe. Der eine könne nach § 315a RVO als Rentenantragsteller versichert sein und der andere sei als Familienangehöriger mitversichert. Schon im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot sei es deshalb erforderlich, daß bei einem nach § 176b RVO erklärten freiwilligen Beitritt zur Krankenversicherung für den Fristbeginn auf die Zustellung des Rentenbescheides abgestellt werde. In diesem Zeitpunkt sei auch überschaubar, ob die Unterhaltsberechtigung entfalle. Denn jetzt könne das Gesamteinkommen berechnet und eine Feststellung darüber getroffen werden, ob der Rentenberechtigte weiterhin unterhaltsberechtigt bleibe. Die tatsächliche Auszahlung der Rente sei für die Feststellung der Unterhaltsberechtigung kein entscheidendes Kriterium. Soweit er nicht sofort über die Rente verfügen könne, stehe dem Versicherungsberechtigten die Möglichkeit offen, bei der Krankenkasse die Stundung der Beitragszahlung zu beantragen. Auch an eine Vorschußzahlung gemäß § 42 Abs 1 SGB - Erstes Buch - (SGB I) sei zu denken. Schon durch den im Rentenverfahren abgeschlossenen Vergleich habe der Rentenanspruch dem Grunde nach festgestanden. Lediglich über die Höhe der Leistung sei noch zu entscheiden gewesen. Da auch das zumutbar erzielte Einkommen für die Bemessung der Unterhaltspflicht heranzuziehen sei, hätte der Kläger alle ihm zustehenden Ansprüche geltend machen, zB auch von der Möglichkeit einer Vorschußzahlung Gebrauch machen können.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. November 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das LSG hat mit im wesentlichen zutreffenden Gründen die erstinstanzliche Entscheidung und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, daß der Kläger aufgrund seiner Beitrittserklärung vom 11. November 1981 Mitglied der Beklagten geworden ist.

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig ist. Nach § 55 Abs 1 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beitrittserklärung vom 11. November 1981 zur Begründung eines Versicherungsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten geführt hat. Ein solcher Streit hat das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zum Gegenstand. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Da der Versicherungsträger die Mitgliedschaft bestreitet, darf der Kläger nicht darauf verwiesen werden, daß er den Eintritt eines Versicherungsfalles abwarte und dann notfalls auf Leistung klage (BSGE 54, 173, 174). Die Feststellungsklage mußte - da ein negativer Bescheid vorlag - auch mit einer Anfechtungsklage verbunden werden.

Die Beitrittsberechtigung des Klägers ergibt sich aus § 176b Abs 1 Nr 2 RVO, dessen Voraussetzungen vorliegen. Danach können ua Personen, für die der Anspruch auf Familienhilfe erlischt, der Versicherung freiwillig beitreten. Unter welchen Voraussetzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung Familienhilfe gewährt wird, ergibt sich aus § 205 Abs 1 Satz 1 RVO. Nach dieser Vorschrift erhalten Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, Krankenhilfe und sonstige Hilfe Versicherte für den unterhaltsberechtigten Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Kinder, wenn diese sich gewöhnlich im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat 1/6 der monatlichen Bezugsgröße überschreitet und nicht anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege haben. Entfällt die Unterhaltsberechtigung dadurch, daß der Ehegatte des Versicherten von einem bestimmten Zeitpunkt an über eigene Einkünfte verfügt, so erlischt der Anspruch auf Familienhilfe, weil die hierfür im Gesetz festgelegten Voraussetzungen entfallen. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, daß die Gewährung der Rente wegen EU zum Wegfall des Anspruchs auf Familienhilfe geführt hat. Denn der Kläger hat mit der monatlichen Rentenzahlung ein Einkommen erzielt, das regelmäßig im Monat 1/6 der monatlichen Bezugsgröße überschreitet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil des LSG verwiesen.

Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß der Anspruch auf Familienhilfe hier erst im Zeitpunkt der Rentenauszahlung erloschen ist und daß der Kläger innerhalb der Ein- Monats-Frist des § 176b Abs 2 Satz 2 RVO seinen Beitritt zur Beklagten erklärt hat. Für die Frage, ob die Unterhaltsberechtigung iS des § 205 RVO für einen bestimmten Zeitraum entfällt, kann nur auf das gegenwärtig verfügbare Vermögen bzw die verfügbaren Einkünfte des mitversicherten Ehegatten abgestellt werden (vgl BSG, Urteil vom 18. August 1982 - 3 RK 38/81 - SozR 2200 § 205 RVO Nr 50). Zwar bemißt sich die Unterhaltspflicht nach § 1360 BGB nicht nur nach den vorhandenen, sondern auch nach den zumutbar erzielbaren Einkünften (vgl BSGE 27, 1, 4). Der Unterhaltspflichtige muß sich also die Möglichkeit, ihm zustehende Ansprüche geltend zu machen, entgegenhalten lassen (BSG, Urteil vom 31. Oktober 1978 - 4/5 RJ 22/77 - SozR 2200 § 1265 RVO Nr 35). Dies genügt aber nicht immer, wenn die Unterhaltsberechtigung iS des § 205 RVO für einen bestimmten Zeitraum zu entscheidend ist. Ob der Anspruch auf Familienhilfe entfällt und der bisher mitversicherte Ehegatte sich - ggf - durch freiwilligen Beitritt innerhalb eines Monats nach Erlöschen des Familienhilfeanspruchs (§ 176b Abs 2 Satz 2 RVO) selbst zu versichern hat, kann sich nur nach feststehenden, auch für den mitversicherten Ehegatten erkennbaren Kriterien richten. Wegen der Bedeutung des Anspruchs auf Familienhilfe und der Notwendigkeit beim Erlöschen der Mitversicherung, rechtzeitig den freiwilligen Beitritt zur Krankenkasse zu erklären, sind Unsicherheiten - soweit wie möglich - zu vermeiden. In diesem Zusammenhang muß im übrigen auch der Grundsatz beachtet werden, daß in der Vergangenheit abgeschlossen zurückliegende Versicherungsverhältnisse nicht nachträglich rückwirkend umgestaltet werden dürfen (BSGE 24, 45, 48; 26, 120, 123; 50, 129, 131). Das bedeutet insbesondere, daß einer Kasse, die das Versicherungswagnis effektiv getragen hat, das Nichtbestehen einer Mitgliedschaft nicht entgegengehalten werden kann.

Wenn auch der in § 205 RVO verwendete Begriff der Unterhaltsberechtigung dem Familienrecht des BGB entnommen und deshalb grundsätzlich nach dessen Vorschriften zu bestimmen ist (BSGE 10, 28, 30; 49, 243, 245; BSG, Urteil vom 18. August 1982, aa0), so ist doch bei der Beurteilung der Unterhaltsberechtigung die Beschränkung auf das gegenwärtig verfügbare Vermögen und die beiderseitig verfügbaren Einkünfte im Hinblick auf die Notwendigkeit einer klaren Grenzziehung erforderlich. Für diese Einschränkung spricht auch der Wortlaut des § 205 Abs 1 Satz 1 RVO. Denn mitversichert sind nur Ehegatten, die "kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat 1/6 der monatlichen Bezugsgröße überschreitet". Zu Recht hat das LSG darauf hingewiesen, daß nicht schon die Aussicht auf Einkommen genügt, die Einkünfte müssen auch realisierbar sein (vgl dazu BSG, Urteil vom 4. Juni 1981 - 3 RK 5/80 - SozR 2200 § 205 RVO Nr 41 - zur Schätzung des Gesamteinkommens bei schwankendem Einkommen). Erst dann kann der bisher mitversicherte Ehegatte entscheiden, ob er der Krankenkasse als freiwilliges Mitglied beitreten will und in der Lage ist, die Beiträge aufzubringen. Auch die Rechtsprechung hat bei insoweit ähnlichen Gesetzestatbeständen stets auf das Verhältnis zwischen dem tatsächlich Gegebenen und Empfangenen abgestellt (vgl BSG, Urteil vom 16. Dezember 1971 - 7 RKg 23/69 - SozR 2200 § 2 BKGG Nr 14; BSG, Urteile vom 28. September 1978 - 4/5 RJ 16/77 - und 13. März 1979 - 1 RA 33/78 - SozR 2200 § 1266 RVO Nrn 8 und 9).

Es kann hier dahinstehen, ob mit dem Tag der Bekanntgabe eines Bescheides, durch den dem mitversicherten Ehegatten eine Rente wegen EU bewilligt wird, grundsätzlich - bei entsprechender Höhe der zuerkannten Rentenleistung - die Unterhaltsberechtigung iS von § 205 RVO entfällt und der Anspruch auf Familienhilfe erlischt. Jedenfalls ist dies dann nicht anzunehmen, wenn im Hinblick auf Erstattungsansprüche, die der Rentenversicherungsträger gegenüber anderen Sozialversicherungsträgern oder einem Träger der Sozialhilfe zur erfüllen hat, noch nicht feststeht, welcher Betrag für die Vergangenheit tatsächlich ausgezahlt wird. Die damit für den mitversicherten Ehegatten verbundene Unsicherheit kann weder durch den Antrag auf Zahlung eines Vorschusses (§ 42 SGB I) noch durch einen Antrag auf Stundung der Krankenkassenbeiträge beseitigt werden. Solange der Rentenversicherungsträger nicht die Höhe der Erstattungsforderungen mitteilt, besteht die Möglichkeit, daß von der nachzuzahlenden Rente nur ein Betrag verbleibt, der die Unterhaltsberechtigung - jedenfalls für die zurückliegende Zeit - unberührt läßt. Deshalb kann als Zeitpunkt für das Erlöschen des Familienhilfeanspruchs - bei einer Fallgestaltung wie hier - frühestens der Tag angenommen werden, an dem die aufgelaufene Rente ausgezahlt wird, nachdem die Ersatzansprüche befriedigt worden sind, oder an dem der Rentenversicherungsträger dem mitversicherten Ehegatten mitteilt, mit welchem Auszahlungsbetrag er für die Vergangenheit rechnen könne.

Für diese Auslegung des § 205 Abs 1 Satz 1 RVO spricht auch folgendes: Die Monatsfrist des § 176b Abs 2 Satz 2 RVO, in der der freiwillige Beitritt zur Krankenversicherung erklärt werden muß, ist eine Ausschlußfrist (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, § 176b Anm 6 iVm § 176a Anm 3). Die nachteiligen Wirkungen einer Ausschlußfrist lassen sich aus rechtsstaatlichen Gründen nur hinnehmen, wenn der Beitrittsberechtigte die Umstände kennt, die ihm ein Recht zum freiwilligen Beitritt geben.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen und damit für den erkennenden Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG hat die LVA Oberfranken und Mittelfranken dem Kläger mit Bescheid vom 26. Oktober 1981 mitgeteilt, daß nach Befriedigung von Ersatzansprüchen ihm noch 15.295,50 DM nachzuzahlen seien. Die Beitrittserklärung zur Beklagten stammt vom 11. November 1981. Der Kläger hat damit innerhalb der Ein-Monats-Frist des § 176b Abs 2 Satz 2 RVO seinen Beitritt zur Krankenversicherung erklärt. Dieser Beitritt ist wirksam erfolgt.

Der Hinweis der Beklagten auf § 176 Abs 1 Satz 4 RVO geht fehl. Diese für den Personenkreis des § 176 Abs 1 Nr 9 RVO geltende Spezialbestimmung kann nicht auf mitversicherte Ehegatten angewendet werden, deren Unterhaltsberechtigung entfällt. Nach § 176b Abs 2 Satz 2 RVO ist der Beginn der einmonatigen Frist zum freiwilligen Beitritt ua vom Erlöschen des Anspruchs auf Familienhilfe abhängig. Wie schon oben angedeutet, erlischt der Anspruch auf Familienhilfe aber nicht in jedem Falle, in dem dem mitversicherten Ehegatten ein rentengewährender Bescheid zugestellt wird. Die Rente kann nämlich so gering ausfallen, daß die Einkommensgrenze des § 205 Abs 1 Satz 1 RVO nicht überschritten wird. In diesem Falle wäre die Zustellung des Rentenbescheides für die Unterhaltsberechtigung ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1661130

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