Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Auswirkung der Änderung des § 134 AFG durch das AFKG
Orientierungssatz
1. Die Auswirkung der Änderung des § 134 AFG durch das AFKG für laufende Leistungsfälle verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (vgl BSG 14.11.1985 7 RAr 123/84).
2. Im Rahmen verfassungsrechtlich zulässiger Maßnahmen ist der Gesetzgeber berechtigt, in den Bestand des Arbeitslosenhilfeanspruchs einzugreifen.
Normenkette
AFG § 134 Abs 1 S 1 Nr 4 Buchst b Fassung: 1981-12-22; AFG § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b Fassung: 1981-12-22; AFKG Art 1 S 2 Nr 17; GG Art 3; GG Art 14; GG Art 20
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Versagung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 1. April 1982.
Der 1925 geborene Kläger, von Beruf kaufmännischer Angestellter, ist mit kurzen Unterbrechungen seit 1949 arbeitslos und bezog deswegen abwechselnd Leistungen von seiten des Arbeitsamtes und der Sozialhilfe. Einen Antrag auf Alhi vom 5. Februar 1975 lehnte die Beklagte bestandskräftig ab. In der Folgezeit war der Kläger lediglich im Rahmen einer befristeten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vom 24. November 1978 bis 14. Februar 1979 als Bibliotheksangestellter beschäftigt. Anschließend bezog er noch bis 28. März 1979 wegen Erkrankung Krankengeld. Er meldete sich am 28. März 1979 zum 29. März 1979 arbeitslos und beantragte Alhi. Diese bewilligte ihm die Beklagte ab 29. März 1979, und zwar für jeweils einjährige Bewilligungsabschnitte; die Leistung war lediglich 1980 während der Dauer eines vom zuständigen Rentenversicherungsträger gewährten Heilverfahrens (19. Juni bis 17. Juli 1980, mit anschließender Schonzeit von sieben Kalendertagen) unterbrochen. Antragsgemäß bewilligte ihm die Beklagte durch Verfügung vom 3. April 1981 in dieser Weise Alhi auch für die Zeit ab 30. März 1981. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten war als Ende dieser Bewilligungsabschnitte der 28. März 1982 gespeichert worden. Durch einen sogenannten Änderungsbescheid vom 8. April 1982 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß ihm eine infolge Dynamisierung erhöhte Alhi noch für die Zeit vom 29. bis 31. März 1982 zuerkannt werde. Zuvor hatte die Beklagte im Schreiben vom 18. Februar 1982 dem Kläger eröffnet, daß das Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (AFKG) neue Voraussetzungen für den Bezug von Alhi festgelegt habe und bisherige Alhi-Bezieher, die diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllten, die Leistung nur noch bis zum 31. März 1982 erhalten könnten. Die Überprüfung seines Leistungsfalles habe ergeben, daß er - der Kläger - die Voraussetzungen nach dem neuen Recht nicht erfülle. Im übrigen verwies die Beklagte auf den Bescheid des Zentralamtes.
Daraufhin erließ die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 8. April 1982, in dem sie ausführte, daß die Bewilligung von Alhi mit Wirkung vom 1. April 1982 aufgehoben werde. Widerspruch, Klage und Berufung waren erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. November 1982; Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 15. November 1983; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 3. August 1984).
Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Bewilligung von Alhi zurecht wegen wesentlicher Änderung der rechtlichen Verhältnisse gemäß § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) aufgehoben. Nach § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) idF vor Inkrafttreten des AFKG vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) habe der Kläger zwar die Voraussetzungen für den bisher bewilligten Anspruch auf Alhi erfüllt; denn mit seiner Beschäftigung als Bibliotheksangestellter vom 24. November 1978 bis 14. Februar 1979 (83 Kalendertage) habe er die damals geforderte Anwartschaftszeit von mindestens 70 Kalendertagen Beschäftigung nachweisen können. Seit der Gesetzesänderung durch das am 1. Januar 1982 in Kraft getretene AFKG sei jedoch zur Erfüllung der Anwartschaft auf Alhi eine Beschäftigung von 150 Kalendertagen erforderlich. Infolgedessen stehe dem Kläger die Alhi aufgrund der Übergangsregelung in Art 1 § 2 Nr 17 AFKG nur noch bis längstens 31. März 1982 zu, so daß die Beklagte zur Einstellung des Alhi ab 1. April 1982 berechtigt gewesen sei.
Bei der Aufhebung der Bewilligung habe die Beklagte nicht ihre Pflicht zur Anhörung des Klägers verletzt. Das LSG verweist hierzu auf das Schreiben der Beklagten vom 18. Februar 1982 und das Widerspruchsverfahren. Auch sei kein Grund für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art 100 des Grundgesetzes (GG) zu erkennen. Das LSG führt dazu des Näheren aus, daß § 134 AFG nF nicht gegen das Grundgesetz verstoße.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 1, 3 und 20 GG. Er trägt dazu im wesentlichen vor: Die den Kläger seit 1. April 1982 treffende Auswirkung der seit 1. Januar 1982 geltenden Fassung des § 134 AFG verletze als sogenannte unechte Rückwirkung das rechtsstaatliche Prinzip der Rechtssicherheit und verstoße gegen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots. Der Ausschluß vom Alhi-Bezug bedeute für den Kläger die völlige Abkoppelung von der gesellschaftlichen Gruppe der Arbeitnehmer. Dieser Abstieg in Randgruppen der Gesellschaft beeinträchtige seine Menschenwürde. Konkret bedeute dies die Beendigung seiner Mitgliedschaft zur gesetzlichen Krankenversicherung und den Ausfall von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung. Die weitere Arbeitslosigkeit könne nicht mehr als Ausfallzeit angerechnet werden, ab 1. Juli 1984 sei jede Anwartschaft auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erloschen. Der Kläger führt dies des Näheren aus und auch, daß der Bezug von Sozialhilfe insoweit keinen Ausgleich schaffe. Er meint, daß ein Ausschluß aus der Gemeinschaft der Sozialversicherten mit diesen Folgen nicht mit Sozialstaatsprinzipien vereinbar sei.
Zudem habe für einen derart weitreichenden Eingriff in vorhandene soziale Rechte kein begründeter Anlaß bestanden. Den Beschäftigten und Besserverdienenden sei es durchaus zumutbar, die Leistungen der Alhi für den zahlenmäßig begrenzten Kreis der am 1. Januar 1982 Anspruchsberechtigten weiterhin zu finanzieren, zumal da auch Sozialhilfeleistungen aus Steuermitteln aufgebracht werden müßten. Die öffentlichen Haushalte wären mithin nur durch einen geringen Mehrbetrag belastet worden. Im übrigen würde die Erhaltung des Krankenversicherungsschutzes und der Rentenanwartschaften als Folge eines fortbestehenden Alhi-Anspruchs längerfristig den Steuerzahler eher entlastet haben.
Der Kläger hat dem Senat auf Anforderung den Änderungsbescheid 8. April 1982 vorgelegt.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, das Urteil des SG Bremen vom 15. November 1983 und den Bescheid der Beklagten vom 8. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 1982 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. April 1982 Alhi in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit des Art 1 § 1 Nr 54a, § 2 Nr 17 AFKG einzuholen.
Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die ihrer Meinung nach zutreffende Entscheidung des LSG. Ergänzend verweist sie auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. November 1983 - 7 RAr 11/82 -, aus dem sich die Verfassungsmäßigkeit von Eingriffen des Gesetzgebers in die Rechtsposition eines Alhi-Empfängers ergebe.
Die Beigeladene hat von einer Stellungnahme ausdrücklich Abstand genommen.
Alle Beteiligten haben erklärt, daß sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden sind (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8. April 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. November 1982 (§ 95 SGG). In diesem Bescheid erklärt die Beklagte zwar, daß sie die Bewilligung von Alhi mit Wirkung ab 1. April 1982 aufhebe. In Wahrheit beinhaltet der Bescheid jedoch die Ablehnung der Gewährung von Alhi ab 1. April 1982; denn eine Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 1. April 1982 war von der Beklagten nicht ausgesprochen worden. Die durch die Verfügung vom 3. April 1981 angeordnete Alhi-Bewilligung ab 30. März 1981 betraf lediglich die Zeit vor dem 1. April 1982. Ihre Wirkung reichte nur bis zum 28. März 1982, wie nicht zuletzt aus dem sogenannten Änderungsbescheid vom 8. April 1982 folgt, durch den dem Kläger Alhi noch für die Zeit vom 29. bis 31. März 1982 zuerkannt wurde. Die zeitliche Begrenzung der Alhi-Bewilligung ab 30. März 1981 entsprach, wie die auf den Antrag des Klägers vom 28. März 1979 schon früher ausgesprochenen Bewilligungen, der Regelung in § 139a AFG, wonach Alhi längstens für ein Jahr bewilligt werden soll und vor einer erneuten Bewilligung die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen sind. Das LSG hat diese Umstände zwar nicht in allen Einzelheiten festgestellt. Der Senat war jedoch berechtigt, dies zu ergänzen, weil von der rechtlichen Qualität des angefochtenen Bescheides die Beurteilung der Prozeßvoraussetzungen abhängt, worauf noch einzugehen ist.
Aus diesen Feststellungen ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid vom 8. April 1982 mit dem Verfügungssatz "Aufhebung einer Bewilligung" fehlerhaft war. Er ist deshalb allerdings nicht rechtswidrig. Selbst wenn wegen seines von den Beteiligten auch entsprechend verstandenen Wortlautes eine dahingehende Auslegung auf Bedenken stoßen sollte (vgl dazu BSG vom 12. Dezember 1985 - 7 RAr 122/84 -), kann er jedenfalls gemäß § 43 Abs 1 SGB 10 in einen rechtmäßigen Ablehnungsbescheid umgedeutet werden. Ihm liegt die Rechtsauffassung der Beklagten zugrunde, daß dem Kläger ab 1. April 1982 keine Alhi mehr zusteht; dieses Ziel wollte die Beklagte mit dem Verwaltungsakt verwirklichen. Inhaltlich stellt er eine Ablehnung des Antrags des Klägers auf Alhi vom 29. März 1979 für die Zeit ab 1. April 1982 dar. Trotz der durch § 139a AFG angeordneten Beschränkung der Dauer einer Leistungsbewilligung auf grundsätzlich jährliche Abschnitte (vgl dazu BSG vom 14. November 1985 - 7 RAr 123/84 - zur Veröffentlichung bestimmt) behält diese Antragstellung auch für die jeweils nachfolgenden Bewilligungsabschnitte Wirkung, weil es sich bei der Alhi im Falle ununterbrochener Arbeitslosigkeit und Fortbestand der übrigen Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich um einen einheitlichen und fortwährenden Anspruch handelt (BSG vom 12. Dezember 1985 - 7 RAr 75/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Die Ablehnung hatte als gesetzlich gebundene Entscheidung zu ergehen; denn wenn es an den Voraussetzungen für den geltend gemachten Rechtsanspruch auf Alhi ab 1. April 1982 fehlte, durfte die Beklagte die Bewilligung keinesfalls aussprechen. Daß letzteres der Fall war, ist noch anzuführen.
Beurteilt sich sonach der angefochtene Bescheid von Rechts wegen nicht als Aufhebung einer zuvor bereits für die Zeit ab 1. April 1982 ausgesprochenen Leistungsbewilligung, sondern als Ablehnung eines Antrags auf Gewährung von Alhi ab diesem Zeitpunkt, so hat der Kläger hiergegen zulässig die verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben (§ 54 Abs 1 und 4 SGG; vgl auch BSGE 48, 33, 34 = SozR 4100 § 44 Nr 19). Deren Begründetheit richtet sich folglich nicht - wie das LSG angenommen hat - nach § 48 Abs 1 SGB 10 (Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse), sondern allein danach, ob für die vom Kläger beantragte Leistung ab 1. April 1982 die Anspruchsvoraussetzungen nach § 134 ff AFG vorgelegen haben. Das war nicht der Fall.
Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem Inhalt des § 134 AFG idF des AFKG. Nach dieser Vorschrift hat Anspruch auf Alhi, wer neben den Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nrn 1 bis 3 AFG innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, mindestens 150 Kalendertage, sofern der letzte Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) oder Alhi nach § 119 Abs 3 erloschen ist, danach mindestens 240 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können. Aufgrund der Arbeitslosmeldung des Klägers zum 29. März 1979 lief die nach § 134 Abs 1 Nr 4 AFG maßgebliche einjährige Rahmenfrist vom 29. März 1978 bis 28. März 1979. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Kläger in dieser Zeit nur 83 Kalendertage beschäftigt gewesen. Für den Klageanspruch fehlt es mithin an der seit 1. Januar 1982 erforderlichen Mindestbeschäftigungszeit von 150 Kalendertagen. Infolgedessen hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Alhi ab 1. April 1982 zutreffend abgelehnt.
An dieser Rechtslage ändert es nichts, daß der Kläger mit seiner Arbeitslosmeldung vom 29. März 1979 einen Anspruch auf Alhi erfüllt hatte. Nach § 134 Abs 1 Nr 4 AFG in der vor Inkrafttreten des AFKG geltenden Fassung genügte dafür ua der Nachweis von 70 Tagen entlohnter Beschäftigung im letzten Jahr vor der Arbeitslosmeldung, ein Erfordernis, das beim Kläger aufgrund der Tätigkeit als Bibliotheksangestellter vom 24. November 1978 bis 14. Februar 1979 vorlag. Diese Rechtsstellung hat der Kläger jedoch für die Zeit ab 1. April 1982 als Folge der Rechtsänderung durch das AFKG verloren. Es entsprach der Absicht des Gesetzgebers, die mit der Änderung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG ab 1. Januar 1982 gegenüber dem bisherigen Recht erweiterten Anwartschaftsvoraussetzungen nach einer Übergangszeit von drei Monaten auch auf bei Inkrafttreten des AFKG bereits laufende Leistungsfälle auszudehnen. Dies folgt aus der Übergangsregelung in Art 1 § 2 Nr 17 AFKG. Danach ist ua § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung bis zum 31. März 1982 anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Alhi-Anspruchs hiernach für einen Zeitraum im Dezember 1981 erfüllt sind, wie es beim Kläger der Fall war.
Der Senat sieht keine Veranlassung, dem Antrag des Klägers zu folgen, die Sache dem BVerfG vorzulegen. Er hält die Regelung des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG durch das AFKG als mit dem GG vereinbar, wie er - worauf der Kläger hingewiesen worden ist - bereits mehrfach entschieden hat (vgl Urteile vom 14. November 1985 - 7 RAr 123/84 - und vom 12. Dezember 1985 - 7 RAr 75/84 und 7 RAr 122/84 -). Zwar handelt es sich im Falle ununterbrochener Arbeitslosigkeit mit Fortbestand der übrigen Anspruchsvoraussetzungen bei der Alhi grundsätzlich um einen einheitlichen und fortwährenden Anspruch. Darauf hat die abschnittsweise Bewilligung der Leistung gemäß § 139a AFG keinen Einfluß; diese stellt keine Begrenzung der Anspruchsdauer, sondern lediglich eine solche der Leistungsbewilligung dar. Jedoch bedeutet dies nicht, daß ein einmal entstandener Anspruch auf Alhi auch bei sonst gleichbleibenden Verhältnissen zeitlich unbegrenzt gewährleistet ist. Im Rahmen verfassungsrechtlich zulässiger Maßnahmen ist der Gesetzgeber vielmehr berechtigt, auch in den Bestand eines solchen Anspruchs einzugreifen. Dies ist mit der Änderung des § 134 AFG durch das AFKG geschehen.
Zur Begründung seiner Auffassung hat der Senat im oa Urteil vom 12. Dezember 1985 - 7 RAr 123/84 - ua ausgeführt:
"Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber zwar in einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt für die Zukunft eingegriffen. Diese Gesetzesänderung wirkte sich auch zum Nachteil des Klägers aus. ... Aus verfassungsrechtlichen Gründen war der Gesetzgeber hieran nicht gehindert. Der Anspruch auf Alhi unterliegt, da er nicht aus Beitrags-, sondern aus Steuermitteln finanziert wird, nicht dem Bereich des Eigentumsschutzes nach Art 14 GG (vgl jeweils mit Hinweis auf BVerfGE 45, 142, 170, BSG vom 12. November 1981 - 7 RAr 51/80 - Dienstblatt R der Beklagten § 134 Nr 2710a, BSG SozR 4100 § 136 Nr 2). Die Auswirkung der Änderung des § 134 AFG durch das AFKG für laufende Leistungsfälle ist trotz ihrer Beschränkung auf die Zukunft zwar als eine sogenannte unechte Rückwirkung eines Gesetzes anzusehen, die an der Schranke des Rechts- und Sozialstaatsprinzips iS des Art 20 GG zu messen ist. Diese wäre jedoch nur dann verfassungswidrig, wenn sie in einen Vertrauenstatbestand eingegriffen hätte und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Interesse des einzelnen am Fortbestand des bisherigen Zustandes nicht übersteigen würde (BVerfGE 36, 73, 82). Das ist jedoch nicht der Fall. Angesichts der zahlreichen Änderungen im Recht der Alhi seit Inkrafttreten des AFG kann der Bezieher dieser Leistung sich nicht darauf berufen, ihm müsse ein Vertrauen in den gleichbleibenden Fortbestand der einmal vorhandenen Anspruchsvoraussetzungen zugebilligt werden (vgl dazu BSGE 48, 33, 41 = SozR 4100 § 44 Nr 19). Der Senat hat schon mehrfach entschieden, daß der Bezieher von Alhi auch mit entwertenden Eingriffen des Gesetzgebers in den Bestand oder die Höhe seines Anspruchs rechnen muß, die aus übergeordneten öffentlichen Interessen erfolgen; hierbei ist zudem zu beachten, daß die Alhi Elemente einer Fürsorgeleistung enthält, so daß bei Fortfall dieses Anspruchs das dem sodann Bedürftigen zustehende Recht auf Sozialhilfeleistungen grundsätzlich einen angemessenen Ausgleich gewährleistet (BSG vom 12. November 1981 aaO; BSG SozR 4100 § 136 Nr 2). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Änderung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG durch das AFKG. Er beruht auf der sachgerechten Erwägung, angesichts steigender Ausgaben infolge ungünstiger Entwicklung des Arbeitsmarktes die Arbeitsförderung funktionsfähig zu erhalten und dabei den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit besonders Rechnung zu tragen (vgl Begründung zum Entwurf eines AFKG, Allgemeiner Teil, BT-Drucks 9/799, S 30 ff).
Keiner Entscheidung bedarf es, ob ein übergangsloses Inkrafttreten der Neuregelung des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG zu beanstanden wäre. Wie ausgeführt, sieht das AFKG insoweit eine Übergangszeit vom alten auf das neue Recht in laufenden Leistungsfällen von drei Monaten vor. Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber im Rahmen des ihm hier zustehenden weiten Gestaltungsspielraums (vgl dazu BVerfGE 29, 221, 235; 36, 73, 84) damit eine verfassungsrechtlich fehlerfreie Abwägung zwischen öffentlichen und Individualinteressen vorgenommen. Darf dies bei geringeren Eingriffen sogar zu einer den Art 20 GG nicht berührenden übergangslosen Anwendung neuen Rechts führen (vgl BSG SozR 4100 § 136 Nr 2), trägt die hier vorgesehene Übergangslösung jedenfalls dem Bedürfnis des Alhi-Beziehers ausreichend Rechnung, vor rechtsstaatlich bedenklichen Eingriffen, dh hier vor einer zeitlich unmittelbar wirkenden vollständigen Entwertung seiner erworbenen Rechte, geschützt zu werden (vgl dazu BSG vom 12. November 1981, aaO)."
Der Senat vermag dem Kläger nicht darin zu folgen, daß die Regelung des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG idF des AFKG mit seinen Auswirkungen auf vor dem 1. Januar 1982 entstandene Alhi-Ansprüche gegen rechts- oder sozialstaatliche Verfassungsgrundsätze verstößt, sie insbesondere wegen Verletzung von Prinzipien der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit oder des Übermaßverbots den Kläger in seiner Menschenwürde beeinträchtigt. Die Argumentation des Klägers läuft darauf hinaus, daß der einmal erworbene Anspruch auf Alhi - sofern Arbeitslosigkeit nicht durch Vermittlung in Arbeit beendet werden kann - dem Berechtigten von verfassungswegen letztlich bis zum Eintritt in den Rentenbezug erhalten bleiben müsse. Dies ist schon nach der vom Senat vertretenen oa Auffassung nicht richtig, da das GG den Gesetzgeber prinzipiell nicht hindert, in bestehende Alhi-Ansprüche nachteilig einzugreifen. Entscheidend dabei ist lediglich, ob solche Eingriffe schutzwürdige Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigen; für die Regelungen des AFKG in Bezug auf § 134 AFG ist dieser Grundsatz gewahrt. Der Senat bleibt bei der Auffassung, daß insbesondere die Notwendigkeit, wegen gesetzlich angeordneten Fortfalls eines Alhi-Anspruchs Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen, keinen Verstoß gegen rechts- oder sozialstaatliche Verfassungsgrundsätze bedeutet. Abgesehen von den schon dargestellten Rechtsähnlichkeiten beider Leistungssysteme kann die Einrichtung der Sozialhilfe als Ausdruck staatlicher Fürsorge zur Gewährleistung der Existenzsicherung aller Bürger im Bedarfsfall grundsätzlich nicht als menschenunwürdig erachtet werden, im Gegenteil. Eine solche Ansicht läßt sich keinesfalls mit möglichen Leistungsunterschieden zwischen Alhi und Sozialhilfe rechtfertigen, selbst wenn damit nachteilige Veränderungen in der bisherigen sozialversicherungsrechtlichen Position einhergehen. Diese sind jedenfalls nicht so gravierend, daß der Gesetzgeber allein deshalb grundgesetzwidrig handelt, wenn er durch Begrenzung eines bestehenden Alhi-Anspruchs die Inanspruchnahme von Sozialhilfe auslöst.
Im übrigen hat der Senat schon in anderem Zusammenhang festgestellt, daß der Übergang vom Alhi- zum Sozialhilfe-Bezug keinesfalls einen Ausschluß vom Schutz gegen Lebensrisiken bedeutet, wie ihn eine sozialversicherungsrechtlich erworbene Position gewährleistet. Der Senat hat dazu im Urteil vom 14. November 1985 - 7 RAr 123/84 - ua ausgeführt:
"Zum einen besteht nach dem Ende des Bezuges von Alhi die Möglichkeit zu einer freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 155 Abs 2 AFG iVm § 313 RVO; vgl Gagel ua, Komm z AFG, § 150, RdNrn 24, 217; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 313 Anm 9). Die dafür anfallenden Beiträge hat ggf der Sozialhilfeträger zu übernehmen (§ 13 Abs 1 BSHG), der im übrigen bei Fehlen eines anderweitigen Versicherungsschutzes Krankenhilfe in dem Umfange zu gewähren hätte, wie er den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht (§ 37 BSHG). Der Fortfall der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 155 Abs 1 AFG bedeutet mithin für den Kläger keine unzumutbare Belastung.
Dasselbe gilt für die Behauptung von rentenversicherungsrechtlichen Nachteilen. ... Nach § 1227 Abs 1 Nr 10 RVO (= § 2 Abs 1 Nr 12 AVG) in der bis zum 31. Dezember 1982 geltenden Fassung des 20. Rentenanpassungsgesetzes vom 20. Juni 1977 (BGBl I 1040) löste der Bezug ua von Alhi in bestimmten Fällen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aus; die Beitragslast traf die Beklagte (§ 1385 Abs 4 Buchst h RVO = § 112 Abs 3 Buchst i AVG). ... Durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1857) ist die Rentenversicherungspflicht von Leistungsempfängern nach dem AFG beseitigt worden. Seit 1. Januar 1983 sind Zeiten des Bezugs von (ua) Alhi nur noch als Ausfallzeiten anzurechnen (§ 1259 Abs 1 Nr 3a RVO = § 36 Abs 1 Nr 3a AVG). Die Beklagte muß zwar auch für solche Zeiten weiterhin Beiträge entrichten (§ 1385a RVO = § 112a AVG); diese werden aber nicht dem einzelnen gutgeschrieben, sondern dienen nur zur Lastenverteilung zwischen der BA und den Trägern der Rentenversicherung (vgl BSG SozR 2200 § 1236 Nr 38). Auch Zeiten des Bezuges von Sozialhilfe dienen unter gewissen Voraussetzungen zur Begründung einer Ausfallzeit (vgl § 1259 Abs 1 Nr 3 Buchst c RVO = § 36 Abs 1 Nr 3 Buchst c AVG). Unabhängig davon kann der Sozialhilfeträger auch Kosten zur Schaffung der Voraussetzungen für eine angemessene Alterssicherung übernehmen (§ 14 BSHG). Infolgedessen bedeutet die Verweisung des Klägers auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe auch wegen der rentenversicherungsrechtlichen Folgen keine unzumutbare Rechtsfolge. ..."
Kann der Senat dem Kläger schon aus diesen Gründen nicht darin beipflichten, daß der Gesetzgeber mit Leistungsbeschränkungen der Alhi wie in § 134 Abs 1 Nr 4 AFG idF des AFKG den Betroffenen in rechts- oder sozialstaatswidriger Weise übermäßige Belastungen ansinnt, folgt eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift auch nicht aus seinem Vorbringen, die Regelung sei aus finanziellen Gründen nicht erforderlich gewesen. Insoweit handelt es sich um rechtspolitische Erwägungen, die zu bewerten Sache des Gesetzgebers im Rahmen des ihm verfassungsrechtlich zustehenden Gestaltungsspielraums ist, so daß die Entscheidung des Gesetzgebers, solchen Erwägungen nicht zu folgen, nicht zur Verfassungswidrigkeit der Norm führen kann.
Soweit der Kläger mit der Revision ferner die Verletzung von Art 3 GG durch die Folgen der Neuregelung des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG geltend macht, ist dies weder ausreichend dargetan noch ersichtlich. Die Vorschrift behandelt alle Alhi-Empfänger nach Maßgabe der im Einzelfall gegebenen Voraussetzungen gleichartig. Auch aus der von den geänderten Anspruchsvoraussetzungen folgenden Grenzziehung ist eine willkürliche Ungleichbehandlung nicht zu erkennen.
Nach allem muß der Revision des Klägers der Erfolg versagt bleiben; sie ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen