Leitsatz (amtlich)
Ist der Bescheid, in welchem die zu Unrecht erfolgte Zahlung von Versorgungsbezügen festgestellt ist, verbindlich geworden, so kann in dem Streit über die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheides nicht mehr geprüft werden, ob der in dem bindend gewordenen Bescheid angeführte Grund der Überzahlung (BVG § 62) oder KOV- VfG §§ 41, 42) zutrifft oder nicht.
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Anwendung des KOV-VfG § 47 ist der dem Rechtsverhältnis zwischen Versorgungspflichtigen und Versorgungsberechtigten innewohnende Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. Hat der Rentenempfänger aber selbst die ihm obliegenden Verpflichtungen verletzt, so ist er nicht berechtigt, sich auf Treu und Glauben im Hinblick auf das Verhalten des Versorgungsamtes zu berufen, auch dann nicht, wenn er der Meinung sein darf, das Versorgungsamt habe auf andere Weise von den Änderungen der Einkommensverhältnisse Kenntnis erlangt.
Orientierungssatz
1. Von der Bindungswirkung des SGG § 77 wird grundsätzlich nur der Verfügungssatz erfaßt (vergleiche BSG 1959-01-21 11/8 RV 181/57 = BSGE 9, 80 mit weiteren Hinweisen).
2. Die Frage, ob ein Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach der Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidungen (vergleiche BSG 1958-02-12 1/9 RV 948/55 = BSGE 7,8 und BSG 1961-01-18 11 RV 10 16/60 = SozR Nr 11 zu § 47 KOV-VfG und BSG 1964-07-24 10 RV 47/62 = Breith 1965, 61 mit weiteren Nachweisen).
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27; KOVVfG § 42 Fassung: 1960-06-27, § 41 Fassung: 1960-06-27, § 47 Abs. 2 Fassung: 1960-06-27, Abs. 3 Fassung: 1960-06-27; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03; BGB § 242
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle vom 18. Juli 1963 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin bezieht seit dem 1. Oktober 1950 Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Vom 1. August 1955 an erhielt sie eine Rente aus der Sozialversicherung in Höhe von monatlich 58,80 DM, die das Versorgungsamt (VersorgA) unter Berücksichtigung des gesetzlichen Freibetrages von 15,- DM im Bescheid vom 27. April 1956 bei der Berechnung der Ausgleichsrente mit 43,- DM anrechnete. Dieser Bescheid enthält unter Nr. 6 a) den Hinweis auf die Verpflichtung der Klägerin, gemäß § 16 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) ihre Einkünfte dem VersorgA mitzuteilen. Obwohl sich die Rente aus der Sozialversicherung nach dem 1. Januar 1957 auf 172,70 DM erhöht hatte, teilte die Klägerin dies dem VersorgA nicht mit. Durch eine Mitteilung des die Sozialversicherungsrente zahlenden Postamts Langenhagen vom 28. März 1957 erfuhr das VersorgA von dieser Rentenerhöhung. In dieser Mitteilung ist jedoch die neue Rentenhöhe mit 72,70 DM (statt 172,70 DM) angegeben. Daraufhin stellte das VersorgA mit Bescheid vom 30. März 1957 gemäß § 62 BVG die Rente der Klägerin für die Zeit ab 1. Mai 1957 neu fest. In diesem Bescheid ist die neue Rente aus der Sozialversicherung mit 72,70 DM und die bisherige Rente mit 58,80 DM angegeben, so daß gemäß der Erhöhung von 13,90 DM als neues anzurechnendes Einkommen ein Betrag von 57,- DM errechnet ist. Dieser Bescheid enthält weiter den Vermerk: "Eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge bleibt vorbehalten für den Fall, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, die in der vorstehenden Feststellung nicht berücksichtigt werden konnte, weil sie bisher nicht angezeigt wurde. Der Vorbehalt erstreckt sich auch darauf, daß die Erhöhung der Sozialversicherungsrente endgültig anders festgesetzt wird, als sie dieser Feststellung zugrunde liegt. Auf die genaue und zeitgerechte Einhaltung der Ihnen nach den bisherigen Bescheiden obliegenden Anzeigepflicht bei Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen wird erneut besonders hingewiesen." Das Postamt L teilte dem VersorgA mit Schreiben vom 19. August 1959 mit, daß sich die Witwenrente aus der Sozialversicherung der Klägerin auf 183,30 DM ab 1. Januar 1959 erhöht habe. Auch diese Änderung teilte die Klägerin dem VersorgA nicht mit. Das VersorgA übersandte der Klägerin am 29. Juni 1959 ein Formblatt, in dem ausgeführt ist, daß die Erhöhung der Rente aus der Sozialversicherung nach dem Ersten Rentenanpassungsgesetz (1. RAG) bei der Bemessung der Ausgleichs- und Elternrente nach dem BVG vom 1. Juni 1959 an zu berücksichtigen sei. Diese Anrechnung werde jedoch wegen der zu erwartenden Neuregelung des BVG einstweilen zurückgestellt und zusammen mit der dann notwendigen Neuberechnung der Versorgungsrente durchgeführt werden. Am 2. Juli 1960 erhielt das VersorgA die Mitteilung, daß die Rente aus der Sozialversicherung vom 1. Januar 1960 an 194,20 DM betrage.
Mit Bescheid vom 28. Januar 1961 berechnete das VersorgA unter Bezugnahme auf § 62 BVG nunmehr die Versorgungsbezüge für die Zeit ab 1. Mai 1957 bis 31. Mai 1960 neu. Hierbei berücksichtigte es für die Zeit ab 1. Mai 1957 nunmehr einen Betrag von 172,70 DM, statt wie im Bescheid vom 30. März 1957 von 72,70 DM. Die Neuberechnung ergab eine Überzahlung von 2.331,- DM, die das VersorgA gemäß § 47 Abs. 2 VerwVG zurückforderte. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 1961).
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat mit Urteil vom 5. Juni 1962 den Bescheid vom 28. Januar 1961 und den Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 1961 aufgehoben und festgestellt, daß die Klägerin nicht zur Rückzahlung der streitigen 2.331,- DM verpflichtet ist. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 18. Juli 1963 auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG in Hannover vom 5. Juni 1962 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, daß die Klägerin sich gegen den angefochtenen Bescheid nur insoweit wende, als darin ein Betrag von 2.331,- DM zurückgefordert wird. Die Berechnung selbst greife sie nicht an. Es stehe daher fest, daß dieser Betrag für die Zeit vom 1. Mai 1957 bis zum 31. Mai 1960 zu Unrecht gezahlt worden ist. Die Überzahlung beruhe auf einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG. Dies gelte auch insoweit, als das VersorgA in dem Bescheid vom 30. März 1957 zunächst nur einen Betrag von 72,70 DM statt von 172,70 DM als sonstiges Einkommen aus der Sozialversicherung angenommen habe. Bei der damals tatsächlich gezahlten Rente habe der Klägerin unter Berücksichtigung des Freibetrages und der Einkommensgrenze eine Ausgleichsrente überhaupt nicht mehr zugestanden. Wegen des in diesem Bescheid enthaltenen Vorbehalts sei insoweit die Berechnung der Ausgleichsrente nicht verbindlich geworden, so daß eine Berichtigung gemäß §§ 41, 42 VerwVG nicht in Betracht komme.
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 VerwVG seien gegeben. Als die Klägerin die Bezüge für den Monat Mai 1957 und die folgenden Monate erhalten habe, habe sie gewußt, daß sich ihre Sozialversicherungsrente erhöht habe. Sie habe nämlich schon vorher einen Vorschuß und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 1957 eine Nachzahlung erhalten. Sie habe insbesondere gewußt, daß ihre Sozialversicherungsrente um 100,- DM höher gewesen sei, als das VersorgA angenommen habe. Der Inhalt des Bescheides vom 30. März 1957 könne entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dahin ausgelegt werden, daß ihr neben den sonstigen gesetzlichen Freibeträgen des BVG ein weiterer Freibetrag von 100,- DM bei der Anrechnung ihres Einkommens auf die Ausgleichsrente zugebilligt worden sei. Der Bescheid vom 30. März 1957 lasse keinen Zweifel daran, daß sich der Freibetrag gegenüber den früheren Bescheiden nicht geändert habe, denn er stelle lediglich auf den Differenzbetrag der bisherigen Rente aus der Sozialversicherung von 58,80 DM und der fälschlicherweise angenommenen neuen Rente von 72,70 DM ab. Angesichts des ausführlichen Inhalts dieses Bescheides habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, daß von der tatsächlichen Sozialversicherungsrente stillschweigend ein weiterer Freibetrag von 100,- DM nicht angerechnet worden sei. Dies hätte auch derjenige erkennen müssen, der juristisch nicht gebildet war, wenn er den Bescheid sorgfältig gelesen hätte. Das habe aber die Klägerin, wie sie selbst zugebe, nicht getan. Damit habe sie die jedem Rentenempfänger obliegende Sorgfaltspflicht verletzt. Im übrigen hätte sie nicht der Auffassung sein dürfen, die Landesversicherungsanstalt (LVA) werde jede Rentenerhöhung dem VersorgA richtig mitteilen und sie selbst sei dadurch von ihrer Anzeigepflicht befreit. Die LVA bzw. die Zahlstelle der Post hätten die Mitteilungen an das VersorgA über die Rentenänderungen nicht als Bevollmächtigte der Klägerin vorgenommen, um damit deren Anzeigepflicht zu erfüllen. Es habe sich dabei vielmehr um eine Amtshilfe gehandelt. Das VersorgA habe im übrigen die Klägerin in den Bescheiden vom 14. Oktober 1955, 27. April 1956, 10. Oktober 1956, 30. März 1957 und 28. Juni 1957 auf ihre Verpflichtung hingewiesen, jede weitere Änderung der Einkommensverhältnisse unverzüglich mitzuteilen. Soweit es sich um den Zeitraum nach der Erhöhung der Rente aus der Sozialversicherung im Jahre 1959 handele, habe die Klägerin gewußt, daß ihr die Ausgleichsrente nach dem BVG nicht in der gezahlten Höhe zustand. Wie sie selbst eingeräumt habe, sei ihr bewußt gewesen, daß die Ausgleichsrente von der Höhe des sonstigen Einkommens abhängig und daß hierbei auch eine Erhöhung der Sozialversicherungsrente zu berücksichtigen sei. Hieraus ergebe sich, daß sich die Klägerin damals auch bewußt gewesen sei, daß die Erhöhung der Sozialversicherungsrente zu einer Verringerung der Versorgungsbezüge führen müsse. Im übrigen habe das VersorgA die Klägerin durch die Formularbenachrichtigung vom 29. Juni 1959, wie sie nicht bestreite, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Erhöhung der Sozialversicherungsrente bei der Bemessung der Versorgungsrente vom 1. Juni 1959 an zu berücksichtigen sei und die Anrechnung einstweilen zurückgestellt werde. Nach allem sei die Rückforderung nach § 47 Abs. 2 VerwVG gerechtfertigt. Diese Vorschrift stelle allein auf ein Verschulden des Versorgungsberechtigten ab, nicht dagegen auf das der Versorgungsverwaltung. Die Rückforderung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, denn auf Treu und Glauben könne sich nur derjenige berufen, der selbst allen seinen Verpflichtungen gegenüber der Versorgungsbehörde nachgekommen sei. Das sei bei der Klägerin jedoch nicht der Fall, denn sie habe von 1956 bis zum 31. Mai 1960 keine der Erhöhungen ihrer Rente aus der Sozialversicherung dem VersorgA angezeigt. Sie habe es vielmehr darauf ankommen lassen, daß die Versorgungsverwaltung hiervon auf andere Weise Kenntnis erhielt. Die Ansicht des SG, der Vorbehalt im Bescheid vom 30. März 1957 gestatte eine Rückforderung nur, wenn das VersorgA innerhalb von sechs Monaten eine Neuberechnung vorgenommen hätte, sei nicht zu teilen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18. Dezember 1958 (BSG 9, 47) entfalle ein Wissenmüssen des Versorgungsberechtigten nur dann, wenn dieser innerhalb einer angemessenen Frist, die im Regelfall sechs Monate betrage, nach Eingang der Anzeige von der Einkommensänderung keinen Neufeststellungsbescheid und auch keine anderweitige Benachrichtigung erhalte. Das gelte naturgemäß nur dann, wenn der Berechtigte wußte, daß und seit wann dem VersorgA die Änderung seines Einkommens bekannt geworden ist. Die Klägerin habe aber im vorliegenden Fall keine Änderung angezeigt. Sie durfte daher nicht darauf vertrauen, daß das VersorgA ihr wirkliches Einkommen erfahre und die fälschlich gezahlte Ausgleichsrente zutreffend sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses am 23. August 1963 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. August, beim BSG am 4. September 1963 eingegangen, Revision eingelegt und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 23. November 1963 die Revision mit einem beim BSG am 19. November 1963 eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums begründet.
Sie beantragt,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Hannover vom 5. Juni 1962 als unbegründet zurückzuweisen und die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.
Sie rügt eine Verletzung des § 47 Abs. 2 VerwVG aF und führt hierzu aus, sie widerspreche den Feststellungen des LSG, daß die Überzahlung wegen eines Verschuldens der Klägerin in deren Verantwortungsbereich falle, so daß die Rückforderung gerechtfertigt sei. Sie habe zwar auf Grund des anrechnungsfähigen sonstigen Einkommens ab 1. Mai 1957 keinen Anspruch auf Ausgleichsrente und es sei auch richtig, daß sie in der Zeit vom 20. März 1956 bis zum Eingang der Postmitteilung vom 19. Juni 1959 dem VersorgA niemals eine Mitteilung über die Höhe ihrer ab 1. Januar 1957 umgestellten Rente aus der Sozialversicherung gemacht habe, dennoch lasse dieses Verhalten nicht den Schluß zu, daß die Empfangnahme der ab 1. Mai 1957 an sich nicht mehr zustehenden Ausgleichsrente auf ein böswilliges Verhalten zurückzuführen sei. Sie verweist auf die Entscheidungen des BSG in BSG 5, 267 und BVBl 1962, 60 und meint, die Umstände sprächen nicht für ein Wissen oder Wissenmüssen oder dafür, daß sie ab 1. Mai 1957 die Ausgleichsrente in böswilliger Absicht entgegengenommen habe. Ihrer Verpflichtung, Einkommensänderungen anzugeben, sei sie nach Erhalt des Bescheides vom 8. März 1956 von der LVA am 20. März 1956 nachgekommen. Danach habe die Versorgungsbehörde den Änderungsbescheid vom 27. April 1956 erlassen. Später habe sie dann von der LVA die Abrechnung mit dem Ersatzanspruch des Beklagten erhalten. Dadurch mußte sie im guten Glauben darüber sein, daß das VersorgA jedenfalls die Neufeststellung der Ausgleichsrente nur dann vornehmen würde, wenn auch eine Änderung der Witwenrente aus der Reichsversicherungsordnung (RVO) aus irgendeinem Grunde eintrete. Der Bescheid vom 30. März 1957 enthalte ebenso wie die voraufgegangenen Bescheide keinen Hinweis über Freibeträge, sondern lediglich Angaben über Einkommensgrenzen, die aber bereits seit dem 1. April 1956 geändert gewesen seien. Als Rechtsunkundige habe sie nicht übersehen können, daß die ab 1. Mai 1957 erfolgte Herabsetzung der Ausgleichsrente auf 77,- DM monatlich unrichtig gewesen sei. Sie habe, wie auch alle übrigen Ausgleichsrentenempfänger, zum damaligen Zeitpunkt der Rentenumstellungen nach den Rentenneuregelungsgesetzen auf die Richtigkeit der von den Postdienststellen an die Versorgungsämter im Wege der Amtshilfe übermittelten Angaben vertrauen dürfen. Selbst wenn ihr aber die offensichtliche Unrichtigkeit der in dem Bescheid vom 30. März 1957 bezeichneten Höhe der Sozialversicherungsrente aufgefallen wäre, habe auch dann noch nicht erwartet werden können, daß sie die Unrichtigkeit der Berechnung der Versorgungsrente hätte erkennen müssen. Auch nach dem Erhalt der Mitteilung des VersorgA vom 29. Juni 1959 habe für sie keine Veranlassung bestanden, sich erneut bei dem Beklagten zu melden und Angaben über die Veränderung der Witwenrente nach dem 1. RAG zu machen. Die Versorgungsbehörde trage selbst das Risiko, wenn sie keinen neuen Bescheid erlasse, obwohl nach den vorliegenden Unterlagen ohne Zweifel eine Minderung der bisherigen Rentenbeträge offensichtlich sei. Der Hinweis auf die Überlastung der Verwaltung sei unbeachtlich. Das VersorgA habe nach der Mitteilung der Post vom 19. Juni 1959 Kenntnis von der richtigen Höhe der Rente aus der Sozialversicherung gehabt und sei durchaus in der Lage gewesen, eine Neufeststellung vorzunehmen. Auch wenn sie, die Klägerin, gewußt habe, daß die Höhe der Rente aus der Sozialversicherung für einen Anspruch auf Ausgleichsrente bestimmend sei, habe sie trotzdem nicht unbedingt erkennen müssen, daß die ab 1. Mai 1957 von der Versorgungsbehörde bewilligte Teilausgleichsrente unrichtig gewesen sei. Es könne nicht zur Sorgfaltspflicht eines Versorgungsberechtigten gehören, Bescheide der Verwaltung auf rechnerische Richtigkeit nachzuprüfen, wenn der Berechtigte im guten Glauben sei, daß bei der Verwaltung alle zur Festsetzung der Ausgleichsrente erforderlichen Unterlagen vorhanden seien.
Im übrigen wird auf die Revisionsbegründung verwiesen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß eine Verletzung des § 47 Abs. 2 VerwVG durch das LSG nicht vorliegt.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG), so daß sie zulässig ist. Die Revision ist jedoch nicht begründet. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28. Januar 1961 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 1961. In diesem Bescheid hat die Versorgungsbehörde zwei Regelungen getroffen. Sie hat zunächst die Ausgleichsrente der Klägerin gemäß § 62 BVG für die Zeit vom 1. Mai 1957 bis 31. Mai 1960 wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG neu festgestellt und dabei eine Überzahlung der der Klägerin gezahlten Ausgleichsrente in Höhe von 2.331,- DM errechnet. Weiterhin hat die Versorgungsbehörde diese der Klägerin zu Unrecht gewährten Leistungen gemäß § 47 Abs. 2 VerwVG zurückgefordert. Da die Klägerin den Bescheid vom 28. Januar 1961 nur hinsichtlich des vom Beklagten geltend gemachten Rückforderungsanspruchs angreift, ist somit der in diesem Bescheid getroffene Ausspruch des Beklagten, daß die Klägerin Versorgungsbezüge in Höhe von 2.331,- DM in der Zeit vom 1. Mai 1957 bis 31. Mai 1960 zu Unrecht bezogen hat, gemäß § 77 SGG verbindlich geworden.
Soweit die Klägerin gegenüber dem streitigen Rückforderungsanspruch vorträgt, die Versorgungsbehörde sei zumindest für die Zeit vom 1. Mai 1957 bis zur erneuten Erhöhung der Rente aus der Sozialversicherung im Jahre 1959 zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Überzahlung der Ausgleichsrente durch eine wesentliche Änderung der Verhältnisse gemäß § 62 BVG entstanden sei - vielmehr wäre insoweit eine Berichtigung des Bescheides vom 30. März 1957 nur gemäß § 41 VerwVG möglich gewesen - kann sie mit diesem Vorbringen nicht mehr gehört werden. Es kann dahinstehen, ob die Versorgungsbehörde - wie das LSG ausgeführt hat - durch den im Bescheid vom 30. März 1957 enthaltenen Zusatz ("eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge bleibt für den Fall vorbehalten, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, die in der vorstehenden Feststellung nicht berücksichtigt werden konnte. ... Der Vorbehalt erstreckt sich auch darauf, daß die Erhöhung der Sozialversicherungsrente endgültig anders festgesetzt wird ...") das Recht behalten hat, im vorliegenden Fall auch für die Zeit vom 1. Mai 1957 bis zum Mai 1959 eine Neufeststellung nach § 62 BVG deshalb vorzunehmen, weil sich aus diesem Zusatz ergibt, daß die Ausgleichsrente nur "vorläufig" gezahlt werden sollte. Jedenfalls ist dadurch, daß die Klägerin den streitigen Bescheid nur wegen des geltend gemachten Rückforderungsanspruchs, nicht aber auch wegen der Höhe der überzahlten Versorgungsleistungen angreift, diese Überzahlung sowohl ihrer Höhe als auch ihrem rechtlichen Grunde und ihrer Einordnung nach, die sie durch den Bescheid erhalten hat, nämlich als Überzahlung wegen Änderung der Verhältnisse gemäß § 62 BVG, bindend geworden. Zwar wird von der Bindungswirkung des § 77 SGG grundsätzlich nur der Verfügungssatz erfaßt (s. dazu BSG 9, 80, 84 f mit weiteren Hinweisen). Jedoch muß diese Bindung sich auch auf die rechtliche Grundlage und Qualifikation, der ausgesprochenen Rechtsfolge jedenfalls dann erstrecken, wenn diese die Grundlage weiterer - noch im Streit befindlicher - selbständiger Ansprüche bildet. Das gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Rückerstattungsanspruch nach Voraussetzung und Umfang von dem Rechtsgrunde abhängt, aus dem die Versorgungsbezüge zu Unrecht gezahlt worden sind, also davon abhängt, ob die Überzahlung auf einer Neufestsetzung der Versorgungsbezüge wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse (§ 47 Abs. 2 VerwVG) oder darauf beruht, daß ein Bescheid nach § 41 oder § 42 VerwVG berichtigt worden ist (§ 47 Abs. 3 VerwVG). Der Umfang der Rückerstattungsverpflichtung kann nämlich gemäß § 47 VerwVG erst dann selbständig geprüft und festgestellt werden, wenn feststeht, auf welcher rechtlichen Einordnung die Überzahlung beruht. Der Grundsatz, daß für die Frage, ob eine Rückerstattungsverpflichtung zu Unrecht empfangener Versorgungsbezüge gemäß § 47 VerwVG besteht, der Bescheid, mit dem die Überzahlung von Versorgungsbezügen festgestellt ist, auch hinsichtlich des rechtlichen Grundes dieser Überzahlung bindend sein muß, ergibt sich aus dem Vergleich mit der Regelung ähnlicher Fälle auf anderen Rechtsgebieten. So ist es herrschende Auffassung im Zivilprozeßrecht, daß gemäß § 304 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nach Erlaß eines Grundurteils irgendwelche Einwendungen zum Rechtsgrunde der Entscheidung im Nachverfahren nicht mehr zugelassen sind und sich die Rechtskraftwirkung des Grundurteils auch auf die rechtliche Einordnung des Anspruchs im ganzen erstreckt (s. dazu Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., § 55 III c S. 244; Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl., Anm. III 2 zu § 304; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 26. Aufl., Anm. II 5 zu § 304 und Anm. 2 zu § 318). Ist somit im vorliegenden Fall die Überzahlung von Versorgungsbezügen aus einer Neufeststellung gemäß § 62 BVG ausgesprochen und der Bescheid insoweit verbindlich geworden, so kann die Verpflichtung zur Rückerstattung dieser Zahlung nur noch unter den so gegebenen Voraussetzungen nach § 47 Abs. 2 VerwVG geprüft werden, nicht aber nach § 47 Abs. 3 VerwVG. Auch folgende Erwägung spricht für diese Rechtsauslegung. Wenn nämlich im Rahmen der Prüfung einer Rückerstattungsverpflichtung von zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezügen trotz bindend gewordener Feststellung der Überzahlung deren Rechtsgrund erneut überprüft würde, so würde damit nochmals über die Rechtmäßigkeit des insoweit bereits bindend gewordenen Verwaltungsakts entschieden werden. Das widerspricht jedoch der Bindungs- und Rechtskraftwirkung gemäß §§ 77 und 141 SGG. Ist somit ein die Überzahlung von Versorgungsbezügen feststellender Verwaltungsakt bindend geworden, so können im Streit über die Rechtmäßigkeit eines die Rückerstattungspflicht aussprechenden Bescheides Einwendungen gegen die rechtliche Einordnung der zuvor festgestellten Überzahlung nicht mehr erhoben werden. Im vorliegenden Fall ist somit davon auszugehen, daß die Überzahlung der Versorgungsbezüge in Höhe von 2.331,- DM auf einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG beruht. Das Vorbringen der Klägerin, daß der angefochtene Bescheid nicht auf § 62 BVG, sondern nur auf § 41 VerwVG zu stützen gewesen wäre, ist somit rechtsunerheblich, die Klägerin kann damit nicht gehört werden.
Soweit in dem angefochtenen Bescheid die Pflicht zur Rückerstattung ausgesprochen ist, sind die gegen die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides gerichteten Angriffe der Klägerin unbegründet. Es handelt sich bei diesem Bescheid um einen Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung. Die Frage, ob ein solcher Verwaltungsakt, dessen Aufhebung die Klägerin begehrt, rechtmäßig oder rechtswidrig ist, richtet sich nach der Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidungen (BSG 7, 8; BSG in SozR VerwVG § 47 Nr. 11; Urteil des erkennenden Senats vom 24. Juli 1964 - 10 RV 47/62 - mit weiteren Zitaten). Demnach richtet sich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nach § 47 VerwVG in der Fassung des 1. NOG vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453, Art. 2 Nr. 8). Gemäß § 47 Abs. 2 VerwVG ist der Empfänger von Versorgungsleistungen, deren Überzahlung auf einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse beruht, zur Rückerstattung nur verpflichtet, a) soweit er beim Empfang wußte oder wissen mußte, daß ihm die Leistung nicht oder nicht in der gewährten Höhe zustand oder b) soweit die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers oder der Höhe einer ihm von einem Träger der Sozialversicherung, einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder einer öffentlich-rechtlichen Kasse gewährten Nachzahlung vertretbar ist. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 17. April 1964 (BSG in SozR VerwVG § 47 Nr. 15) ausgeführt hat, ist die Frage, ob der Empfänger einer Versorgungsrente wußte oder wissen mußte, daß die ihm gezahlten Versorgungsbezüge nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden, nach dem Zeitpunkt der Zahlungen der jeweiligen Monatsrente zu beurteilen (so auch BSG 13, 56, siehe dazu auch BSG 9, 47, 53). Ein Wissen ist gleichbedeutend mit der durch Auskünfte, Belehrungen, Hinweise oder andere Umstände erworbenen Kenntnis des Versorgungsberechtigten, daß ihm die Versorgungsbezüge infolge Änderung der persönlichen, familiären oder sonstigen Verhältnisse, der wirtschaftlichen Einkommens- oder Vermögensverhältnisse nicht oder doch nicht in der bisherigen Höhe zugestanden haben. Ein Wissenmüssen liegt vor, wenn die Unkenntnis eines Versorgungsberechtigten darauf beruht, daß er die insoweit erheblichen Umstände aus Nachlässigkeit oder aus anderen Gründen, die er zu vertreten hat, nicht oder nicht genügend beachtet hat. Diese Voraussetzungen sind unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles, der Persönlichkeit und des Verhaltens des Versorgungsberechtigten zu beurteilen (BSG 5, 267; 11, 44, 47; 13, 56 und Urteil des erkennenden Senats vom 24. Oktober 1962 - 10 RV 1323/59-). Dabei ist es nicht erforderlich, daß der Empfänger auch hat übersehen können, wie sich die Änderung der Verhältnisse auf die Höhe seiner Versorgungsbezüge im einzelnen auswirkt. Das LSG hat festgestellt, daß die Klägerin seit Mai 1957 wissen mußte und seit der Erhöhung ihrer Rente im Jahre 1959 sogar wußte, daß ihr die zuletzt mit Bescheid vom 30. März 1957 zuerkannte Ausgleichsrente nicht in dieser Höhe zustand. Die gegen diese Feststellung des LSG von der Klägerin gerichteten Revisionsangriffe, die sich als Rügen einer Verletzung des § 128 SGG durch das LSG darstellen, greifen nicht durch. Nach § 128 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es hat in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Entscheidung leitend gewesen sind. Ein Mangel in Bezug auf die freie richterliche Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Gericht die gesetzlichen Grenzen seines Rechts, die Beweise frei zu würdigen, überschritten, insbesondere gegen Erfahrungssätze des täglichen Lebens oder gegen Denkgesetze verstoßen hat (BSG 2, 236). Eine solche Gesetzesverletzung ist aber durch die Revision nicht dargetan, vielmehr nimmt die Klägerin nur eine eigene, von der des LSG abweichende Beweiswürdigung vor, ohne darzutun, daß das LSG bei einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung zwingend zu einem anderen Ergebnis hätte kommen müssen (BSG in SozR SGG § 164 Nr. 28). Das LSG ist auf Grund des Inhalts der im Jahre 1956 erlassenen Bescheide und des Bescheides vom 30. März 1957 zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin bei der ihr obliegenden Sorgfaltspflicht hätte erkennen müssen, daß in dem Bescheid vom 30. März 1957 die Rente aus der Sozialversicherung irrtümlich nur in Höhe von 72,70 DM (statt 172,70 DM) als sonstiges Einkommen angenommen worden ist. Zu dieser Feststellung durfte das LSG ohne eine Verletzung des § 128 SGG gelangen. Das VersorgA hat nämlich in dem Bescheid vom 30. März 1957 die bisher gezahlte Sozialrente (58,80 DM) der nach dem 1. Januar 1957 gezahlten Rente, und zwar in der Höhe wie sie ihr von der Post mitgeteilt worden war (72,70 DM), gegenübergestellt und einen Differenzbetrag von 13,90 DM errechnet. Bei sorgfältigem Durchlesen dieses Bescheides hätte die Klägerin ohne besondere Kenntnisse der gesetzlichen Vorschriften erkennen müssen, daß dieser Unterschiedsbetrag falsch war; sie hätte weiterhin aus dem Umstand, daß das VersorgA die Höhe der neuen Rente aus der Sozialversicherung mit nur 72,70 DM festgesetzt hat, ebenso entnehmen müssen, daß es von einer um 100,- DM zu niedrigen anrechnungspflichtigen Rente aus der Sozialversicherung ausgegangen ist. Wenn die Klägerin meint, wegen der durch verschiedene Änderungen des BVG wechselnden Höhe von Freibeträgen für anzurechnende Einkommen habe sie nicht erkennen können, ob das VersorgA in dem Bescheid vom 30. März 1957 noch einen weiteren Freibetrag von 100,- DM anrechnen wollte, so ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Verletzung des § 128 SGG bei der Feststellung des LSG über das Wissenmüssen der Klägerin darzutun. Zwar sind in dem Bescheid vom 30. März 1957 die gesetzlichen Freibeträge nicht ausdrücklich bezeichnet, jedoch war aus der Bezifferung der neuen Sozialversicherungsrente mit 72,70 DM zu ersehen, daß es sich hierbei nicht um eine wegen eines Freibetrags von 100,- DM gekürzt anzurechnende Rente aus der Sozialversicherung handelte; dies war um so weniger anzunehmen, als die alte Sozialversicherungsrente - die tatsächlich 58,80 DM betragen hat - richtig mit diesem Betrag in dem Bescheid vom 30. März 1957 eingesetzt war. War aber - wie das LSG ohne eine Verletzung seines Rechts auf freie richterliche Beweiswürdigung festgestellt hat - für die Klägerin auf Grund des Inhalts des Bescheides vom 30. März 1957 ersichtlich, daß das VersorgA bei der Berechnung der Ausgleichsrente in diesem Bescheid von einer unzutreffenden Höhe der neuen Rente aus der Sozialversicherung ausgegangen war, so mußte die Klägerin wissen (§ 47 Abs. 2 VerwVG), daß ihr die Ausgleichsrente nicht in der in diesem Bescheid errechneten Höhe zustand. Wenn das LSG aus diesen Umständen somit den Schluß gezogen hat, die Klägerin habe, weil sie den Bescheid nicht sorgfältig genug durchgelesen habe, insoweit ihre Sorgfaltspflicht verletzt und wissen müssen, daß ihr die gewährte Leistung nicht in der im Bescheid vom 30. März 1957 bezeichneten Höhe zustand, so verstößt diese Feststellung nicht gegen § 128 SGG. Soweit das LSG für die Zeit ab Mai 1959 die Feststellung getroffen hat, daß die Klägerin wissen mußte, daß ihr die unverändert ab Mai 1957 gezahlten Versorgungsbezüge nicht mehr zustanden, sind begründete Revisionsrügen durch die Klägerin nicht erhoben, so daß diese Feststellung gemäß § 163 SGG ebenfalls für den Senat bindend ist.
Die weiteren Ausführungen in der Revision können die Pflicht der Klägerin zur Rückerstattung der zu Unrecht gewährten Versorgungsbezüge gemäß § 47 Abs. 2 VerwVG nicht in Frage stellen. Das LSG hat nicht festgestellt, daß die Klägerin den erstmaligen Bezug ihrer Rente aus der Sozialversicherung dem VersorgA nicht angegeben hat. Es hat aber festgestellt, daß die Klägerin - was diese in der Revision auch nicht bestreitet - von Januar 1957 an dem VersorgA von der Erhöhung ihrer Sozialversicherungsrente überhaupt keine Anzeige gemacht hat, obwohl sie in den verschiedenen Bescheiden seit 1956 auf ihre Verpflichtung zur Mitteilung der Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere ihrer Bezüge aus der Sozialversicherung, mehrfach hingewiesen worden war. Die Klägerin will offenbar mit ihrem Vortrag, das VersorgA habe mit der LVA ein Amtshilfeabkommen geschlossen und die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, daß die LVA immer rechtzeitig die richtige Höhe der Sozialversicherungsrente an das VersorgA mitteilen werde, so daß das VersorgA trotz der ihm von der LVA zugehenden Mitteilung im Jahre 1959 und 1960 die Versorgungsbezüge zu spät neu festgestellt habe, dartun, daß die Verpflichtung zur Rückzahlung von 2.331,- DM gegen Treu und Glauben verstoße. Hierzu hat das LSG zutreffend ausgeführt, daß das nicht der Fall ist. Das BSG hat zwar in der angezogenen Entscheidung ausgesprochen, daß bei der Anwendung des § 47 VerwVG der dem Rechtsverhältnis zwischen Versorgungsverpflichteten und Versorgungsberechtigten innewohnende Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten ist (BSG 9, 47), jedoch setzt dieser Grundsatz voraus, daß der Versorgungsberechtigte die ihm auf Grund des Versorgungsrechtsverhältnisses obliegenden Pflichten erfüllt hat und deshalb damit rechnen darf, daß auch das VersorgA die der Behörde gesetzlich obliegenden Verpflichtungen pünktlich und dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechend erfüllt (BSG 9, 53). Nur für diesen Fall darf der Rentenempfänger damit rechnen, daß nach einer gewissen Zeit des Schweigens das VersorgA seit der Mitteilung des Rentenempfängers über die Änderung seiner Einkommensverhältnisse eine Neufeststellung vornimmt. Hat der Rentenempfänger aber selbst die ihm obliegenden Verpflichtungen verletzt, so ist er nicht berechtigt, sich auf Treu und Glauben im Hinblick auf das Verhalten des VersorgA zu berufen, auch dann nicht, wenn er der Meinung sein darf, das VersorgA habe auf andere Weise von den Änderungen der Einkommensverhältnisse Kenntnis erlangt. Der soziale Rechtsstaat, wie er nach Art. 20, 28 des Grundgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland Gestalt und Ausdruck findet, hat zwar die Pflicht, alle seine Bürger sozial und gerecht zu betreuen, er darf andererseits aber auch erwarten, daß der einzelne Bürger sich ihm gegenüber sozial und gerecht verhält. Dazu gehört, daß der Bürger, wenn er von der öffentlichen Verwaltung wiederkehrende Leistungen erhält, seine Pflicht, Änderungen wesentlicher Umstände anzuzeigen, ernst nimmt und diese Verpflichtung erfüllt (s. dazu BSG 7, 8, 16 und Haueisen in NJW 1956, 204 Anm. 24). Durch die in den Bescheiden der Jahre 1956 und 1957 mehrfach ausgesprochenen Hinweise, daß die Klägerin die Veränderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse dem VersorgA mitteilen mußte, sie dieser Verpflichtung aber nicht nachgekommen ist, hat sie selbst ihre Pflichten innerhalb des Versorgungsrechtsverhältnisses so gröblich verletzt, daß sie sich bei ihrem Wissenmüssen nicht auf Treu und Glauben berufen und die Rückerstattung verweigern kann. Im übrigen hat das VersorgA - obwohl es von der Klägerin über keine einzige Erhöhung ihrer Rente aus der Sozialversicherung Kenntnis erhalten hat - trotzdem vorsorglich im Juni 1959 nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß die in diesem Jahr erfolgte Erhöhung der Rente nach dem 1. RAG Einfluß auf die Höhe ihrer Ausgleichsrente hat. Wenn das VersorgA hierbei wegen der in Aussicht stehenden Änderung des BVG die Neufeststellung für einen späteren Zeitpunkt angekündigt hat, so ist es damit seiner Verpflichtung nachgekommen, die Rentenempfänger auf mögliche Rückzahlungsverpflichtungen hinzuweisen. Es kann also keine Rede davon sein, daß das VersorgA hinsichtlich des geltend gemachten Rückforderungsanspruchs im vorliegenden Fall gegen Treu und Glauben verstößt.
Da somit das LSG zutreffend die Rückerstattungspflicht der Klägerin gemäß § 47 Abs. 2 VerwVG und die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides angenommen und entsprechend entschieden hat, ist die Revision unbegründet.
Sie war daher gemäß § 170 Abs. 1 SGG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen