Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Anordnung, mit der die Aufsichtsbehörde der klagenden Ersatzkasse aufgegeben hat, die Gewährung von Leistungen für Brillen in bestimmtem Umfang einzustellen sowie die entsprechenden Bestimmungen ihrer Versicherungsbedingungen (VB) zu streichen.
Die Klägerin ist Mitglied des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK). Dieser Verband hat sich gemeinsam mit dem Verband der Arbeiter-Ersatzkassen e.V. in einem ab 1. Juli 1962 geltenden Vertrag mit dem Zentralverband der Augenoptiker für das Bundesgebiet über die Lieferung von Sehhilfen geeinigt (im folgenden nur: Vertrag). Hinsichtlich der Gestaltung und Preise der Sehhilfen wird der Vertrag jeweils im Abstand von mehreren Jahren angepaßt. Der Vertrag enthält zusammen mit der dazugehörenden Preisliste eine genaue Bestimmung der zu liefernden Gläser- und Gestellarten. Diesem Vertrag ist die Klägerin gemäß § 2 Nr. 1 Buchst. b der Satzung des VdAK beigetreten.
Die genehmigten VB der Klägerin enthalten bezüglich der Gewährung von Brillen folgende Regelungen:
§ 12LeistungenAllgemeine Bestimmungen
1. (1) Die Kasse gewährt folgende Leistungen:a) Krankenpflege vom Beginn der Krankheit an; sie umfaßt insbesondere … Brillen und Heilmittel (§ 16), …
2. (2) Die Krankenpflege muß ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
§ 16Brillen und Heilmittel
1. (1) Brillen (Erstbeschaffung) und Heilmittel sind nach vorheriger schriftlicher ärztlicher Verordnung für Rechnung der Kasse von den Vertragslieferanten … zu beziehen.
2. (1) Zu den Kosten eines Brillengestells in nichtvertraglicher Ausfertigung gewährt die Kasse eine Beihilfe nach Richtlinien des Vorstandes, die nach § 11 der Satzung bekanntzumachen sind. Mit der Beihilfe ist der jeweils geltende Vertragspreis abgegolten.
3. (1) Die Kasse kann versicherungsberechtigten Mitgliedern, deren Gesamteinkommen die jeweils geltende Krankenversicherungspflichtgrenze übersteigt, und für deren anspruchsberechtigte Angehörige die Kosten privatärztlich verordneter Brillen und Heilmittel erstatten.
(2) Erstattet werden die Kosten, die bei Inanspruchnahme eines Vertragslieferanten … der Kasse entstanden wären, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Kosten. Ziff. 2 Abs. 1 und § 12 Ziff. 2 Abs. 2 gelten entsprechend.
Zu § 16 VB hat der Vorstand am 13. Oktober 1978 beschlossen:
1. Beim Bezug von Brillenfassungen und Brillengläsern in außervertraglicher Ausführung gewährt die Kasse neben den jeweils geltenden Vertragspreisen einen Zuschuß von 40,- DM je Brille. Werden nur Brillenfassungen oder nur Brillengläser bezogen, wird jeweils die Hälfte des Zuschusses gezahlt.
2. Bei der Inanspruchnahme außervertraglicher Bifokal- oder Trifokalgläser wird daneben (z.B. für Entspiegelung und Tönung) ein Zuschuß von 20,- DM je Glas gewährt.
3. Es werden nicht mehr als die tatsächlichen Kosten erstattet.
Nachdem sich die Klägerin Bedenken der Aufsichtsbehörde gegen die Rechtmäßigkeit der Zuschußregelung nach gemeinsamen Beratungen nicht anschließen konnte, ordnete diese mit Bescheid vom 14. Juli 1980 an,
1. die Gewährung von Leistungen für Brillen, soweit diese die Kosten für ein Brillengestell und Brillengläser in vertragsgemäßer Ausführung überschreiten, einzustellen,
2. § 16 Nr. 2 Abs. 1 der VB sowie in § 16 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 der VB die Worte "Ziff. 2 Abs. 1" ersatzlos zu streichen.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Sozialgericht (SG) hat ausgeführt, die beanstandeten Bestimmungen verstießen gegen das Gebot des § 182 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO), der als fundamentaler Grundsatz der sozialen Krankenversicherung auch für die Ersatzkassen gelte und außerdem in § 12 Nr. 2 Abs. 2 der VB niedergelegt sei. Eine Unterversorgung durch die vorgesehenen vertraglichen Leistungen sei wenig wahrscheinlich. Außerdem sei die Handhabung der Klägerin nicht geeignet, eine solche Unterversorgung zu beheben.
In ihrer - vom SG zugelassenen - Sprungrevision, der die Beklagte zugestimmt hat, hat die Klägerin die Verletzung des § 87 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV), der §§ 507 Abs. 1 und 4, 182 Abs. 2 RVO und des § 12 Nr. 2 Abs. 2 der VB gerügt. Die Zuschußgewährung für Sehhilfen verstoße nicht gegen geltendes Recht. § 182 Abs. 2 RVO finde auf Ersatzkassen keine Anwendung, da er in § 507 Abs. 4 RVO nicht aufgeführt sei und Ersatzkassen gemäß § 508 RVO bei der Gewährung der Leistungen der Krankenpflege nach Dauer und Höhe nicht beschränkt seien. Im übrigen müßten die Normen der VB als Ganzes gesehen werden, so daß deren § 12 Nr. 2 Abs. 2 durch die Beihilferegelung für die Sehhilfen eingeschränkt werde. Dem Vorstand sei es daher nach § 16 Nr. 2 Abs. 1 VB erlaubt, über das Maß des Notwendigen hinausgehende "Mehrleistungen" zu gewähren. Für den Zuschuß zu Brillengläsern, der von § 16 Nr. 2 Abs. 1 der VB nicht erfaßt werde, gelte zwar die Beschränkung auf das Maß des Notwendigen, jedoch werde dieser Grundsatz durch den vorgesehenen Zuschuß nicht verletzt. Der Begriff des "Notwendigen" habe sich im Laufe der Zeit gewandelt. Dem habe sie, die Klägerin, mit der vorgesehenen Zuschußgewährung i.S. einer Pauschalregelung Rechnung getragen. Im übrigen beinhalte der Begriff des "Notwendigen" einen Beurteilungsspielraum, der einer Kontrolle entzogen sei.
Die Klägerin beantragt, 1. das Urteil des SG Hamburg vom 8. Dezember 1981 abzuändern, 2. den Bescheid der Beklagten vom-14. Juli 1980 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Das Gebot des § 182 Abs. 2 RVO gelte auch für Ersatzkassen. Die Gewährung von Regelleistungen müsse im Rahmen der Vorschriften der RVO erfolgen, wie sie für die Krankenkassen des § 225 RVO gälten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist nur teilweise begründet; im übrigen ist sie zurückzuweisen.
Das Bundesversicherungsamt als die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde (§ 90 Abs. 1 SGB IV) hat gemäß § 87 Abs. 1 SGB IV für die Einhaltung von Gesetz und sonstigem Recht zu sorgen, das für den Versicherungsträger maßgebend ist. Dabei hat sie bei einer Rechtsverletzung gemäß § 89 Abs. 1 SGB IV zunächst beratend auf deren Behebung hinzuwirken, bevor sie den Versicherungsträger verpflichten kann, die Rechtsverletzung zu beheben. Im vorliegenden Fall war die Beratung ergebnislos durchgeführt worden, ehe die Aufsichtsbehörde die angefochtene Anordnung getroffen hat.
Diese ist rechtswidrig, soweit die Klägerin verpflichtet worden ist, die beanstandeten Bestimmungen ihrer VB zu streichen (Nr. 2 des Bescheides vom 14. Juli 1980), hingegen rechtmäßig, soweit die Einstellung von Leistungen für Brillen angeordnet worden ist (Nr. 1 des genannten Bescheides). Eine Rechtsverletzung liegt hierbei in der Praxis der Klägerin, nach dem Vorstandsbeschluß vom 13. Oktober 1978 generell einen Zuschuß zu außervertraglichen Brillengestellen und -gläsern zu zahlen, der den Vertragspreis überschreitet. Damit verstößt die Klägerin gegen den auch für sie geltenden Grundsatz, daß die Leistungen der Krankenpflege zwar ausreichend und zweckmäßig sein müssen, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen.
Der Senat kann offenlassen, ob dieser in § 182 Abs. 2 RVO normierte, für die Krankenkassen des § 225 RVO geltende Grundsatz auch für die Ersatzkassen gilt (so bereits - allerdings ohne nähere Begründung - BSGE 44, 41, 43; LSG Rheinland-Pfalz, BKK 1976, 326; LSG München, Breithaupt 1979, 671, 675). Jedenfalls hat sich die Klägerin selbst hieran gebunden, indem sie in § 12 Nr. 2 Abs. 2 ihrer VB eine dem § 182 Abs. 2 RVO wörtlich entsprechende Regelung aufgenommen hat; da die VB Teil ihrer Satzung sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 der Satzung), haben sie wie diese Rechtsnormqualität.
Der in § 12 Nr. 2 Abs. 2 VB niedergelegte Grundsatz der Beschränkung auf das Maß des Notwendigen ist allerdings - entgegen der Ansicht des SG - nicht bereits durch die Vorschrift des § 16 VB verletzt, der für Brillengestelle in nicht vertraglicher Ausfertigung Beihilfen (Nr. 2) und für versicherungsberechtigte Mitglieder entsprechende Kostenerstattungen (Nr. 3) vorsieht. Dem hat die Klägerin mit Recht entgegengehalten, daß die VB als Einheit anzusehen sind, so daß die Annahme ausgeschlossen ist, daß eine der Normen der VB wegen Verstoßes gegen eine - gleichwertige - Norm derselben VB rechtswidrig ist. § 16 VB könnte insoweit - wie die Revision geltend macht - in bezug auf den Grundsatz des § 12 Nr. 2 Abs. 2 VB, eine Ausnahme regeln, die die Bindung an das Maß des Notwendigen in diesem Bereich einschränkt und daher dem Vorstand erlaubt, darüber hinausgehende "Mehr"leistungen zu gewähren. Einer solchen Auslegung steht aber - ungeachtet der Frage der Zulässigkeit derartiger Mehrleistungen - bereits entgegen, daß dann die VB keine Regelung über den Umfang dieser Leistungen enthielten, sondern deren Höhe ausschließlich vom Vorstand bestimmt würde, obwohl nach § 3 Abs. 1 Satz 2 der Satzung der Klägerin der Umfang der Leistungen in den VB selbst zu regeln ist. § 16 Nr. 2 Abs. 1 ist vielmehr - in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 1 Satz 2 der Satzung - zwanglos dahin auszulegen, daß auch Beihilfen für Brillengestelle nur im Rahmen des Notwendigen gewährt werden dürfen.
Nach dem beanstandeten § 16 Nr. 2 Abs. 1 VB gewährt die Kasse zu den Kosten eines Brillengestells in nicht vertraglicher Ausfertigung nach Richtlinien des Vorstandes eine Beihilfe, mit der der Vertragspreis abgegolten ist. Aus dieser Formulierung läßt sich entgegen der Ansicht des SG weder schließen, daß diese Beihilfe auch ohne ärztliche Verordnung gezahlt werden kann, noch, daß sie keinen Beschränkungen hinsichtlich ihrer Höhe unterliegt. Vielmehr ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmung mit § 16 Nr. 1 Abs. 1 VB einerseits und dem Verhältnis von § 16 zu § 12 VB andererseits, daß § 12 VB auch hinsichtlich der Sehhilfen die Grundregelung über Art und Umfang der Krankenpflegeleistungen enthält, während § 16 VB - einschließlich dessen Nr. 2 Abs. 1 - nur die Modalitäten der Versorgung mit Sehhilfen regelt, also zu § 12 nicht in einem Verhältnis von Regel und Ausnahme gesehen werden kann.
In § 12 VB ist unter der Überschrift "Leistungen, Allgemeine Bestimmungen" u.a. bestimmt, welche Leistungen die Kasse im Rahmen der Krankenpflege überhaupt zu erbringen hat. Da in Nr. 1 Abs. 1a dieser Bestimmung die Versorgung mit Brillen ausdrücklich aufgeführt und § 16 VB in bezug genommen ist, erstreckt sich die in § 12 Nr. 2 Abs. 2 VB normierte Bindung der Krankenpflege an das Maß des Notwendigen schon nach dem Wortlaut des § 12 VB auch auf die Brillenversorgung. § 16 VB regelt insoweit nur die nähere Ausgestaltung der Versorgung mit Brillen, und zwar in Nr. 1 Abs. 1 dahin, daß sie (bei Erstbeschaffung) vorheriger schriftlicher ärztlicher Verordnung bedarf und als Sachleistung (von den Vertragslieferanten für Rechnung der Kasse) zu gewähren ist. Dazu enthält § 16 Nr. 2 Abs. 2 VB eine Sonderregelung für den Fall, daß der Versicherte ein Brillengestell in nicht vertraglicher Ausführung wählt. Damit ist aber weder auf die ärztliche Verordnung noch auf das Sachleistungsprinzip verzichtet worden. Letzteres wird nur insoweit variiert, als dem Versicherten die Möglichkeit eingeräumt wird, statt der von der Kasse zur Verfügung gestellten Sachleistung - des Kassengestells - ein anderes Gestell zu wählen, wobei die Kosten der Sachleistung (der jeweils geltende Vertragspreis) mit einer Beihilfe abgegolten werden. Daß damit auch die Beihilfe - als Surrogat der Sachleistung - wie diese selbst an das Maß des Notwendigen gebunden werden sollte, wird insbesondere auch durch die für versicherungsberechtigte Mitglieder in § 16 Nr. 3 VB vorgesehene Erstattungsregelung bestätigt. Nach dessen Abs. 2 Satz 1 sollen die Kosten privatärztlich verordneter Brillen nur in dem Umfang erstattet werden, in dem sie bei Inanspruchnahme eines Vertragslieferanten der Kasse entstanden wären. Wenn insoweit der Satzungsgeber in Abs. 2 Satz 2 des § 16 Nr. 3 VB nicht nur auf § 16 Nr. 2 Abs. 1 VB, sondern gleichzeitig auch auf den Grundsatz des § 12 Nr. 2 Abs. 2 VB verweist, so ist er selbst davon ausgegangen, daß dieser Grundsatz auch für die an die Stelle der Vertragsleistungen tretenden (Geld) -Leistungen gilt. Aus diesem Regelungszusammenhang ergibt sich, daß § 16 Nr. 2 Abs. 1 den Grundsatz des § 12 Nr. 2 Abs. 2 nicht einschränkt, sondern dieser Grundsatz auch für die Gewährung von Beihilfen gilt. Der Vorstand ist danach zwar ermächtigt, Beihilfen zu außervertraglichen Sehhilfen zu gewähren, darf aber bei ihrer Bemessung das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Damit regelt § 16 Nr. 2 Abs. 1 VB nichts anderes als die für alle Versicherten bei der Inanspruchnahme von Hilfsmitteln einschließlich der Sehhilfen - in Weiterentwicklung des Sachleistungsprinzips - gegebene Möglichkeit, ein aufwendigeres als das von der Kasse im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung gestelltes Hilfsmittel zu wählen und nur die über die entsprechenden Kosten der Sachleistung hinausgehenden Mehrkosten zuzuzahlen. Versorgung mit Hilfsmitteln bzw. mit Sehhilfen bedeutet nämlich nicht nur, daß die Kasse dem Berechtigten das "notwendige" Hilfsmittel als Sachleistung kostenfrei zur Verfügung stellen muß, sondern auch, daß der Berechtigte ein Hilfsmittel aufwendigerer Ausführung wählen kann, wenn er die Kostendifferenz zwischen dem notwendigen und dem aufwendigeren Hilfsmittel selbst trägt (vgl. BSG SozR 2200 § 182b Nr. 2; Rohwer-Kahlmann, ZSR 1980, S. 92, Fußnote 2 und S. 104 ff.; Stamm, BKK 1983, 286, 287). Eine derartige Praxis steht sowohl mit dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz als auch mit dem Sachleistungsprinzip in Einklang (vgl. BSG SozR 2200 § 184 Nr. 4).
Da mithin § 16 Nr. 2 Abs. 1 und der in § 16 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 VB enthaltene Verweis auf diese Bestimmung selbst keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Beschränkung auf das Maß des Notwendigen enthalten, diesem Grundsatz vielmehr selbst unterliegen, durfte die Aufsichtsbehörde nicht die Streichung dieser Bestimmungen anordnen.
Erst die Festsetzung der Beihilfen aufgrund der Richtlinien des Vorstandes rechtfertigt die getroffene aufsichtsbehördliche Maßnahme in diesem Umfang, weil damit die Klägerin gegen ihre eigenen Versicherungsbedingungen verstößt. Denn wenn der Vorstand im Rahmen der §§ 12, 16 VB zu außervertraglichen Brillengestellen nur Beihilfen gewähren darf, die dem Maß des Notwendigen entsprechen bzw. dem als Sachleistung zur Verfügung zu stellenden "Kassengestell" gleichwertig sind, darüber hinausgehende Beihilfen nur insoweit, als im Einzelfall ein außervertragliches Brillengestell ärztlich verordnet ist, so verstößt die im Vorstandsbeschluß vom 13. Oktober 1978 vorgesehene generelle Zuschußregelung gegen die VB, weil sie diesen Rahmen überschreitet. Dieser Beschluß sieht nämlich "Beihilfen" vor, die generell bei jeder außervertraglichen Sehhilfe - sowohl für Brillenfassungen als auch für Brillengläser - neben den jeweils geltenden Vertragspreisen, also zusätzlich als Zuschuß gewährt werden. Damit ist nicht nur § 16 Nr. 2 Abs. 1 VB verletzt, soweit die dort auf außervertragliche Brillengestelle beschränkte Beihilferegelung auch auf Brillengläser erstreckt wird, sondern insbesondere § 12 Nr. 2 Abs. 2, weil derart generelle Zuschüsse das Maß des Notwendigen überschreiten. Dabei ist zwar der Begriff, "notwendig" - ebenso wie die Begriffe "zweckmäßig" und "ausreichend" - ein unbestimmter Rechtsbegriff, der jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin keinen Beurteilungsspielraum beinhaltet, sondern vom Richter in vollem Umfang nachprüfbar ist (Heinze in RVO-Gesamtkommentar, § 182 Anm. 14; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 182 Anm. 5b).
In dem zwischen dem VdAK und dem Zentralverband der Augenoptiker für das Bundesgebiet geschlossenen Vertrag sind die Leistungen aufgeführt, die die dem Verband angehörenden Ersatzkassen ihren Versicherten mit Hilfe der Optiker als Sachleistung gewähren. Sofern die dort vorgesehenen Sachleistungen dem Maß des Notwendigen entsprechen, bildet der der Leistung zugeordnete Vertragspreis auch die Obergrenze der Beihilfe; darüber hinausgehende Leistungen können für außervertragliche Sehhilfen nur dann gewährt werden, wenn sie im Einzelfall ärztlicherseits verordnet bzw. zum Ausgleich einer speziellen Funktionsbehinderung notwendig sind. Pauschale Zuschüsse zu jeder außervertraglichen Sehhilfe überschreiten daher das Maß des Notwendigen.
Wäre hingegen - wie die Klägerin behauptet - mit den vertraglich vereinbarten Leistungen das Maß des Notwendigen unterschritten, so wäre die vom Vorstand vorgesehene Regelung nicht geeignet, diese Unterversorgung zu beheben. Insoweit könnte die nach den VB gebotene Versorgung mit den "notwendigen" Sehhilfen nur durch eine Vertragsänderung sichergestellt werden. Da die Klägerin nach ihren eigenen VB, aber auch nach dem für ihre Pflichtmitglieder von Gesetzes wegen geltenden Sachleistungsprinzip (vgl. BSG SozR 2200 § 184 Nr. 4 und 2200 § 508 Nr. 2) in jedem Einzelfall die jeweils notwendige Sachleistung kostenfrei zur Verfügung stellen muß, und zwar in vollem Umfang, kann sie sich nicht auf pauschale Zuschüsse beschränken; denn soweit diese die Kosten für die erforderliche Sachleistung nicht voll decken, wären sie nicht ausreichend und verstießen daher nicht nur gegen das Sachleistungsprinzip, sondern auch gegen den Grundsatz des § 12 Nr. 2 Abs. 2 VB. Davon abgesehen könnte eine Unterversorgung nur darin bestehen, daß bestimmte medizinische Zwecke durch die vertraglich vorgesehenen Sehhilfen nicht hinreichend abgedeckt wären. Für solche bietet jedoch der Vorstandsbeschluß keine Kriterien; vielmehr lassen die vorgesehenen Zuschüsse, die bei jeder außervertraglichen Sehhilfe pauschal gewährt werden, eine Orientierung am Maß des Notwendigen nicht erkennen. Jedenfalls kann schon im Hinblick auf das Sachleistungsprinzip eine generelle Unterversorgung nicht durch eine pauschale Zuschußregelung ausgeglichen werden.
Darüber hinaus sind Anhaltspunkte für eine Unterversorgung im Bereich der vertraglich vorgesehenen Sehhilfen nicht erkennbar. Bei besonderen Funktionsbehinderungen bietet die Regelung in § 5 Nr. 2 des Vertrages jeweils die Möglichkeit, andere als die vertraglich vorgesehenen Gläser zu gewähren, falls sie ärztlicherseits verordnet werden. Außerdem läßt der Vertrag bestimmte Sonderausführungen, z.B. eine Zweistärkenbrille, ausdrücklich zu (§ 5 Nr. 5 des Vertrages). Damit ist eine ausreichende Versorgung im Bereich der vom Üblichen abweichenden Sehbehinderungen sichergestellt. Aber auch im Bereich der üblichen Sehhilfen ist eine generelle Unterversorgung nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Klägerin diese nicht daraus herleiten, daß im Zuge gewandelter gesellschaftlicher Auffassungen über den Begriff des Notwendigen die vertraglich vorgesehenen Brillengestelle und Gläser nicht mehr für die Brillenversorgung ausreichten, vielmehr höherwertige Kassenleistungen notwendig seien. Was notwendig im krankenversicherungsrechtlichen Sinne ist, wird vornehmlich durch den medizinischen Zweck der Leistung bestimmt (Peters, a.a.O., § 182 Anm. 5b und 6b; Töns, DOK 1977, 451 ff.). Bei Brillen besteht der für den Umfang der Leistungspflicht maßgebende medizinische Zweck im Ausgleich der Sehbehinderung selbst.
Ein Funktionsausfall macht zwar einen möglichst umfassenden Ausgleich nötig (BSG SozR 2200 § 182 Nr. 73); jedoch darf dieser Ausgleich sich im allgemeinen nicht auf besondere berufliche, private oder allgemein-gesellschaftliche Nachteile erstrecken (BSG SozR 2200 § 182b Nr. 2 und Nr. 10; Heinze in RVO-Gesamtkommentar, § 182 Anm. 14). Vielmehr muß der Funktionsausgleich im Rahmen eines elementaren, normalen Lebensbedürfnisses liegen (BSG SozR 2200 § 182b Nrn. 25 und 26, jeweils mit weiteren Nachweisen). Auf eine generell besser ausgestaltete Sehhilfe (in qualitativer, ästhetischer und technischer Hinsicht) ist der Versicherte in diesem Sinne nicht unvermeidlich angewiesen, wenn die bisherigen Ausführungen normalen Lebensbedürfnissen genügt haben, und im übrigen vertraglich gewährleistet ist, daß die zur Verfügung gestellten Brillengestelle in kürzeren Abständen jeweils dem aktuellen Stand angepaßt werden (vgl. die Protokollnotiz vom 8. Dezember 1972 zum Vertrag - Richtlinien zur Position 291 Nr. 6). Das mag anders sein, wenn zu der Sehbehinderung weitere Umstände hinzutreten, aufgrund deren. ein Versicherter notwendig auf eine aufwendigere Ausführung angewiesen ist (z.B. ein Techniker auf entspiegelte oder getönte Gläser). Daß dies generell für alle Versicherten zutrifft, ist nicht erkennbar. Die bekannte Abneigung gegen Kassenbrillen ist zwar verständlich, betrifft aber nicht den Bereich elementarer, normaler Lebensbedürfnisse, sondern allgemein-gesellschaftliche Bereiche, die außerhalb des maßgebenden medizinischen Zwecks der Brillenversorgung liegen.
Mithin hat die Aufsichtsbehörde in Nr. 1 ihres Bescheides mit Recht die Einstellung von Leistungen für Brillen angeordnet, soweit diese die Kosten für ein Brillengestell und Brillengläser in vertragsgemäßer Ausführung überschreiten. Damit will und darf die Aufsichtsbehörde nicht ausschließen, daß die Klägerin auf ärztliche Verordnung auch andere Sehhilfen, insbesondere Brillengläser, gewährt, als sie in der Preisliste vorgesehen sind. Die Revision der Klägerin war daher insoweit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen