Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 16.01.1992) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1992 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 23. März 1987 höheres Arbeitslosengeld (Alg) und für die Zeit vom 24. März bis 22. Juni 1987 sowie vom 15. Dezember 1987 bis 30. April 1988 höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der am 16. März 1948 geborene Kläger, Mitglied der IG Metall, war vom 5. Dezember 1983 bis 23. Mai 1986 bei der Firma Preussag AG Minimax, B. O. …, die Mitglied des Arbeitgeberverbandes Nordmetall eV der Metallindustrie Hamburg-Schleswig-Holstein ist, als Elektromechaniker für Service, Inbetriebnahme und Montage beschäftigt und seit Januar 1984 in dieser Funktion in Saudi Arabien tätig. Gemäß Nr 3 Satz 1 seines Arbeitsvertrages vom 2. Dezember 1983 galten die Bestimmungen der jeweils gültigen Tarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer der Metallindustrie in Hamburg und Umgebung sowie die Arbeitsordnung der Preussag AG Minimax. Unter Hinweis auf Nr 2 Satz 1 der „Allgemeinen Bestimmungen für den Auslandseinsatz von Arbeitnehmern der Preussag AG Bauwesen”, nach der die Entsendung in das Ausland im Rahmen eines bestehenden Inlandsarbeitsverhältnisses erfolgte, vereinbarten der Kläger und seine Arbeitgeberin am 4. Januar 1984 für den Einsatz des Klägers im Ausland ua:
- „… Die Arbeitszeit auf der Baustelle richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen. …
- Als Vergütung … erhalten Sie für jede geleistete Arbeitsstunde einen Stundenlohn … von … sowie für jede Mehrarbeitsstunde (alle über 48 Arbeitsstunden pro Woche hinausgehenden Stunden) einen Zuschlag von 25 % …”.
Die Manteltarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte im Tarifgebiet Hamburg und Umgebung – Stand: Juli 1984 – (MTV) beinhalten ua folgende Regelungen:
„Teil 1 § 1 Nr 1.1 des gemeinsamen Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte vom 31. März 1979, gültig ab 1. April 1979:
Dieser Manteltarifvertrag gilt gemäß § 3 Abs 1 des Tarifvertragsgesetzes für die Mitglieder der vertragsschließenden Parteien, und zwar a) räumlich in den Ländern Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein …
b) persönlich für die gewerblichen, auch die fachfremden Arbeitnehmer, …
Teil 2 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer vom 11. Juli 1984, gültig ab 1. April 1985:
§ 1 Geltungsbereich An diesen Tarifvertrag sind die Mitglieder der vertragsschließenden Parteien gebunden (§ 3 Abs 1 TVG). Er gilt auch für die Arbeitsverhältnisse der auf Montage oder ähnlichen Arbeitsstätten beschäftigten Arbeitnehmer, soweit es sich nicht um Arbeitnehmer auswärtiger Firmen handelt. Nicht unter den Tarifvertrag fallen: Heimarbeiter, Auszubildende und Praktikanten.
§ 2 Arbeitszeit 1. Wochenarbeitszeit und tägliche Arbeitszeit
Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 38,5 Stunden. Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen des Volumens, das sich aus der für den Betrieb festgelegten wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden im Durchschnitt aller Vollzeitbeschäftigten ergibt, durch Betriebsvereinbarung geregelt. Dabei können für Teile des Betriebes, für einzelne Arbeitnehmer oder für Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten festgelegt werden. Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann zwischen 37 und 40 Stunden (Vollzeitbeschäftigte) betragen. Die Spanne zwischen 37 und 40 Stunden soll angemessen ausgefüllt werden. Dabei sind die betrieblichen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Vom 1. April 1985 an teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat jeweils monatlich die Zahl der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit zwischen 37 und 40 Stunden und den sich daraus ergebenden Durchschnitt der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Betrieb mit. Weicht der Durchschnitt von 38,5 Stunden ab, so ist mit dem Betriebsrat eine Anpassung unverzüglich zu vereinbaren…”.
Der Bundestarifvertrag für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie einschließlich des Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbaues vom 30. April 1980 (BMTV) enthält keine Regelung der wöchentlichen Arbeitszeit.
Der Kläger arbeitete im Januar und Februar 1986 an je 24 Arbeitstagen 249,20 und 287 Stunden, im März 1986 an 26 Arbeitstagen 280,70 Stunden. Vom 1. bis 28. April 1986 wurden ihm für 20 Arbeitstage 152,30 Stunden vergütet. Das Arbeitsverhältnis wurde beendet, nachdem er sich am 28. April 1986 geweigert hatte, seinen Urlaub abzubrechen und nach Saudi Arabien zurückzukehren.
Auf seinen Antrag und seine Arbeitslosmeldung zum 24. Mai 1986 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab Antragstellung Alg für 260 Tage zunächst auf der Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgelts von 755,00 DM und der Leistungsgruppe C (Bescheid vom 27. Juni 1986). Auf den Widerspruch des Klägers legte sie 845,00 DM als wöchentliches Arbeitsentgelt zugrunde (Bescheid vom 17. Juli 1986; Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 1986). Im übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück, da der Kläger im Bemessungszeitraum (1. Februar bis 28. April 1986) ein Arbeitsentgelt von 15.825,36 DM bei 720 Arbeitsstunden und damit durchschnittlich 21,97 DM je Arbeitsstunde erzielt habe und dieser Stundenlohn, multipliziert mit der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden, ein gerundetes Bemessungsentgelt von 845,00 DM (846,21 DM) ergebe; die gezahlten Auslandszuschläge seien nicht zu berücksichtigen. Nach Klageerhebung gewährte die Beklagte rückwirkend Alg ab 24. Mai 1986 nach einem Bemessungsentgelt von 940,00 DM, indem sie die dem Kläger für Februar und März 1986 gezahlten Auslandszulagen berücksichtigte und ein durchschnittliches Stundenarbeitsentgelt von nunmehr 24,36 DM (17.541,01 DM: 720 Stunden) sowie eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von weiterhin 38,5 Stunden zugrunde legte (Bescheid vom 10. Februar 1987). Ab 24. März 1987 gewährte sie dem Kläger Anschluß-Alhi, ebenfalls unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Arbeitsentgelts von 940,00 DM (Bescheid vom 23. März 1987). Ab 29. April 1987 bewilligte sie Alhi unter Berücksichtigung eines dynamisierten Bemessungsentgelts von 965,00 DM (Bescheid vom 5. Mai 1987). Nachdem der Kläger vom 23. Juni bis 30. November 1987 beschäftigt war, bewilligte sie ab 15. Dezember 1987 erneut Alhi nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 965,00 DM (Bescheid vom 26. Januar 1988). Ab 29. April 1988 wurde die Leistung nach einem dynamisierten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 1.000,00 DM bemessen (Bescheid vom 25. April 1988). Zum 1. Mai 1988 endete der Leistungsbezug des Klägers aufgrund Arbeitsaufnahme.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung eines höheren Alg unter Berücksichtigung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden erstrebte, abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 24. November 1987). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 16. Juni 1989). Auf die Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen (Urteil vom 14. September 1990 – 7 RAr 18/90 –, DBlR BA Nr 3750 zu § 112 AFG). Das LSG hat vor seiner erneuten Entscheidung eine schriftliche Auskunft der Bezirksleitung Hamburg der IG Metall vom 25. April 1991 erbeten, ob § 2 des MTV sich nach der Absicht der Tarifvertragsparteien hinsichtlich der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden auch auf Montagearbeiter iS von § 1 des Tarifvertrages beziehe. Die Antwort der IG Metall lautete dahin, daß die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im MTV auch auf Montagearbeiter Anwendung finde. Ergänzend hat das LSG unter dem 2. Januar 1992 eine fernmündliche Auskunft eines Mitunterzeichners des MTV auf seiten der IG Metall eingeholt, nach der die Auskunft vom 25. April 1991 auch für Montageeinsätze im Ausland gelte. Eine weitere schriftliche Auskunft ist am 24. April 1991 mit der schon an die IG Metall gerichteten Frage vom Arbeitgeberverband Nordmetall eV angefordert worden; deren Antwort lautete, daß Teil 2 § 2 MTV auch auf Montagearbeiter anzuwenden sei. Der Betriebsleiter der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers hat am 8. Januar 1992 auf telefonische Anfrage des LSG erklärt, über die Arbeitszeit im Ausland habe es keine Betriebsvereinbarungen gegeben. Der Inhalt der fernmündlichen Auskünfte ist den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 1992 mitgeteilt worden. Der Kläger hat um Schriftsatznachlaß zwecks Stellungnahme zu der Frage ersucht, ob es bei seiner ehemaligen Arbeitgeberin Betriebsvereinbarungen des Inhaltes gegeben habe, daß an die Stelle der 38,5-Stunden-Woche eine Vereinbarung über 40 Wochenstunden treten könne. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen und seine Klage gegen die Bescheide vom 10. Februar 1987, 23. März 1987, 5. Mai 1987, 26. Januar 1988 und 25. April 1988 abgewiesen (Urteil vom 16. Januar 1992).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es komme, da die familiären Bemessungsdaten des Klägers zwischen den Beteiligten ausdrücklich außer Streit stünden und dem Tatbestand entsprechend zugeordnet worden seien, allein noch darauf an, ob und mit welcher tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit das im Bemessungszeitraum erzielte Stundenarbeitsentgelt (24,36 DM) zu vervielfältigen sei. Vorliegend habe die tarifliche regelmäßige Wochenarbeitszeit 38,5 Stunden betragen. Das ergebe sich aus den von beiden Tarifvertragsparteien eingeholten Auskünften. Danach strahle der MTV auf die im Ausland erbrachten Montageleistungen aus. Im übrigen sei der MTV auf die Auslandsbeschäftigung des Klägers auch deshalb anwendbar gewesen, weil sich sein Geltungsbereich gemäß Teil 2 § 1 Satz 2 ua auf die Arbeitsverhältnisse der auf Montage beschäftigten Arbeitnehmer erstrecke, und das deutsche Recht für das Arbeitsverhältnis fortgegolten habe, da Nr 3 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 2. Dezember 1983 ausdrücklich auf deutsche Tarifnormen verwiesen habe und nach Nr 2 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen für den Auslandseinsatz von Arbeitnehmern der Preussag AG Bauwesen, die in den Zusatzarbeitsvertrag vom 4. Januar 1984 einbezogen worden seien, die Entsendung in das Ausland im Rahmen eines bestehenden Inlandsarbeitsverhältnisses erfolgt sei. Ungeachtet dessen hätte von den zwingenden Schutznormen des deutschen Tarifrechts, nämlich dem MTV und dessen Arbeitszeitregelung, nicht abgewichen werden können, selbst wenn deutsches Arbeitsrecht keine Anwendung gefunden hätte. Der insoweit speziellere BMTV kenne keine Arbeitszeitregelung, so daß es bei der Arbeitszeitregelung des MTV verbleibe. Danach habe sich die tarifliche regelmäßige Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden belaufen. Zum einen stelle eine nach dem MTV aufgrund Betriebsvereinbarung tariflich zulässige individuelle regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden nicht die tarifliche regelmäßige Wochenarbeitszeit dar; der Vorrang der betrieblich im Durchschnitt einzuhaltenden 38,5 Stunden gegenüber zulässigen Individualabreden ergebe sich daraus, daß bei teilweise längeren Arbeitszeiten zum Ausgleich kürzere Individualabreden mit anderen Arbeitnehmern getroffen werden müßten; unter diesen Umständen sei weder die kürzere noch die längere Wochenarbeitszeit die tariflich regelmäßige. Zum anderen habe eine Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit für Montagearbeiter im Ausland nicht existiert, wie aus der Mitteilung des Personalleiters der ehemaligen Arbeitgeberin hervorgehe. Selbst wenn es eine Betriebsvereinbarung über die individuelle Wochenarbeitszeit von 40 statt 38,5 Stunden gegeben haben sollte, hätte sie die für den Kläger geltende Arbeitszeit nicht wirksam regeln können, da der Betriebsrat der Preussag AG Minimax in B. O. … für ihren Abschluß nicht zuständig gewesen sei. Der Betriebsteil in Saudi Arabien, in dem der Kläger zusammen mit rund 20 weiteren Arbeitnehmern eingesetzt gewesen sei, habe als selbständiger Betrieb gegolten (§ 4 Satz 1 Nr 1 Betriebsverfassungsgesetz ≪BetrVG≫), so daß für ihn ein eigener Betriebsrat hätte errichtet werden müssen. Folglich könne offenbleiben, ob eine im Inlandsbetrieb geschlossene Betriebsvereinbarung außerhalb des Bundesgebietes nicht ohnehin unwirksam sei.
Der Kläger rügt mit der Revision einen Verstoß gegen § 112 Abs 4 Ziff 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und (sinngemäß) eine Verletzung der Grundsätze der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und des rechtlichen Gehörs. Gemäß § 112 Abs 4 Ziff 2 AFG sei die in Saudi Arabien übliche Arbeitszeit von 48 Stunden zugrunde zu legen. Es stehe nicht fest, daß die tarifliche Arbeitszeit des MTV auf die Auslandstätigkeit des Klägers anzuwenden sei. Dies ergebe sich weder aus dem Wortlaut des MTV noch aus den schriftlichen Auskünften. Die fernmündlich eingeholte Auskunft der IG Metall sei nicht überprüfbar; es sei nicht ausgeschlossen,
daß das Gericht sie mißverstanden oder falsch interpretiert habe. Eine Betriebsvereinbarung für Auslandseinsätze habe es zwar nicht gegeben. Die Feststellung des LSG, über die Arbeitszeit im Ausland habe es keine Betriebsvereinbarung gegeben, sei jedoch verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, da er die fernmündliche Auskunft des Personalleiters der ehemaligen Arbeitgeberin nicht habe überprüfen können und ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, schriftlich zu der Frage Stellung zu nehmen, ob Betriebsvereinbarungen des Inhalts bestanden hätten, daß anstelle der 38,5 Stunden eine Vereinbarung über 40 Stunden oder mehr möglich gewesen sei. Da eine tarifliche Regelung bzw Betriebsvereinbarung für die Auslandstätigkeit fehle, sei auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 48 Stunden abzuheben, da dies die im Ausland und auch in Saudi Arabien übliche wöchentliche Arbeitszeit gewesen sei. Der Kläger sei im streitbefangenen Zeitraum mit ca 20.000 Arbeitnehmern der ehemaligen Arbeitgeberin auf Montage im Ausland beschäftigt gewesen, deren Arbeitszeit ebenfalls vertraglich auf mindestens 48 Stunden wöchentlich festgelegt gewesen sei. Hätte für diese Arbeitnehmer die wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden betragen, hätten sie Mehrarbeitszuschläge auch für die über 38,5 Stunden und nicht lediglich für die über die individuell vereinbarten 48 Wochenstunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden zu beanspruchen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 16. Januar 1992 und das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Bescheide vom 27. Juni 1986 und 17. Juli 1986 idF des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1986 sowie die Bescheide vom 10. Februar 1987, 23. März 1987, 5. Mai 1987, 26. Januar 1988 und 25. April 1988 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden höheres Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 23. März 1987 sowie höhere Arbeitslosenhilfe für die Zeiträume vom 24. März bis 22. Juni 1987 und 15. Dezember 1987 bis 30. April 1988 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und erwidert, tarifliche Arbeitszeit könne auch eine durch Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag festgelegte Arbeitszeit sein, sofern der zugrundeliegende Tarifvertrag dies ausdrücklich vorsehe und die Betriebsvereinbarung bzw der Einzelarbeitsvertrag sich in dem vom Tarifvertrag bestimmten Rahmen halte. Nach den Feststellungen des LSG habe eine Betriebsvereinbarung nicht bestanden. Durch Einzelarbeitsvertrag habe wegen des einzuhaltenden betrieblichen Durchschnitts keine längere als 38,5 Stunden umfassende Wochenarbeitszeit als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vereinbart werden können.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Bescheide vom 27. Juni 1986 und 17. Juli 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1986 sowie die Bescheide vom 10. Februar 1987, 23. März 1987, 5. Mai 1987, 26. Januar 1988 und 25. April 1988, soweit die Beklagte darin höheres Alg für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 23. März 1987 und höhere Alhi für die Zeiträume vom 24. März bis 22. Juni 1987 und 15. Dezember 1987 bis 30. April 1988 abgelehnt hat, als es einem (anfänglichen) gerundeten Bemessungsentgelt von 940,00 DM (24,36 DM × 38,5 Stunden = 937,86 DM) entspricht. Daran ändert der Umstand nichts, daß der Kläger die angefochtenen Bescheide teils unvollständig benannt, teils fehlerhaft datiert hat. Insbesondere ist der den Bescheid vom 27. Juni 1986 ändernde Bescheid vom 17. Juli 1986 weiterhin Gegenstand des Verfahrens, obwohl der Kläger dessen Änderung in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG nicht ausdrücklich beantragt hat. Denn das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein (§ 123 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). In der mündlichen Verhandlung vor der ersten Entscheidung des LSG (16. Juni 1989) hatte der Kläger noch die entsprechende Änderung des Bescheides vom 17. Juli 1986, der Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden war (§ 86 Abs 1 SGG), beantragt. Es spricht nichts dafür, daß er sein Klagebegehren durch Nichtmehreinbeziehen dieses Bescheides zwischenzeitlich modifizieren wollte (vgl hierzu etwa BSG SozR Nr 8 zu § 102 SGG; BSGE 53, 44, 46 = SozR 2200 § 1397 Nr 2; BSG vom 12. Juni 1992 – 11 RAr 139/90 –, SozR 3-1200 § 54 Nr 1, insoweit nicht abgedruckt).
Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die im öffentlichen Interesse zu beachten und bei einer zulässigen Revision von Amts wegen zu berücksichtigen sind, liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung zulässig, wovon der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 14. September 1990 ausgegangen ist. Zwar betraf die grundsätzlich statthafte Berufung (§ 143 SGG) einen sog Höhenstreit (§ 147 SGG in der bis zum 28. Februar 1993 geltenden Fassung ≪aF≫). Indes war die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache vom SG ausdrücklich zugelassen worden (§ 150 Nr 1 Halbs 1 SGG aF).
In der Sache selbst kann der Senat mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen, ob dem Kläger ein Anspruch auf höheres Alg bzw höhere Alhi für die geltend gemachten Zeiträume zusteht.
Allerdings ist nach den sich aus den Feststellungen des LSG ergebenden Gesamtumständen davon auszugehen, daß die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg bzw Alhi während der umstrittenen Zeiträume dem Grunde nach erfüllt waren. Der Senat hat das bereits in seinem Urteil vom 14. September 1990 zum Ausdruck gebracht (S 9 des Umdrucks). Auch die Beklagte zieht dies nicht in Zweifel. Doch läßt sich aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungsansprüche bestimmen.
Die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 23. März 1987 zustehenden Alg richtet sich nach § 111 AFG idF des am 1. Januar 1986 in Kraft getretenen Siebten Gesetzes zur Änderung des AFG (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484). Nach Abs 1 dieser Vorschrift beträgt das Alg für Arbeitslose, die mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 4 und 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 68 vH, für die übrigen Arbeitslosen 63 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112). Gemäß § 111 Abs 2 AFG bestimmt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Leistungssätze unter Berücksichtigung der Steuerklasse und anderer Kriterien jeweils für ein Kalenderjahr durch Rechtsverordnung. Arbeitsentgelt iS des § 111 Abs 1 AFG ist gemäß § 112 Abs 2 AFG idF des insoweit am 1. Januar 1982 in Kraft getretenen Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz – AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeitszuschläge, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Einmalige und wiederkehrende Zuwendungen bleiben außer Betracht; dies gilt auch für Zuwendungen, die anteilig gezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Fälligkeitstermin endet. Bemessungszeitraum sind gemäß § 112 Abs 3 Satz 1 AFG – hier in der Fassung des 7. AFG-ÄndG – die letzten vor dem Ausscheiden des Klägers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs.
Das LSG hat seine Prüfung hinsichtlich der Höhe der Alg-Bewilligung im wesentlichen auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob der dem Kläger von der Beklagten zugebilligte Lohnfaktor (24,36 DM) zwecks Ermittlung des Bemessungsentgelts mit einem Zeitfaktor von 38,5 Stunden, wie von der Beklagten zugrunde gelegt, oder mit einem solchen von 48 Stunden, wie vom Kläger verlangt, zu vervielfältigen ist. Dabei hat es übersehen, daß ein Anspruch, mit dem eine höhere Leistung geltend gemacht wird, unter jeglichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu prüfen ist, bevor die Klage ganz oder teilweise abgewiesen wird. Denn das Gericht ist weder an das tatsächliche und rechtliche Vorbringen des Klägers hierzu gebunden noch darf es seine Prüfung hierauf beschränken, wenn weitere Anspruchsmerkmale von Bedeutung sind. Darauf hat der Senat sowohl in seinem Urteil vom 14. September 1990 (S 9 des Umdrucks) als auch anderenorts schon mehrfach hingewiesen (vgl etwa BSGE 67, 20, 21 = SozR 3-4100 § 138 Nr 8; BSG SozR 4100 § 136 Nr 5 und § 138 Nrn 14 und 24).
Aufgrund der vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen läßt sich die Frage, ob die Rechtslage ein höheres Alg rechtfertigt, als es dem Kläger von der Beklagten zugesprochen worden ist, nicht beantworten.
Das gilt zunächst in bezug auf das im maßgebenden Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt (Lohnfaktor). Rechtlicher Ausgangspunkt für die Ermittlung des Lohnfaktors sind die vor dem Ausscheiden bereits abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume. „Abgerechnet” ist ein Lohnabrechnungszeitraum, wenn der Arbeitgeber das für den maßgebenden Zeitraum erarbeitete Arbeitsentgelt vollständig errechnet hat, so daß es aufgrund der Berechnung dem Arbeitnehmer ohne weitere Rechenoperationen ausgezahlt oder überwiesen werden kann (BSGE 64, 179, 180 f = SozR 4100 § 112 Nr 43 mwN). Das LSG hat – wie die Beklagte – die Zeit vom 1. Februar bis 28. April 1986 als maßgebenden Bemessungszeitraum angesehen, ohne dies des näheren zu begründen. Ob dieser Ausgangspunkt richtig ist, erscheint zweifelhaft. Zum einen finden sich in der Arbeitsbescheinigung vom 23. Mai 1986 die Monate Januar bis März 1986 als vor dem Ausscheiden bereits abgerechnete Lohnabrechnungszeiträume aufgeführt. Zum anderen wird in einer weiteren Arbeitsbescheinigung vom 9. Juni 1986 die Zeit vom 1. bis 28. April 1986 als vor dem Ausscheiden bereits abgerechneter Lohnabrechnungszeitraum genannt; gleichzeitig werden für die Monate Januar bis März 1986 zusätzliche Zahlungen der Arbeitgeberin an den Kläger als „Auslandszulagen” ausgewiesen. Bei dieser Sachlage ist für den Senat nicht nachvollziehbar, welches der hier maßgebende Bemessungszeitraum ist, mit der weiteren Folge, daß der vorliegend zugrunde zu legende Lohnfaktor nicht feststeht. Schon aus diesem Grund ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Im Rahmen seiner erneuten Entscheidung hat das LSG, wie von ihm richtig gesehen, die dem Kläger von seiner Arbeitgeberin erbrachten Auslandszulagen zu berücksichtigen. Sie stellen sich nicht als einmalige oder wiederkehrende Zuwendungen iS des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG dar. Hierunter sind – im Unterschied zu fortlaufend gezahltem Arbeitsentgelt – Lohnbestandteile zu verstehen, die als Gegenleistung für die Arbeit in mehreren Lohnabrechnungszeiträumen in einer Summe gezahlt werden, so daß der Entgeltbestandteil nicht in jedem Lohnabrechnungszeitraum, in dem er erarbeitet wurde, auch zur Verfügung steht (BSG SozR 3-4100 § 112 Nr 11; vgl auch BSG SozR 3-7825 § 3 Nr 1). Dies trifft auf die dem Kläger erbrachten Auslandszulagen nicht zu. Sie sind dem Kläger – bis März 1986 – für jeden Monat gesondert gezahlt worden. Sie unterfallen deshalb nicht der Ausschlußklausel des § 112 Abs 2 Satz 3 AFG. Ihre Berücksichtigung scheitert auch nicht etwa daran, daß sie allein wegen der Tätigkeit des Klägers in Saudi Arabien geleistet wurden. Denn das gemäß § 112 Abs 2 AFG zu berücksichtigende Arbeitsentgelt umfaßt auch solche Vergütungen, die die Anwesenheit des Arbeitnehmers an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort sowie besondere Nachteile abgelten (BSG SozR 4100 § 112 Nr 22; SozR 3-4100 § 112 Nr 2).
Ist anhand des Bemessungszeitraumes, des Arbeitsentgelts und der Stundenzahl der für den Kläger maßgebende Lohnfaktor ermittelt worden, kommt es auf den sog Zeitfaktor an. Auch zu seiner Höhe kann der Senat keine abschließende Beurteilung vornehmen.
Die Schlußfolgerung des LSG, als Zeitfaktor sei eine tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zugrunde zu legen, ist durch die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht gedeckt.
Der BMTV kennt, wie das LSG zu Recht betont hat, keine Arbeitszeitregelung. Zudem bezieht er sich, wie aus der Anmerkung 2 zu § 1 hervorgeht, nicht auf Montagen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West). Die vom LSG zum Zeitfaktor vertretene Auffassung läßt sich folglich allein aus dem MTV herleiten. An dessen Auslegung sieht sich der Senat nicht durch § 162 SGG gehindert. Denn dieser Tarifvertrag erstreckt sich über den Bereich des Schleswig-Holsteinischen LSG hinaus (vgl hierzu etwa BSGE 6, 41, 43; BSGE 50, 121, 123 = SozR 4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 4100 § 112 Nr 14).
Ob der MTV, an den der Kläger und seine Arbeitgeberin grundsätzlich gebunden waren, auf Tätigkeiten im Ausland Anwendung findet, ist, wie vom Senat bereits im Urteil vom 14. September 1990 herausgestellt wurde, unsicher. Zwar gilt dieser Tarifvertrag nach Teil 2 § 1 Satz 2 auch für die Arbeitsverhältnisse der auf Monatage oder ähnlichen Arbeitsstätten beschäftigten Arbeitnehmer, soweit es sich nicht um Arbeitnehmer auswärtiger Firmen handelt. Doch können mit dieser Klausel (ähnlich wie im BMTV) Montagen ausschließlich im Inland gemeint sein. Aus diesem Grund hat der Senat in seiner Entscheidung vom 14. September 1990 eine „authentische Interpretation” durch beide Tarifvertragsparteien gefordert. Dem ist das LSG nicht in rechtsfehlerfreier Weise nachgekommen.
Die schriftliche Auskunft des Arbeitgeberverbandes Nordmetall eV vom 24. April 1991 läßt – im Hinblick auf die Art der Fragestellung – nicht den Rückschluß zu, Teil 2 § 2 MTV sei auf Montagearbeiter im Ausland anzuwenden. Sie kann ebensogut in dem Sinne zu verstehen sein, der MTV erfasse lediglich Montagearbeiter im Inland. Das gleiche trifft auf die schriftliche Auskunft der Bezirksleitung Hamburg der IG Metall vom 25. April 1991 zu. Die Auskunft des Mitunterzeichners des MTV auf seiten der IG Metall, die das LSG unter dem 2. Januar 1992 fernmündlich eingeholt hat, kann allenfalls als „authentische Interpretation” einer, nicht aber beider Tarifvertragsparteien aufgefaßt werden, weshalb offenbleiben kann, ob sie, wie der Kläger vorbringt, unter Verletzung verfahrensrechtlicher Grundsätze zustande gekommen ist.
Die Auffassung des LSG, die Arbeitszeitregelung des MTV komme als zwingende Schutznorm des deutschen Tarifrechts selbst dann zum Tragen, wenn die Geltung des MTV nicht vereinbart worden sei, führt nicht zur Annahme eines Zeitfaktors von 38,5 Stunden. Auch sie setzt nämlich voraus, daß der MTV die Arbeitszeit der im Ausland tätigen Montagearbeiter regelt. Ob das der Fall ist, steht gerade nicht fest.
Eine Zurückverweisung der Sache an das LSG ist somit auch deshalb geboten, um die zur Frage der „authentischen Interpretation” fehlenden tatsächlichen Feststellungen nachholen zu lassen. Insoweit wird vorsorglich darauf hingewiesen, daß das LSG seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen hat (§ 170 Abs 5 SGG).
War der MTV auf die Tätigkeit des Klägers in Saudi Arabien anzuwenden, ist entscheidungserheblich, ob von der in Teil 2 § 2 vorgesehenen Öffnungsklausel Gebrauch gemacht worden ist. Danach gilt ua: Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 38,5 Stunden. Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen des Volumens, das sich aus der für den Betrieb festgelegten wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden im Durchschnitt aller Vollzeitbeschäftigten ergibt, durch Betriebsvereinbarung geregelt. Dabei können für Teile des Betriebes, für einzelne Arbeitnehmer oder für Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten festgelegt werden. Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann zwischen 37 und 40 Stunden (Vollzeitbeschäftigte) betragen. Die Spanne zwischen 37 und 40 Stunden soll angemessen ausgefüllt werden. Dabei sind die betrieblichen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Vom 1. April 1985 an teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat jeweils monatlich die Zahl der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit zwischen 37 und 40 Stunden und den sich daraus ergebenden Durchschnitt der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Betrieb mit. Weicht der Durchschnitt von 38,5 Stunden ab, so ist mit dem Betriebsrat eine Anpassung unverzüglich zu vereinbaren.
Eine gemäß der vorerwähnten Öffnungsklausel durch Betriebsvereinbarung festgelegte Arbeitszeit (vgl § 77 Abs 3 Satz 2 BetrVG) kann entgegen der Auffassung des LSG tarifliche Arbeitszeit iS des § 112 Abs 2 AFG sein. Denn tariflich ist auch die Arbeitszeit, die durch Betriebsvereinbarung festgelegt worden ist, wenn ein Tarifvertrag den Abschluß von Betriebsvereinbarungen ausdrücklich vorsieht und sich die Betriebsvereinbarung in dem vom Tarifvertrag bestimmten Rahmen hält (vgl etwa Hennig/Heuer/Kühl/Henke, Komm zum AFG, Stand Dezember 1993, § 69 Rz 24 mwN). Ob vorliegend von der Öffnungsklausel des MTV durch Betriebsvereinbarung Gebrauch gemacht worden ist, läßt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilen.
Allerdings hat das LSG ausgeführt, es habe bei der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers in bezug auf die Arbeitszeit von Montagearbeitern im Ausland keine Betriebsvereinbarung gegeben; der Personalleiter habe dies glaubhaft mitgeteilt; auch der Kläger habe die Existenz einer derartigen Betriebsvereinbarung nicht behauptet. Indes ist der Senat an diese Feststellungen nicht gebunden. Denn sie sind unter Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs zustande gekommen (Art 103 Abs 1 Grundgesetz; § 62 SGG). Das LSG hat den entsprechenden Aktenvermerk über die Auskunft des Betriebsleiters vom 8. Januar 1992 im Termin zur mündlichen Verhandlung bekanntgegeben. Die Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat um Schriftsatznachlaß zwecks Stellungnahme zu der Frage ersucht, ob es Betriebsvereinbarungen des Inhalts gegeben habe, daß an die Stelle der 38,5-Stunden-Woche eine Vereinbarung über 40 Wochenstunden treten könne. Das LSG hat diesem Ersuchen ohne hinreichenden Grund nicht entsprochen. Es hat sein Urteil damit auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt, zu denen sich der Kläger nicht äußern konnte (§ 128 Abs 2 SGG). Der Kläger hat dies in zulässiger und begründeter Weise gerügt (§ 163 SGG). Unerheblich ist, daß er selbst einräumt, für Auslandseinsätze habe eine Betriebsvereinbarung nicht bestanden. Nicht auszuschließen ist, daß er damit Auslandseinsätze von dauernd im Ausland tätigen Arbeitnehmern gemeint hat.
Nicht zu folgen ist der Auffassung des LSG, eine Betriebsvereinbarung betreffend die Arbeitszeit von Montagearbeitern in Saudi Arabien hätte mangels Zuständigkeit des inländischen Betriebsrats keine Wirksamkeit entfalten können; für den Betriebsteil in Saudi Arabien hätte ein eigenständiger Betriebsrat errichtet werden müssen (§ 4 Satz 1 Nr 1 BetrVG). Denn insoweit hat das LSG nicht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) beachtet. Danach sind der räumliche und persönliche Geltungsbereich des BetrVG zu unterscheiden. Dem persönlichen Geltungsbereich des BetrVG ist die Frage zuzuordnen, ob und inwieweit die im Ausland tätigen Mitarbeiter deutscher Betriebe dem BetrVG unterliegen. Hierfür ist in erster Linie die Dauer der Auslandstätigkeit maßgebend. Dementsprechend sind die nur vorübergehend in das Ausland entsandten anders als die dauernd im Ausland tätigen Arbeitnehmer oder die nur für das Ausland eingestellten Mitarbeiter dem deutschen Betrieb zuzurechnen (BAGE 64, 117, 125 = AP Nr 41 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG war der Kläger vor seiner Entsendung nach Saudi Arabien im Betrieb seiner Arbeitgeberin in B. O. … beschäftigt. Sein Auslandseinsatz basiert auf einer zusätzlichen Vereinbarung vom 4. Januar 1984. Anhaltspunkte dafür, daß er nicht nur vorübergehend in das Ausland entsandt wurde oder daß er nur für das Ausland eingestellt wurde, sind nicht ersichtlich.
Fand der MTV auf die Tätigkeit des Klägers in Saudi Arabien keine Anwendung, hat die Ermittlung des Zeitfaktors anhand der Vorschrift des § 112 Abs 4 Nr 2 AFG stattzufinden. Auch darauf hat der Senat in seinem Urteil vom 14. September 1990 bereits hingewiesen (S 12 des Umdrucks).
Stehen Lohn- und Zeitfaktor fest, kommt es für die Ermittlung des Bemessungsentgelts auf die persönlichen Bemessungsdaten des Klägers an (§ 111 AFG). Insoweit hat das LSG ausgeführt, die familiären Bemessungsdaten des Klägers (Familienstand, Kinderzahl, Lohnsteuerklasse) stünden zwischen den Beteiligten außer Streit; sie seien deshalb dem Tatbestand zugeordnet worden. Solche Ausführungen sind nicht geeignet, die Grundlage für eine rechtsfehlerfreie Entscheidung zu liefern. Sie deuten nämlich darauf hin, daß das LSG eigene Feststellungen hierzu nicht für erforderlich hielt, weil es den „unstreitigen Vortrag” der Beteiligten als ausreichend ansah, eigene Feststellungen deshalb auch nicht getroffen hat. Ein solches Vorgehen steht mit der Untersuchungsmaxime nicht in Einklang (§ 103 SGG). Das LSG wird auch das im Rahmen seiner neuen Entscheidung zu berücksichtigen haben.
Steht das Bemessungsentgelt fest, aus dem sich der Anspruch auf Alg für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 23. März 1987 ergibt, läßt sich auch die Höhe der Alhi für die Zeiträume vom 24. März 1986 bis 22. Juni 1987 und 15. Dezember 1987 bis 30. April 1988 unschwer ermitteln. Denn Arbeitsentgelt ist im Falle des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst a AFG das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat oder ohne die Vorschrift des § 112 Abs 8 AFG gerichtet hätte (§ 136 Abs 2 Nr 1 AFG). Allerdings wird das LSG seine Aufmerksamkeit – abgesehen von der Frage der Verfügbarkeit (§ 134 Abs 1 Nr 3 AFG) – insbesondere auf die Frage der Bedürftigkeit des Klägers (§§ 137, 138 AFG) zu lenken haben, sofern es zu einem höheren als dem von der Beklagten zugrunde gelegten Bemessungsentgelt gelangen sollte.
Schließlich wird das LSG über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen