Leitsatz (amtlich)
Ein in die Handwerksrolle eingetragener Handwerker, der von der Versicherungspflicht nach HwVG § 1 Abs 1 nicht mehr erfaßt wird, weil er bereits für 216 Kalendermonate Beiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet hat, ist versicherungspflichtig nach RVO § 1227 Abs 1 S 1 Nr 3, wenn er in seinem Handwerksbetrieb auch als Hausgewerbetreibender iS von RVO § 162 - in nicht nur nebensächlichem Umfang (RVO § 1228 Abs 2) tätig ist.
Normenkette
RVO § 162 Fassung: 1945-03-17, § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fassung: 1960-09-08, § 1228 Abs. 2 Fassung: 1965-06-09; HwVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1965-09-09
Tenor
Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. April 1970 wird aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob ein Handwerker, der bereits Versicherungspflichtbeiträge für 216 Kalendermonate entrichtet hat, wegen einer Tätigkeit als Hausgewerbetreibender versicherungspflichtig ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 des Handwerkerversicherungsgesetzes - HwVG -, § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Reichsversicherungsordnung - RVO -).
Der Kläger ist seit 1950 als Inhaber eines Drechsler-(Elfenbeinschnitzer-)betriebs in die Handwerksrolle eingetragen. Im Februar 1966 hatte er für 216 Kalendermonate Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachgewiesen. Die Beklagte teilte ihm darauf mit, daß er nun als Handwerker in der Arbeiterrentenversicherung (ArV) versicherungsfrei sei; die Versicherungsfreiheit bestehe nur nach dem HwVG (Schreiben vom 26. April 1966).
Mit Bescheid vom 9. Januar 1968 forderte die Beklagte den Kläger auf, vom 1. März 1966 an Beiträge zur ArV als Hausgewerbetreibender zu entrichten (§ 1227 Abs. 1 Nr. 3 RVO); er gelte nach § 162 RVO als Hausgewerbetreibender im Sinne der RVO, denn er sei in erheblichem Umfang im Auftrag und für Rechnung anderer Gewerbetreibender (z.B. für die Messerfabrik L in ...) tätig; der Anteil an Direktbelieferungen von Privatkundschaft sei nur mit etwa 20 v.H. angegeben. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 1968).
Das Sozialgericht (SG) Darmstadt hat den Bescheid der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 6. Februar 1969). Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 30. April 1970). Es hat nicht geprüft, wie der Gewerbebetrieb des Klägers gestaltet ist und ob der Kläger Hausgewerbetreibender im Sinne des § 162 RVO ist, weil nach seiner Rechtsauffassung allein entscheidend sei, ob der Kläger nach dem HwVG versicherungspflichtig sei oder nicht. Es hat im wesentlichen sinngemäß ausgeführt, die Handwerkerversicherung sei eine geschlossene, hinsichtlich der Versicherungspflicht aus der RVO herausgenommene Standesversicherung. Die Annahme einer weiteren Versicherungspflicht nach der RVO liefe der Regelung in § 1 HwVG zuwider. Nach Entrichtung von Beiträgen für 216 Kalendermonate sei eine Heranziehung zur Beitragsleistung ebensowenig zulässig, wie wenn ein Befreiungstatbestand des § 6 HwVG von vornherein vorgelegen hätte.
Die Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie sieht § 1 Abs. 1 HwVG und § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO als verletzt an. Sie führt aus, dadurch, daß der Kläger für 216 Kalendermonate Pflichtbeiträge entrichtet habe, gehöre er nicht mehr zu dem vom HwVG erfaßten Personenkreis und habe nicht von der Versicherungspflicht nach dem HwVG befreit zu werden brauchen. Mit der Erreichung des 216. Pflichtbeitrages sei automatisch Versicherungsfreiheit eingetreten. Sie beziehe sich jedoch nur auf die Versicherungspflicht nach dem HwVG und nicht auch auf die nach anderen gesetzlichen Vorschriften. Aber selbst bei Annahme einer weiteren Bindung an das HwVG wegen der fortdauernden Eintragung in der Handwerksrolle sei der Kläger als Hausgewerbetreibender versicherungspflichtig. Weder das HwVG noch die RVO enthielten eine Regelung, die für Handwerker eine Versicherungspflicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften ausschließe. Die Beklagte verweist auf die Änderung des § 1227 Abs. 1 RVO durch § 13 Abs. 1 Nr. 1 HwVG, womit die Worte "oder des Gesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk" ersatzlos gestrichen worden seien. Dies bedeute, daß die Versicherungspflicht nach der RVO durch das HwVG nicht mehr eingeschränkt werde. Die Versicherungspflicht nach der RVO sei vorrangig. Dies komme auch in § 2 Abs. 1 Nr. 5 HwVG zum Ausdruck; darin werde die sonst nach dem HwVG bestehende Versicherungspflicht durch die Versicherungspflicht als Arbeitnehmer nach der RVO aufgehoben. Das HwVG habe die Priorität der Handwerkerversicherung, wie sie in § 1 der Ersten Durchführungsverordnung vom 13. Juli 1939 (DVO) zum Gesetz über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk vom 21. Dezember 1938 (HVG) niedergelegt gewesen sei und über § 7 Abs. 2 und § 6 Abs. 3 HwVG auf das jetzt geltende Recht fortwirke, aufgehoben. Das HwVG habe das Ziel gehabt, den Personenkreis der Handwerkerversicherung in das System der Arbeiterrentenversicherung einzubeziehen (§ 1 Abs. 5 HwVG). Deshalb bestehe weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des Gesetzes Anlaß zu Auslegungen, die die Sonderstellung der Handwerker gegen- über den anderen Versicherten bestärken würden. Die Bedenken gegen eine "Doppelsicherung" seien nicht stichhaltig. Bei der für Handwerker eingeführten Versicherungszeit von 216 Kalendermonaten handele es sich um eine Mindestbeitragsleistung zur Erlangung einer Sockelrente. Die übrigen Versicherten müßten auf Grund der unbeschränkten Versicherungspflicht wesentlich mehr Beiträge leisten. Eine echte Doppelsicherung hätte gegebenenfalls bei den Personen vorgelegen, die unter § 6 Abs. 1 und 3 und unter § 7 Abs. 2 HwVG fielen, wenn diese noch anderweitig durch die Versicherungspflicht in Anspruch genommen würden; die dazu ergangenen Entscheidungen könnten jedoch wegen des anders liegenden Sachverhalts hier nicht angewendet werden.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er meint, das HwVG erweitere als sozialversicherungsrechtliches Sondergesetz den Kreis der Versicherungsberechtigten und -verpflichteten um die selbständigen Handwerker. Für diesen Kreis gelte für die Beitragspflicht allein das HwVG. Entscheidend sei, daß er als selbständiger Handwerker auf eigenes Risiko arbeite.
II
Die Revision ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen ist.
Ein in die Handwerksrolle eingetragener Handwerker, der von der Versicherungspflicht nach § 1 HwVG nicht mehr erfaßt wird, weil er bereits für 216 Kalendermonate Pflichtbeiträge geleistet hat, ist versicherungspflichtig nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO, wenn er als Hausgewerbetreibender im Sinne des § 162 RVO nicht nur nebenher (§ 1228 Abs. 2 RVO) tätig ist.
Seit dem Inkrafttreten des HwVG unterliegt ein Handwerker nicht mehr ausschließlich seiner Standesversicherung wie bisher nach § 1 der 1. DVO zum HVG (vgl. auch § 2 Abs. 1 HVG; AN 1939, 472; 1941, 151; § 13 Abs. 1 Nr. 1 HwVG). Dies zeigt das Verhältnis des § 1 Abs. 1 HwVG zu anderen Vorschriften über eine Versicherungspflicht und der Wegfall der Bezugnahme auf die Handwerkerversorgung in § 1227 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz, RVO. Weder aus einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift noch aus dem System und dem Sinn und Zweck der Handwerkerversicherung ist zu entnehmen, daß die Leistung von 216 Pflichtbeiträgen eine spätere Versicherungspflicht des Handwerkers nach § 1227 RVO ausschließt, wenn er mit seinen Tätigkeiten die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt. Das Verhältnis zwischen der Versicherungspflicht nach dem HwVG und nach anderen Vorschriften ist für einzelne Fälle im Gesetz geregelt: Ein Handwerker, der als Arbeitnehmer versicherungspflichtig ist, ist versicherungsfrei in der Handwerkerversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 HwVG). Bei Handwerkern, die Wehrdienst oder Ersatzdienst im Sinne des § 1227 Abs. 1 Nr. 6 und 7 RVO leisten, geht die Versicherungspflicht nach diesen Vorschriften der Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 HwVG vor, wenn der Wehrdienst oder Ersatzdienst länger als einen Kalendermonat dauert (§ 1 Abs. 2 HwVG). Handwerker, die auch landwirtschaftliche Unternehmer sind, sind nach § 14 Abs. 2 Buchst. c des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) 1965 auf Antrag von der Beitragspflicht nach dem GAL 1965 zu befreien, wenn sie als selbständige Handwerker in die Handwerksrolle eingetragen sind.
Zwar berühren diese Vorschriften unmittelbar nur die Versicherungspflicht nach § 1 HwVG, d. h. solange noch nicht Pflichtbeiträge für 216 Kalendermonate geleistet sind, der Handwerker also noch von § 1 HwVG erfaßt wird. Doch lassen sie allgemeine Rangvorstellungen des Gesetzgebers erkennen, nämlich daß die stärkere und umfassendere gesetzliche Versicherungspflicht vorgeht (vgl. z.B. Schewe, die jüngste Entwicklung der Handwerkerversicherung, in BABl 1962, 940, 942: "Die Handwerkerversicherung geht der Alterssicherung der Landwirte vor. Sie stellt der Höhe und dem Umfang nach die umfassendere Sicherung dar. Beiden geht aber die Rentenversicherung der Arbeitnehmer vor, da die Pflichtversicherung in dieser im allgemeinen länger als diejenige in der Handwerkerversicherung dauert, welche ja nach der Entrichtung von 216 Pflichtbeiträgen endet").
Für Handwerker, die auch die Merkmale eines Hausgewerbetreibenden nach § 162 RVO erfüllen, ist im Gesetz nichts gesagt. Die Frage ihrer Versicherungszugehörigkeit ist schon alt. Für die Zeit vor der Einführung einer eigenständigen Handwerkerversorgung galt nach der GE des Reichsversicherungsamts (RVA) Nr. 5042 (AN 1937, 25) der Grundsatz: Der Umstand, daß ein Gewerbetreibender nach § 2 der 3. Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 18. Januar 1935 (RGBl I 15) als selbständiger Handwerker in die Handwerksrolle eingetragen ist, schließt nicht aus, daß der Gewerbetreibende als Hausgewerbetreibender nach § 1226 Abs. 1 Nr. 2 RVO (aF), § 162 RVO der Invalidenversicherungspflicht unterliegt. Erst mit dem Inkrafttreten des HVG war das RVA im Bescheid vom 24. August 1939 (AN 1939, 472) unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 HVG und § 1 der 1. DVO vom 13. Juli 1939 der Auffassung, daß die in die Handwerksrolle eingetragenen Hausgewerbetreibenden nach dem HVG versicherungspflichtig seien und daß daneben keine Versicherungspflicht in der Invalidenversicherung bestehe; denn in § 1 Abs. 1 der 1. DVO zum HVG war ausdrücklich bestimmt, daß die Handwerkerversorgung die gesamte Tätigkeit erfaßte, die der Handwerker ausübte. Daneben wurden einzelne Tätigkeiten des Handwerkers weder nach dem HVG noch in der Arbeiterrentenversicherung gesondert versichert. Der nach § 4 HVG versicherungsfreie Handwerker war überhaupt nicht rentenversicherungspflichtig. § 1 der 1. DVO entsprach dem § 2 Abs. 1 HVG: Die Handwerkerversicherung erfaßte das gesamte Jahreseinkommen des einzelnen Handwerkers. In diesem Sinne ist auch die GE Nr. 5420 des RVA ergangen (AN 1941, 151).
Diese einheitliche Betrachtung des Handwerkerberufs in den vor dem HwVG bestehenden Vorschriften wirkt mit ihren Rechtsfolgen noch in den Übergangsvorschriften der §§ 6, 7 HwVG fort (vgl. die Entscheidungen des Senats vom 29. August 1968 - 12 RJ 122/66 = SozR Nr. 2 zu § 6 HwVG, vom 22. April 1970 - 12 RJ 546/65 = SozR Nr. 6 zu § 1 HwVG, vom 28. Januar 1970 - 12 RJ 320/68 = SozR Nr. 14 zu § 1227 RVO und vom 26. Mai 1970 - 12 RJ 4/66). Sie hat sich auch auf die Frage ausgewirkt, ob Handwerker, die vor der Entrichtung von 216 Pflichtbeiträgen in ihrem einheitlichen Betrieb zugleich als Hausgewerbetreibende tätig sind (Doppelstellung), der Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO unterliegen:
Nach § 1 Abs. 1 HwVG geht die Versicherungspflicht des Handwerkers, der noch keine 216 Pflichtbeiträge entrichtet hat, nach dem HwVG als einer Sondervorschrift der Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO vor. Neu ist dagegen der ausdrücklich durch § 2 Abs. 1 Nr. 5 HwVG eingeräumte Vorrang der Versicherungspflicht als Beschäftigter nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO vor der Handwerkerversicherung von Anfang an.
Der Vorrang der Versicherungspflicht nach der RVO für Handwerker, die Arbeitnehmer sind und an sich noch nach § 1 Abs. 1 HwVG versicherungspflichtig in der Handwerkerversicherung wären, weil sie noch nicht für 216 Kalendermonate Pflichtbeiträge entrichtet haben (vgl. § 2 HwVG "Versicherungsfrei ...", d. h., von der Versicherungspflicht nach § 1 HwVG), bedeutet, daß diese Personen nicht nur für 216 Kalendermonate Beiträge zu leisten haben, sondern zeitlich unbegrenzt, so lange sie als Arbeitnehmer versicherungspflichtig sind. Der Vorrang der RVO geht also auch zeitlich über die Versicherungspflicht nach § 1 HwVG hinaus und zeigt, wie der stärkere Versicherungsschutz der RVO den Handwerkern zugute kommen soll, welche als Arbeitnehmer die Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes erfüllen. Die gleiche Interessenlage läßt aber einen über die Begrenzung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HwVG hinausgehenden Versicherungsschutz auch dann geboten erscheinen, wenn Handwerker nach der Leistung von 216 Pflichtbeiträgen Tätigkeiten ausüben, die sie als den Arbeitnehmern wirtschaftlich nahestehend versicherungspflichtig nach § 1227 Abs. 1 Nr. 3 RVO machen (vgl. dazu die noch weitergehenden Bestrebungen, die dahin gehen, Handwerker, die als Hausgewerbetreibende tätig sind, überhaupt aus der Handwerkerversicherung herauszunehmen, im "Bericht der Bundesregierung zur Frage der Rentenversicherung" vom 31. August 1970 - BT-Drucks. VI/1126, S. 50 Nr. 3).
Für dieses Ergebnis sprechen auch weitere Überlegungen. Die Handwerkerversicherung verschafft den in die Handwerksrolle eingetragenen Handwerkern nur eine Mindestsicherung durch eine "Sockelrente". Darüber hinaus gehört es zum Risiko des Handwerkers, die Höhe seiner Alterssicherung selbst zu bestimmen (vgl. BT-Drucks. III/1379 S. 2 und 3; BABl 1962, 940). Der Gesetzgeber geht davon aus, daß der Handwerker sich durch seine Tätigkeit eine weitere Alterssicherung zur Sockelrente hinzuerarbeitet. Wenn nun der nicht mehr von § 1 HwVG erfaßte Handwerker die Tätigkeit eines Hausgewerbetreibenden im Sinne des § 162 RVO wählt, so entspricht dem, daß er seine auf der Sockelrente aufbauende Alterssicherung in einer dem Hausgewerbetreibenden gemäßen Art und Weise durchführt, ebenso wie wenn der Handwerker seine weitere Tätigkeit und damit Alterssicherung in einem Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmer sucht. Zwar wird der Hausgewerbetreibende in § 162 RVO als selbständiger Gewerbetreibender bezeichnet. Er ist aber wirtschaftlich abhängig vom Auftraggeber. Der Hausgewerbetreibende hat die wirtschaftliche Abhängigkeit mit dem Arbeitnehmer gemeinsam und aus diesem Grund ist der Hausgewerbetreibende versicherungspflichtig wie der Arbeitnehmer. Dem entspricht, daß nach §§ 1385 Abs. 4 Buchst. a und 1396 Abs. 3 RVO idF des 3. Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) der "Arbeitgeber" des Hausgewerbetreibenden, d. h. der Auftraggeber, die Hälfte der Pflichtbeiträge des Hausgewerbetreibenden zu tragen und die Beiträge abzuführen hat (s. auch BABl 1969, 485). Für einen von der Handwerkerversicherung nicht mehr erfaßten Handwerker, der in seinem Betriebe weiterhin, und zwar in nicht nur nebensächlichem Umfang auch als Hausgewerbetreibender tätig ist, bedeutet deshalb die Bejahung seiner Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO eine besonders geeignete Möglichkeit, sich eine über den erworbenen Anspruch auf eine Sockelrente hinausgehende zusätzliche Sicherung zu verschaffen. Dabei ist zu bedenken, daß die Rechtsauffassung, die der Kläger für seine ganz persönliche Lage vertritt, andere Handwerker in gleicher Lage, die aus wirtschaftlichen Gründen als Hausgewerbetreibende tätig werden und mit ihrer Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO einverstanden sind, des Beitragsanteils des Auftraggebers nach § 1385 Abs. 4 Buchst. a RVO idF des 3. RVÄndG berauben würde.
Es entspricht deshalb dem Sinn und Zweck der Rentenversicherung, daß Handwerker, die nach Entrichtung von Pflichtbeiträgen für 216 Monate nicht mehr versicherungspflichtig nach dem HwVG sind, als Hausgewerbetreibende der Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO unterliegen.
Für die Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO greift dann auch § 1228 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 2 und 3 RVO ein, d. h. Versicherungspflicht liegt vor, wenn die Tätigkeit des Handwerkers als Hausgewerbetreibender mehr als eine Nebentätigkeit im Sinne dieser Vorschriften gegenüber der Tätigkeit als Handwerker bildet.
Im vorliegenden Fall hat das LSG nicht festgestellt, ob der Kläger Hausgewerbetreibender im Sinne des § 162 RVO ist und bejahendenfalls, ob diese Tätigkeit mehr als eine Nebentätigkeit im Sinne des § 1228 Abs. 2 RVO ausmacht. Um dies festzustellen, ist der Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen. Gegebenenfalls werden der bzw. die Auftraggeber des Klägers zum Verfahren beizuladen sein (SozR Nr. 32 zu § 75 des Sozialgerichtsgesetzes).
Die Kostenentscheidung bleibt dem das Verfahren abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen