Leitsatz (amtlich)
Ein früherer Hauer, der noch als Registraturangestellter (Vergütungsgruppe IX des Knappschafts-Angestelltentarifvertrags) bei der Ruhrknappschaft vollwertig tätig ist, ist nicht vermindert bergmännisch berufsfähig nach RKG § 45 Abs 2.
Orientierungssatz
Zum Begriff der "ähnlichen Ausbildung" in RVO § 1246 Abs 2.
Normenkette
RKG § 45 Abs. 2 Fassung: 1957-05-21; RVO § 1246 Abs. 2 Fassung: 1957-05-21
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Februar 1964 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit ist der Anspruch auf Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit.
Der im Jahre 1916 geborene Kläger hatte seit 1932, mit Unterbrechungen durch Arbeits-, Wehr- und Kriegsdienst sowie Gefangenschaft und anschließende Arbeitslosigkeit, im Bergbau nacheinander als Tagesarbeiter, Schlepper, Lehrhauer und (seit 1950) Hauer gearbeitet. Im Juni 1957 gab er die Hauertätigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf, arbeitete noch einige Monate als Ausbauhelfer und war dann vom 1. November 1957 an als Registratur-Angestellter bei der beklagten Knappschaft beschäftigt; er wurde zunächst nach der Vergütungsgruppe X und wird seit dem 1. Februar 1958 nach Gruppe IX des Knappschafts-Angestelltentarifvertrages (KnAT) besoldet.
Im März 1959 beantragte er die Gewährung der Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit. Nachdem ärztlicherseits festgestellt worden war, daß er im Bergbau nur noch leichtere Tagesarbeiten ausführen, seine Tätigkeit als Registratur-Angestellter aber weiter versehen könne, lehnte die Beklagte den Antrag unter Verweisung auf die ausgeübte Angestelltentätigkeit ab. Der Widerspruch blieb erfolglos; im Widerspruchsbescheid wird ausgeführt, die vom Kläger verrichtete Tätigkeit sei der eines Hauers im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig. Die Ablehnung sei auch gemäß § 86 Abs. 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) gerechtfertigt, weil das mit der Angestelltentätigkeit erzielte Entgelt von monatlich 515,38 DM die für das Jahr 1959 maßgebende persönliche Rentenbemessungsgrundlage des Klägers in Höhe von 466,83 DM überschreite.
Das Sozialgericht (SG) hat unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. März 1959 Bergmannsrente zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Zwar stehe, so wird in der Urteilsbegründung ausgeführt, die Vorschrift des § 86 Abs. 2 RKG der Rentengewährung nicht entgegen, weil sie nur für die Entziehung, nicht aber die Versagung einer erst beantragten Rente gelte. Der Kläger sei jedoch nicht vermindert bergmännisch berufsfähig. Bei Prüfung der Berufsfähigkeit sei von seiner Tätigkeit als Hauer auszugehen, die er aus gesundheitlichen Gründen habe aufgeben müssen. Man könne auch keine nachträgliche freiwillige Lösung vom Hauerberuf zugunsten seiner Angestelltentätigkeit unterstellen, weil - für einen längeren Zeitraum betrachtet - sein Angestelltengehalt unter dem durchschnittlichen Effektivlohn eines Gedingehauers liege. Die Angestelltentätigkeit sei aber der Hauertätigkeit noch im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig. Sie sei auch als Tätigkeit in einem "knappschaftlich versicherten Betrieb" im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG anzusehen, weil die Angestellten der Ruhrknappschaft gemäß § 187 RKG nach den Vorschriften des RKG versichert würden. Auch die Bestimmung, daß ein Versicherter nur auf Tätigkeiten verwiesen werden kann, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten verrichtet werden, stehe der Verweisung hier nicht entgegen. Diese Einschränkung bedeute, daß einem Versicherten nur Tätigkeiten in ähnlicher sozialer Stellung zugemutet werden dürften. Bei der hohen sozialen Bewertung der Angestelltentätigkeit werde aber die Grenze der Zumutbarkeit durch eine Verweisung des Klägers auf die Arbeit eines Registraturangestellten der Vergütungsgruppe IX KnAT noch nicht überschritten. Revision wurde zugelassen.
Mit der Revision wird die Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt. Die Tätigkeit als Registraturangestellter sei der Hauertätigkeit nicht wirtschaftlich gleichwertig; eine Lohndifferenz von 66,07 DM sei nicht mehr zumutbar.
Der Kläger könne auch als Facharbeiter nicht auf ungelernte oder einfache angelernte Tätigkeiten verwiesen werden. Zur Ausübung der Hauertätigkeit habe er eine langjährige Berufsausbildung in bergmännischen Betrieben zurücklegen müssen, während er die für einen Registraturangestellten erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten bereits in sechs Monaten erworben habe und seither als vollwertiger Registraturangestellter anzusehen sei. Die Tätigkeit setze, verglichen mit dem Hauerberuf, keine besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten voraus. Die Ruhrknappschaft sei zudem kein knappschaftlich versicherter Betrieb im Sinne von § 45 Abs. 2 RKG, vielmehr selbst Träger der knappschaftlichen Versicherung.
Als Verletzung der Sachaufklärungspflicht rügt die Revision, daß das LSG keine hinreichenden Feststellungen über die wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Tätigkeiten getroffen und es auch unterlassen habe, eine genaue Analyse der Berufsbilder eines Hauer's und eines Registraturangestellten durch einen soziologischen Sachverständigen einzuholen. Das LSG sei ferner der Behauptung des Klägers nicht nachgegangen, daß andere Registraturangestellte der Beklagten - ebenfalls frühere Hauer - von ihr die Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit erhielten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 21. Juli 1960 zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, daß bei Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit vom tariflichen Hauerdurchschnittslohn auszugehen und ein Lohnabfall von 20 % noch als tragbar anzusehen sei. Hiernach sei die Gleichwertigkeit einwandfrei gegeben. Die Tätigkeit des Klägers bei der Ruhrknappschaft sei auch als Arbeit in einem "knappschaftlich versicherten Betriebe" anzusehen, weil es bei diesem Erfordernis auf den tatsächlichen Zustand des Versichertseins der beschäftigten Arbeitnehmer ankomme. Der Hinweis in § 45 Abs. 2 RKG auf "Personen mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten" solle bedeuten, daß den Versicherten nur Tätigkeiten in ähnlicher sozialer Stellung zugemutet werden dürften; auch diese Voraussetzung sei im Falle des Klägers erfüllt.
II
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung der Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 RKG.
Bei der Prüfung, ob der Kläger vermindert bergmännisch berufsfähig ist, ist von seinem Beruf als Hauer auszugehen, den er in üblicher Berufsentwicklung erreicht und nach längerer Ausübung aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat. Er hat sich - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - von diesem Hauptberuf auch nicht durch die Verrichtung seiner derzeitigen Tätigkeit als Angestellter gelöst, weil diese ihm kein effektiv höheres Einkommen gewährleistet (vgl. BSG in SozR RKG § 35 aF Nr. 18).
Nach den Feststellungen des LSG kann der Kläger seit Antragstellung nicht mehr unter Tage tätig sein, sondern nur noch leichtere Tagesarbeiten verrichten. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG 21, 282) ist ein Hauer in dieser Lage im allgemeinen vermindert bergmännisch berufsfähig. Das gilt aber dann nicht, wenn er besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie ein Hauer regelmäßig nicht besitzt, erworben hat, die es ihm ermöglichen, "andere im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben auszuüben" (§ 45 Abs. 2 RKG). Bei Antragstellung im März 1959 war der Kläger schon fast anderthalb Jahre als Angestellter tätig, und zwar - nach halbjähriger Einarbeitung - seit dem 1. Mai 1958 als vollwertige Kraft. Das LSG hat zutreffend erkannt, daß der Kläger auf diese Tätigkeit verwiesen werden konnte.
Die Tätigkeit des Klägers als Registraturangestellter ist der Hauertätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig. Bei dem Lohnvergleich ist für die Hauertätigkeit vom tariflichen Gedingerichtsatz, für die Angestelltentätigkeit vom Tarifgehalt (einschließlich Ortszuschlag und übernommener Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung) eines Ledigen auszugehen. Da innerhalb des hier in Betracht kommenden Zeitraums die jeweiligen Veränderungen der Bezüge zu verschiedenen Terminen erfolgten, ist das Verhältnis der beiden Entgelte zueinander nicht konstant. Jedoch lag die zu berücksichtigende Vergütung des Klägers immer noch über dem tariflichen Entgelt der Tätigkeiten der Sondergruppe unter Tage (Meisterhauer, Aufsichtshauer u. a.), deren wirtschaftliche Gleichwertigkeit gegenüber der Hauertätigkeit stets anerkannt gewesen ist. Im übrigen würde auch die von der Revision angeführte, unrichtigerweise nach den Effektivlöhnen errechnete Differenz von (794,11 DM - 728,04 DM =) 66,07 DM mit weniger als 10 % durchaus noch im Rahmen des nach § 45 Abs. 2 RKG zumutbaren Lohnabfalls liegen. Die mit der Revision erhobene Verfahrensrüge, das LSG habe zur Frage der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit unzureichende Feststellungen getroffen, ist schon deshalb unbegründet, weil sich die Gedingerichtsätze aus den im Urteil angeführten Lohnordnungen und die Angestelltenbezüge des Klägers aus den im Urteil ausdrücklich in Bezug genommenen Auskünften der Arbeitgeberin ergeben.
Das LSG hat auch zutreffend angenommen, daß die Tätigkeit des Klägers bei der Ruhrknappschaft der Tätigkeit in knappschaftlich versicherten Betrieben gleichzustellen ist. Die Beschränkung der Verweisbarkeit auf Tätigkeiten in "knappschaftlich versicherten" - nicht etwa "knappschaftlichen" - Betrieben, soll die Möglichkeit der weiteren knappschaftlichen Versicherung gewährleisten. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt diese Voraussetzung, da die Angestellten und Arbeiter der Knappschaften nach den Vorschriften des RKG versichert werden (§§ 187, 188 RKG).
Zu prüfen bleibt hiernach noch, ob es sich bei der Angestelltentätigkeit des Klägers - verglichen mit der Hauertätigkeit - um eine solche handelt, die "von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten" verrichtet wird. Dieser Verweisungsvoraussetzung kommt, nachdem bei der Rentenreform von 1957 das Erfordernis der "Gleichartigkeit" aus § 35 RKG aF bewußt nicht in den § 45 RKG nF übernommen worden ist, gegenüber früher eine erhöhte Bedeutung zu. Es soll damit - wie bereits im Urteil des Senats vom 15. September 1964 - 5 RKn 25/62 - ausgeführt - nicht etwa nur verhindert werden, daß ein Versicherter auf Arbeiten verwiesen wird, für die ihm die erforderliche Ausbildung sowie die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen; für eine so selbstverständliche Beschränkung hätte es nicht des Hinweises auf eine "ähnliche" Ausbildung und "gleichwertige" Kenntnisse und Fähigkeiten bedurft. Andererseits kann die Beibehaltung dieses Erfordernisses nicht dazu führen, das bewußt fallengelassene Erfordernis der "Gleichartigkeit" praktisch doch aufrechtzuerhalten. Bei der Beurteilung der Gleichartigkeit i. S. v. § 35 RKG aF standen eindeutig objektive Gesichtspunkte (Arbeitszweck und Arbeitsplatz) im Vordergrund; als einander gleichartig galten beispielsweise alle typisch bergmännischen Tätigkeiten. Für die Beurteilung, ob es sich um Arbeiten von "Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten" handelt, sind dagegen schon dem Wortlaut nach persönliche Merkmale - Ausbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten - maßgebend. Bei der Gegenüberstellung der für die zu vergleichenden Berufe jeweils erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten stellt es das Gesetz allein auf die "Gleichwertigkeit", also auf einen Qualitätsvergleich ab. Hierbei kann nach Sinn und Zweck des Gesetzes nur verlangt werden, daß - ebenso wie bei dem Erfordernis der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit - die Kenntnisse und Fähigkeiten einander "im wesentlichen" gleichwertig sind. Würde man die volle Gleichwertigkeit voraussetzen, so könnte etwa ein Hauer auch unter Tage nur auf Facharbeitertätigkeiten verwiesen werden. Hierzu hat der Senat aber bereits früher (BSG 5, 194) ausgeführt, daß die Kenntnisse und Fähigkeiten aller mit eigentlich bergmännischen Arbeiten Beschäftigten auch gleichwertig im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG sind; dem entspricht die anerkannte Verweisbarkeit eines Hauers auf die Tätigkeiten der Lohngruppe I unter Tage.
Demgemäß ist die Annahme des LSG nicht zu beanstanden, daß die Kenntnisse und Fähigkeiten, die der Kläger für seine Tätigkeit als Knappschaftsangestellter benötigt, im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG denen gleichwertig sind, die er früher für seine Hauertätigkeit benötigte. Dafür spricht schon der Umstand, daß die körperlich leichte, ungefährliche und unter günstigen Arbeitsplatzbedingungen verrichtete Angestelltentätigkeit des Klägers höher entlohnt wird als die Arbeit der unter Tage im Zeitlohn tätigen Hauer und gelernten Handwerker; dieser gehaltstariflichen Bewertung entspricht auch das soziale Ansehen, das eine solche Angestelltentätigkeit genießt. Das Maß der dafür benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten ergibt sich aber auch daraus, daß zu ihrer Erlangung immerhin eine halbjährige Anlernung erforderlich ist.
Wenn in § 45 Abs. 2 RKG außerdem von einer "ähnlichen Ausbildung" gesprochen wird, so handelt es sich dabei nach Ansicht des Senats weniger um ein selbständiges Tatbestandsmerkmal - dazu ist der Begriff "ähnlich" zu unbestimmt -, als um eine Ergänzung des Erfordernisses gleichwertiger Kenntnisse und Fähigkeiten; die Ausbildung ist eben der Weg, der zu diesen Kenntnissen und Fähigkeiten führt. Es ist also nicht erforderlich, daß die Ausbildungswege für die zu vergleichenden Tätigkeiten nach Art und Dauer im wesentlichen übereinstimmen; es muß vielmehr genügen, daß die Ausbildung für die Verweisungstätigkeit im wesentlichen gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. Damit wird die Ausbildung für die Verweisbarkeit im Rahmen des § 45 RKG keineswegs bedeutungslos. Sie bildet zunächst ein wertvolles Indiz für die Bewertung der durch sie vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten. Darüber hinaus bedeutet die besondere Erwähnung der Ausbildung an dieser Stelle der Vorschrift, daß es sich bei den zu vergleichenden Kenntnissen und Fähigkeiten um solche handeln muß, die durch eine besondere Ausbildung erworben sind, nicht also um solche, über die ein normaler Versicherter in der Regel ohnehin verfügt. Der Kläger hat aber eine besondere Ausbildung für seine Tätigkeit als Knappschaftsangestellter erhalten. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das LSG habe es unterlassen, ein soziologisches Gutachten über die beiden Tätigkeiten einzuholen, ist unbegründet. Daß ein mit der Sozialversicherung des Bergbaus ständig befaßter Senat über Wesen und Bedeutung der Hauertätigkeit hinreichend unterrichtet ist, um eine entsprechende Beurteilung abzugeben, bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Über die Angestelltentätigkeit des Klägers hatte sich das LSG, wie aus den im Urteil angezogenen Auskünften der Arbeitgeberin hervorgeht, hinreichend informiert. Die rechtliche Würdigung des Sachverhalts aber ist ohnehin allein Sache des Gerichts. Es ist nicht ersichtlich, wodurch sich das LSG im vorliegenden Fall hätte gedrängt fühlen müssen, ein berufskundliches oder soziologisches Gutachten einzuholen.
Der Senat verkennt nicht, daß - äußerlich gesehen - der Unterschied gerade zwischen der Bergmannsarbeit und der Bürotätigkeit besonders groß ist. Diese Ungleichartigkeit der beiden Tätigkeiten ist aber für die Frage, ob es sich um "Arbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten" handelt, eben nicht von entscheidender Bedeutung. Eine Ausklammerung speziell der Bürotätigkeiten aus den im Rahmen des § 45 Abs. 2 RKG möglichen Verweisungen läßt sich weder aus dem System noch aus dem sozialpolitischen Zweck des Gesetzes rechtfertigen. Eine rechtliche Abgrenzung gegenüber anderen Tätigkeiten über Tage, die ebenfalls den eigentlichen Bergmannstätigkeiten nicht gleichartig sind - etwa denen eines Wiegemeisters, Laboratoriumsgehilfen, Markenkontrolleurs u. ä. - wäre letztlich unverständlich.
Das LSG hat somit zutreffend erkannt, daß der Kläger im Rahmen des § 45 Abs. 2 RKG auf die von ihm tatsächlich ausgeübte Angestelltentätigkeit verwiesen werden kann und aus diesem Grunde nicht vermindert bergmännisch berufsfähig ist.
Die Verfahrensrüge, das LSG habe es unterlassen, der Behauptung des Klägers nachzugehen, daß andere Registraturangestellte mit gleichem Hauptberuf und bei gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen die Bergmannsrente bezögen, ist ebenfalls unbegründet. Zwar ist das LSG auf diese - in dem in erster Instanz eingereichten Schriftsatz vom 2. Mai 1960 enthaltene - Behauptung nicht eingegangen, jedoch bestand hierzu auch keine zwingende Veranlassung. Das LSG konnte - zumal dieses Vorbringen vor dem Berufungsgericht nicht wiederholt worden ist - davon ausgehen, daß es sich dabei nicht um ein echtes anspruchsbegründendes Vorbringen, sondern nur um einen allgemeinen, die Anrufung des Gerichts rechtfertigenden Hinweis handeln sollte. Denn das Gericht hatte darüber zu entscheiden, ob dem Kläger ein gesetzlicher Anspruch auf Rente zusteht, nicht aber darüber, ob anderen Versicherten eine Rente zu Recht oder zu Unrecht gewährt wird. Die unberechtigte Gewährung einer Rente für einen anderen Versicherten könnte keinen Anspruch des Klägers begründen.
Entgegen der Ansicht der Vordergerichte würde dem Rentenanspruch des Klägers auch entgegenstehen, daß nach den vom LSG in Bezug genommenen Auskünften der Beklagten sein - für einen Ledigen umgerechnetes - Entgelt als Angestellter schon seit Antragstellung ständig die für ihn maßgebende Rentenbemessungsgrundlage übersteigt. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 1. Juni 1965 - 5 RKn 96/62 (SozR RKG § 86 Nr. 3) erkannt und dargelegt hat, ist dieser Entziehungstatbestand des § 86 Abs. 2 RKG auch bereits als Versagungstatbestand bei der Prüfung eines Rentenantrags zu berücksichtigen. Als "neue" Kenntnisse und Fertigkeiten im Sinne dieser Vorschrift sind dabei andere erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten anzusehen, als sie der Hauptberuf des Versicherten voraussetzt. Daß die Kenntnisse und Fertigkeiten, die der Kläger für seine Angestelltentätigkeit in halbjähriger Anlernung und Einarbeitung erworben hat, gegenüber denen, die er für seine Hauertätigkeit benötigte, in diesem Sinne "neue" sind, bedarf keiner näheren Begründung.
Die somit unbegründete Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen