Leitsatz (redaktionell)
Zur Bezugszeit iS der RVO § 183 Abs 2 rechnen auch Zeiten, für die der Versicherte vor Zubilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente Krankengeld bezogen hat, aber der Anspruch auf niedrigere Rente auf die KK übergegangen ist - RVO § 183 Abs 2 S 2 und 3 - (Bestätigung von BSG 1967-07-11 3 RK 92/65 = BSGE 27, 66 ff).
Normenkette
RVO § 183 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1961-07-12, Abs. 3 Fassung: 1961-07-12
Tenor
Die Sprungrevision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. Mai 1968 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger war vom 19. November 1965 an im Zusammenhang mit seinem Darmleiden und einem Leistenbruch arbeitsunfähig erkrankt. Da die Darmkrankheit auch schon vom 23. Juli bis 26. August 1964 Arbeitsunfähigkeit ausgelöst hatte, berechnete die Beklagte die 78-Wochenfrist des § 183 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) unter Einbeziehung dieses Zeitraums und gewährte dem Kläger deshalb das Krankengeld bis zum 15. April 1967.
Bereits am 9. Februar 1962 hatte der Kläger einen Antrag auf Rente gestellt. Diesem wurde durch Bescheid vom 26. April 1967 entsprochen; dem Kläger wurde Erwerbsunfähigkeitsrente (EU-Rente) für die Zeit vom 21. Mai 1966 bis 28. Februar 1967 zugebilligt. Im Zuge eines anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens erhielt der Kläger durch rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 7. Dezember 1967 Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit vom 1. März 1966 bis 20. Mai 1966 und für die Zeit vom 1. März 1967 an auf unbestimmte Zeit.
Hinsichtlich der für die Zeit vom 21. Mai 1966 bis 28. Februar 1967 zugebilligten EU-Rente machte die Beklagte gemäß § 183 Abs. 3 RVO den auf sie übergegangenen Erstattungsanspruch geltend. Er wurde in Höhe der Rentennachzahlung befriedigt. Der auf die genannte Zeit entfallende, die Rentenhöhe übersteigende Teil des Krankengeldes verblieb dem Kläger.
Da der Kläger die Auffassung vertrat, eine nachträglich bewilligte EU-Rente dürfe auf die 78-Wochenfrist nicht angerechnet werden, forderte er von der Kasse noch Krankengeld für die Zeit vom 16. April bis 7. Mai 1967. Die Beklagte lehnte dies ab; der Widerspruch blieb erfolglos. Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1967 zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 16. April bis 7. Mai 1967 Krankengeld zu gewähren. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Durch Urteil vom 8. Mai 1968 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 11. Juli 1967 (BSG 27, 66) hat es ausgeführt, hinsichtlich der Anrechenbarkeit auf die 78-Wochenfrist könne nicht danach differenziert werden, ob tatsächlich Krankengeld gezahlt worden sei und wenn ja, ob dieses höher gewesen sei als die nachträglich zugebilligte Rente. Auch in den Fällen wie dem vorgenannten müsse der vom Gesetzgeber indirekt zum Ausdruck gebrachte Leitgedanke sich auswirken, daß Krankengeld und EU-Rente, die beide Lohnersatzfunktion hätten, sich grundsätzlich gegenseitig ausschlössen.
Die Berufung hat das SG zugelassen. Der Kläger hat Sprungrevision eingelegt und dieser die Einwilligungserklärung der Beklagten beigefügt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er begehre nicht die Bewilligung doppelter Leistungen. Es dürften nur Ruhenszeiten, nicht aber solche Zeiten auf die Leistungsdauer des § 183 Abs. 2 RVO angerechnet werden, in denen Leistungsansprüche überhaupt nicht bestanden hätten.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1967 sowie der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 16. April bis 7. Mai 1967 Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 11. Juli 1967 (BSG 27, 66, 68) entschieden, daß als Bezugszeit i.S. des § 183 Abs. 2 auch Zeiten rechnen, für die der Versicherte vor Zubilligung der EU-Rente Krankengeld bezogen hat, aber der Anspruch auf niedrigere Rente auf die Krankenkasse übergegangen ist (§ 183 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVO). Er hat dazu ausgeführt, wenn sogar Zeiten des Ruhens des Krankengeldes Bezugszeiten i.S. dieser Vorschrift seien (vgl. BSG 19, 179, 182), so müßten erst recht solche Zeiten in die Bezugszeiten einbezogen werden, in denen infolge des Überganges der Rente auf die Kasse diese im Endergebnis mit einem Teilbetrag des Krankengeldes belastet bleibe. Auch eine nur teilweise Zahlung des Krankengeldes stehe der Anrechnung dieser Zeiten auf die Höchstdauer des Krankengeldbezuges nicht entgegen (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand: 15.6.1966, Bd. II S. 396 a und Urteil des Senats vom 22.11.1968, 3 RK 22/66).
Nach den Feststellungen des LSG liegt der gleiche Sachverhalt hier vor. Im Tatbestand heißt es ausdrücklich, daß der auf die genannte Zeit entfallene, die Rentenhöhe übersteigende Betrag des Krankengeldes dem Kläger verblieben sei, wie es in § 183 Abs. 3 RVO am Schluß vorgesehen ist.
Der Senat hat auch mit Rücksicht auf die Begründung der Revision keine Veranlassung gesehen, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Soweit die Revision ausführt, solche Zeiten seien nicht auf die Leistungsdauer des § 183 Abs. 2 RVO anzurechnen, in denen Leistungsansprüche überhaupt nicht bestanden hätten, übersieht sie, daß die Beklagte in der genannten Zeit Leistungen - nämlich Krankengeld - erbracht hat; denn die ihr von der Landesversicherungsanstalt erstattete EU-Rente des Klägers war niedriger als das von ihm für denselben Zeitraum empfangene Krankengeld.
Aus diesem Grunde brauchte der Senat nicht die Frage zu entscheiden, ob dann, wenn die EU-Rente für dieselbe Zeit höher ist als das Krankengeld und die Krankenkasse deshalb das Krankengeld durch die Rentennachzahlung voll erstattet bekommen hat, ebenfalls eine Anrechnung auf die Bezugszeit stattfindet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen