Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragszuschuß für Versicherte eines ausländischen Versicherungsunternehmens
Leitsatz (redaktionell)
Ausländische Versicherungsentrichtungen gehören nicht zu den Trägern der "gesetzlichen Krankenversicherung" nach RVO § 381 Abs 4 S 1, können aber "private Versicherungsunternehmungen" iS des S 2 sein; dabei bedeutet das Wort "privat" nicht das gleiche wie "privat-rechtlich", sondern schließt - unabhängig von ihrer Organisationsform - alle Versicherungsunternehmen ein, die nicht Träger der "gesetzlichen Krankenversicherung" sind.
Orientierungssatz
Dem Anspruch eines Rentners auf einen Beitragszuschuß zu seiner freiwilligen privaten Krankenversicherung steht nicht entgegen, daß das Versicherungsunternehmen seinen Sitz nicht im Inland hat und nicht der deutschen Versicherungsaufsicht unterliegt.
Normenkette
RVO § 381 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1956-06-12
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 23. März 1966 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der Kläger, der in den Niederlanden wohnt und seit 1957 von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Versichertenrente bezieht, fordert zu seiner in den Niederlanden bestehenden freiwilligen Krankenversicherung einen Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Er ist seit 1956 mit seiner Ehefrau Mitglied eines privaten niederländischen Krankenversicherungsunternehmens ("Nederlandsch Ziekenhuisverplegingsfonds Nezifo") . Seinen Antrag vom 18. Januar 1959 auf Gewährung eines Beitragszuschusses lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 1961 ab, weil das Versicherungsunternehmen seinen Sitz nicht im Geltungsbereich der RVO habe.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung des Beitragszuschusses ab 1. Januar 1959 verurteilt (Urteil vom 27. November 1963). Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg. Nach Ansicht des Landessozialgerichts (LSG) Berlin begründet die genannte Vorschrift (§ 381 Abs. 4 RVO) keinen Anspruch auf einen Beitragszuschuß, wenn die freiwillige Krankenversicherung bei einem ausländischen Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland besteht. Die Frage, ob die vom Kläger abgeschlossene Krankenversicherung ihm vollen Versicherungsschutz gewährt (Vollversicherung) oder nur eine Teilversicherung ist, für die kein Anspruch auf Beitragszuschuß besteht (vgl. BSG 23, 42), hat das LSG nicht abschließend geprüft. Nach seinen Feststellungen "hat der Kläger für sich und seine Ehefrau einen Vertrag zu Tarifen für folgende Leistungen abgeschlossen: Krankenhausverpflegung und Nebenkosten (A 3), klinisch-spezialistische Hilfe einschließlich Laboratoriumsuntersuchung, Röntgenuntersuchung, Röntgen- und Radiumbestrahlung und Bluttransfusion bis zu bestimmten Höchstsätzen (B b 5), Krankentransport bei Krankenhaus- und Sanatoriumsaufenthalt (C), Zusatzversicherung für Verpflegung und Behandlung in der niedrigsten und in der höchsten Tarifklasse eines Krankenhauses (F 2 b), Kosten für Hausarztbesuche, Medikamente, poliklinische Hilfe durch Spezialisten und für Zahnarztbehandlung (H 2 c doppelt)." Die Prämie von nur 18,24 Gulden monatlich spreche für eine Teilversicherung (Urteil vom 23. März 1966, dem Kläger in den Niederlanden am 14. Juli 1966 zugestellt).
Gegen dieses Urteil hat der Kläger durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten am 11. Oktober 1966 Revision eingelegt und diese am 10. November 1966 begründet. Er beantragt,
das Urteil des LSG Berlin vom 23. März 1966 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Berlin vom 27. November 1963 zurückweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Revision auch nach dem Urteil des Senats vom 23. August 1967, das einem ebenfalls in den Niederlanden wohnenden Rentner den Beitragszuschuß zugesprochen hat (BSG 27, 129), mangels einer Vollversicherung des Klägers für unbegründet.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
II
Die Revision des Klägers ist rechtzeitig eingelegt worden; § 87 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -, der die Klagefrist bei Zustellung des Verwaltungsakts im Ausland auf drei Monate verlängert, ist im Revisionsverfahren entsprechend anzuwenden (SozR Nr. 42 zu § 164 SGG).
Die Revision ist auch begründet.
Wie der Senat in dem Urteil vom 23. August 1967 (BSG 27, 129) entschieden hat, steht dem Anspruch eines Rentners auf einen Beitragszuschuß zu seiner freiwilligen Krankenversicherung nicht entgegen, daß das private Versicherungsunternehmen, bei dem er versichert ist, seinen Sitz nicht im Inland hat und nicht der deutschen Versicherungsaufsicht unterliegt. Wie in dem genannten Urteil weiter ausgeführt ist, schließt auch der Aufenthalt eines Rentners in den Niederlanden die Zahlung des Beitragszuschusses nach dem deutsch-niederländischen Sozialversicherungsabkommen vom 29. März 1951 nicht aus. Dem Kläger kann deshalb der beanspruchte Beitragszuschuß nicht aus den im Verwaltungsakt der Beklagten und den im angefochtenen Urteil genannten Rechtsgründen versagt werden. Ob ein Anspruch darauf aus anderen Gründen nicht besteht, insbesondere weil die private Krankenversicherung des Klägers keine Vollversicherung im Sinne des Urteils vom 28. April 1965 (BSG 23, 42) ist, kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
Die Ausführungen des LSG über die dem Kläger nach der Bescheinigung vom 27. September 1961 zustehenden Versicherungsleistungen (außer stationärer Behandlung auch "Kosten für Hausarztbesuche, Medikamente, poliklinische Hilfe durch Spezialisten und für Zahnarztbehandlung") sprechen eher dafür, daß jedenfalls zur Zeit der Ausstellung der Bescheinigung eine Vollversicherung bestanden hat, mag auch die monatliche Versicherungsprämie damals verhältnismäßig niedrig gewesen sein. Die vom Kläger in der Revisionsinstanz nachgereichten Unterlagen betreffen die Zeit ab 1968 und sind deshalb auch zur Verdeutlichung der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht verwendbar. Im übrigen muß sich die Entscheidung des Senats auf die Zeit bis zum Erlaß des Berufungsurteils beschränken. Da mithin die Frage, ob für den Kläger eine Voll- oder Teilversicherung bestanden hat, nach den vorliegenden Feststellungen noch nicht entscheidungsreif ist, muß der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Das LSG wird dabei auch weitere Zeiträume und die seit dem 1. Januar 1968 durch das Finanzänderungsgesetz vom 21. Dezember 1967 (BGBl I, 1259) eingetretene Rechtsänderung berücksichtigen können.
Die abschließende Kostenentscheidung bleibt dem LSG überlassen.
Fundstellen