Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaufmännische Angestellte in leitender Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis. mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis. leitende Angestellte iS des BetrVG. Vergleichseinkommen zur Berechnung des Berufsschadensausgleichs

 

Orientierungssatz

1. Selbst bei den Angestelltenpositionen mit überdurchschnittlichen Bruttoverdiensten ist das Durchschnittseinkommen der Leistungsgruppe II iS der gesetzlichen Lohnstatistik als Vergleichseinkommen zugrunde zu legen, wenn dem Stelleninhaber im Einzelfall nur eingeschränkte Dispositionsbefugnis zusteht. Das höchste Vergleichseinkommen bleibt den Ausnahmefällen vorbehalten, in denen eine weitestgehende Dispositionsbefugnis nicht nur nach den Voraussetzungen anderer Gesetze (zB § 5 Abs 3 Nr 1 bis 3 BetrVG) ohne weiteres unterstellt wird, sondern in denen die Ausstattung der Position mit weitestgehender Aufsichts- und Dispositionsbefugnis einzeln nachgewiesen ist.

2. Mit dem Statistischen Bundesamt ist für die Angestellten-Leistungsgruppe I davon auszugehen, daß kaufmännische und technische Angestellte, "die nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht für den Betriebsrat wählbar sind (§ 5 Abs 3 BetrVG), deren Arbeitsbedingungen außertariflich geregelt werden und deren Gehalt über der höchsten Gehaltsgruppe des für sie in Frage kommenden Tarifvertrages liegt", in den meisten Fällen tatsächlich weitestgehende Aufsichts- und Dispositionsbefugnis haben.

3. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß sich die ermittelten durchschnittlichen Bruttoverdienste in der Angestellten-Leistungsgruppe II durch die neue statistische Praxis wesentlich weniger stark erhöht haben. Ebensowenig gibt es Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Unternehmensstruktur in der privaten Wirtschaft in der Weise, daß viele höchstqualifizierte und höchstbezahlte Angestellte nicht mehr zugleich eine leitende Stellung mit weitestgehender Aufsichts- und Dispositionsbefugnis haben.

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs 3; BSchAV § 3 Abs 1 S 2 Nr 4; BSchAV § 3 Abs 4; BSchAV § 3 Abs 1 S 1; BSchAV § 3 Abs 1 S 5; BVG § 30 Abs 5 S 8; BVG § 30 Abs 3; BVG § 30 Abs 4

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 19.07.1984; Aktenzeichen L 7 V 194/83)

SG Münster (Entscheidung vom 01.12.1983; Aktenzeichen S 9 V 93/82)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höheren Berufsschadensausgleich durch einen Zugunstenbescheid.

Er erhält die Grundrente bei Erwerbsunfähigkeit (§ 31 Abs 1 Bundesversorgungsgesetz -BVG-).

Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er von 1935 bis 1938 in einer Eisenwarenhandlung den Beruf eines Kaufmannes (Kaufmannsgehilfenbrief vom 28. Februar 1939). Seit Beginn des Jahres 1956 wurde er von der Firma Q. GmbH in F. als Büroangestellter in der Werksverwaltung ihres Zweigwerkes H. beschäftigt. Von 1968 bis zum 29. Februar 1976 nahm er dort die Stellung und Aufgaben eines Abteilungsleiters der Zweigwerksverwaltung wahr. Nach dem Eintritt seiner Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (Versicherungsfall 11.08.1975) mußte er aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

Der Beklagte gewährte dem Kläger vom 1. März 1976 ab Berufsschadensausgleich nach dem Durchschnittseinkommen der kaufmännischen Angestellten in der Leistungsgruppe II, Wirtschaftsbereich Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie, Wirtschaftszweig Industrie der Steine und Erden (unanfechtbar gewordener Bescheid vom 21. Juli 1976).

Der Kläger begehrte aber höheren Berufsschadensausgleich nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 15 zuzüglich des Ortszuschlages nach Stufe 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) als Vergleichseinkommen (§ 3 Abs 4 Durchführungsverordnung zu § 30 Abs 3 und 4 BVG -DVO-). Ohne die Schädigungsfolgen, so machte er geltend, wäre er in der Hauptverwaltung des Gesamtunternehmens Hauptabteilungsleiter für das Rechnungswesen geworden. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteile des Sozialgerichts -SG- vom 14. August 1979 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 26. Mai 1981). Nach umfangreicher Beweiserhebung in beiden Rechtszügen hatte das LSG festgestellt, daß der Kläger zwar ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich Leiter des Rechnungswesens der Firma Q.GmbH in F. geworden wäre und zum Kreis der leitenden Angestellten gehört hätte. Diese Stellung sei aber nicht so ausgestaltet, daß ihr derzeitiger Inhaber zur Spitzengruppe der leitenden Angestellten im Geltungsbereich des Gesetzes mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis iS des § 3 Abs 4 DVO gehöre.

Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers am 15. Dezember 1981 als unzulässig verworfen hatte (9 BV 228/81), stellte der Kläger dasselbe Hauptbegehren erneut zur Entscheidung (Antrag vom 31. Dezember 1981): Die bisherigen Bescheide seien unrichtig, weil er als Hauptabteilungsleiter zum Kreis der leitenden Angestellten iS des § 5 Abs 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gehört hätte, deren Bruttoverdienste das Statistische Bundesamt ausnahmslos in den Leistungsgruppen I a oder I b erfasse.

Damit hat der Kläger weder bei dem Beklagten (angefochtener Bescheid vom 26. Januar 1982, Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 1982) noch vor dem SG (Urteil vom 1. Dezember 1983) und dem LSG (Urteil vom 19. Juli 1984) Erfolg gehabt. Auch das LSG hat das rechtskräftige LSG-Urteil vom 26. Mai 1981 vollständig für zutreffend und den zugrundeliegenden Bescheid vom 21. Juli 1976 nicht für unrichtig gehalten: Es komme nicht auf die Frage an, ob der Inhaber der umstrittenen Stelle leitender Angestellter iS des § 5 Abs 3 BetrVG sei, wie es die Bescheinigung der Q. vom 13. Oktober 1982 bejahe. Dem Stelleninhaber fehle jedenfalls die Aufsichts- und Dispositionsbefugnis, die § 3 Abs 4 DVO darüber hinaus verlange. Dementsprechend könne auch offenbleiben, wie leitende Angestellte iS des § 5 Abs 3 BetrVG bei der Erstellung der Lohnstatistik eingruppiert würden. Dem erkennbaren Plan des Verordnungsgebers entspreche es, leitenden Angestellten einen Ausgleich entweder nach dem Durchschnittseinkommen der Leistungsgruppe II oder nach dem in § 3 Abs 4 DVO bestimmten zu gewähren. Das sei auch durch § 30 BVG gedeckt.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 30 BVG mit seiner DVO sowie des § 44 des Sozialgesetzbuches, 10. Buch, Verwaltungsverfahren (SGB 10). Bei leitenden Angestellten iS des BetrVG werde im Rahmen der Lohnstatistik die uneingeschränkte Dispositionsbefugnis unterstellt; sie würden der Leistungsgruppe I zugeordnet. Dementsprechend sei es nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 3 Abs 1 Satz 5 DVO ausgeschlossen, sie der Leistungsgruppe II zuzuordnen. Wenn es richtig sei, daß das Durchschnittseinkommen des § 3 Abs 4 DVO nur einer kleinen Spitzengruppe von leitenden Angestellten vorbehalten sei, dann enthalte die DVO heute eine Regelungslücke. Von Anfang an (Fassung der DVO vom 30.07.1964: § 3 Abs 3) habe diese Bestimmung mit den Gliederungsmerkmalen der Leistungsgruppe I der Lohnstatistik übereingestimmt. Damals habe sie nur Angestellte mit größtmöglicher Dispositionsbefugnis erfaßt. Nach der wesentlichen Änderung der Struktur der Unternehmen seit 1964 seien auch die statistischen Eingruppierungsmerkmale der Leistungsgruppe I in der angeführten Weise angepaßt worden und erfaßten einen wesentlich größeren Kreis leitender Angestellter. Heute würden höchstqualifizierte Angestellte zunehmend in Stabsdiensten beschäftigt, in denen sie der eigentlichen Unternehmensführung zuarbeiteten. Entscheidungen, die für das Gesamtunternehmen von wesentlicher Bedeutung seien, blieben heute regelmäßig der unmittelbaren Unternehmensführung vorbehalten. Dementsprechend müsse nach der lohnstatistischen Verfahrensweise auch § 3 Abs 4 DVO ausdehnend angewandt werden.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Urteile und Bescheide zu verurteilen, ihm unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 21. Juli 1976 für die Zeit vom 1. Januar 1977 ab Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 15 BBesG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Zutreffend haben das SG und das LSG entschieden, daß dem Kläger nicht der umstrittene Rücknahmeanspruch (§ 44 Abs 1 SGB 10) zusteht. Denn der mit rechtskräftigem Urteil des LSG vom 26. Mai 1981 bestätigte Bescheid vom 21. Juli 1976 über den Berufsschadensausgleich erweist sich auch bei erneuter Überprüfung als rechtmäßig. Selbst bei den Angestelltenpositionen mit überdurchschnittlichen Bruttoverdiensten ist das Durchschnittseinkommen der Leistungsgruppe II im Sinne der gesetzlichen Lohnstatistik als Vergleichseinkommen zugrunde zu legen, wenn dem Stelleninhaber im Einzelfall nur eingeschränkte Dispositionsbefugnis zusteht. Das höchste Vergleichseinkommen bleibt den Ausnahmefällen vorbehalten, in denen eine weitestgehende Dispositionsbefugnis nicht nur nach den Voraussetzungen anderer Gesetze (zB § 5 Abs 3 Nr 1 bis 3 BetrVG) ohne weiteres unterstellt wird, sondern in denen die Ausstattung der Position mit weitestgehender Aufsichts- und Dispositionsbefugnis einzeln nachgewiesen ist.

Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolgen wahrscheinlich in der Hauptverwaltung der Q.GmbH Leiter der Hauptabteilung Rechnungswesen geworden wäre. An diese Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Jedoch mit diesem beruflichen Werdegang hätte er noch nicht eine leitende Stellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis erreicht, die es rechtfertigte, das höchste Vergleichseinkommen zugrundezulegen. Dabei ist auf die Verhältnisse abzustellen, die bei Erlaß des Bescheides vom 21. Juli 1976 vorlagen (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB 10).

Anzuwenden ist das BVG idF der Bekanntmachung vom 16. Juni 1975 (BGBl I 1365) mit der DVO zu § 30 Abs 3 und 4 BVG vom 11. April 1974 -BGBl I 927- DVO).

Nach § 30 Abs 3 BVG erhalten "Schwerbeschädigte, deren Erwerbseinkommen durch die Schädigungsfolgen gemindert ist (Einkommensverlust)" einen Berufsschadensausgleich in bestimmter Höhe. "Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente und dem höheren Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Beschädigte ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits-und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätte (Vergleichseinkommen). Allgemeine Grundlage zur Ermittlung des Vergleichseinkommens sind die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes...." (§ 30 Abs 4 BVG).

Welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlusts heranzuziehen ist (§ 30 Abs 8 Buchst a BVG), bestimmt die DVO. Danach ist Vergleichseinkommen aus unselbständiger Tätigkeit in der privaten Wirtschaft regelmäßig der durchschnittliche Bruttoverdienst, der aufgrund des Gesetzes über die Lohnstatistik vom 18. Mai 1956 (BGBl I 429), geändert durch das Änderungsgesetz vom 4. August 1971 (BGBl I 1217), vom Statistischen Bundesamt laufend ermittelt wird (§ 3 Abs 1 Satz 1 DVO). Bei Angestellten sind unter anderem die Leistungsgruppen II, III, IV oder V maßgebend (§ 3 Abs 1 Buchst d DVO). Dagegen ist die Leistungsgruppe I in jedem Falle ausgenommen. Sie wird mit Grund in der DVO nicht aufgeführt. Das höchste der regelmäßig nach Abs 1 (aaO) zugrundezulegenden Vergleichseinkommen ist der durchschnittliche Bruttoverdienst der Leistungsgruppe II (vgl zur Entstehung der Bestimmung: BSG vom 19. 10. 1967 -8 RV 563/66- Praxis 1968, 131), schon aus dem praktischen Grunde, weil der Bruttoverdienst der Leistungsgruppen I a und I b nicht laufend ermittelt wird (vgl die Niederschrift über die 220. Sitzung des Bundesratsausschusses für Arbeit und Sozialpolitik vom 16.06. 1964, TOP III, Beratungsergebnis zu § 3 Abs 3 der DVO). In diesem Rahmen bestimmt § 3 Abs 1 Satz 5 DVO zur Abgrenzung der Leistungsgruppen II, III, IV und V voneinander, daß für die Eingruppierung in eine Leistungsgruppe die Gliederungsmerkmale maßgebend sind, die das Statistische Bundesamt der Ermittlung dieser laufend erfaßten durchschnittlichen Bruttoverdienste im Bundesgebiet zugrundegelegt hat. Demgegenüber gilt das nicht für die Abgrenzung der Leistungsgruppe II zur Spitzengruppe (vgl BSG vom 29. Januar 1974 -9 RV 400/72- KOV 1975, 42). Wer im Einzelfall Anhaltspunkte nachweisen kann, nach denen er wahrscheinlich einen außerordentlichen Berufserfolg gehabt und der Spitzengruppe leitender Angestellter in der privaten Wirtschaft des Bundesgebietes angehört hätte, dem billigt die DVO das höchste Vergleichseinkommen nach dem anderen gesetzlich vorgesehenen Vergleichsmaßstab in Gestalt des BBesG zu (vgl BSG vom 29.Januar 1974, aaO; vom 29. September 1970 -8 RV 223/69- SozEntsch BSG 9/3 § 40a Nr 31; vom 11. November 1969 -10 RV 330/68- BVBl 1970, 94 und KOV 1970, 171).

Die abgeschlossene Hochschulbildung ist im allgemeinen ein solcher Anhaltspunkt. Von einer bestimmten Berufserfahrung ab gilt bei Angestellten, die das nachweisen, das höchste Vergleichseinkommen, es sei denn, daß sie eine der Hochschulausbildung entsprechende Tätigkeit ohne die Schädigung nicht ausgeübt hätten (vgl schon § 3 Abs 3 der ersten Fassung der DVO vom 30. 07.1961 - BGBl I 1115-, jetzt § 3 Abs 5 DVO idF der Berufsschadensausgleichsverordnung -BSchAV- vom 29. 06.1984 -BGBl I 861-; zur Entstehungsgeschichte als Härtefallregelung: BSG vom 19. 10. 1967 aaO). Dem gleichgestellt ist auch ohne abgeschlossene Hochschulbildung der Nachweis einer leitenden Angestelltenstellung mit Aufsichts- und Dispositionsbefugnis und Tätigkeitsmerkmalen, die über denen der Leistungsgruppe II im Sinne der gesetzlichen Lohnstatistik liegen (kumulative Voraussetzungen, vgl BSG vom 29. 01.1974, aaO). Hier werden die Arbeitsplätze der leitenden Angestellten von einer qualifizierten Position ab bis hin zu den höchsten Stellungen im Bundesgebiet zusammengefaßt und mit einem Durchschnittseinkommen als höchstem Vergleichseinkommen belegt. Dafür, daß keine Ausbildungsvoraussetzungen als Anhaltspunkte für den wahrscheinlichen beruflichen Werdegang verlangt werden, muß sich die Stellung selbst durch unternehmerähnliche Leitungsfunktionen als Spitzenstellung ausweisen. Es muß eine leitende Stellung nachgewiesen werden, deren wirtschaftliches Gewicht durch die weitestgehende Aufsichts- und Dispositionsbefugnis in einem bedeutenden Unternehmen der Privatwirtschaft gekennzeichnet ist (vgl BSG SozR 3640 § 3 Nr 6; SozR Nr 5 zu § 3 DVO vom 30. 07. 1964; Urteil vom 29. 09.1970, aaO; vom 11. 11.1969, aaO; vom 30. 10.1969 -8 RV 401/68- VersorgB 1970, 49). Das folgt aus der Ausnahmefunktion dieser Regelung und dem systematischen Zusammenhang, in dem dieses außerordentliche Vergleichseinkommen mit dem anderer Berufsgruppen gleichgesetzt ist (vgl § 4 Abs 1 Nr 4, Abs 3 Nr 3, § 5 Abs 1 DVO).

Die Eingruppierung der Stellung des Klägers in die Leistungsgruppe II der leitenden Angestellten ist zu Recht erfolgt. Denn die Gliederungsmerkmale des Statistischen Bundesamts lauten in dieser Gruppe: "Kaufmännische und technische Angestellte mit besonderen Erfahrungen und selbständigen Leistungen in verantwortlicher Tätigkeit mit eingeschränkter Dispositionsbefugnis, die Angestellte anderer Tätigkeitsgruppen einsetzen und verantwortlich zu unterweisen haben...." (BMA, RdSchr vom 25. 10. 1960, BVBl S 151 Nr 57; vgl BSG SozR Nr 6 zu § 3 DVO vom 30. 07. 1964). Das trifft auf die Stellung des Hauptabteilungsleiters Rechnungswesen der Q.GmbH zu. In ihr wird dem Stelleninhaber nur eingeschränkte Dispositionsbefugnis eingeräumt. Das ist das entscheidende Merkmal. Alle übrigen von der Rechtsprechung genannten Merkmale dienen nur dazu, in unklaren Fällen auf das Vorliegen oder Fehlen dieses Hauptmerkmals zu schließen. Im vorliegenden Falle hat das LSG ausreichende Feststellungen zu dem Hauptmerkmal getroffen.

Es hat festgestellt, daß der Stelleninhaber den Entscheidungen des Bereichsleiters Finanzen und Verwaltung untergeordnet war. Der Hauptinhalt der von ihm als Hauptabteilungsleiter Rechnungswesen geforderten Tätigkeiten bestand in analysierenden und beratenden Leistungen auf dem Vorfeld unternehmerischer Entscheidungen sowie darin, der Unternehmensleitung betriebswirtschaftliche Informationen zu geben, die allerdings für den Unternehmenserfolg bedeutsam waren.

Die Regelung des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich durch die DVO stimmte jedenfalls zur Zeit des angegriffenen Bescheids (1976) auch mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (§ 30 Abs 4 und Abs 8a BVG) überein. Zwar wäre das zu verneinen, wenn sich die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamts grundlegend verändert hätten, ohne daß die Regelung der DVO der Veränderung angepaßt wäre. Das träfe zu, wenn die Gliederungsmerkmale, die das Statistische Bundesamt der Ermittlung der erfaßten durchschnittlichen Bruttoverdienste in der Angestellten-Leistungsgruppe II zugrunde gelegt hat, wesentlich eingeschränkt worden wären. Wesentlich wäre es, wenn dort eine statistisch relevante Gruppe ausgegrenzt wäre, ohne daß sie stattdessen die Voraussetzungen eines anderen Vergleichseinkommens (zB die des § 3 Abs 4 DVO) erfüllte. Das hätte eine relative Verringerung des Vergleichseinkommens der Angestellten-Leistungsgruppe II zur Folge, die in der Gesamtkonzeption des § 3 DVO ursprünglich nicht angelegt war. Indes sind die betreffenden Gliederungsmerkmale im Grundsatz unverändert beibehalten worden. Das gilt für die Leistungsgruppe II ebenso wie für die vom Statistischen Bundesamt nicht regelmäßig erfaßte Leistungsgruppe I. Auch für die Zuordnung zu der letzteren ist nach wie vor als Gliederungsmerkmal Voraussetzung, daß es sich um Angestellte handelt, die in leitender Stellung mit weitestgehender Aufsichts- und Dispositionsbefugnis ausgestattet sind (vgl Vorberg-van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenen, IV. Teil Beschädigtenversorgung, Stand: 1981, S 82; Schreiben des Statistischen Bundesamts vom 21. Februar 1967 zitiert bei Kleinau PE, VersorgB 1967, 43). Es stellt keine Abweichung von diesen Grundsätzen dar, daß das Statistische Bundesamt seit 1966 praktisch dazu übergegangen ist, bei leitenden Angestellten iS des BetrVG (vgl § 5 Abs 3 BetrVG) zu unterstellen, daß sie tatsächlich weitestgehende Dispositionsbefugnis haben (vgl Vorberg-van Nuis, aaO;  Kleinau aaO). Die Eignung dieses zusätzlichen Auswahlkriteriums wird deutlich, wenn man die restriktive Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu den Voraussetzungen des Begriffs "leitender Angestellter" iS des § 5 Abs 3 BetrVG berücksichtigt (vgl BAG in BAGE 32, 381; AP Nr 24 zu § 5 BetrVG 1972; AP Nr 28 zu § 5 BetrVG 1972; Urteil vom 17. November 1983 -6 AZR 291/83- nicht veröffentlicht). Danach ist mit dem Statistischen Bundesamt für die Angestellten-Leistungsgruppe I davon auszugehen, daß kaufmännische und technische Angestellte, "die nach dem Betriebsverfassungsgesetz nicht für den Betriebsrat wählbar sind (§ 5 Abs 3 BetrVG), deren Arbeitsbedingungen außertariflich geregelt werden und deren Gehalt über der höchsten Gehaltsgruppe des für sie in Frage kommenden Tarifvertrages liegt" (vgl Vorberg-van Nuis, aaO; Kleinau aaO), in den meisten Fällen tatsächlich weitestgehende Aufsichts- und Dispositionsbefugnis haben. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß sich die ermittelten durchschnittlichen Bruttoverdienste in der Angestellten-Leistungsgruppe II durch die neue statistische Praxis wesentlich weniger stark erhöht haben. Ebensowenig gibt es Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Unternehmensstruktur in der privaten Wirtschaft in der Weise, daß viele höchstqualifizierte und höchstbezahlte Angestellte nicht mehr zugleich eine leitende Stellung mit weitestgehender Aufsichts- und Dispositionsbefugnis haben. Auch die Revision hat solche Anhaltspunkte nicht dargelegt. Der Verordnungsgeber selber, der die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamts im Verhältnis zur Entwicklung der privaten Wirtschaft laufend überwachen muß (vgl § 30 Abs 5 Satz 8 BVG) und erforderlichenfalls die DVO ändert (vgl zur Neufassung der DVO: vom 11. April 1974: BR-Drucks 21/74 S 2 zu § 3; vom 18. Januar 1977: BR-Drucks 577/76 S 22 zu § 3; vom 29. Juni 1984: BR-Drucks 88/84 S 10 zu Nr 9a und Nr 11), hat bei den oa Änderungen der DVO wegen dieser statistischen Praxis und der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung keinen Grund gesehen, § 3 Abs 1 oder Abs 3 (4) DVO zu ändern.

Über die Frage, ob in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlaß des Bescheides über den Berufsschadensausgleich vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist (§ 48 Abs 1 SGB 10), hatte der Senat nicht zu entscheiden. Denn der Kläger hat einen Anspruch nach § 48 SGB 10 weder in seinem Antrag noch in seiner Begründung zum Gegenstand der Revision gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657037

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