Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, ob die Versorgungsbehörde dem Versorgungsberechtigten zu Unrecht gewährte Leistungen nach dessen Tode von den Erben zurückfordern kann.
Normenkette
KOVVfG § 47 Fassung: 1960-06-27
Tenor
Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. April 1965 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Vater der Klägerinnen (St.) bezog Grund- und volle Ausgleichsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H. nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Am 8. November 1951 teilte St. dem Versorgungsamt (VersorgA) u. a. mit, seine wiedereröffnete Praxis als Rechtsanwalt und Notar werfe noch keine Überschüsse ab. Im Sommer 1953 wurde bei einer Nachuntersuchung vermerkt, er sei seit Sommer 1952 wieder berufstätig. Nach Anfrage beim Finanzamt wurde mit Bescheid vom 7. Januar 1954 die Zahlung der Ausgleichsrente ab 1. März 1954 eingestellt. Gleichzeitig wurde St. aufgefordert, über das zuständige Finanzamt eine Bescheinigung über seine Einkommensverhältnisse seit Wiederausübung des Berufs einzusenden. Am 19. Februar 1954 schrieb St., er sei nicht wieder berufstätig, er sei lediglich beim Landgericht wieder zugelassen, werde aber durch Rechtsanwalt S vertreten; er bitte von der Einstellung der Ausgleichsrente abzusehen. Nach mehrfachen Anfragen wegen der Einkommensverhältnisse teilte St. am 23. September 1954 u. a. mit, er könne nicht gestatten, daß eine dritte Stelle - gemeint war das VersorgA - Auskunft über seine Einkommensverhältnisse beim Finanzamt einhole. Am 21. November 1955 verstarb St.. Rechtsanwalt und Notar S gab am 15. März 1956 auf Anfrage des VersorgA die Auskunft, er habe an St. von August 1951 bis 14. September 1954 Beträge aus Anwalts- und Notariatsgeschäften gezahlt, die durchschnittliche Monatsbeträge von 323,34 DM für 1951, 736,26 DM für 1952, 727,99 DM für 1953 und 834,05 DM für 1954 ergaben. Am 3. Mai 1956 teilte Rechtsanwalt Dr. F der die Klägerinnen in der Erbschaftssache vertrat, mit, daß St. nach den bisherigen Ermittlungen Vermögenswerte nicht hinterlassen habe, außer einem kleinen Grundstück in K mit völlig zerstörtem Haus. Nach mehreren Anfragen bei Rechtsanwalt Dr. F wegen des Nachlasses und erfolglosen Anfragen bei der geschiedenen Ehefrau des St. im Juni und August 1959 stellte die Versorgungsverwaltung beim Grundbuchamt und nach Einsicht in die Grundbuchakten im April 1961 fest, daß die Klägerinnen das Grundstück am 11. September 1959 unentgeltlich an ihre Mutter übereignet haben. Nach deren Tod am 23. Juli 1961 fiel es wieder an die Klägerinnen. Am 11. August 1961 stellte das VersorgA durch Neufeststellungsbescheid nach § 62 BVG die Ausgleichsrente ab 1. September 1951 neu fest und forderte von den Klägerinnen als Erben eine Überzahlung von 3,123,50 DM zurück. Der Widerspruch blieb erfolglos, ebenso die Klage. Im Berufungsverfahren wurde die Bundesrepublik Deutschland beigeladen. Mit Urteil vom 27. April 1965 wies das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerinnen zurück und ließ die Revision zu. Der auf § 62 BVG gestützte Bescheid habe auch nach dem Tode des St. ergehen können. St. habe nach seiner Vorbildung aus den ihm von der Versorgungsverwaltung zugeleiteten Fragebogen und Bescheiden entnehmen müssen, daß das von ihm angegebene Einkommen der Errechnung der Ausgleichsrente diente und daß jede Änderung seiner Einkommensverhältnisse, die er anzuzeigen habe, eine entsprechende Änderung der Ausgleichsrente bewirke. Er habe daher wider besseres Wissen und aus grober Nachlässigkeit die Einkommensänderungen dem VersorgA nicht mitgeteilt, weshalb die Rückforderung von ihm selbst gerechtfertigt wäre; diese sei auch noch von seinen Erben möglich. Die Entscheidung in BSG 15, 14, 16, auf die sich die Klägerinnen bezögen, habe einen anderen Sachverhalt betroffen. Im vorliegenden Fall sei die Erbmasse beim Tode des St. mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch belastet gewesen; auch die nicht judizierten und nicht titulierten Schulden gingen auf den Erben über, der nach § 1967 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dafür voll hafte.
Der Erbfall ändere an der Rechtsnatur der Schuld - hier der Belastung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch - nichts. Auch § 47 Verwaltungsverfahrensgesetz (VerwVG) stehe diesem Ergebnis trotz BSG 18, 12, 17 nicht entgegen, da diese Vorschrift die Person dessen, von dem zurückgefordert wird, völlig offen lasse. Der Rückzahlungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Zeitablauf allein führe nach BSG 7, 199 eine Verwirkung noch nicht herbei. Es müßten noch weitere Umstände hinzutreten, welche die späte Geltendmachung oder Ausübung des Rechts mit Treu und Glauben als nicht vereinbar und dem Rechtspartner gegenüber wegen des illoyalen Verhaltens des Berechtigten als nicht mehr zumutbar erscheinen lassen. Neben der Untätigkeit der Versorgungsverwaltung während einer längeren Zeitspanne sei weiteres unabdingbares Erfordernis, daß derjenige, von dem die Überzahlung zurückgefordert werde, oder sein Rechtsvorgänger, bei dem die Überzahlung entstanden sei, aus der Untätigkeit der Behörde schließen mußte, diese werde von ihrem Rückforderungsrecht keinen Gebrauch mehr machen und deshalb im Vertrauen hierauf sich in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen entsprechend eingerichtet hat. Im vorliegenden Fall gebe es keine Umstände, die den Rechtsvorgänger der Klägerinnen oder diese selbst zu der Annahme hätten veranlassen können, das VersorgA werde von seinem Recht auf Rückforderung keinen Gebrauch mehr machen. Rechtsanwalt St. sei sich darüber klar gewesen, daß diese Angelegenheit noch nicht abgeschlossen war. Wenn das VersorgA auf seine Bitte eingegangen sei, die Angelegenheit zurückzustellen, bis es ihm gesundheitlich wieder besser gehe, so habe es sich um ein Entgegenkommen gehandelt, zumal bei der Persönlichkeit des St. damit habe gerechnet werden können, daß die Sache nach einiger Zeit ordnungsgemäß geregelt würde. Mit dem baldigen Tod des St. habe das VersorgA nicht zu rechnen brauchen. Gegenüber den damals noch minderjährigen Klägerinnen sei die Versorgungsverwaltung nicht untätig geblieben, sowohl ihr Prozeßvertreter wie ihre Mutter seien wiederholt in dieser Frage angeschrieben worden; die Klägerinnen hätten deshalb damit rechnen müssen, daß diese Überzahlung von der Versorgungsverwaltung noch nicht abgeschrieben war. Die Rückforderung stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung im Sinne der Entscheidungen in BSG 1988 und 21, 27, 34 dar. Eine Rückforderung sei hiernach zwar unter entsprechender Anwendung der Grundsätze über die Verjährung für unzulässig erachtet worden, wenn mehr als 4 Jahre seit Beginn des Jahres verflossen seien, in dem der letzte Feststellungsbescheid ergangen sei. Diesen Entscheidungen hätten aber Fälle zugrunde gelegen, in denen eine Überzahlung ohne eine Mitwirkung der Versorgungsberechtigten eingetreten war. Der vom BSG aufgestellte Grundsatz könne dann nicht gelten, wenn der Empfänger der zu hohen Rente selbst durch eigenes Handeln oder durch bloßes Nichttätigwerden - trotz der ihm bekannten Verpflichtung zum Handeln - diese Überzahlung herbeigeführt habe, weil dann eine Gutgläubigkeit nicht entstehen könne. Das gleiche müsse auch gelten, wenn die Überzahlung infolge grober Nachlässigkeit des Rentenempfängers eingetreten sei. Die Rechtslage werde nicht dadurch anders, daß der ursprüngliche Schuldner der Überzahlung sterbe und die Rückforderung nunmehr gegen seine Erben geltend gemacht werden müsse, weil diese für das Verschulden ihres Rechtsvorgängers hafteten.
Die Klägerinnen rügen mit der Revision Verletzung formellen und materiellen Rechts. Eine Rückforderung von den Erben könne nach dem Urteil des BSG von 1961 (BSG 15, 14, 16) nicht durch Verwaltungsakt, sondern allenfalls durch eine Klage vor Zivilgerichten geltend gemacht werden. Die Feststellungen des LSG zu der Frage, ob eine Überzahlung von St. nach § 47 VerwVG zurückgefordert werden dürfe, seien nicht ausreichend, um das Wissen oder Wissenmüssen darzutun. Es fehle jede Feststellung, daß der Empfänger die Überzahlung zu vertreten habe. Sonach sei der Rückforderungsanspruch schon gegen St. nicht gerechtfertigt gewesen. Die Auffassung des LSG, daß die Erbmasse beim Tod des St. auch ohne einen Entscheid mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch belastet sei, sei unzutreffend. Auch § 47 VerwVG habe das LSG, das sich über die Entscheidung des BSG vom 7. September 1962 (BSG 18, 12, 17) hinweggesetzt habe, unrichtig ausgelegt. Diese Vorschrift besage lediglich etwas über die Zulässigkeit der Rückforderung, nichts darüber, von wem zurückgefordert werden könne. Der Anspruch des Beklagten sei auch verwirkt. Der vom LSG angezogene Schriftwechsel mit dem Berechtigten könne die Untätigkeit der Verwaltung nicht beseitigen. St. habe der Meinung sein dürfen, daß von einer Rückforderung abgesehen würde, zumal er krank gewesen sei und deshalb die Praxis nicht in vollem Umfang wieder habe aufnehmen können; er habe annehmen können, daß das VersorgA die evtl. zuviel gezahlten Beträge auf die neu entstehenden Ansprüche bei völligem Ausfall von Einkünften aus der Praxis verrechnen würde. Die späte Rückforderung sei auch nicht mit dem Grundsatz von Treu und Glauben vereinbar. Wenn der Sachbearbeiter des VersorgA mit dem plötzlichen Ableben des St. nicht gerechnet habe, wie das LSG feststelle, so treffe dies einmal bei dem schweren Leiden des St. nicht zu und berühre zum anderen die Erben nicht, die keine Kenntnis von den Versorgungsbezügen oder den wirtschaftlichen Verhältnissen des St. gehabt hätten. Wenn das VersorgA trotz des schweren Leidens jede Tätigkeit unterlassen habe, so sei das mit der Wahrung von Treu und Glauben nicht mehr vereinbar. Auch die Ausführungen des LSG zur Frage einer unzulässigen Rechtsausübung seien fehlsam. St. habe auf Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt hingewiesen. Er sei also tätig geworden und habe damit rechnen müssen, daß nach Klärung der beim Finanzamt anhängigen Fragen eine Überzahlung nicht eintrete; er sei daher beim Empfang der Bezüge gutgläubig gewesen.
Die Klägerinnen beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach den in der Schlußverhandlung gestellten Anträgen der Revisionsklägerinnen zu erkennen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Das LSG-Urteil sei zutreffend. Das Versorgungsverhältnis zu dem Beschädigten erlösche nicht mit dessen Tod, sondern es werde beendet, was nicht ausschließe, daß von der Beendigung noch öffentlich-rechtliche Wirkungen ausgehen; so sei z. B. das Bestattungs- und Sterbegeld sogar gesetzlich normiert. Nachdem das LSG festgestellt habe, daß St. von der Überzahlung wissen mußte, sei es auf die Vertretbarkeit nicht angekommen. Im übrigen sei die Frage berechtigt, ob der Verstoß gegen Treu und Glauben nicht bei St. zu suchen sei. Der Beigeladene hat sich der Begründung des Beklagten angeschlossen und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Bei der Rückforderung handele es sich um das Spiegelbild des öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruchs, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse auch hier die Zulässigkeit der Rückforderung bejaht werden.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sachlich ist sie nicht begründet.
Zutreffend ist das LSG zunächst zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beklagte berechtigt war, die der Höhe nach unstreitige Erstattungsforderung von 3.123,50 DM gegen die Klägerinnen als Erben des St. im Wege eines Verwaltungsaktes nach § 47 VerwVG geltend zu machen.
Die Revision stützt sich zur Begründung ihrer Auffassung, daß die Rückforderung der Leistung nicht durch Verwaltungsakt, sondern durch Klage vor den Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit geltend zu machen war, auf das Urteil des BSG in BSG 15, 14. Dort wurde ein gegen den Erben des Versorgungsberechtigten bestehender öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch in einem Fall verneint, in dem der Versorgungsberechtigte die Leistung mit Recht zu Lebzeiten für den folgenden Monat gemäß § 66 Abs. 1 BVG erhalten hatte, aber vor Beginn des Zeitraums verstorben war, für den die Rente gezahlt worden war. Der damals entscheidende Senat hat angenommen, daß der Nachlaß nicht mit einer öffentlich-rechtlichen Forderung belastet war; die Leistung an den Erblasser sei unter Vorbehalt gewährt worden. Der Erbe habe aber selbst keine öffentlich-rechtlichen Leistungen vom Beklagten empfangen, die Rente sei aufgrund Erbganges, also infolge einer bürgerlich-rechtlichen Beziehung zwischen ihm und dem Erblasser in sein Vermögen gekommen. Er hafte kraft bürgerlichen Rechts nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung. Deshalb könne der Anspruch nur vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden. In diesem Fall war somit die dem Erblasser zu Recht gewährte Leistung erst durch den Tod zu einer in der Person des Erben unberechtigten Zahlung geworden. Wegen dieser Besonderheit können aus diesem Urteil für den vorliegenden Fall keine Folgerungen gezogen werden; denn hier werden Leistungen zurückgefordert, die St. zu seinen Lebzeiten zu Unrecht erhalten hat. Der erkennende Senat wäre im übrigen auch im Sinne des § 42 SGG an die Rechtsauffassung des damals entscheidenden 11. Senats nicht gebunden, weil dieser in Sachen der Kriegsopferversorgung nicht mehr zuständig ist.
Im übrigen schließt sich der Senat der in dem Urteil des 8. Senats vom 17. Dezember 1965 - 8 RV 749/64 - vertretenen Auffassung grundsätzlich an, der er bereits in seinem Urteil vom 5. Juli 1966 - 9 RV 664/65 - beigetreten ist, daß die Versorgungsbehörde dem Versorgungsberechtigten zu Unrecht gewährte Leistungen nach dessen Tode von den Erben durch Verwaltungsakt zurückfordern kann, und zwar gleichgültig, ob der Rückforderungsbescheid nach § 47 VerwVG noch bei Lebzeiten des Erblassers oder erst nach dessen Tode erlassen wurde. Als entscheidend sieht der Senat an, daß der Erstattungsanspruch ein dem öffentlichen Recht zugehöriges Rechtsinstitut ist (vgl. die Nachweise bei Kilian NJW 1962 S. 1279 Note 1 sowie BSG 14, 63 und BVerwG 6, 324) und daß deshalb eine Antwort auf die Frage, ob ein solcher Erstattungsanspruch besteht, in welcher Weise und gegen wen er geltend gemacht werden kann, den öffentlich-rechtlichen Normen zu entnehmen ist und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Frage positiv-rechtlich geregelt oder durch analoge Rechtsanwendung zu beantworten ist (vgl. Bettermann DVBl 1961 S. 922). Ist die Rechtmäßigkeit der Rückforderung streitig, so haben, wenn eine solche Regelung besteht, die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch sachlich über den Anspruch zu entscheiden; es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung im Sinne des § 51 Abs. 1 SGG. Dabei ist davon auszugehen, daß der Erstattungsanspruch nur das Spiegelbild der empfangenen Leistung, das Erstattungsrechtsverhältnis nur die Umkehrung des Leistungsverhältnisses darstellt (vgl. Bettermann aaO S. 922). Diesem öffentlich-rechtlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Erstattung entspricht die Regel, daß die bei Lebzeiten zwischen dem Berechtigten und der Verwaltungsbehörde entstandenen öffentlich-rechtlichen Beziehungen sich nach seinem Tode auch in der Person des Erben fortsetzen, soweit die Verfolgung der von dem Berechtigten bereits erhobenen Ansprüche durch die Erben oder die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen durch die Verwaltungsbehörde in Betracht kommt. Das Rechtsverhältnis bleibt auch nach dem Tode des Berechtigten im Verhältnis der Verwaltungsbehörde zu den Erben seinem Wesen nach öffentlich-rechtlich, soweit das Gesetz im Einzelfall nicht etwas Abweichendes bestimmt hat. Der bürgerlich-rechtliche Vorgang der Erbfolge ändert nichts an der Rechtsnatur des Anspruchs, der mit dem Recht, die Rückforderung durch Verwaltungsakt gegen den Erben geltend zu machen, eine öffentlich-rechtliche Nachwirkung aus dem zwischen dem Erblasser und der Versorgungsverwaltung begründeten Rechtsverhältnis darstellt. Voraussetzungen und Umfang des Erstattungsanspruchs sind in § 47 VerwVG geregelt. Dieser Vorschrift kann nicht entnommen werden, daß die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen gegen die Erben durch Verwaltungsakt ausgeschlossen sein soll. Aus § 47 Abs. 1 VerwVG ergibt sich vielmehr der Grundsatz, daß zu Unrecht empfangene Leistungen zurückzuerstatten sind; dieser Grundsatz ist nur nach Maßgabe des § 47 Abs. 2 bis 6 VerwVG eingeschränkt worden. Damit ist das Recht auf Rückforderung objektiv durch das Merkmal der zu Unrecht gewährten Leistung bestimmt und nicht in persönlicher Hinsicht in der Weise eingeengt, daß die dem Versorgungsberechtigten zu Unrecht gewährte, durch Erbgang in das Vermögen des Erben geflossene Leistung von diesem nicht durch Verwaltungsakt zurückgefordert werden könnte. Dieser Auslegung steht auch die Entscheidung des erkennenden Senats in BSG 18, 12, 17 nicht entgegen. Diese Entscheidung betrifft nicht die Erbenhaftung, sondern den Fall, in dem durch den Forderungsübergang nach § 71 a BVG aF eine Überzahlung an den Versorgungsberechtigten gerade nachträglich kraft Gesetzes ausgeglichen wird und damit eine Rückforderung nach § 47 VerwVG entfällt. Der Senat tritt sonach im Ergebnis der überwiegend vertretenen Auffassung bei, die die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gegen die Erben durch Verwaltungsakt bejaht (vgl. insbesondere Bettermann aaO S. 922; Kilian NJW 1962 S. 1280 f; Wilke, Die Sgb 1962 S. 184; Schuster KOV 1962 S. 151; Hennig, KOV 1962 S. 217, 218; aA: Haueisen, DVBl 1961, 452 und Wege zur Sozialversicherung 1962 S. 6/7 sowie Müller, Die SgB 1965 S. 302). Dieselbe Rechtsauffassung wird auch in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Januar 1963 (Band 15 S. 236/237) vertreten, wo die Geltendmachung einer Rückforderung von Leistungen nach § 350 a LAG gegen die Erben gebilligt wird (vgl. auch BGH Urteil vom 7. Dezember 1960 in DVBl 1961 S. 333). Mit Recht weist schließlich der 8. Senat des BSG in dem genannten Urteil darauf hin, daß der Erbe unbestritten eine im Erbwege übergegangene Rentenforderung im Verwaltungsrechtswege ohne Rücksicht darauf geltend machen kann, ob die Rente dem Erblasser bereits durch einen bindend gewordenen Bescheid zuerkannt war und daß nach der Rechtsprechung des BSG (BSG 7, 103; 23, 9) sowohl nach früherem Recht (§ 30 Abs. 4 KBLG) als auch nach § 41 VerwVG die Verwaltungsbehörde als berechtigt angesehen wird, einen Berichtigungsbescheid auch noch nach dem Tode der Versorgungsberechtigten zu erlassen. Dasselbe muß auch für die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nach § 47 VerwVG gelten.
Nach alledem kann die Revision keinen Erfolg haben, soweit sie rügt, das LSG hätte die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht sachlich überprüfen dürfen.
Auch die weiteren Rügen der Revision greifen nicht durch. Daß die Versorgungsbehörde die von Rechtsanwalt S. mitgeteilten Einkünfte in dieser Höhe etwa nicht als Einkommen des St. hätte zugrunde legen dürfen, ist von der Revision nicht gerügt Das LSG konnte allein schon aufgrund des von St. unterzeichneten Fragebogens über den Bezug von Ausgleichsrente nach dem BVG vom 28. März 1951 und der im Bescheid vom 5. Juli 1951 enthaltenen Belehrung ohne Rechtsverletzung zu dem Ergebnis gelangen, daß St. wissen mußte, daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge im Zeitpunkt der Zahlung bzw. des Empfangs nicht oder nicht in der bisherigen Höhe zustanden (vgl. § 47 Abs. 2 VerwVG in der zur Zeit des Todes des St. geltenden Fassung vom 2. Mai 1955 - aF - bezw. § 47 Abs. 2 a VerwVG in der zur Zeit des Erlasses des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung vom 27. Juni 1960 - nF -). In dem genannten Fragebogen hat St. unterschriftlich erklärt, ihm sei bekannt, daß er jede Änderung der dargestellten Verhältnisse unverzüglich anzeigen müsse und daß unrechtmäßig empfangene Versorgungsbezüge zurückgezahlt werden müßten. Zu den dargestellten Verhältnissen gehörten insbesondere die Angaben zu Ziffer 5, 6 und 7 des Fragebogens über Erwerbstätigkeit, Einkünfte und Gewinn aus selbständiger Arbeit. Im Bescheid vom 5. Juli 1951 wurde er belehrt, er sei zur unverzüglichen Anzeige jeder Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere des Beginns und der Erhöhung eines "Einkommens jeder Art" verpflichtet. Wenn er trotzdem die seit August 1951 bis September 1954 bezogenen Beträge aus Anwalts- und Notariatsgeschäften nicht angab, sondern im Gegenteil auf ausdrückliche Befragung des Versorgungsamts noch am 19. Februar 1954 mitteilte, er sei nicht wieder berufstätig, und wenn er am 23. September 1954 auch seine Zustimmung zu einer Auskunft des Finanzamts verweigerte, so konnte das LSG als erwiesen ansehen, daß die genannten Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 VerwVG gegeben seien und die Rückforderung gegenüber dem in rechtlichen Dingen nicht unbewanderten St. selbst gerechtfertigt gewesen wäre.
Nach dieser Feststellung brauchte das LSG nicht mehr auf die Frage einzugehen, ob die Rückforderung wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers vertretbar ist (vgl. § 47 Abs. 2 letzter Halbsatz VerwVG aF bezw. § 47 Abs. 2 b VerwVG nF). Denn hierbei handelt es sich, wie sich aus dem Bindewort "oder" ergibt, um eine Alternative zu dem Wissen oder Wissenmüssen, d. h. zur Bösgläubigkeit beim Empfang der unrechtmäßig bezogenen Leistung. Eine solche hat das LSG mit Recht bejaht. Stünde umgekehrt fest, daß die Rückforderung schon wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers vertretbar ist, so wäre damit bereits der Rückforderungsanspruch begründet; es würde nicht mehr der Feststellung bedürfen, daß der Berechtigte beim Empfang der Leistung bösgläubig war. Im vorliegenden Fall bestehen wegen der Bösgläubigkeit des Erblassers keine Bedenken gegen den Rückgriff auf den Nachlaß (vgl. § 47 Abs. 4 VerwVG).
Zutreffend hat das LSG auch eine Verwirkung des Rückforderungsanspruchs bzw. einen Verstoß der Versorgungsbehörde gegen Treu und Glauben verneint. Es hat mit Recht betont, daß Zeitablauf allein einen Rechtsverlust durch Verwirkung nicht herbeiführt, sondern daß weitere Umstände hinzutreten müssen, welche die späte Ausübung des Rechts mit der Wahrung von Treu und Glauben als nicht vereinbar und dem Rechtspartner gegenüber wegen des illoyalen Verhaltens des Berechtigten nicht mehr als zumutbar erscheinen lasse; der Inanspruchgenommene muß aus der Untätigkeit der Behörde haben schließen dürfen, diese werde von ihrem Rückforderungsrecht keinen Gebrauch mehr machen (vgl. BSG 7, 199, 200, 201). Bei Anwendung dieser Grundsätze kann es im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Sachbearbeiter des Versorgungsamts mit dem plötzlichen Ableben des St. hätte rechnen müssen. Denn die Lebenserwartung bzw. die Vorstellungen des St. über die Frage einer etwaigen Rückforderung können die Verpflichtung zur Erstattung der zu Unrecht empfangenen Leistungen nicht beeinflussen, da er seine Einkünfte gegenüber dem Versorgungsamt verschwiegen und dieses erst nach seinem Tod durch die Mitteilung des Rechtsanwalts Schulten vom 15. März 1956 hiervon erfahren hat. Es fehlt sonach insoweit schon an einem Zeitablauf, der die Erwartung des St. hätte rechtfertigen können, die Rückforderung werde gegen ihn nicht mehr geltend gemacht werden. St. hätte sich angesichts seines eigenen Verhaltens, das geeignet war, die Ermittlungen des VersorgA insoweit zu erschweren bzw. zu vereiteln, nicht darauf berufen können, daß die Versorgungsbehörde sich schon früher von seinen Einkünften hätte Kenntnis verschaffen müssen. Die Erben mußten ihrerseits bereits aus dem Schreiben des VersorgA vom 27. April 1956 entnehmen, daß die Versorgungsbehörde den Nachlaß in Anspruch nehmen wollte; denn hier wurde ihr Bevollmächtigter, Rechtsanwalt Dr. F, um Mitteilung gebeten, ob St. Vermögenswerte hinterlassen habe. Dieser antwortete am 3. Mai 1956, daß St. Vermögenswerte nach den bisherigen Ermittlungen nicht hinterlassen habe. Das anschließend erwähnte kleine Grundstück mit völlig zerstörtem Haus konnte dem VersorgA angesichts der allgemeinen Verneinung von Vermögenswerten zunächst als praktisch wertlos erscheinen. Das VersorgA hat sich trotzdem weiter um die Klärung bemüht, ob St., wie sich aus den Versorgungsakten ergibt, verwertbaren Nachlaß hinterlassen hat. Diese Bemühungen hatten offenbar zur Folge, daß die Klägerinnen 1959 das fragliche Grundstück unentgeltlich auf ihre Mutter übertragen haben, womit es dem Zugriff auf den Nachlaß entzogen war; erst am 23. Juli 1961 fiel es durch den Tod der Mutter wieder an die Klägerinnen zurück. Wenn das VersorgA kurze Zeit darauf, nämlich bereits am 11. August 1961, den Rückforderungsbescheid gegenüber den Klägerinnen erlassen hat, so kann unter diesen Umständen keine Rede davon sein, daß es mit der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs gegen Treu und Glauben verstoßen hätte und der Anspruch daher verwirkt wäre; die Versorgungsbehörde konnte eher den Eindruck haben, daß die Klägerinnen bzw. ihre Mutter in der Zeit davor die Geltendmachung der Rückforderung zu vereiteln versucht hatten.
Schließlich hat das LSG auch mit Recht in der Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs keine sonstige unzulässige Rechtsausübung erblickt. Das BSG hat zwar eine Rückforderung unter entsprechender Anwendung der Grundsätze über die Verjährung für unzulässig angesehen, wenn die Versorgungsbehörde Rückforderungsansprüche für einen Zeitraum geltend macht, der mehr als 4 Jahre seit Beginn des Jahres zurückliegt, in dem der Rückforderungsbescheid ergangen ist (vgl. BSG 21, 27, 34). Der dort entschiedene Fall unterscheidet sich jedoch wesentlich von dem hier vorliegenden Sachverhalt. Dort hatte der Kläger schon 1952 - dann wiederum 1953, 1955 und 1956 Verdienstbescheinigungen vorgelegt, worauf die Versorgungsbehörde erst 1957 die Ausgleichsrente neu feststellte und den überzahlten Betrag zurückforderte (S. 27, 28 aaO). Das BSG hat in diesem Fall angesichts der seit 1. April 1952 eingetretenen etwa 4½-jährigen Verzögerung unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben die Rückforderung für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1952 für unzulässig erklärt. Der erkennende Senat stimmt dieser Entscheidung zu. Etwas anderes muß jedoch gelten, wenn - wie hier - der Berechtigte bzw. seine Erben die Bemühungen der Versorgungsbehörde, die Ausgleichsrente neu festzustellen und die Rückforderung bei Vorhandensein eines verwertbaren Nachlasses geltend zu machen, durch ihr Verhalten behindern oder gar zu vereiteln versuchen und hierauf die späte Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs im wesentlichen zurückzuführen ist. Daß die späte Rückforderung im vorliegenden Fall nicht gegen Treu und Glauben verstößt, wurde oben bereits dargetan. Hier ist die Rückerstattung empfangener Leistungen nicht unzumutbar, weshalb die Geltendmachung der Rückforderung keine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Wenn die Revision hierzu vorträgt, daß St. auf Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt hingewiesen habe, also tätig geworden sei, so übersieht sie, daß St. noch am 23. September 1954 dem VersorgA gegenüber erklärt hatte, er lasse die Verhandlungen nicht dadurch stören, daß er irgendeiner dritten Stelle Auskunft über seine "Einkunftsverhältnisse beim Finanzamt einzuholen gestatte". Im übrigen hat das Finanzamt Dortmund-Süd dem VersorgA am 5. April 1956, also nach dem Tod des St., mitgeteilt, die Eheleute St. seien seit 1949 steuerlich nicht mehr geführt worden; Unterlagen über die Einkommensverhältnisse seit dieser Zeit seien nicht vorhanden.
Da das angefochtene Urteil nach alledem nicht zu beanstanden war, mußte die Revision als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen