Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenersatz nach BVG § 19. Wechselwirkung der Antragstellung nach BVG § 18a Abs. 1
Leitsatz (amtlich)
Es wird an der Rechtsprechung (BSG 1972-10-12 10 RV 486/71 = BSGE 34, BSG 1972-11-24 9 RV 646/71 = BSGE 35, 60) festgehalten, daß es für die Wechselwirkung der Antragstellung zwischen Krankenkasse und Versorgungsverwaltung gemäß BVG § 18 Abs 1 S 3 genügt, wenn die Schädigungsfolgen - ohne Umanerkennung - lediglich aufgrund früherer - aufgehobener - Vorschriften anerkannt waren.
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine vor Inkrafttreten des BVG ausgesprochene Anerkennung von Schädigungsfolgen begründet auch dann einen Anspruch auf Kostenersatz nach BVG § 19, wenn dem Beschädigten wegen dieser Schädigungsfolgen keine Rente gezahlt wird, sofern die Wiedererkrankung auf dem anerkannten Versorgungsleiden beruht.
2. Führen vor Inkrafttreten des BVG anerkannte Schädigungsfolgen zur Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, so gilt der Leistungsantrag bei der Krankenkasse zugleich als Antrag auf Leistungen nach dem BVG iS des BVG § 18a Abs 1.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20, § 18a Abs. 1 S. 3 Fassung: 1971-12-16, § 19 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1964-02-21; KOVVfG § 6 Abs. 2 Fassung: 1955-05-02; SGB 1 § 16 Abs. 1 Fassung: 1975-12-11
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. April 1975 und des Sozialgerichts Dortmund vom 26. Januar 1972 aufgehoben.
Der Beklagte wird in Abänderung des Bescheides vom 17. Februar 1971 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1975 verurteilt, dem Beschädigten G... für die Zeit vom 17. Oktober bis 30. November 1969 Heilbehandlung zu gewähren und der Klägerin verauslagtes Krankengeld in Höhe von DM 716,50 zu ersetzen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Ersatz der Kosten, die ihr durch Zahlung von Krankengeld an den bei ihr gegen Krankheit pflichtversicherten Gustav G... (G.) in der Zeit vom 17. Oktober bis 30. November 1969 in Höhe von 716,50 DM entstanden sind.
Mit Bescheid vom 4. Juni 1949 hatte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 als Schädigungsleiden des G. anerkannt: "Narben am rechten Unterschenkel mit leichter Bewegungsbeschränkung im Fußgelenk und Beugekontraktur der Großzehen als Schußbruchfolge." Zugleich hatte die LVA erklärt, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ein rentenberechtigendes Ausmaß nicht erreiche, aber Heilbehandlung zugesichert werde. Im Oktober 1969 kam es bei G. im Bereich der Narbe des rechten Unterschenkels zu einer Entzündung und zum Aufplatzen der Narbe. G. war seit dem 16. Oktober 1969 arbeitsunfähig krank. Noch im gleichen Monat löste er bei der Klägerin einen Krankenschein ein. In diesem wurde vermerkt, daß es sich um eine Kriegsbeschädigung handele. Im Dezember 1969 beantragte G. bei der Klägerin wegen einer Wunde am rechten Unterschenkel, daß die bereits festgestellten Gesundheitsstörungen nunmehr als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) anerkannt würden. Ferner bat er um die Gewährung von Heilbehandlung und Rente. Die Klägerin leitete den Antrag an das Versorgungsamt (VersorgA) weiter. Dieses zog die Klägerin zum Verwaltungsverfahren hinzu. Nach versorgungsärztlicher Untersuchung erkannte es als Schädigungsfolgen an: "Mit geringer Deformierung, leichter Behinderung des Fußgelenks und der Großzehe, knöchern festverheilter Schienbeinbruch rechts, reaktionslos eingeheilte Stecksplitter in den Weichteilen beider Unterarme und des rechten Oberschenkels. Feste Narben am rechten und linken Unterarm sowie am rechten Unterschenkel." Eine MdE, die zur Rentenbewilligung ausgereicht hätte, wurde auch diesmal nicht festgestellt. Außerdem bestätigte das VersorgA den Heilbehandlungsanspruch, allerdings erst beginnend mit dem 1. Dezember 1969 (Bescheid vom 17. Februar 1971). Dieser Bescheid wurde sowohl an G. als auch an die Klägerin abgewandt.
Die Klägerin erhob die Klage mit dem Begehren, den Beklagten zu Versorgungsleistungen an G. und zum Ersatz des an G. gezahlten Krankengeldes zu verurteilen. Das Sozialgericht (SG) wies die Klage mit Urteil vom 26. Januar 1972 ab. Das Landessozialgericht (LSG) lud die Bundesrepublik Deutschland bei. Die Berufung der Klägerin hat es, nachdem die Versorgungsbehörde vorher noch einen Widerspruchsbescheid erteilt hatte, zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht wegen Abweichens von BSG 34, 289; 35, 60 zugelassen. Mit der Klage - so hat es ausgeführt - habe die Klägerin zwei getrennte Ansprüche geltend gemacht. Sie habe einmal den Heilbehandlungsanspruch des Beschädigten und zum anderen einen eigenen Ersatzanspruch erhoben. Die Prozeßführungsbefugnis der Klägerin in bezug auf den zuerst erwähnten Anspruch folge aus dem berechtigten Interesse, das die Klägerin deshalb habe, weil der Bescheid der Versorgungsbehörde über das Leistungsbegehren des G. für den Ersatzanspruch Tatbestandswirkung habe (BSG 34, 289, 290 f). Die Klage hat das Berufungsgericht nicht für begründet gehalten. Für die Zeit vor dem 1. Dezember 1969 habe dem G. aus dem Versorgungsrechtsverhältnis ein Leistungsanspruch nicht zugestanden. Der Leistungsbeginn bestimme sich nach dem Antragsmonat (§ 60 Abs. 1 des BVG). Der maßgebliche Antrag sei aber erst im Dezember 1969 gestellt worden. Die Lösung des Krankenscheins am 16. Oktober 1969 könne nicht als Versorgungsantrag gewertet werden, wenn auch § 18 a Abs. 1 Satz 3 BVG den Antrag auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zugleich als Antrag auf entsprechende Versorgungsleistungen gelten lasse. Die Anwendung dieser Vorschrift setze aber voraus, daß vorher das Versorgungsrechtsverhältnis überhaupt bestanden habe und der Antrag nach der Grundnorm des § 1 Abs. 1 BVG gestellt gewesen sei. Entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (BSG 34, 289; 35, 60) ergebe sich aus § 18 a Abs. 1 BVG i.V.m. § 85 BVG nichts anderes. Insbesondere gestatte § 85 keine Ausnahme von dem Erfordernis des vorangehenden Grund-Antrags. Diese Vorschrift regele nur, inwieweit früheren Bescheiden nach Inkrafttreten des BVG in bestimmten Rahmen noch eine auslösende Wirkung zukomme oder zugekommen sei. Diese Gesetzesbestimmung sei nur zu beachten, wenn ein sogenannter Umanerkennungsbescheid erteilt oder ein Neuantrag gestellt werde. Ausschlaggebend sei aber, daß die älteren Versorgungsgesetze, die vor dem BVG galten, aufgehoben worden seien und daß zugleich auch die auf ihnen beruhenden früheren Bescheide über Versorgungsansprüche ihre Bedeutung verloren hätten. Deshalb habe zum Entstehen eines Anspruchs nach dem BVG - mit Ausnahme der hier nicht einschlägigen Übergangsfälle (§§ 84 bis 88 BVG) - ein Antrag gehört. Eine andere Auffassung würde dazu führen, daß rückwirkend Rente gewährt werden müßte, wenn sich anläßlich der Einlösung eines Krankenscheins herausstellte, daß eine schädigungsbedingte MdE von mindestens 25 v.H. wegen der früher anerkannten Gesundheitsstörungen bestehe. Ob ein Antrag auf Versorgung vorliege, könne jedenfalls nicht unterschiedlich für die Rentengewährung und die Heilbehandlung beurteilt werden, weil beide Ansprüche nur Teil des Anspruchs auf Versorgung (§ 9 BVG) seien.
Mit der zugelassenen Revision vertritt die Klägerin die Auffassung, daß es hier eines Antrags auf Begründung des Versorgungsrechtsverhältnisses nicht mehr bedurfte. Vielmehr habe G. wegen des Bescheides der LVA Westfalen aus dem Jahre 1949 eine Rechtsposition innegehabt, die ihn als Berechtigten i.S. des § 18 a Abs. 1 Satz 3 BVG habe erscheinen lassen. Sie meint, der Antrag müsse auf alle nach Lage des Falles in Betracht kommenden Leistungen (§ 9 BVG) gerichtet angesehen und dementsprechend behandelt werden (Verw. V Nr. 1 zu § 1 BVG; Nr. 1 zu § 6 VerwVG). Zur Verwirklichung des Anspruchs auf Heilbehandlung nach dem BVG habe deshalb ein Antrag an die Krankenkasse genügt.
Die Klägerin beantragt,
1. das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 17. Februar 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 1975 zu verurteilen, dem Beschädigten schon ab 1. Oktober 1969 die Schädigungsfolgen anzuerkennen und für die Zeit vom 17. Oktober 1969 bis 30. November 1969 Heilbehandlung zu gewähren,
2. ihn weiter zu verurteilen, der Klägerin für die von ihr für die Zeit vom 17. Oktober 1969 bis 30. November 1969 erbrachten Leistungen in Höhe von 716,50 DM Ersatz zu leisten.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte meint, er könne sich der Rechtsprechung des BSG nicht anschließen. § 85 BVG, auf den sich die Ansicht des BSG stütze, berechtige und verpflichte, für sich allein betrachtet, zu nichts; diese Gesetzesbestimmung werde erst wirksam im Zusammenhang mit einem Antrag. Erst wenn der grundlegende Antrag gestellt sei, sei darüber zu befinden, ob das eintrete, wovon § 85 BVG ausgehe, nämlich ob früher als Schädigungsfolgen anerkannte Gesundheitsstörungen diese Bewertung auch unter der Herrschaft des BVG beibehielten. Insoweit lasse sich § 85 BVG mit einer unwiderlegbaren Rechtsvermutung oder Fiktion gleichsetzen.
Die Beigeladene vertritt die Ansicht, der Ersatzanspruch nach § 19 Abs. 2 BVG setze eine Anerkennung nach dem BVG voraus. Daran fehle es. Der aufgrund der SVD Nr. 27 erteilte Bescheid von 1949 stelle eine solche Anerkennung nicht dar. Der damalige Bescheid sei vielmehr hinfällig geworden. Demgegenüber beschränke sich die Regelung des § 85 BVG auf den "medizinischen" Kausalzusammenhang, beziehe sich aber gerade nicht auf den Ursachenzusammenhang zwischen Wehrdienst und Schädigung. Für dieses Anspruchsmerkmal fehle es mithin an jeder verbindlichen Vorausentscheidung. Infolgedessen sei ein wesentliches Stück des Ersatzanspruches nicht gegeben. Zudem sei der Antrag des G. nicht allgemein auf die Gewährung von Versorgung gerichtet gewesen. Der Antrag auf Krankenhilfeleistungen könne den allgemeinen Versorgungsantrag nicht ersetzen. Die wechselseitige Berücksichtigung von Anträgen, wie sie § 18 a Abs. 1 Satz 3 BVG vorsehe, könne immer nur die Wirkung von Anträgen auf einzelne Versorgungsleistungen, nicht aber die eines umfassenden Versorgungsantrags haben.
Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die zugelassene Revision der Klägerin erweist sich als begründet. Die angefochtenen Urteile sind aufzuheben. Der Beklagte ist unter Abänderung des Bescheides vom 17. Februar 1971 zu verurteilen, G. für die anerkannten Schädigungsfolgen auch vom 17. Oktober 1969 an Heilbehandlung zu gewähren und der Klägerin für verauslagtes Krankengeld in Höhe von 716,50 DM Ersatz zu leisten.
Zunächst hat das LSG zutreffend die Berufung hinsichtlich sämtlicher Ansprüche als statthaft angesehen und ein Klagerecht der Klägerin bejaht (BSG 34, 289; 35, 60 und Urteil des 10. Senats des BSG vom 29. Januar 1976 - 10 RV 171/75 -). Zur Frage eines Vorverfahrens mußte sich das Berufungsgericht im Hinblick auf den während des Berufungsverfahrens ergangenen Widerspruchsbescheid nicht äußern (zu dieser Frage: das o.a. Urt. des 10. Senats; vgl. auch SozR § 81 Nr. 2 SGG).
An der Rechtsprechung, daß ein nach der SVD Nr. 27 erteilter Bescheid, mit dem bestimmte Gesundheitsstörungen als Wehrdienstbeschädigung anerkannt worden waren, eine ausreichende Grundlage für die Anwendung des § 18a Abs. 1 Satz 2 BVG (in der hier anzuwendenden Fassung des 3. Neuordnungsgesetzes -NOG- vom 20. Januar 1967 - BGBl I 141 = BVG a.F.) bietet, wird trotz der daran geübten Kritik festgehalten (dazu BSG 34, 289, 292 ff; 35, 60, 61 f). Dabei wird allerdings davon ausgegangen, daß § 18 a Abs. 1 BVG nur eine beschränkte Funktion erfüllt. Der Antrag auf eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung vermöge, so meinen die Kritiker, nicht schlechthin den Antrag auf Versorgung (§ 1 Abs. 1 BVG) zu ersetzen. Vielmehr sei ein solches, an den Träger der Krankenversicherung gerichtetes Leistungsbegehren nur als Antrag auf die entsprechende Einzelleistung nach dem BVG zu erachten. Solche Einzelleistungen müßten, wie Satz 1 des § 18 a Abs. 1 zu entnehmen sei, zu dem festumrissenen, in den §§ 10 bis 24 a BVG umschriebenen Kreis von Leistungen gehören. Dagegen sei der Antrag, mit dem das Versorgungsrechtsverhältnis "an sich" eingeleitet werde, von § 18 a Abs. 1 BVG nicht erfaßt; er werde dort vorausgesetzt. Dies ist in BSG 34, 292 f u.a. daraus hergeleitet worden, daß an dieser Gesetzesstelle nicht, wie sonst, von dem "Beschädigten", sondern von dem "Berechtigten", also demjenigen gesprochen wird, dessen Versorgungsberechtigung nach dem BVG bereits feststeht oder wenigstens angemeldet ist. Freilich wird man dem Begriff des "Berechtigten" nicht das ausschlaggebende Gewicht beimessen dürfen. Diese Bezeichnung wird in § 10 Abs. 5 b BVG a.F. als Sammelbegriff für alle in § 10 Abs. 4 a, b und c BVG a.F. genannten Personen, z.B. auch für Hinterbliebene, verwendet; sie ist also durchaus mehrfacher Bedeutung zugänglich.
Mit der Gesetzesauslegung, daß § 18 a Abs. 1 BVG nur den Antrag auf Einzelleistungen betreffe, stimmt die in diesem Rechtsstreit geäußerte Kritik überein. Immerhin ist aber demgegenüber die Frage aufzuwerfen, ob der Antrag, von dem in § 18 a Abs. 1 BVG die Rede ist, nicht - über die durch diese Vorschrift gezogenen Grenzen hinaus - für das Versorgungsrechtsverhältnis insgesamt bedeutsam ist. Anträge in Versorgungsangelegenheiten sind zwar sonst bei dem Versorgungsamt zu stellen. Sie sind aber nicht minder rechtswirksam, wenn sie von einer anderen amtlichen Stelle entgegengenommen werden (§ 6 Abs. 1, 2 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VerwVG 1969-; § 16 Abs. 1 u. 2 des Sozialgesetzbuches -SGB 1 -). Diese Regel kann durch § 18 a Abs. 1 BVG nicht zurückgenommen oder eingeengt, sondern nur verstärkt sein. Es drängt sich mithin die Überlegung auf, ob der Gedankengang, mit dem die Judikatur zu § 18 a Abs. 1 BVG bislang begründet worden ist, vielleicht gar ein Umweg zu der ohnehin vorgezeichneten Lösung war. Um so unberechtigter wäre die Kritik.
Abgesehen davon, erscheinen aber auch die Argumente, die gegen die erwähnte Rechtsprechung vorgebracht worden sind, nicht als unabweislich. Daraus, daß ältere einschlägige Gesetze aufgehoben und vor den getroffenen Entscheidungen wirkungslos wurden, folgt nicht notwendig, daß auch vorausgegangene Anträge erledigt und vollends untergegangen sind. Zumindest überdauerten solche Anträge noch in dem Reflex, der durch § 85 BVG gekennzeichnet wird (vgl. VerwV Nr. 2 zu § 85 BVG). Dabei mag das nach § 85 BVG verbliebene Restergebnis früherer Entscheidungen für die antragsbedürftige Entstehung des Versorgungsrechtsverhältnisses im allgemeinen und für den Beginn von Leistungen generell unerheblich sein. Deshalb muß der Teileffekt des § 85 BVG aber nicht überhaupt und ausnahmslos für den Termin des Anfangs von Leistungsverpflichtungen unbeachtlich sein. Aus Gründen der Rechtslogik und -systematik war das BSG nicht schlechthin gehindert, dem Teileffekt des § 85 BVG für die Spezialvorschrift des § 18 a Abs. 1 Satz 2 BVG a.F. eine eigene Tragweite beizumessen. Gestützt wird diese Ansicht vor allem durch die Zweckbestimmung des § 18 a Abs. 1, 2 BVG.
Die Heil- und Krankenbehandlung sollte möglichst frühzeitig, ungeachtet bürokratischer Hindernisse und Bedenken, sogleich von dem dafür verantwortlichen Aufgabenträger durchgeführt werden. Dem Berufungsgericht ist zu widersprechen, wenn es ausführt, der Zeitpunkt, von dem an medizinische Maßnahmen zu gewähren seien, müsse mit dem Termin zusammentreffen, von dem an Rente zu zahlen sei. Letzteres ist in den für das Einsetzen der Beschädigtenversorgung allgemein maßgeblichen § 60 Abs. 1 BVG, ersteres aber - abweichend - in der Sondervorschrift des § 18 a Abs. 2 BVG normiert. Dies erhellt auch daraus, daß unter "Berechtigten" auch die unter § 10 Abs. 4a, b und c BVG a.F. angesprochenen Personen zu verstehen sind. Der Sinngehalt der Sondervorschrift ist auf dem Hintergrund der übrigen Regelungen für Heil- und Krankenbehandlung im BVG zu sehen. So heißt es in § 10 Abs. 6 BVG a.F., daß Heil- oder Krankenbehandlung "auch vor der Anerkennung eines Versorgungsanspruchs gewährt werden" könne. Dafür genügt nach Nr. 11 der VerwV zu § 10, daß "der Antrag wahrscheinlich zu einer entsprechenden Anerkennung führen wird". Dem Berechtigten, der eine Heilbehandlung selbst durchgeführt hat, räumt § 18 Abs. 1 unter Umständen sogar vor "Anmeldung des Versorgungsanspruchs" einen Anspruch auf Kostenerstattung ein.
Dieses gesetzgeberische Entgegenkommen ist nicht beschränkt auf das Verhältnis von Beschädigtem zur Versorgungsverwaltung. Es muß erstreckt werden, auf die Rechtsbeziehungen zwischen Beschädigtem und Krankenkasse sowie zwischen Krankenkasse und Versorgungsverwaltung. Davon ist nicht nur deshalb auszugehen, weil die Krankenkasse mitunter die Vorleistungspflicht trifft, sondern auch deshalb, weil sie auf dem Gebiet der Heil- und Krankenbehandlung sowie der damit parallel laufenden besonderen Betreuung selbständig Aufgaben der Kriegsopferversorgung wahrzunehmen hat (§ 18 c Abs. 2 BVG). Freilich durfte die Krankenkasse nach der - für die hier in Betracht kommende Zeit geltenden - VerwV Nr. 3 zu § 18 c BVG Behandlungsmaßnahmen nur mit Einwilligung der Verwaltungsbehörde gewähren. Damit war aber nicht festgelegt, was durch eine VerwV auch gar nicht geschehen könnte, wann und unter welchen Umständen eine solche Anerkennung als gegeben anzusehen war. Im übrigen stellt der Zeitpunkt der Anerkennung keine absolute Schranke dafür dar, von wann an der Versorgungsträger gegenüber der Krankenkasse für Heilbehandlungskosten einzustehen hat. § 19 Abs. 1 Satz 2 BVG gesteht der Krankenkasse den Ersatz für Aufwendungen zu, die durch Behandlung "anerkannter" Schädigungsfolgen entstanden sind. Diese Vorschrift ist in dem Sinne interpretiert worden, daß die Krankenkasse den Ersatz auch rückwirkend für solche Beträge fordern kann, die sie von der Anmeldung des Versorgungsanspruchs an ausgelegt hat, wenn die Versorgungsberechtigung erst nach Vornahme der Heilbehandlung bestätigt wird (BSG SozR Nr. 2 zu § 19 BVG; Vorberg/van Nuis, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, III. Teil, 3. Aufl. 1969, S. 207).
Auf der gleichen Linie, wie sie sich im Hinblick auf die angeführten Gesetzesbestimmungen und die erwähnten Gesetzesauslegungen abzeichnet, liegen die Entscheidungen in BSG 34, 289 und 35, 60, wonach es für die Gleichsetzung von Antrag zur Krankenkasse und Antrag zum Versorgungsträger (§ 18 a Abs. 1 Satz 2 BVG a.F.) genügt, wenn der Zusammenhang der Krankheit mit einer Wehrdienstbeschädigung aufgrund früherer versorgungsrechtlicher Vorschriften, wenn auch ohne Rentengewährung, anerkannt war.
Wegen der Kompetenz und dem ausgedehnten Wirkungskreis, welche die Krankenkasse im Versorgungsbereich zu erfüllen hat, erscheint es nur folgerichtig, daß den bei ihr gestellten Anträgen auf Versorgungsleistungen auch ein spezifisches Gewicht beigemessen wird. Dies um so mehr, als ein unmittelbar an das VersorgA adressierter (umfassender) Versorgungsantrag häufig gar nicht zu erwarten war, weil - wie auch das Berufungsgericht zutreffend bemerkt hat - dafür kein Interesse bestand. Den Beschädigten war früher erklärt worden, daß die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen ihrer Schädigung für eine Rentenbewilligung nicht ausreichten. Für sie konnte sich ihre Versorgungsangelegenheit insoweit als abgeschlossen und erledigt darstellen, zumal sie das Krankheitsrisiko, sofern sie sozialversichert waren, durch diese Versicherung abgedeckt fanden. Dieser Situation hat die Gesetzesauslegung Rechnung zu tragen, indem sie darauf achtet, daß die mit § 18 a Abs. 1 BVG verfolgte Absicht, nämlich Zuständigkeitsbarrieren zu überwinden, voll verwirklicht wird.
Hiernach besteht kein ausreichender Grund, um von der bisher vertretenen Auffassung zur Bedeutung eines Antrags nach § 18 a Abs. 1 BVG abzurücken. Deshalb sind die vorinstanzlichen Urteile nicht aufrechtzuerhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 SGG.
Fundstellen