Leitsatz (amtlich)
1. "Auskünfte jeder Art" können nach SGG § 106 Abs 3 Nr 3 von Privatpersonen auch dann eingeholt werden, wenn die in ZPO § 377 Abs 3 und 4 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Jedoch darf eine solche Auskunft bei der Urteilsfindung nur dann an Stelle einer mündlichen Zeugenaussage verwertet werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ein geeignetes Mittel zur Erforschung des Sachverhalts darstellt (SGG § 103) und unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit abgegeben ist.
2. Werden Auskünfte nach SGG § 106 Abs 3 Nr 3 zum Zwecke der Beweiserhebung eingeholt, so ist den Beteiligten in sinngemäßer Anwendung des SGG § 107 eine Abschrift dieser Auskünfte oder deren Inhalt mitzuteilen.
3. Unterbleibt die Mitteilung der Auskünfte (SGG § 107), wird aber deren Inhalt in der mündlichen Verhandlung von dem Berichterstatter vorgetragen, so ist der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (GG Art 103 Abs 1, SGG §§ 62, 128 Abs 2) nicht verletzt, sofern die Beteiligten sich nach Art der Auskünfte auf Grund des Vortrages ein klares Bild von ihrem Inhalt machen konnten.
4. Verfahrensmängel können auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach ZPO § 295, SGG § 202 geheilt werden (Anschluß an BSG 1956-09-12 10 RV 453/56=BSGE 3, 284).
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23; SGG § 62 Fassung: 1953-09-03, § 103 Fassung: 1953-09-03, § 106 Abs. 3 Nr. 3 Fassung: 1953-09-03, § 107 Fassung: 1953-09-03, § 117 Fassung: 1953-09-03, § 118 Fassung: 1953-09-03, § 128 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 162 Fassung: 1953-09-03, § 202 Fassung: 1953-09-03; ZPO § 272b Fassung: 1950-09-12, § 295 Fassung: 1950-09-12, § 377 Abs. 3 Fassung: 1950-09-12, Abs. 4 Fassung: 1950-09-12
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. November 1955 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Kläger ist seit dem 1. Juni 1928 approbierter Arzt. Nach seiner Anerkennung als Facharzt für innere Krankheiten ließ er sich am 1. Oktober 1932 als solcher in B nieder. Vom Frühjahr 1933 an war er eineinhalb Jahre lang Leiter des Röntgeninstituts der Allgemeinen Ortskrankenkasse B. Am 15. Juni 1934 wurde er in B zur Kassenpraxis zugelassen. Er führte die Bezeichnung "Facharzt für innere Medizin, Röntgen-Institut". Nach seiner Flucht aus Schlesien ist er in Flensburg vorläufig an der kassenärztlichen Versorgung beteiligt worden. Unter Berufung auf § 70 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) beantragte er am 16. Juli 1953 beim Zulassungsausschuß für den Regierungsbezirk K die Zuweisung eines Tätigkeitsbereichs als "Facharzt für innere Medizin, Röntgeninstitut" in B. Dieser Antrag wurde durch Beschluß vom 28. Juli 1953 abgelehnt; dem Begehren des Klägers stehe die Vorschrift des § 13 BVFG entgegen, weil er seit dem 7. Mai 1945 in Flensburg widerruflich an der kassenärztlichen Versorgung beteiligt sei. Auf die Berufung des Klägers hob der beklagte Berufungsausschuß diesen Bescheid durch Beschluß vom 4. November 1953 auf und wies dem Kläger einen Tätigkeitsbereich als Facharzt für innere Krankheiten in B - Stadt - zu. Der Berufungsausschuß ging hierbei davon aus, daß in der vorläufigen und damit jederzeit widerruflichen Beteiligung in F eine wirtschaftliche Eingliederung des Klägers nicht gesehen werden könne. Seinem Antrag auf Zuweisung eines Tätigkeitsbereichs auch für das Fachgebiet der Röntgenologie gab der Berufungsausschuß nicht statt, weil der Kläger, abgesehen von dem fehlenden Nachweis seiner Anerkennung als Facharzt für Röntgenologie, nicht dargetan habe, daß er auch in dieser Eigenschaft in B zur Kassenpraxis zugelassen gewesen sei. Eine Doppelzulassung für mehrere Fachgebiete im Sinne der Facharztordnung habe es weder zur Zeit der Zulassung des Klägers im Jahre 1934 gegeben, noch kenne die Zulassungsordnung für die britische Zone vom 21. April 1948 eine solche Doppelzulassung. Nach einer bei der Vereinigung der Sozialversicherungsärzte von Groß-Berlin eingeholten Auskunft sei der Kläger laut Karteikarte des früheren Reichsarztregisters am 15. Juni 1934 zur RVO-Kassenpraxis nur als Facharzt für innere Krankheiten für B zugelassen worden.
Gegen diesen Beschluß hat der Kläger beim Landesverwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben. Nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Sache auf das Sozialgericht Köln übergegangen (§ 215 Abs. 6 SGG). Dort hat der Kläger beantragt, den Beschluß des beklagten Berufungsausschusses aufzuheben und ihm einen Tätigkeitsbereich als "Facharzt für innere Medizin, Röntgeninstitut" zuzuweisen. Die Klage wurde durch Urteil vom 26. April 1955 als unbegründet abgewiesen, weil der Kläger den Nachweis, daß er Röntgen-Facharzt sei, nicht erbracht habe; die Tatsache, daß er ein Röntgeninstitut betrieben habe, sei kein Beweis dafür, daß er auch als Facharzt für Röntgenologie zugelassen gewesen sei.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat laut Verfügung des Berichterstatters vom 10. November 1955 fünfzehn Personen, von denen der Kläger bereits schriftliche Erklärungen über die Art seiner Tätigkeit in B überreicht hatte, unter Hinweis auf die von ihnen abgegebenen schriftlichen Erklärungen - "damit von ihrem Erscheinen als Zeuge in dem am 22. November 1955 anstehenden Termin abgesehen werden könne" - um schriftliche Beantwortung folgender Fragen unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit ersucht:
1. Besaß der Kläger neben seiner Facharztanerkennung für innere Medizin auch die Anerkennung für Röntgenologie?
2. Falls der Kläger beide Facharztanerkennungen erworben haben sollte, welche Facharztbezeichnung führte er?
3. In welcher Facharzteigenschaft war er zu den Krankenkassen zugelassen?
Dreizehn Personen, und zwar elf Ärzte, eine frühere Angestellte des Klägers und eine frühere Angestellte der L Ersatzkasse, Geschäftsstelle B, haben schriftliche Erklärungen zu der Beweisfrage abgegeben, bis auf zwei unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit. Das an einen weiteren Arzt - Dr. K - gerichtete Ersuchen ist mit dem Vermerk "Empfänger verstorben" zurückgekommen. Ein Arzt - Dr. C - wurde im Verhandlungstermin als Zeuge gehört. In der mündlichen Verhandlung vom 22. November 1955 hat der Kläger, der mit seinem Prozeßbevollmächtigten erschienen war, beantragt, unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts den Beschluß des Berufungsausschusses dahin zu ergänzen, daß ihm auch ein Tätigkeitsbereich als Röntgenologe in B - Stadt - zuzuweisen sei. Der Berufungsausschuß hat die Zurückweisung der Berufung beantragt. Ausweislich der Sitzungsniederschrift haben, nachdem bei Beginn der Verhandlung zunächst der Berichterstatter eine Darstellung des Sachverhalts gegeben hatte, die Parteien nach Vernehmung des Zeugen Dr. C unter Wiederholung ihrer vor der Zeugenvernehmung gestellten Anträge zur Sache verhandelt. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen; der Anspruch des Klägers, der sich auf § 70 Abs. 1 u. 2 BVFG stütze, sei nicht begründet, weil sich die Richtigkeit seiner Behauptung, er habe vor dem 4. September 1939 neben seiner Zulassung als Facharzt für innere Krankheiten auch die Zulassung als Facharzt für Röntgenologie besessen, trotz der angestellten Ermittlungen nicht bestätigt habe. Nach den Auskünften der Vereinigung der Sozialversicherungsärzte von G vom 18. August und 23. November 1953 sei der Kläger laut Karteikarte des früheren Reichsarztregisters am 15. Juni 1934 nur als Facharzt für innere Krankheiten zur RVO-Kassenpraxis in B zugelassen worden. Der Zulassungsbeschluß sei im Deutschen Ärzteblatt 1934 S. 692 veröffentlicht worden. Auch dort und in dem Verzeichnis der zur Kassenpraxis zugelassenen Ärzte Niederschlesiens nach dem Stand vom 30. Dezember 1937 sei beim Kläger nur das Fachgebiet "innere Krankheiten" angegeben. Ebenso laute die Registrierung des Klägers bei der L Ersatzkasse; im Arztverzeichnis dieser Kasse sei der Kläger nach der Bekundung der früheren Angestellten J unter der Spalte "Facharzt für innere Medizin" geführt worden. Es sei hierbei zu berücksichtigen, daß sowohl nach § 16 der Zulassungsordnung vom 30. Dezember 1931 (RGBl. 1932 I S. 8) als auch nach § 50 Abs. 4 der Zulassungsordnung vom 17. Mai 1934 (RGBl. I S. 399) die Zulassungsinstanzen verpflichtet gewesen seien, alle Zulassungsbeschlüsse dem Reichsarztregister bzw. dem Arztregister mitzuteilen. Nach der Darstellung des Klägers solle aber die von ihm behauptete Zulassung als Röntgenologe schon im Zusammenhang mit seiner Zulassung als Facharzt für innere Krankheiten ausgesprochen worden sein. Es sei aber nicht anzunehmen, daß die Eintragung über den Umfang der Zulassung an vier verschiedenen Stellen unrichtig und unvollständig gewesen sei, da der Kläger sich in diesem Falle sicherlich seinerzeit bei Mitteilung des Zulassungsbeschlusses gegen eine falsche Kennzeichnung seiner Zulassung gewandt hätte, wofür er aber selbst nichts vorgetragen habe. Aus der Nichteintragung als zugelassener Röntgenologe müsse nach der Lebenserfahrung geschlossen werden, daß er in diesem Fachgebiet auch nicht zugelassen gewesen sei. Auch die Tatsache, daß nach der in Anlehnung an die früheren Facharztbestimmungen erlassenen Facharztordnung für deutsche Ärzte vom 6. Mai 1935 die Führung mehrerer Facharztbezeichnungen unzulässig gewesen sei, spreche gegen die Zulassung des Klägers in beiden Fachgebieten. Weder mit dieser Rechtslage noch mit der tatsächlichen Übung im Zulassungswesen wäre es vereinbar, wenn der Kläger vor dem 4. September 1939 nicht nur als Internist, sondern auch als Röntgenologe zugelassen worden wäre. Zulassungen in zwei voneinander klar geschiedenen Fachgebieten seien früher regelmäßig ebensowenig erfolgt wie heute. Ausnahmen von diesem Grundsatz seien nur noch in den Fachgebieten anzutreffen, in denen sich das eine aus dem anderen im Zuge der Fortentwicklung der medizinischen Spezialisierung herausgebildet habe, wie z. B. bei dem Fachgebiet der Chirurgie und der Gynäkologie. Es sei möglich und werde von dem beklagten Berufungsausschuß auch nicht bestritten, daß der Kläger - wie auch aus der Erklärung des Dr. G hervorgehe - Röntgenuntersuchungen an Versicherten honoriert erhalten habe. Hierüber könne eine entsprechende, außerhalb einer Zulassung liegende Regelung bestanden haben; diese unterliege aber nicht der Restitution nach § 70 BVFG. Abgesehen von dieser Möglichkeit habe der Kläger als zugelassener Internist auch ohne besondere Zulassung Röntgenleistungen an Versicherten erbringen dürfen. Wie Dr. B und Dr. Z in ihren Erklärungen zutreffend ausgeführt hätten, habe die Zulassung als Facharzt für innere Krankheiten die Ausübung der Röntgentätigkeit für Kassen eingeschlossen. Andere Ärzte hätten also das Institut des Klägers laufend für ihre Kassenpatienten in Anspruch nehmen können, ohne daß der Kläger deshalb zugelassener Röntgenologe gewesen zu sein brauche. Diese nächstliegende Auffassung vom früheren Rechtsstand des Klägers sei durch das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erschüttert worden. Keine der im Rahmen der angestellten Ermittlungen befragten Personen habe mit der für einen Beweis erforderlichen Bestimmtheit bezeugen können, daß der Kläger als Röntgen-Facharzt zur Kassenpraxis zugelassen gewesen sei.
Das Landessozialgericht hat die Revision nicht zugelassen.
Der Kläger hat gegen das Urteil frist- und formgerecht Revision eingelegt und sie auch rechtzeitig begründet. Er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Zur Begründung macht er geltend, das Urteil stütze sich in der Hauptsache darauf, daß der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß er in B als Röntgenarzt zur Kassenpraxis zugelassen gewesen sei. Das Berufungsgericht habe entgegen den schriftlich gestellten und in der mündlichen Verhandlung wiederholten Anträgen die von ihm benannten Zeugen nicht vernommen und sich mit der Einholung eidesstattlicher Versicherungen begnügt. Hierin sei ein wesentlicher Verfahrensmangel zu erblicken, da das Berufungsgericht seiner Aufklärungspflicht nach § 103 SGG nicht nachgekommen sei. Auch die Beweiswürdigung des Vordergerichts werde den schriftlichen Erklärungen nicht gerecht. Wenn das Berufungsgericht die erforderliche Bestimmtheit der Aussagen nicht habe feststellen können, so sei dies darauf zurückzuführen, daß die Einholung schriftlicher Auskünfte unzureichend und unzweckmäßig gewesen sei. Unter Berücksichtigung der vom Kläger selbst zu den Akten überreichten schriftlichen Erklärungen hätte die Vorinstanz die Abweichungen, die in den von ihr eingeholten Erklärungen zuungunsten des Klägers enthalten seien, feststellen müssen. Zur ordnungsmäßigen Sachaufklärung wäre es erforderlich gewesen, den Grund für diese Abweichungen zu ermitteln. Der Kläger habe auch nicht die Möglichkeit gehabt, zweckdienliche Fragen an die von ihm benannten Zeugen zu stellen und durch Vorhaltungen ihr Gedächtnis aufzufrischen. Aus den Unterlagen seines Prozeßbevollmächtigten gehe ferner nicht hervor, daß die Vorinstanz den Antrag des Klägers auf Vernehmung der von ihm benannten Zeugen überhaupt behandelt habe; es ergebe sich aus ihnen auch nicht, daß das Vordergericht dem Kläger oder seinem damaligen Prozeßbevollmächtigten sämtliche Abschriften des Beweisergebnisses vor der mündlichen Verhandlung übermittelt habe. Deshalb sei es dem Kläger nicht möglich gewesen, in der mündlichen Verhandlung auf dieses Beweisergebnis einzugehen, so daß - außer § 107 SGG - auch § 62 SGG verletzt sei. Wegen des Vorbringens des Klägers im einzelnen wird auf den Inhalt seines Schriftsatzes vom 18. Januar 1955 Bezug genommen.
Der beklagte Berufungsausschuß hat beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, vorsorglich, sie als unbegründet zurückzuweisen. Er verneint das Vorliegen von Verfahrensmängeln und hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II.
Da das Landessozialgericht die Revision nicht zugelassen hat, wäre sie nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt worden wäre (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Die Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, weil es die von ihm als Zeugen benannten Personen nur schriftlich gehört habe, was unzureichend und unzweckmäßig gewesen sei, geht fehl. Das Urteil des Landessozialgerichts stützt sich in erster Linie auf die Auskünfte der Vereinigung der Sozialversicherungsärzte von G, die Veröffentlichung des Zulassungsbeschlusses vom 15. Juni 1934 im "Deutschen Ä" 1934 S. 692 und das Verzeichnis der zur Kassenpraxis zugelassenen Ärzte Niederschlesiens nach dem Stand vom 30. Dezember 1937. Diese Unterlagen sprechen aber, wie auch der Kläger nicht bestreitet, gegen seine Darstellung, daß er im Jahre 1934 in B auch als Facharzt für Röntgenologie zur Kassenpraxis zugelassen worden sei. Die Feststellung des Landessozialgerichts beruht ferner auf den Bestimmungen der Zulassungsordnungen von 1931 und 1934, nach denen die Zulassungsinstanzen alle Zulassungsbeschlüsse dem Reichsarztregister bezw. dem Arztregister mitzuteilen hatten. Nach § 103 SGG hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Es ist hierbei an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Im Rahmen dieser ihm obliegenden Aufklärungspflicht hat das Landessozialgericht in der mündlichen Verhandlung vom 22. November 1955 den vom Kläger benannten praktischen Arzt Dr. C als Zeugen gehört; es hat ferner durch den vom Vorsitzenden ernannten Berichterstatter (§ 155 Satz 2 SGG) vor der mündlichen Verhandlung schriftliche Auskünfte der vom Kläger als Zeugen benannten Personen zu der hier streitigen Frage der Art seiner früheren Anerkennung als Facharzt und des Umfangs seiner Zulassung zur Kassenpraxis eingeholt. Die Einholung solcher Auskünfte vor der mündlichen Verhandlung entspricht der Vorschrift des § 106 Abs. 2 und 3 SGG. Hiernach hat der Vorsitzende oder der Berichterstatter, dem diese Aufgaben übertragen worden sind (§ 155 Satz 1 SGG), bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Zu diesem Zweck kann er insbesondere "Auskünfte jeder Art" einholen (§ 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG). Während im Zivilprozeß und im Verfahren vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten (§ 63 MRVO Nr. 165, vgl. BVerwGer . 2 S. 310) Behörden oder Beamte ohne Einschränkung um Erteilung einer amtlichen Auskunft ersucht (§ 272 b Abs. 2 Nr. 2 ZPO), schriftliche Auskünfte von Zeugen dagegen nur nach Maßgabe des § 377 Abs. 3 u. 4 ZPO eingeholt werden können (§ 272 b Abs. 2 Nr. 4 ZPO), ist im sozialgerichtlichen Verfahren die Einholung schriftlicher Auskünfte von Zeugen allgemein zulässig (vgl. BSG. 2, S. 197 (200)). Deshalb ist es im sozialgerichtlichen Verfahren für die Einholung von Auskünften von Privatpersonen weder erforderlich, daß es sich um Auskünfte handelt, die der Zeuge voraussichtlich an Hand seiner Bücher oder anderer Aufzeichnungen zu geben hat (§ 377 Abs. 3 ZPO), noch bedarf es in anderen Fällen (§ 377 Abs. 4 ZPO) des Einverständnisses der Parteien. Diese Auffassung rechtfertigt sich einmal aus dem Wortlaut des § 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG, der im Gegensatz zu der entsprechenden Vorschrift des § 272 b Abs. 2 Nr. 4 ZPO ausdrücklich die Einholung von Auskünften "jeder Art" zuläßt, ohne einen Unterschied zwischen amtlichen Auskünften und solchen von Privatpersonen zu machen und ohne dem Gegenstand der Auskunft verfahrensrechtliche Bedeutung - etwa Erfordernis des Einverständnisses der Beteiligten - beizumessen; sie entspricht aber auch dem Zweck dieser Vorschrift, nämlich in einem vom Grundsatz der Amtsermittlung beherrschten Verfahren die Erledigung des Rechtsstreits möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erreichen. Zwar werden Beweise nach § 117 SGG grundsätzlich in der mündlichen Verhandlung erhoben; diese Vorschrift ist aber in § 106 Abs. 4 SGG, der ausdrücklich von der Beweisaufnahme handelt und dafür die §§ 116, 118 und 119 SGG für entsprechend anwendbar erklärt, nicht genannt. Hieraus muß geschlossen werden, daß die nach § 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG eingeholten Auskünfte es dem Gericht grundsätzlich ermöglichen sollen, in geeigneten Fällen von der Vernehmung der Auskunftspersonen in der mündlichen Verhandlung abzusehen. Im Hinblick auf die ihm obliegende Aufklärungspflicht darf das Gericht allerdings eine solche Auskunft bei der Urteilsfällung nur dann an Stelle einer mündlichen Zeugenaussage verwerten, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ein geeignetes Mittel zur Erforschung des Sachverhalts darstellt (§ 103 SGG), und wenn - soweit es sich um die schriftliche Beantwortung einer Beweisfrage durch eine Privatperson handelt - die Erklärung unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit abgegeben worden ist (§§ 106 Abs. 4, 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. mit § 377 Abs. 3, 4 ZPO). Ein Verfahrensmangel könnte nur dann gegeben sein, wenn die schriftliche Anhörung der vom Kläger benannten Personen zur Erforschung des Sachverhalts ungeeignet gewesen wäre und deshalb die Unterlassung der Vernehmung der Zeugen eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) darstellen würde. Die Frage, ob ein Beweismittel zur Sachaufklärung geeignet erscheint und ob die schriftliche Erklärung als ausreichend anzusehen ist, hängt aufs engste mit der Beweiswürdigung zusammen, die das Gericht nach seiner freien Überzeugung vorzunehmen hat (§ 128 Abs. 1 SGG). Bei der Art der hier zu klärenden Fragen und im Hinblick auf die Persönlichkeit der Auskunftspersonen konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, daß die Beweisfrage von den Zeugen verstanden, gewissenhaft geprüft und - mit den auch bei mündlichen Zeugenvernehmungen unausbleiblichen Einschränkungen - zutreffend beantwortet worden ist. Deshalb ist der Vorwurf, die schriftlichen Erklärungen stellten kein geeignetes Beweismittel dar und das Vordergericht habe insoweit den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, nicht gerechtfertigt.
Auch der Umstand, daß die gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG dem Gericht gegenüber abgegebenen eidesstattlichen Erklärungen bei Beantwortung der Frage, in welcher Facharzteigenschaft der Kläger in B zur Kassenpraxis zugelassen war, von den früheren Erklärungen gegenüber dem Kläger in einigen Punkten abwichen, brauchte das Berufungsgericht nicht zu einer mündlichen Vernehmung der Zeugen zu veranlassen, zumal diese Frage mit Bestimmtheit wohl nur von Personen hätte beantwortet werden können, die eine Ausfertigung des Beschlusses über die Zulassung des Klägers gesehen oder durch besondere Umstände von dem genauen Inhalt des Beschlusses Kenntnis erhalten hatten. Auch der vom Gericht in der mündlichen Verhandlung vernommene Zeuge Dr. C hat in ähnlicher Weise wie die überwiegende Mehrzahl der schriftlich gehörten Zeugen die Frage nach dem Umfang der Zulassung des Klägers nicht in dem von diesem behaupteten Sinne beantwortet, sondern allein aus der Tatsache, daß der Kläger in B Röntgendurchleuchtungen und Bestrahlungen an Kassenpatienten vorgenommen hatte, auf dessen Zulassung auch als Röntgenfacharzt geschlossen.
Die Rüge des Klägers, das Berufungsgericht hätte die Gründe für die von den früheren Angaben abweichenden eidesstattlichen Versicherungen feststellen müssen, richtet sich ebenfalls gegen die Beweiswürdigung des Gerichts. Dieses entscheidet aber gemäß § 128 SGG nach seiner freien Überzeugung, die es aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen hat. Wenn das Landessozialgericht, das an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden war (§ 103 Satz 2 SGG), vor allem in Würdigung des Umstandes, daß der Kläger an vier verschiedenen Stellen übereinstimmend nur als Facharzt für innere Krankheiten eingetragen war sowie auf Grund der offensichtlich genau abgewogenen Erklärungen der von ihm schriftlich gehörten zahlreichen Auskunftspersonen nicht zu der Überzeugung gelangt ist, daß er in Breslau auch als Facharzt für Röntgenologie zugelassen war, so kann hierin eine Überschreitung der Grenzen des Rechts der freien richterlichen Beweiswürdigung nicht erblickt werden. Auch die Tatsache, daß einige wenige der schriftlichen Auskünfte, die das Gericht bei seiner Beweiswürdigung mitgewürdigt hat, keine eidesstattliche Versicherung ihrer Richtigkeit enthielten, stellt keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, da diesem Mangel im Hinblick auf die zahlreichen unter eidesstattlicher Versicherung abgegebenen Erklärungen keine wesentliche Bedeutung beigemessen zu werden brauchte.
Die Rüge des Klägers, er habe nicht die Möglichkeit gehabt, zweckdienliche Fragen an die von ihm benannten Zeugen zu stellen, geht ebenfalls fehl. Abgesehen davon, daß das Vordergericht - wie bereits dargelegt - auf Grund der Umstände des Falles die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage an Stelle einer mündlichen Zeugenaussage verwerten durfte, hätte es dem Kläger freigestanden, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht nach dem Vortrag des Berichterstatters die Richtigkeit der schriftlichen Auskünfte zu beanstanden und unter Darlegung der besonderen Umstände, die seiner Auffassung nach eine weitere Sachaufklärung als geboten erscheinen ließen, die Vertagung der Verhandlung und die Ladung der Zeugen zu beantragen. Ein solcher Antrag ist aber ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht gestellt worden. Vielmehr haben die Beteiligten nach der Vernehmung des Zeugen C unter Wiederholung ihrer Anträge zur Sache verhandelt. Zwar ist in sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des § 107 SGG, nach der den Beteiligten entweder eine Abschrift der Niederschrift der Beweisaufnahme oder deren Inhalt mitzuteilen ist, davon auszugehen, daß den Beteiligten grundsätzlich schon vor der mündlichen Verhandlung eine Abschrift der nach § 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG zum Zwecke der Beweiserhebung eingeholten Auskünfte oder jedenfalls deren Inhalt mitzuteilen ist. Hat das Gericht aber - wie der Kläger vorbringt - diese Mitteilung unterlassen, so kann der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) nur dann als verletzt angesehen werden, wenn die Beteiligten nach Art und Inhalt der Auskünfte nicht die Möglichkeit hatten, sich auf Grund des Vortrages in der mündlichen Verhandlung ein klares Bild von dem Inhalt der Auskünfte zu machen. Daß der Prozeßbevollmächtigte des Klägers, dem eine Abschrift des an die Auskunftspersonen gerichteten Ersuchens vor dem Verhandlungstermin mitgeteilt worden war, der also von dem Inhalt der Beweisfragen Kenntnis hatte, nicht in der Lage gewesen sein sollte, sich durch den Vortrag des Berichterstatters in der mündlichen Verhandlung ein klares Bild über Inhalt und Bedeutung der schriftlichen Erklärungen zu machen, ist nach allgemeiner Erfahrung nicht anzunehmen und auch von dem Kläger nicht substantiiert vorgetragen worden.
Im übrigen steht der Rüge des Klägers, er habe entgegen der Vorschrift des § 107 SGG vor dem Verhandlungstermin keine Abschrift sämtlicher schriftlichen Auskünfte erhalten, die Vorschrift des § 295 ZPO entgegen, die auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 202 SGG anzuwenden ist (vgl. BSG. 1 S. 126 und Beschluß des 10. Senats des BSG. vom 12.9.1956 - 10 RV 453/56 -). Hiernach kann die Verletzung einer das Verfahren betreffenden Vorschrift nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen ist und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein mußte. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landessozialgericht ergibt sich nicht, daß der Kläger den ihm bekannten Mangel der Unterlassung einer Mitteilung aller schriftlichen Auskünfte gerügt hat; er hat dies auch in der Revisionsbegründung nicht vorgetragen. Da auf die Befolgung der Vorschrift des § 107 SGG wirksam verzichtet werden kann, soweit ihre Nichtbefolgung nach Lage der Sache nicht zugleich eine Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet, liegen die Voraussetzungen des § 295 Abs. 2 ZPO, die einer Heilung des Mangels entgegenstehen würden, nicht vor. Der Kläger kann sich daher auf die Verletzung des § 107 SGG nicht mehr berufen.
Da nach alledem von dem Kläger ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht gerügt worden ist, ist die Revision nicht statthaft und nach § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen