Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichterstatterbestellung. Entscheidung des Vorsitzenden/Berichterstatters anstelle des Senats. auswärtiger Sitzungsort. Terminsverlegung. gesetzlicher Richter

 

Leitsatz (amtlich)

Der Berichterstatter (§§ 33, 155 Abs 1 S 2 SGG) ist jeweils vorweg für das Jahr für nach abstrakten Kriterien zu bestimmende Fälle zu bestellen. Ein nach einem vorab bestimmten senatsinternen Geschäftsverteilungsplan bestellter Berichterstatter kann nicht in einem herausgegriffenen Einzelfall von seinen Aufgaben entbunden werden.

Die Einverständniserklärung der Beteiligten mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter umfaßt nicht das Einverständnis mit einer Entscheidung des Vorsitzenden anstelle des Senats (§ 155 Abs 3 und 4 SGG).

 

Normenkette

SGG § 155 Abs. 1 S. 2, Abs. 3-4, § 110 Abs. 2; GG Art. 101 Abs. 1 S. 2; GVG § 21g Abs. 2 Hs. 2

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 11.03.1994; Aktenzeichen L 8 An 45/93)

SG Schleswig (Urteil vom 08.06.1993; Aktenzeichen S 3 An 28/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. März 1994 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit für die Klägerin. Streitig ist insbesondere, ob das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist.

Den Rentenantrag der Klägerin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 11. September 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 1992 ab. Klage und Berufung blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 8. Juni 1993; Urteil des LSG vom 11. März 1994).

Mit der Eingangsverfügung hatte der Vorsitzende des Berufungssenats mittels Vordrucks bei den Beteiligten anfragen lassen, ob Einverständnis damit bestehe, daß anstelle des Senats der/die Vorsitzende oder der/die von ihm bestellte Berichterstatter/in über die Berufung durch Urteil entscheidet (§ 155 Abs 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫). Während die Beklagte das Formblatt unterschrieben zurücksandte, erklärte die Klägerin im Schriftsatz vom 5. November 1993 lediglich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter oder die Berichterstatterin als Einzelrichter. Durch Verfügung vom 12. November 1993 übertrug der Vorsitzende sodann dem Richter am LSG W.… als Berichterstatter die Aufgaben gemäß § 155 SGG. Der Ladungsverfügung des Vorsitzenden zum Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vor dem Vorsitzenden vom 17. Januar 1994 wurde der Vermerk vorangestellt, die Berichterstatterbestellung werde “wegen derzeitiger Überlastung des BE (zur Hälfte nach Kiel abgeordnet) aufgehoben”.

Durch Schriftsätze vom 25. Januar, 3., 8. und 23. Februar 1994 baten die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin um Verlegung des auf den 11. März 1994, 11.15 Uhr, in Kiel anberaumten Termins, weil der “Sachbearbeiter” an diesem Tage bereits um 10.00 Uhr, 14.00 Uhr und 15.00 Uhr drei Verhandlungstermine vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) und sein Sozius um 10.00 Uhr vor demselben Gericht einen ca zwei- bis zweieinhalbstündigen Termin wahrzunehmen habe; die Terminschwierigkeiten resultierten insbesondere daraus, daß der Verhandlungs- und Beweisaufnahmetermin am 11. März 1994 nicht in Schleswig, sondern in Kiel vorgesehen sei.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 11. März 1994 über die öffentliche Sitzung vor dem Vorsitzenden Richter des 8. Senats des LSG wurden zwei Ärzte aus Kiel sowie ein berufskundlicher Sachverständiger des Arbeitsamtes Kiel, Dienststelle Plön, als Sachverständige gehört. Die Klägerin nahm diesen Termin persönlich wahr; ihre Prozeßbevollmächtigten waren nicht zugegen. Außer ihrem Sachantrag wurden Äußerungen der Klägerin im Sitzungsprotokoll nicht festgehalten.

Die Klägerin hat die vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt im wesentlichen Verfahrensmängel und trägt vor: Durch die Verhandlung und Entscheidung allein durch den Vorsitzenden des 8. Senats des LSG sei sie ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden; denn mit einer Einzelrichterentscheidung durch den Vorsitzenden habe sie sich nicht einverstanden erklärt. Die Person des “streitentscheidenden Einzelrichters” sei nicht nach im vornherein aufgestellten Mitwirkungsgrundsätzen einer senatsinternen Geschäftsverteilung vorausbestimmt bzw vorausbestimmbar gewesen. Hierin liege ein Verstoß gegen §§ 33, 153 Abs 3 und 4 SGG, Art 101 Abs 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG). Die Anberaumung eines auswärtigen Termins in Kiel sei nicht sachdienlich, geschweige denn notwendig gewesen. Die Bestimmung dieses Sitzungsortes verstoße gegen die §§ 101 Abs 2, 62 SGG. Durch die Mißachtung der mehrfach wiederholten Vertagungsanträge sei das rechtliche Gehör verletzt; denn der in der Berufungsbegründung vom 5. November 1993 ausdrücklich vorbehaltene Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes gemäß § 109 SGG habe so durch ihre Prozeßbevollmächtigten im Termin nicht gestellt werden können. Sie selbst sei aus eigener Erkenntnis und Prüfung aber nicht in der Lage gewesen, einen entsprechenden Antrag zu formulieren.

Hilfsweise rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 23 Abs 1 und 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes ≪AVG≫).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. März 1994, des Urteils des Sozialgerichts Schleswig vom 8. Juni 1993 und des Bescheides der Beklagten vom 11. September 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 1992 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 1. Juni 1991 zu gewähren,

hilfsweise,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. März 1994 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 11. März 1994 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Sie hat sich in der Sache nicht eingelassen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die kraft Zulassung durch das BSG statthafte Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet. Der Senat fühlt sich schon deshalb zur Zurückverweisung veranlaßt, weil die Klägerin bei rechtsfehlerfreier Verfahrensweise des LSG gemäß ihrem Vortrag einen Antrag nach § 109 SGG gestellt hätte, der weitere medizinische Ermittlungen notwendig zur Folge gehabt hätte. Die Zurückverweisung ist aber auch deshalb tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), weil das BSG an die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gebunden wäre; denn diesbezüglich sind zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht worden, § 163 SGG. Die Klägerin hat sich vielmehr im wesentlichen darauf beschränkt, Verfahrensfehler zu rügen.

Die angefochtene Entscheidung verstößt gegen die §§ 155 Abs 3 und 4, 33 Satz 1 SGG. Nach diesen Vorschriften entscheidet ein Senat des LSG grundsätzlich in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern. Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende anstelle des Senats entscheiden. Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Schon die Gegenüberstellung der gesetzlichen Regelungen in den Abs 3 – Entscheidung durch den Vorsitzenden – und Abs 4 – Entscheidung durch den Berichterstatter – des § 155 SGG macht deutlich, daß die Befugnis des Vorsitzenden nicht neben der des Berichterstatters steht, sondern der Berichterstatter im Falle seiner Bestellung an die Stelle des Vorsitzenden tritt (Meyer-Ladewig, SGG-Komm, 5. Aufl 1993, RdNr 8 zu § 155). § 155 Abs 4 SGG ist aus § 87a Abs 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übernommen, der einem Vorschlag des Bundesrates folgend klarstellend gefaßt ist, um dem Gebot des gesetzlichen Richters besser Rechnung zu tragen (Meyer-Ladewig, aaO; BT-Drucks 11/7030 S 45).

Den Erfordernissen des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) widerspricht indes die Entziehung der dem Berichterstatter am 12. November 1993 übertragenen Geschäfte mittels Vermerks des Vorsitzenden auf der Ladungsverfügung vom 17. Januar 1994. Eine solche ad-hoc-Entscheidung des Vorsitzenden machte nämlich die Bestimmung des gesetzlichen Richters bei einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG manipulierbar (vgl hierzu: Kopp, VwGO-Komm, 10. Aufl 1994, RdNr 10 zu § 87a). Denn schon bei der Berichterstatterbestellung ist es nicht ausreichend, wenn der Vorsitzende ad hoc für einen Fall einen Berichterstatter bestimmt; der Berichterstatter muß vielmehr analog § 21g Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) iVm § 202 SGG jeweils vorweg für das Jahr für nach abstrakten Kriterien zu bestimmende Fälle bestellt werden (Kopp, aaO, mwN). Diese Anordnung kann nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung, ungenügender Auslastung, Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Spruchkörpers nötig wird, § 21g Abs 2 2. Halbs GVG. Danach kann ein nach einem vorab bestimmten senatsinternen Geschäftsverteilungsplan bestimmter Berichterstatter auch nicht in einem – herausgegriffenen – Einzelfall von seinen Aufgaben entbunden werden. Die einmal erfolgte Berichterstatterbestellung ist vielmehr grundsätzlich bindend. Dies zeigt im übrigen der Vergleich zu § 348 Abs 4 der Zivilprozeßordnung (ZPO) und § 6 Abs 3 VwGO, wonach im Zivil- und Verwaltungsprozeß zwar eine Rückübertragung des Rechtsstreits vom Einzelrichter auf die Kammer erfolgen kann, die Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren aber allein von der Zustimmung der Beteiligten abhängt.

Die Formulierung in § 155 Abs 3 und 4 SGG zeigt überdies auf, daß der Vorsitzende eines Senates ohne Einverständnis der Beteiligten nicht entscheiden kann. Offenbleiben kann, ob der anstelle des Vorsitzenden bestellte Berichterstatter (Abs 4) mit einer allein für die Entscheidung durch den Vorsitzenden erteilten Einverständniserklärung der Beteiligten als Einzelrichter tätig werden kann. Denn vorliegend hat sich die Klägerin in bewußter Abweichung von dem ihr übersandten Vordruck des Gerichts ausdrücklich lediglich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter/die Berichterstatterin als Einzelrichter einverstanden erklärt. Diese Erklärung umfaßt aber jedenfalls nicht das Einverständnis mit einer Entscheidung des Vorsitzenden anstelle des Senats.

Die angefochtene Entscheidung verstößt auch gegen die §§ 153 Abs 1, 110 Abs 2 SGG, wonach das Gericht Sitzungen außerhalb des Gerichtssitzes abhalten kann, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist. Zweck der durch das Gesetz zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften vom 24. August 1976 (BGBl I S 2437) eingeführten Vorschrift ist es, den Beteiligten, die gerade in Streitigkeiten der Rentenversicherung nicht selten durch Alter und Krankheit behindert sind, den Weg zum Gericht zu erleichtern, wenn der Wohnort eines Beteiligten verkehrsmäßig ungünstig und vom Gerichtsort weit entfernt liegt (Meyer-Ladewig, aaO, RdNr 9 zu § 110 unter Hinweis auf die Begründung des Bundesrats in Nr 8 seiner Stellungnahme Anl 2 zur Drucksache 7/4324). Diesem Zweck ist die Ladung zu einem Termin in Kiel nicht gerecht geworden. Denn die Klägerin hat ihren Wohnsitz im Bereich des Gerichtsbezirks des SG Schleswig, welches die erstinstanzliche Entscheidung getroffen hat. Sitz des Schleswig-Holsteinischen LSG ist aber ebenfalls Schleswig, so daß grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, daß die Anberaumung eines Verhandlungs- und Entscheidungstermins am Gerichtssitz selbst sachdienlich ist.

Gründe dafür, daß ausnahmsweise die Anberaumung eines auswärtigen Gerichtstermins in Kiel zur sachdienlichen Erledigung des Verfahrens notwendig war, liegen nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob die Notwendigkeit in Übereinstimmung mit § 219 Abs 1 ZPO nur dann bejaht werden kann, wenn die Einnahme eines Augenscheins an auswärtigem Ort erforderlich, die Verhandlung mit einer am Erscheinen an der Gerichtsstelle verhinderten Person geboten oder eine sonstige Handlung erforderlich ist, die an der Gerichtsstelle nicht vorgenommen werden kann (so: GesamtKomm-SGG-Bley, Anm 6c aa zu § 110). Notwendigkeit besteht jedenfalls dann nicht, wenn im wesentlichen finanzielle Erwägungen, wie sie der Vorsitzende im Anschreiben an die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 4. Februar 1994 angestellt hat (Anreisekosten von Sachverständigen), ausschlaggebend für die auswärtige Terminsbestimmung waren. Ist schon zweifelhaft, ob diese finanziellen Gesichtspunkte für die Erledigung dieses Termins sachdienlich waren, so waren sie jedenfalls zur sachlichen Erledigung des Termins nicht notwendig.

In dem Fehlen der Notwendigkeit zur sachdienlichen Erledigung liegt allein zwar kein wesentlicher Mangel des Verfahrens, weil § 110 Abs 2 SGG nur eine Ordnungsvorschrift ist. Der Verstoß hiergegen kann aber gleichzeitig einen Verfahrensmangel dadurch begründen, daß auf diese Weise gegen andere Verfahrensgrundsätze verstoßen wird, zB gegen den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör durch die erschwerte persönliche Wahrnehmung des Verhandlungstermins (Bley, aaO, Anm 6c cc). Vorliegend waren die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gehindert, infolge der Anberaumung des auswärtigen Termins diesen Termin wahrzunehmen. Hierauf haben sie das LSG mit Schriftsätzen vom 25. Januar, 3., 8. und 23. Februar 1994 ausdrücklich hingewiesen und ausgeführt, daß eine Wahrnehmung des Beweisaufnahmetermins eventuell möglich wäre, wenn der Termin – wie üblich – in Schleswig stattfinden würde, weil der “Sachbearbeiter” an diesem Tage bereits um 10.00, 14.00 und 15.00 Uhr drei längere Zeit anberaumte Verhandlungstermine vor dem Schleswig-Holsteinischen OLG wahrzunehmen habe, welches im selben Hause wie das Schleswig-Holsteinische LSG ansässig ist. Bei diesen Terminvorgaben leuchtet ein, daß der um 11.15 Uhr am selben Tag anberaumte Termin vor dem Vorsitzenden des 8. Senats hätte wahrgenommen werden können.

In der Ablehnung der mehrfach substantiiert begründeten Vertagungsanträge liegt mithin ein Verfahrensfehler. Alternativ hätten der Sitzungsort nach Schleswig oder aber der Termin verlegt werden müssen. Zwar kann ein Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden, §§ 62, 202 SGG iVm § 227 Satz 1 1. Alternative ZPO, und trotz einer steigenden Arbeitsbelastung aller Prozeßbeteiligten darf das Gericht einen erheblichen Grund nur zurückhaltend annehmen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO-Komm, 53. Aufl 1995, RdNr 8 zu § 227). Betreiben die Prozeßbevollmächtigten eine Anwaltssozietät, so ist deshalb ein erheblicher Grund für eine Vertagung nicht schon deshalb gegeben, weil innerhalb dieser Sozietät der “Sachbearbeiter” verhindert ist. Die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin haben jedoch hinreichend dargelegt, daß nicht nur dem “Sachbearbeiter” ein Erscheinen zur anberaumten Terminsstunde in Kiel nicht möglich war, sondern auch seinem Sozius. Ob gegebenenfalls ein Rechtsanwaltskollege in Kiel bereit gewesen wäre, den anberaumten Termin wahrzunehmen, läßt sich nicht feststellen. Jedenfalls aber wäre nach dem abschließenden Schreiben des Vorsitzenden des 8. Senats des LSG in der Vertagungsangelegenheit vom 28. Februar 1994 bis zum Termin am 11. März 1994 eine umfassende Informierung dieses Kollegen durch die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht mehr gewährleistet gewesen.

Die angefochtene Entscheidung kann auch auf den gerügten Verfahrensmängeln beruhen. Bei einer korrekten Besetzung des Gerichts und möglicherweise notwendiger ergänzender Sachverhaltsaufklärung ist es möglich, daß das Leistungsvermögen der Klägerin im Hinblick auf die Frage des Vorliegens von Berufs- bzw Erwerbsunfähigkeit anders beurteilt worden wäre.

Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Fundstellen

NJW 1996, 2181

NVwZ 1996, 1144

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