Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Bundesversicherungsamt. gesetzliche Deckelung der Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds für Auslandsversicherte. Berücksichtigung in Festlegungen und im endgültigen Jahresausgleich für das Vorjahr. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Das Bundesversicherungsamt darf eine nach Ablauf des Ausgleichsjahres in Kraft getretene gesetzliche Deckelung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für die Auslandsversicherten nachfolgend bereits in Festlegungen und im endgültigen Jahresausgleich für das Vorjahr berücksichtigen, ohne gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot zu verstoßen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Bundesversicherungsamt begrenzte rechtmäßig bereits für den Jahresausgleich 2013 die Höhe der Zuweisungen für Auslandsversicherte auf die tatsächlichen Leistungsausgaben für diese Versichertengruppe.
2. Der jeweilige endgültige Jahresausgleich ist erst bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres – hier also 2014 – durchzuführen.
3. Die Rechtsänderungen durch die zum 01.08.2014 in Kraft getretenen verfassungskonformen Rechtsgrundlagen für Auslandsfälle bewirkten eine zulässige unechte Rückwirkung. Sie regeln lediglich Rechtsverhältnisse für Zeiträume nach ihrer Verkündung, die zuvor bloß durch vorläufige Zuweisungen geregelt waren.
4. Das schutzwürdige Bestandsinteresse der Klägerin überwiegt nicht gegenüber dem Interesse an einer zielgenaueren, gerechteren Eingrenzung der Zuweisungen für Auslandsversicherte.
Normenkette
SGB V §§ 266, 268-270; RSAV §§ 29-31, 36-37, 41; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1; SGB V § 266 Abs. 2 S. 1, Abs. 7 S. 1, § 268 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 269 Abs. 2, 4; SGB X § 39 Abs. 2; RSAV § 29 Nrn. 1, 4, § 30 Abs. 4 S. 2 Hs. 2, § 31 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 Nrn. 2-3, Abs. 4 Sätze 1, 6-7, Abs. 5 Sätze 1, 5, 6 Fassung: 2014-07-21, § 37 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2-3, Abs. 4 S. 2 Nr. 2, § 39 Abs. 3a, § 41 Abs. 1 S. 2, Abs. 2-5; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; GKV-FQWG Art. 17 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 2 500 000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Zuweisungen für Auslandsversicherte an die klagende Krankenkasse (KK) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2013.
Der Gesetzgeber führte mit der Begründung von KKn-Wahlrechten für Versicherte 1994 einen Risikostrukturausgleich (RSA) ein. Er änderte dieses System mit Einführung des Gesundheitsfonds, in den alle nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Beitragssatz bemessenen Beiträge fließen. Seit 2009 erhalten die KKn als Einnahmen aus dem Gesundheitsfonds Zuweisungen zunächst vorläufig als Abschlagszahlungen aufgrund monatlicher "Zuweisungsbescheide" und ergänzender "Korrekturbescheide" nach in "Grundlagenbescheiden" (für 2013 Grundlagenbescheid vom 16.11.2012) gesondert festgestellten kassenindividuellen Werten und dann endgültig gemäß "Jahresausgleichsbescheiden". Sie stehen einer Korrektur lediglich in Folgejahren anlässlich eines Jahresausgleichsbescheids offen. Die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds berücksichtigt die jeweilige Risikostruktur der KK morbiditätsorientiert durch Zu- und Abschläge, um Anreize zur Risikoselektion zu verhindern (sog Morbi-RSA). Die beklagte Bundesrepublik Deutschland, handelnd durch das Bundesversicherungsamt (BVA), konkretisiert die gesetzlich und durch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) bestimmten Vorgaben der Morbiditätsorientierung jährlich in "Festlegungen". Die Beklagte erläutert hierzu jeweils den Entwurf zu den Festlegungen für den RSA, die sie zu treffen hat (§ 31 Abs 4 S 1 RSAV), hört hierzu die Betroffenen an, entscheidet über die Festlegungen und veröffentlicht sie. Die KKn erhalten danach aus dem Gesundheitsfonds Zuweisungen. Sie setzen sich aus einer Grundpauschale, alters-, geschlechts- und risikoadjustierten Zu- und Abschlägen zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen sowie Zuweisungen für sonstige Aufgaben zusammen.
Als Grundlage der Ermittlung der Zuschlagshöhen im Ausgleichsjahr wird anhand der für die Versicherten tatsächlich im Ausgleichsjahr angefallenen Ausgaben krankenkassenübergreifend berechnet, welche Kosten ein Versicherter im Jahr nach der Diagnosestellung durchschnittlich verursacht ("prospektives Modell"). Nach diesen Ausgaben wird ein versichertenbezogener Tagesbetrag errechnet, der als Zu- oder Abschlag der Grundpauschale je versichertem Tag für Versicherte, die der jeweiligen Morbiditätsgruppe angehören, hinzugerechnet wird. Die Zu- und Abschläge führen zu einer risikoorientierten Anhebung oder Absenkung der für alle Versicherten zunächst einheitlichen Grundpauschale. Die Summe aus den Zu- und Abschlägen sowie der Grundpauschale entspricht den standardisierten Leistungsausgaben nach § 266 SGB V, die die KK zur Deckung ihrer Ausgaben aus dem Gesundheitsfonds erhält.
Für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland hatten (Auslandsversicherte), werden abweichend von dem Vorgenannten gesonderte Risikogruppen nur nach Alter und Geschlecht gebildet (Auslands-Alters-Geschlechts-Gruppen ≪AusAGG≫). Es fehlt nämlich für diese Versicherten an Morbiditätsinformationen aus dem Datenträgeraustauschverfahren (§§ 295, 300, 301 SGB V), die die Zuordnung der Versicherten zu einer hierarchisierten Morbiditätsgruppe ermöglichen. Die Beklagte regelt in Festlegungen auch die Zuweisungsgrundsätze für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland hatten (sog Auslandsversicherte). Die Beklagte traf die morbiditätsorientierten Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2013 (28.9.2012) und passte sie an (29.4.2014).
Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz ≪GKV-FQWG≫ vom 21.7.2014, BGBl I 1133, soweit hier interessierend am 1.8.2014 in Kraft getreten, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG) führte eine Zuweisungsbegrenzung für Auslandsversicherte auf die tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppe ein (§ 269 Abs 2 SGB V, § 41 Abs 1 S 2, § 31 Abs 5 S 5 RSAV). Das BVA änderte daraufhin nach Anhörung des GKV-Spitzenverbandes, des AOK-Bundesverbandes sowie der Klägerin die Festlegungen und gab dies bekannt (29.9.2014): Es fügte unter dem Punkt 2.5 "Rechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge" der Festlegungen den neuen Abschnitt 2.5.7 ein. Hiernach werden die Risikozuschläge für die AusAGG proportional so weit gekürzt, bis die Höhe mit den tatsächlichen Leistungsausgaben für Auslandsversicherte aller KKn übereinstimmt. Die Beklagte erließ auf dieser Grundlage den Jahresausgleichsbescheid 2013 für die Klägerin (14.11.2014; bezüglich der Auslandsversicherten: Teil 1, Zuweisung von 53 976 145,29 Euro).
Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage geltend gemacht, die Deckelung der Zuweisung für die Auslandsversicherten sei rechtswidrig. Das LSG hat den Jahresausgleichsbescheid 2013 hinsichtlich der Zuweisungen für Auslandsversicherte aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts insoweit neu zu bescheiden: Die Beklagte habe ohne Ermächtigungsgrundlage die für das Ausgleichsjahr 2013 bereits getroffenen "Festlegungen" (28.9.2012 und 29.4.2014) um die Regelungen der Risikozuschläge mit Begrenzung der Zuweisungen für Auslandsversicherte ergänzt (Urteil vom 29.10.2015).
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 269 Abs 2 SGB V, § 41 Abs 1 S 2, § 31 Abs 5 S 5 RSAV und Art 17 Abs 3 GKV-FQWG. Sie habe zu Recht die Festlegungen für den RSA 2013 vor Erlass des Jahresausgleichsbescheids 2013 getroffen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das BVA, ist begründet (§ 170 Abs 2 S 1 SGG). Die Klage ist zwar zulässig (dazu 1.), aber nicht begründet (dazu 2.). Der klagenden KK steht kein Anspruch auf höhere Zuweisung für Auslandsversicherte im Jahr 2013 zu.
1. Die Sachurteilsvoraussetzungen für die Klage sind erfüllt.
a) Die Entscheidung der Beklagten über den Jahresausgleich 2013 (Bescheid vom 14.11.2014 auf der Grundlage der Festlegungen 2012 und 2014) ersetzte die Entscheidungen über vorläufige Zuweisungen für 2013 vollständig (vgl entsprechend BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 10 ff, auch für BSGE vorgesehen).
b) Die Klage ist als Verpflichtungsklage ohne Vorverfahren zulässig (vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 9, auch für BSGE vorgesehen). Gegenstand der Klage ist das Begehren, die Ablehnung höherer Zuweisungen für 2013 (Teilregelung im Jahresausgleichsbescheid 2013 vom 14.11.2014) aufzuheben und höhere Zuweisungen für 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Die Klägerin greift nur einen abtrennbaren Teil der Ablehnung höherer Zuweisungen an, nämlich die Ablehnung eines höheren Zahlbetrags wegen vermeintlich gebotener Zuweisung für Auslandsversicherte ohne Deckelung durch das GKV-FQWG in der Zuweisung für 2013 (vgl zu den Verfügungssätzen des Jahresausgleichsbescheids und zu ihrer Teilbarkeit BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 18 ff, auch für BSGE vorgesehen).
c) Der erkennende Senat hat die Rechtmäßigkeit der dem Jahresausgleich 2013 zugrunde liegenden Festlegungen - und nicht nur ihre Wirksamkeit - zu überprüfen, obwohl die Beklagte hierin ihre Entscheidung, wie mit den Ausgaben für Auslandsversicherte zu verfahren ist, vor Erlass des angegriffenen Jahresausgleichsbescheids traf. Die Entscheidung über den Jahresausgleich erfolgt nämlich in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem den KKn gerichtlicher Rechtsschutz erst auf der letzten Stufe gewährt wird: Klagen der KKn sind lediglich gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA einschließlich der hierauf entfallenden Nebenkosten eröffnet. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Die vorangegangenen Festlegungen sind - obwohl nach ihrer Rechtsqualität ebenso wie die Grundlagenbescheide Allgemeinverfügungen (§ 31 S 2 SGB X; BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 15) - im Rahmen der Klagen von KKn gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA inzidenter mit zu überprüfen. Die Konzentration des gerichtlichen Rechtsschutzes auf Klagen gegen die Höhe der Zuweisungen im RSA folgt aus der sinngemäßen Auslegung des in § 266 Abs 6 S 7 SGB V angelegten Regelungssystems (vgl näher BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 16). Soweit in der einheitlichen Entscheidung über den Jahresausgleich für ein Folgejahr eine Korrektur von Fehlern der Zuweisungen für das Vorjahr enthalten ist, tastet diese Korrektur den (ursprünglichen) Jahresausgleichsbescheid für das Vorjahr nicht an (vgl BSGE 116, 31 = SozR 4-2500 § 272 Nr 1, RdNr 12 mwN).
d) Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Es bedarf insbesondere keiner Beiladung anderer KKn nach § 75 Abs 2 SGG (vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 23, auch für BSGE vorgesehen).
2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, der Klägerin für Auslandsversicherte für 2013 mehr als zuerkannt zuzuweisen. Entgegen der Auffassung der Klägerin legte die Beklagte rechtmäßig fest, dass die Höhe der Zuweisungen für Auslandsversicherte im Rechtssinne zur Deckung ihrer standardisierten Leistungsausgaben begrenzt ist auf die tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppe, für die jeweilige KK entsprechend ihrer Buchung (KJ1, Konten 4800 und 4830) berücksichtigt (Festlegung vom 29.9.2014). Die Beklagte durfte schon nach Wortlaut und Regelungssystem der Rechtsgrundlagen mit Blick auf die eigenständige umfassende Regelung des § 31 Abs 5 RSAV für Auslandsfälle so verfahren (dazu a). Dem entsprechen Entstehungsgeschichte (dazu b) und Regelungszweck (dazu c). Verfassungsrecht steht dieser Auslegung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entgegen (dazu d). Die Berechnung erfolgte auch der Höhe nach rechtmäßig (dazu e).
a) Rechtsgrundlage der Festlegung ist § 269 Abs 2 und Abs 4 SGB V iVm § 31 und § 41 Abs 1 S 2 RSAV. Danach ist für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland hatten, die Höhe der Zuweisungen zur Deckung ihrer standardisierten Leistungsausgaben auf die tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppen zu begrenzen (vgl § 269 Abs 2 SGB V). Das Nähere zur Umsetzung dieser Vorgaben, insbesondere zur Abgrenzung der Leistungsausgaben, zum Verfahren einschließlich der Durchführung des Zahlungsverkehrs sowie zur Festlegung der Vorgaben für die Gutachten regelt die Rechtsverordnung nach § 266 Abs 7 S 1 SGB V (vgl § 269 Abs 4 SGB V), die RSAV (Verordnung über das Verfahren zum Risikostrukturausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung - Risikostruktur-Ausgleichsverordnung, hier anzuwenden idF durch Art 15 GKV-FQWG mWv 1.8.2014, vgl Art 17 Abs 3 GKV-FQWG).
§ 31 Abs 1 RSAV regelt Vorgaben für die Auswahl des Versichertenklassifikationsmodells (§ 29 S 1 Nr 1 RSAV) und seine Anpassung an die Gegebenheiten der GKV, § 31 Abs 2 S 1 RSAV die Aufgaben des wissenschaftlichen Beirats beim BVA und § 31 Abs 4 RSAV Vorgaben für die "Festlegungen". Danach legt das BVA auf der Grundlage der Empfehlung nach § 31 Abs 2 Nr 2 und 3 RSAV die nach § 31 Abs 1 S 2 RSAV zu berücksichtigenden Krankheiten, die auf Grundlage dieser Krankheiten zugrunde zu legenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge für das folgende Ausgleichsjahr nach Anhörung der Spitzenverbände der KKn bis zum 30. September fest und gibt diese in geeigneter Weise bekannt (vgl § 31 Abs 4 S 1 RSAV). Für die Ermittlung der Risikozuschläge für die in § 29 S 1 Nr 1 RSAV genannten Risikomerkmale sind nur die nach Satz 1 festgelegten Morbiditätsgruppen zu berücksichtigen (vgl § 31 Abs 4 S 2 RSAV). Das BVA kann nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der KKn die Festlegungen nach Satz 1 unterjährig anpassen, wenn die allgemein gültige Kodierung der Diagnosen oder die Arzneimittelklassifikation aktualisiert wird (vgl § 31 Abs 4 S 6 RSAV). Die Anpassungen nach Satz 6 sind in geeigneter Weise bekannt zu geben (vgl § 31 Abs 4 S 7 RSAV).
§ 31 Abs 5 RSAV ermächtigt das BVA eigenständig und abweichend von den spezifisch morbiditätsorientierten Grundsätzen nach § 31 Abs 4 RSAV, Festlegungen für Auslandsversicherte im Rechtssinne bezüglich des Jahresausgleichs (§ 41 RSAV) zu erlassen. Sie sind anders als im Festlegungsverfahren nach § 31 Abs 4 RSAV weder an bestimmte, weit im Vorfeld des Jahresausgleichsbescheids liegende gesetzliche Fristen gebunden noch im Falle ihrer bescheidmäßigen Fixierung einer eingeschränkten Abänderbarkeit unterworfen. Bei der Regelung für Auslandsversicherte im Rechtssinne geht es allein darum, die im Ausgleichsjahr den einzelnen KKn durch Auslandskrankenversicherte entstandene gesamte tatsächliche Kostenlast bis zum Erlass des Jahresausgleichsbescheids bestmöglich zu ermitteln und zwischen ihnen auszugleichen: Für Versicherte, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland hatten, sind gesonderte Risikogruppen nach Alter und Geschlecht zu bilden und Risikozuschläge anhand der durchschnittlichen Risikozuschläge für alle Versicherten der entsprechenden Alters- und Geschlechtsgruppen zu ermitteln. Bei Versicherten, die während des überwiegenden Teils des dem Ausgleichsjahr vorangegangenen Jahres Kostenerstattung für den Bereich der ärztlichen Versorgung nach § 13 Abs 2 oder § 53 Abs 4 SGB V gewählt haben, werden die Risikogruppen nach § 29 Nr 1 RSAV durch eine gesonderte Risikogruppe ersetzt; das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Risikozuschläge nach Absatz 4 Satz 1 sind entsprechend anzuwenden. Im Einvernehmen mit dem Spitzenverband Bund der KKn kann das BVA innerhalb der nach Satz 2 zu bildenden Risikogruppe weitere Differenzierungen vornehmen. Sofern Versicherte sowohl der Risikogruppe nach Satz 1 als auch der Risikogruppe nach Satz 2 zuzuordnen sind, ist die Risikogruppe nach Satz 1 maßgeblich (vgl § 31 Abs 5 S 1 bis 4). Festlegungen nach § 31 Abs 5 RSAV sind aus Gründen der Rechtsklarheit nach dem Regelungssystem ergänzend zu jenen nach § 31 Abs 4 RSAV zulässig.
Das Zusammenspiel von § 31 Abs 5 S 5 und 6 RSAV mit § 41 RSAV und Art 17 Abs 3 GKV-FQWG verdeutlicht die Ermächtigung der Beklagten, aktuelle, dem geänderten Rechtszustand angepasste Festlegungen für die Auslandsversicherten vor dem Jahresausgleich für 2013 zu erlassen. Die speziellen Regelungen des RSA verdrängen auch insoweit die allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X, insbesondere auch des § 48 SGB X (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014 - 109 = Juris RdNr 19). Nach der ab 1.8.2014 geltenden Änderung des § 31 Abs 5 S 5 RSAV (Art 15 und Art 17 Abs 3 GKV-FQWG) werden als Leistungsausgaben für die Risikogruppen nach Satz 1 die von den KKn in der Jahresrechnung gebuchten Ausgaben für im Ausland erbrachte Leistungen zugrunde gelegt; danach sind, entsprechend den Bestimmungen des Kontenrahmens, die Bereiche pauschalierter oder nach dem tatsächlichen Aufwand berechneter Erstattungen an ausländische Versicherungsträger sowie Erstattungen an Arbeitgeber nach § 17 SGB V zu berücksichtigen. Der Spitzenverband Bund der KKn kann im Einvernehmen mit dem BVA eine weitergehende oder abweichende Bestimmung der Bereiche, die Aufwendungen für Leistungen im Ausland betreffen, treffen (vgl § 31 Abs 5 S 6 RSAV in der ab 1.8.2014 geltenden Fassung).
§ 41 RSAV regelt den Jahresausgleich. Danach ermittelt das BVA nach Vorliegen der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse aller am monatlichen Ausgleich teilnehmenden KKn für das jeweilige abgelaufene Kalenderjahr (Ausgleichsjahr) 1. die alters-, geschlechts- und risikoadjustierten Zu- und Abschläge und 2. die Werte nach § 37 Abs 1 S 2 Nr 2 und 3 sowie Abs 4 S 2 Nr 2 RSAV neu. Die Summe der Risikozuschläge nach § 31 Abs 5 S 1 RSAV ist auf die Summe der Leistungsausgaben nach § 31 Abs 5 S 5 und 6 RSAV zu begrenzen. Die Hälfte der Zuweisungen für die Versichertengruppen nach § 29 Nr 4 RSAV ist für jede KK auf der Grundlage der Aufwendungen der KK für Krankengeld zu ermitteln (§ 41 Abs 1 RSAV). Das BVA ermittelt für jede KK nach Maßgabe von § 41 Abs 2 RSAV den Betrag, um den die Zuweisungen für jede KK im Jahresausgleich nach Absatz 3 zu verändern sind. Grundsätzlich berechnet das BVA danach auf der Grundlage der nach den Absätzen 1 und 2 ermittelten Zahlen sowie der Grundpauschalen nach § 36 RSAV für jede KK die Höhe der Zuweisungen nach § 266 Abs 2 S 1 und § 270 SGB V im Jahresausgleich (vgl näher § 41 Abs 3 RSAV). Das BVA gibt die nach den Absätzen 1 und 2 Nr 2 ermittelten Werte in geeigneter Weise bekannt und teilt den KKn die nach den Absätzen 2 und 3 ermittelten Beträge mit. Übersteigt die Höhe der nach Absatz 3 ermittelten Zuweisungen die monatlichen Zuweisungen, steht der KK der überschießende Betrag zu. Unterschreitet die Höhe der nach Absatz 3 ermittelten Zuweisungen die monatlichen Zuweisungen, ist der Unterschiedsbetrag an den Gesundheitsfonds zu zahlen. § 39 Abs 3a S 3 bis 6 RSAV gilt entsprechend (vgl § 41 Abs 4 RSAV). Der Jahresausgleich ist bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahres - hier: 2014 - durchzuführen und im nächsten Jahresausgleich auf Grundlage der Datenmeldung nach § 30 Abs 4 S 2 Halbs 2 RSAV zu korrigieren. Das Nähere zum Verfahren bestimmt das BVA nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der KK (vgl § 41 Abs 5 RSAV).
Der Gesetzgeber durfte verfassungskonform die genannten Vorschriften der RSAV durch das GKV-FQWG selbst ohne Zustimmung des Bundesrates ändern (zu den Anforderungen vgl näher BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 23 ff und BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 43 ff, auch für BSGE vorgesehen, sowie BVerfGE 114, 196, 223). Die Regelung unterlag nicht der Zustimmungspflicht des Bundesrates. Ob der Bundesrat der gesetzlichen Regelung, die die Verordnungsänderung bewirkte, zuzustimmen hatte, richtet sich nach Art 84 Abs 1 GG. Danach bestand kein Zustimmungserfordernis, denn eine Regelung des Verfahrens der Landeseigenverwaltung enthält die Änderung der § 31 Abs 5 S 5 und S 6, § 41 Abs 1 S 2 RSAV nicht (vgl entsprechend BVerfGE 114, 196, 223). Der parlamentarische Gesetzgeber ist im Übrigen von Verfassungs wegen zur Änderung einer Rechtsverordnung in einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren berechtigt, wenn bei der Änderung komplexer Regelungsgefüge, in denen förmliches Gesetzesrecht und auf ihm beruhendes Verordnungsrecht ineinander verschränkt sind, auch das Verordnungsrecht anzupassen ist. Ändert das Parlament wegen des sachlichen Zusammenhangs eines Reformvorhabens bestehende Rechtsverordnungen oder fügt es in diese neue Regelungen ein, so ist das dadurch entstandene Normengebilde aus Gründen der Normenklarheit insgesamt als Rechtsverordnung zu qualifizieren (vgl BVerfGE 114, 196, 234 ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 93 ff). Der Gesetzgeber des GKV-FQWG musste in diesem Sinne bei Einführung der Deckelung der Zuweisungen für Auslandsversicherte zur Finanzierung der KKn das komplexe, ineinander verschränkte Regelungsgefüge des Gesetzesrechts des SGB V und der RSAV ändern und hierbei auch das Recht der RSAV anpassen. Er beachtete hierbei die verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl hierzu näher BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 23 ff und BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 43 ff, auch für BSGE vorgesehen).
b) Die Gesetzesmaterialien unterstreichen, dass der Gesetzesentwurf eine Deckelung der Zuweisungen für die Auslandsversicherten bereits im Jahresausgleichsbescheid 2013 erstrebte. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung eines GKV-FQWG stellt heraus, dass der Gesetzgeber Sonderregelungen zur Verbesserung der Zielgenauigkeit der Zuweisungen auf der Grundlage der Analysen und Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des RSA beim BVA vom 22.6.2011 zum Krankengeld und zu den Auslandsversicherten einführen wollte (vgl BT-Drucks 18/1307 S 3). Nach den Erläuterungen zu den Änderungen des § 269 SGB V sind die Sonderregelungen geeignet, über Ausnahmeregelungen zum gesetzlich vorgegebenen Standardisierungsverfahren die Zielgenauigkeit in den betreffenden Bereichen zu verbessern. Hierzu legt die Vorschrift einerseits fest, dass Gutachten zu erstellen sind, in deren Rahmen unter Beachtung des gesetzlich vorgegebenen Standardisierungsverfahrens (§ 268 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB V) Modelle zur zielgerichteteren Ermittlung der Zuweisungen zur Deckung der standardisierten Krankengeldausgaben sowie zur Deckung der standardisierten Ausgaben für Auslandsversicherte entwickelt und geprüft werden. Zusätzlich folgt die Regelung der Anregung des Beirats, als ersten Schritt zu zielgenaueren Zuweisungen übergangsweise die Summe der Zuweisungen für Auslandsversicherte an die KKn insgesamt auf die Summe der von diesen verursachten Leistungsausgaben zu begrenzen (vgl BT-Drucks 18/1307 S 48 zu Nr 34). Mit der Regelung des § 269 Abs 2 SGB V wird in diesem Sinne die Ermächtigungsgrundlage dafür geschaffen, dass die Zuweisungen an die KKn für Auslandsversicherte entsprechend dem Vorschlag des Beirats auf die Summe der von diesen verursachten Leistungsausgaben begrenzt werden. Der Gesetzesentwurf will die Regelungen des § 31 Abs 5 S 5 und S 6 sowie des § 41 Abs 1 S 2 RSAV unmittelbar ändern, bis ein Modell vorliegt, mit dem die Zuweisungen für Auslandsversicherte auf der Grundlage empirischer Untersuchungen insgesamt zielgerichteter verteilt werden können als bislang. Um finanzielle Verwerfungen zu vermeiden, erfolgt die Kappung ausschließlich im Jahresausgleich (vgl BT-Drucks 18/1307 S 59 f zu Art 15 zu Nr 10). Schließlich hebt die Begründung zur Regelung des Inkrafttretens hervor, dass auch die Regelungen zur Weiterentwicklung des Morbi-RSA im SGB V sowie in der RSAV am 1.8.2014 in Kraft treten. Hieraus folgert die Begründung, dass die Regelungen zu Krankengeld und Auslandsversicherten erstmals im Rahmen des Jahresausgleichs 2013, welcher im Herbst 2014 durchgeführt wird, umgesetzt werden. Damit wird gewährleistet, dass diese Umsetzung zeitgleich mit der veränderten Berücksichtigung der Ausgaben für Versicherte, die im Ausgleichsjahr verstorben sind, erfolgt, welche vom BVA auf der Grundlage der Rechtsprechung ebenfalls erstmals für das Ausgleichsjahr 2013 umgesetzt wird (vgl BT-Drucks 18/1307 S 61 zu Art 17 zu Abs 3).
c) Die Rechtsänderung durch das GKV-FQWG bezweckt nach der dargelegten Begründung, umgehend als ersten Schritt zu zielgenaueren Zuweisungen übergangsweise die Summe der Zuweisungen für Auslandsversicherte an die KKn insgesamt auf die Summe der von diesen verursachten Leistungsausgaben zu begrenzen. Dies zielt auf einen gerechteren, weniger verzerrenden Zuweisungsmodus, um dem Grundanliegen des RSA besser gerecht zu werden. Es fehlt jegliche Rechtfertigung, diese Zielsetzung nicht so früh wie nach der Rechtsordnung möglich umzusetzen.
d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der Regelungen des GKV-FQWG für die Zuweisungen für Auslandsversicherte in Festlegungen für den Jahresausgleich für das Ausgleichsjahr 2013 greifen nicht durch. Die Klägerin beruft sich hierfür auf das verfassungsrechtliche Verbot echter Rückwirkung. Der erkennende Senat lässt die Frage offen, inwieweit sich die klagende Körperschaft des öffentlichen Rechts hierauf berufen kann oder das Rückwirkungsverbot zumindest als objektiver Teil der Rechtsordnung, des Rechtsstaatsprinzips, für den Rechtsstreit Geltung beanspruchen kann (vgl entsprechend zur Geltung des Willkürverbots als allgemeiner Rechtsgrundsatz, der schon aus dem Wesen des Rechtsstaates, dem Prinzip der allgemeinen Gerechtigkeit folgt, BVerfGE 21, 362, 372 = Juris RdNr 30; offengelassen für den rechtsstaatlich verankerten Anspruch auf Vertrauensschutz in BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 19.5.1999 - 1 BvR 263/98 - Juris RdNr 13, 19; die Verfassungsmäßigkeit eines rückwirkenden Gesetzes nur dann als fraglich ansehend, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt, BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - BVerfGE 135, 1 RdNr 63; einen etwaigen Bestandsschutz verneinend, weil es sich bei den KKn nicht um Grundrechtsträger handelt, BT-Drucks 18/1307 S 61 zu Art 17 zu Abs 3). Denn es liegt ein Fall der unechten Rückwirkung vor. Dessen verfassungsrechtliche Grenzen sind beachtet. Die Regelungen der § 31 Abs 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG und ihre Anwendung in Form des Erlasses entsprechender Festlegungen für den Jahresausgleich 2013 verstoßen nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot (Art 20 Abs 3 GG iVm Art 2 Abs 1 GG).
Der erkennende Senat unterscheidet mit dem BVerfG bei rückwirkenden Gesetzen zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (stRspr, vgl zB BVerfGE 45, 142, 167 f; BVerfGE 101, 239, 262; BVerfGE 132, 302, 318, jeweils mwN), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl zB BVerfGE 132, 302, 318; BVerfGE 135, 1 RdNr 39 mwN; vgl auch zB BSG SozR 4-5562 § 8 Nr 1 RdNr 28 f; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014 - 109 = Juris RdNr 21 ff mwN). Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl zB BVerfGE 11, 139, 145 f; BVerfGE 101, 239, 263; BVerfGE 132, 302, 318). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl BVerfGE 127, 1, 16 f). So liegt es regelmäßig, wenn der Gesetzgeber eine nicht nur vorläufig geregelte bereits entstandene Schuld nachträglich abändert (vgl zB entsprechend zum Steuerrecht, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert, BVerfGE 127, 1, 18 f; BVerfGE 127, 61, 77 f; BVerfGE 132, 302, 319). Daran fehlt es.
Eine echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) im dargelegten Sinne sehen die Regelungen der § 31 Abs 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG nicht vor. Sie greifen nicht nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, in der Vergangenheit liegende Tatbestände ein; sie regeln lediglich Rechtsverhältnisse für Zeiträume nach ihrer Verkündung, die zuvor bloß vorläufig geregelt waren. Hierfür ist wesentlich, dass die Gesetzeskonzeption des RSA bis zum Jahresausgleichsbescheid nur vorläufige Zuweisungen vorsieht (vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 11 ff, auch für BSGE vorgesehen), die keinen Vertrauensschutz begründen können. Der Jahresausgleichsbescheid schafft eine Zäsur. Sie hat die Folge, dass sich die vorangegangenen vorläufigen Verwaltungsakte mit dem Erlass des Bescheides über den Jahresausgleich nach § 39 Abs 2 SGB X erledigen (vgl BSG SozR 4-2500 § 268 Nr 1 RdNr 11 ff, auch für BSGE vorgesehen). Korrekturen des Jahresausgleichsbescheids können aufgrund geänderter Daten erst im Folgejahr erfolgen (vgl zB BSGE 116, 31 = SozR 4-2500 § 272 Nr 1, RdNr 12 mwN), ohne damit den vorangegangenen Jahresausgleichsbescheid zu ändern (vgl oben II. 1. c). Rückwirkende Korrekturen sind ausgeschlossen (vgl entsprechend zur Fehlerkorrektur bei strukturierten Behandlungsprogrammen BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 18 mwN; vgl zum Ganzen BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 17).
Die Regelungen der § 31 Abs 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG und ihre Anwendung durch die Festlegungen für den Jahresausgleich 2013 bewirken eine unechte Rückwirkung. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt und damit die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (stRspr, vgl zB BVerfGE 43, 291, 391; BVerfGE 72, 175, 196; BVerfGE 79, 29, 45 f). Regelungen, die eine unechte Rückwirkung entfalten, sind grundsätzlich zulässig und genügen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (BVerfGE 97, 378, 389 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7; BVerfGE 101, 239, 263; BVerfG SozR 3-4100 § 242q Nr 2; BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 2/14 R - USK 2014 - 109 = Juris RdNr 22).§ 31 Abs 5 RSAV geht im Gegensatz zu den spezifisch morbiditätsorientierten Festlegungen nach § 31 Abs 4 RSAV bei der Anpassung des Klassifikationsmodells im Falle der Auslandskrankenversicherten - wie oben aufgezeigt - nach Regelungssystematik und -zweck von keinen fristgebundenen frühzeitigen und nur eingeschränkt abänderbaren Festlegungen des BVA aus. Die Festlegungen vom 29.9.2014 entsprechend § 31 Abs 5 S 5, § 41 Abs 1 S 2 RSAV, § 269 Abs 2 SGB V, Art 17 Abs 3 GKV-FQWG tragen dem Interesse an einer zielgenaueren, gerechteren Eingrenzung der Zuweisungen für die Auslandsversicherten Rechnung, wie oben dargelegt. Das Interesse der von der bisherigen stärker pauschalisierenden Reglung begünstigten KK ist gegenüber dem gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteresse nicht schutzwürdig.
e) Entgegen der Auffassung der Klägerin berechnete die Beklagte auch die Höhe der Zuweisungen für die Auslandsversicherten im Rechtssinne im Jahresausgleich 2013 zutreffend. Sie bilden nach der oben (siehe II. 2. a) dargelegten Regelungskonzeption des Gesetzes eine eigenständige Versichertengruppe, deren Zuweisungen im Umfang der tatsächlichen Leistungsausgaben aller KKn für diese Versichertengruppen gedeckelt sind (vgl § 269 Abs 2 SGB V). Als Leistungsausgaben werden für die Risikogruppen nach § 31 Abs 5 S 1 RSAV die von den KKn in der Jahresrechnung gebuchten Ausgaben für im Ausland erbrachte Leistungen zugrunde gelegt; danach sind, entsprechend den Bestimmungen des Kontenrahmens, die Bereiche pauschalierter oder nach dem tatsächlichen Aufwand berechneter Erstattungen an ausländische Versicherungsträger sowie Erstattungen an Arbeitgeber nach § 17 SGB V zu berücksichtigen (vgl § 31 Abs 5 S 5 RSAV). Die Beklagte verfuhr dementsprechend.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 161 Abs 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 4 sowie § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1 GKG.
Fundstellen
NZS 2017, 118 |
NZS 2017, 380 |
SGb 2016, 691 |