Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entscheidung darüber, welche Bedingungen als Ursache oder Mitursache im Rechtssinne zu gelten haben und welche nicht, muß im Einzelfall aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vergleiche BSG 1955-06-10 10 RV 390/54 = BSGE 1, 72, 76).
2. Wenn ein Beschädigter wegen schädigungsbedingter Kopfschmerzen erst später einen Geschäftsgang unternimmt, so hat dies nicht zur Folge, daß er auf diesem ganzen Geschäftsgang etwa unter Versorgungsschutz steht. Er trägt vielmehr selbst das Risiko der auf diesem Geschäftsgang auftretenden allgemeinen Gefahren wie Schädigung durch Verkehrsunfälle, sonstige Unfälle oder verbrecherische Handlungen; es sei denn, er ist durch eine private oder die gesetzliche Unfallversicherung gegen solche Unfälle geschützt.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 3 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. April 1964 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Beim Ehemann und Vater der Kläger (J.) waren Knochendefekt am Scheitel nach Splitterverletzung, Folgen von Hirnsubstanzschädigung mit abgeklungener Halbseitenlähmung rechts, belangloser kleinster Splitter im Rücken, Meniskusoperation an beiden Kniegelenken ohne Folgebeschwerden und Narben nach Wadendurchschuß rechts als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um (zuletzt) 50 v. H. anerkannt. Am 11. Juli 1955 starb J. an den Folgen eines am 5. Juli 1955 erfolgten Sprengstoffanschlages, der gegen 15 00 Uhr im Postamt M auf den Slowaken C (C.) verübt worden war. J. war hierbei neben anderen Personen, die teils getötet, teils verletzt wurden, anwesend. Der Hinterbliebenenrentenantrag der Klägerin zu 1) wurde mit Bescheid vom 12. April 1956 abgelehnt, weil J. nicht an den Folgen einer Kriegsschädigung gestorben sei. Der Widerspruch blieb erfolglos. Im Klageverfahren wurden Dr. K (K.) als Sachverständiger und die Zeugen F und M gehört, worauf das Sozialgericht (SG) den Beklagten zur Gewährung von Hinterbliebenenrente verurteilte. Auf die Berufung des Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 21. April 1964 das SG-Urteil auf und wies die Klage ab. Im Versorgungsrecht gelte nicht die Theorie der "conditio sine qua non". Der plötzlichen unvorhergesehenen und auch nicht voraussehbaren gewaltigen Explosion des Sprengkörpers im Postamt komme die überragende Bedeutung am Tod des J. zu; daneben träten die durch die Schädigungsfolgen bedingten Kopfschmerzen und die etwa herabgeminderte Reaktionsfähigkeit des J. sowie auch dessen späteres Erscheinen auf der Post infolge der Kopfschmerzen erheblich in den Hintergrund, zumal nach Dr. K. von einer beträchtlichen Herabsetzung der Reaktion nicht gesprochen werden könne. Ursache im Rechtssinn sei somit allein die Explosion.
Mit der zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Gesetzesverletzung bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs i. S. des § 162 Abs. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sowie vorsorglich Verfahrensverstöße (Verletzung der §§ 103, 106, 109, 112, 121, 128 SGG. Nach der in der Kriegsopferversorgung (KOV) geltenden Kausalitätsnorm hätte das LSG der Explosion nicht eine überragende Bedeutung für den Todeseintritt zusprechen dürfen. Es dürfe nicht gefragt werden, ob es wahrscheinlich sei, daß J. ohne seine Kriegsbeschädigung mit dem Leben davon gekommen wäre, sondern ob J. überhaupt ohne sein Kriegsleiden tödlich verletzt worden und diesen Verletzungen erlegen wäre. Das LSG hätte auch die besonderen Umstände, die J. zum Opfer des nicht gegen ihn gerichteten Attentats werden ließen, bei der Abwägung der einzelnen Unfallursachen mit heranziehen müssen. Da J. rein zufällig als Unbeteiligter in den Gefahrenbereich des gegen C. gerichteten Attentats geriet, hätten diese besonderen Umstände - wie bei der Entscheidung in BSG 6, 168 - berücksichtigt werden müssen, nämlich die Tatsache, daß das Kriegsleiden des J. ihn zu einer Zeit in das Postamt geführt habe, als dort das Attentat erfolgte. Wäre J. ohne des Kriegsleiden um 14 00 Uhr zur Post gegangen, so hätte ihn das Attentat um 15 00 Uhr nicht verletzt. Nur weil er infolge des Kriegsleidens (schwere Kopfschmerzen) verspätet zur Post gekommen sei und weil er nicht wie andere sofort habe reagieren können, sei er tödlich verletzt worden. Das Kriegsleiden sei sonach von mindestens der gleichen ursächlichen Bedeutung gewesen wie der abirrende Bombensplitter. Das LSG habe auch den Begriff der mittelbaren Schädigungsfolge verkannt. Wie bei einem Leitersturz oder sonstigen Unfall unter Mitwirkung von Schädigungsfolgen hätte das LSG das SG-Urteil unter diesem Gesichtspunkt bestätigen müssen. Das LSG habe ferner den Begriff der Wahrscheinlichkeit verkannt. Es sei nicht nur wahrscheinlich sondern sicher, daß die tödliche Verletzung nicht eingetreten wäre, wenn J. nicht verspätet in das Postamt gekommen wäre; es sei auch wahrscheinlich, daß J. den Folgen des Attentats entkommen wäre, wenn er sofort hätte reagieren können, und es entspreche weiter der allgemeinen Lebenserfahrung, daß man bei schweren Kopfschmerzen nicht blitzschnell reagieren könne. Kriegsteilnehmer gingen bei der starken Lichterscheinung einer Explosion schon instinktiv in Deckung und würden dann wahrscheinlich nicht von abirrenden Splittern getroffen, wie dies auch bei dem mitbeteiligten J A der Fall gewesen sei. Wenn das LSG den Feststellungen des SG, daß J. am Unfalltag unter kriegsbedingten heftigsten Kopfschmerzen gelitten habe und daß er deswegen statt um 14 00 Uhr erst um 15 00 Uhr zur Post kam, nicht folgen wollte, hätte es eigene Ermittlungen anstellen bezw. entgegenstehende Feststellungen treffen müssen. Es hätte ferner ermitteln müssen, ob die Kopfschmerzen die Reaktionsfähigkeit besonders herabsetzten. Das 1952, 3 Jahre vor dem Unfall erstattete Nervengutachten sei in der Verhandlung überhaupt nicht erwähnt worden; desgleichen sei auch das Gutachten des Dr. K. bei der Erörterung der Streitsache nicht genannt worden. Darin liege eine Verletzung des § 121 SGG. Das Gutachten von 1952 habe nur ganz allgemein und summarisch die Frage behandelt, daß keine neurologischen Regelwidrigkeiten und keine psychischen Störungen mehr vorlägen; dieser Befund habe zu dem Fehlen des Reaktionsvermögens am Unfalltag nichts besagen können. Das LSG hätte daher ein weiteres Gutachten zu dieser Frage einholen oder die Kläger zur Stellung weiterer Beweisanträge anhalten müssen. Es hätte ferner der Behauptung nachgehen müssen, daß A. entsprechend der Verhaltensweise erfahrener Kriegsteilnehmer instinktiv in Deckung gegangen und damit den Explosionsfolgen entgangen sei; durch Gutachten wäre gegebenenfalls zu klären gewesen, ob demnach mit Wahrscheinlichkeit die Schadensfolgen hätten vermieden oder vermindert werden können. Gegen § 128 SGG habe das LSG verstoßen, indem es nur das Gutachten des Dr. K. und das Nervengutachten von 1952 berücksichtigt habe, ohne alle Umstände sachgemäß abzuwägen. Da Dr. K. insbesondere zur mangelnden Reaktionsfähigkeit gerade bei schweren Kopfschmerzen nicht Stellung genommen habe, hätte sich das LSG auf dessen Gutachten nicht stützen dürfen sondern eine Erwägung des Gutachtens veranlassen müssen. Damit seien die §§ 128 und 103 SGG verletzt. Die Vermutung des Gutachters, daß dem Befund des Nervenarztes eine neurologische Regelwidrigkeit nicht zu entnehmen und auch sonst eine Verminderung des Reaktionsvermögens nicht ausreichend wahrscheinlich gemacht sei, daß die Frage aber nicht exakt beantwortet werden könne, habe sich das LSG unter Verstoß gegen § 128 SGG zu eigen gemacht. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß bei starken Kopfschmerzen rasche Bewegungen vermieden würden. Unterstelle aber das LSG die durch das Kriegsleiden bedingte Verspätung des J. und die mangelnde Reaktionsfähigkeit infolge der Kopfschmerzen, so hätte es sich eingehender mit diesen Tatsachen befassen müssen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des LSG und den Bescheid vom 12. April 1956 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. März 1958 aufzuheben und unter Wiederherstellung des SG-Urteils den Beklagten zu verpflichten, den Tod des J. als Schädigungsfolge anzuerkennen und ab 1. August 1955 Hinterbliebenenrente zu gewähren, hilfsweise, Zurückverweisung an das Tatsachengericht. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Die gerügten Verfahrensmängel lägen nicht vor, ebensowenig eine Verletzung der in der KOV geltenden Kausalitätsnorm.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sachlich ist sie nicht begründet.
Die Verfahrensrügen, auf die zunächst einzugehen war, greifen nicht durch. Das Revisionsvorbringen ist insofern widersprüchlich als zunächst geltend gemacht wird, das LSG sei den Feststellungen des SG über das Vorhandensein von Kopfschmerzen und das verspätete Eintreffen auf der Post nicht gefolgt, später jedoch eingeräumt wird, daß das LSG die Verspätung des J. und die mangelnde Reaktionsfähigkeit infolge der Kopfschmerzen unterstellt habe. Tatsächlich hat das LSG bei der Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs die durch die Schädigungsfolgen bedingten Kopfschmerzen, ferner die etwa herabgeminderte Reaktionsfähigkeit des J. und auch dessen späteres Erscheinen auf der Post infolge der Kopfschmerzen als mitwirkende Bedingungen in Betracht gezogen und diese Umstände somit als richtig unterstellt. Bei dieser Sachlage war auf diejenigen Verfahrensrügen nicht mehr einzugehen, die dartun sollen, daß das LSG zur Feststellung dieser unterstellten Tatsachen weitere Ermittlungen hätte anstellen oder anregen bezw. die von der Revision angenommene Lebenserfahrung über die Vermeidung rascher Bewegungen bei starken Kopfschmerzen hätte berücksichtigen müssen, ferner, daß das LSG die insoweit angeblich unzulänglichen Gutachten von 1952 und des Dr. K. nicht hätte verwerten dürfen. Eine Verletzung des § 109 SGG ist nicht substantiiert gerügt. Da das LSG bei J. eine herabgeminderte Reaktionsfähigkeit unterstellt und sie bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs berücksichtigt hat, brauchte es sich nicht zu weiteren Ermittlungen darüber gedrängt zu fühlen, weshalb unter anderen Bedingungen eine andere Person (A) tödlichen Explosionsfolgen etwa entgangen ist (BSG in SozR SGG § 103 Nr. 7). Das Gutachten von 1952 hat das LSG im Urteil nicht verwertet; es hat lediglich ausgeführt, daß nach dem Gutachten des Dr. K. vom 26. April 1961, in dem Folgerungen aus dem Befund von 1952 gezogen wurden, von einer erheblichen Herabsetzung der Reaktion nicht gesprochen werden könne. Daß Dr. K. etwa eine solche Beurteilung nicht abgegeben hätte, wird von der Revision nicht gerügt. Damit hat das LSG ersichtlich aber nur den allgemeinen Zustand des J. aufgrund seiner anerkannten Gehirnschädigung gemeint; denn daß jedenfalls im Zeitpunkt des Attentats eine herabgeminderte Reaktionsfähigkeit bestanden haben könne, hat das LSG unterstellt. Die Revision tut im übrigen nicht dar, weshalb sich das LSG hätte verpflichtet sehen müssen, auf das im Verfahren erster Instanz erstattete Gutachten des Dr. K., dessen wesentlicher Inhalt der persönlich anwesenden Klägerin zu 1) und ihrem Prozeßbevollmächtigten vom SG mitgeteilt worden ist, in der Verhandlung vor dem LSG erneut hinzuweisen. Die Frage, ob die Streitsache genügend erörtert ist, unterliegt der Entscheidung des Vorsitzenden (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm. zu § 121 SGG). Dieser mußte sich zu einer erneuten Erörterung des im Verfahren vor dem SG erstatteten Gutachtens um so weniger veranlaßt sehen, als das LSG der Auffassung sein konnte, daß es auf diese Sachverständigenaussage bei der rechtlichen Würdigung der am 5. Juli 1955 bestehenden und vom LSG unterstellten besonderen Verhältnisse nicht entscheidend ankomme. Mit dem Revisionsvorbringen, daß sich das LSG eingehender mit diesen Verhältnissen hätte befassen müssen, ist ein Verfahrensmangel nicht in der durch § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG vorgeschriebenen Form gerügt. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge erfordert, daß die Tatsachen und Beweismittel, die den Verfahrensmangel ergeben sollen, in den wesentlichen Punkten genau und bestimmt angegeben werden (vgl. BGHZ 14, 205). Die Rüge, das LSG habe § 128 SGG verletzt, entspricht auch deshalb nicht der genannten Vorschrift, weil die Kläger nicht angegeben haben, zu welchem Ergebnis nach ihrer Ansicht eine gesetzmäßige Beweiswürdigung geführt hätte (BSG in SozR Nr. 28 zu § 164 SGG).
Da sonach Verfahrensmängel im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht mit Erfolg gerügt worden sind, war bei Beurteilung der Frage, ob den Klägern wegen des Todes des J. Hinterbliebenenansprüche zustehen, von den tatsächlichen Feststellungen des LSG auszugehen (§ 163 SGG). Dem LSG ist bei der Verneinung eines Hinterbliebenenrentenanspruches der Kläger weder eine Gesetzesverletzung im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG unterlaufen, noch hat es den Begriff der Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG in SozR Nr. 9 zu § 1 BVG) oder den der mittelbaren Verursachung verkannt.
Eine Gesetzesverletzung nach § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG liegt vor, wenn die in der KOV geltende Kausalitätsnorm verletzt ist (BSG 1, 268, 269). Diese besagt, daß bei der Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs als Ursache im Rechtssinn nur diejenigen Einzelbedingungen zu erachten sind, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, so sind sie rechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Kommt einem der Umstände gegenüber den oder dem anderen eine überragende Bedeutung zu, so ist der betreffende Umstand allein Ursache im Rechtssinne (BSG 1, 151, 157). Das LSG hat bei seiner Entscheidung mehrere Umstände, die zu der tödlichen Verletzung beigetragen haben, berücksichtigt, nämlich einerseits die nicht schädigungsbedingte Explosion des Sprengkörpers und andererseits die durch die Schädigungsfolgen verursachten Kopfschmerzen, die etwa herabgeminderte Reaktionsfähigkeit und das spätere Erscheinen des J. auf der Post infolge der Kopfschmerzen. Kopfschmerzen und herabgeminderte Reaktionsfähigkeit waren bei J. nicht als Schädigungsfolgen anerkannt; das LSG hat diese Beschwerden trotzdem als wahrscheinliche mittelbare Auswirkungen der anerkannten Schädigungsfolgen berücksichtigt und daher den Begriff der mittelbaren Verursachung bezw. der Wahrscheinlichkeit nicht verkannt (vgl. auch BSG 7, 288). Das LSG konnte bei der Abwägung der verschiedenen Bedingungen, die zu der tödlichen Verletzung geführt haben, der Sprengstoffexplosion eine derart überragende Bedeutung beimessen, daß die übrigen Umstände demgegenüber erheblich in den Hintergrund traten. Demnach konnte es die Explosion mit ihren Folgen als alleinige Ursache im Rechtssinne ansehen und damit einen wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. § 1 Abs. 3 BVG) zwischen Schädigungsfolgen nach dem BVG und den Attentatsfolgen verneinen.
Die Entscheidung darüber, welche Bedingungen als Ursache oder Mitursache im Rechtssinne zu gelten haben und welche nicht, muß im Einzelfall aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. BSG 1, 76 und Urteil des erkennenden Senats in SozR Nr. 115 zu § 162 SGG). Wenn das LSG aus der Zahl der im vorliegenden Fall in Betracht kommenden Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn der Sprengstoffexplosion gegenüber den anderen Bedingungen eine überragende Bedeutung beigemessen hat, weil es sich hier um ein plötzliches unvorhergesehenes, auch nicht voraussehbares und in seiner Wirkung gewaltiges Ereignis gehandelt hat, so steht dies mit der Auffassung des praktischen Lebens in Einklang. Die schädigungsbedingten Kopfschmerzen und die dadurch etwa begründete herabgeminderte Reaktionsfähigkeit des J. konnten vom LSG schon deshalb als vergleichsweise unwesentliche Umstände gewertet werden, weil es durchaus ungewiß ist, ob J. durch blitzschnelles Reagieren oder dadurch, daß er in Deckung ging, überhaupt einer tödlichen Verletzung hätte entgehen können. Hierbei werden nicht nur Art und Form des Sprengkörpers sowie seine Lage oder Stellung im Zeitpunkt des Attentats, sondern vor allem auch die unberechenbare Flugbahn der Bombensplitter eine Rolle spielen. Die Frage, ob eine bestimmte Person durch eine instinktive oder willensmäßig gesteuerte Reaktion der Gefahr des Getroffenwerdens ausweichen kann, ist, wenn der Gefährdete sich nahe dem Explosionsherd befindet, wegen des fast gleichzeitigen Zusammentreffens von Aufblitzen und Explosion so zweifelhaft und von so unbestimmten und dem Zufall überlassenen Faktoren abhängig, daß das LSG die Kopfschmerzen bezw. die etwa verminderte Reaktionsfähigkeit gegenüber den eindeutigen Auswirkungen der Explosion als nicht annähernd gleichwertige Umstände ausscheiden konnte; dies auch dann, wenn eine weiter anwesende Person (J A) unverletzt geblieben oder nur leicht verletzt worden sein sollte. Denn dies kann bei einem unberechenbaren und von zufälligen Faktoren abhängigen Geschehen nach der Auffassung des praktischen Lebens durchaus der Fall sein. Das LSG konnte aber auch die letzte noch in Betracht kommende auf Schädigungsfolgen zurückführbare Bedingung, daß J. infolge der Kopfschmerzen erst später als sonst auf der Post erschienen ist, als im Rechtssinne unerheblich ansehen. Wenn ein Beschädigter durch schädigungsbedingte Kopfschmerzen erst später einen Geschäftsgang unternimmt, so hat dies nicht zur Folge, daß er auf diesem ganzen Geschäftsgang etwa unter Versorgungsschutz steht. Er trägt vielmehr selbst das Risiko der auf diesem Geschäftsgang auftretenden allgemeinen Gefahren wie Schädigung durch Verkehrsunfälle, sonstige Unfälle oder verbrecherische Handlungen; es sei denn, er ist durch eine private oder die gesetzliche Unfallversicherung gegen solche Unfälle geschützt. Zu Unrecht beruft sich die Revision insoweit auf die Entscheidung in BSG 6, 164, 168. Dieses Urteil betraf nicht die KOV, sondern die gesetzliche Unfallversicherung. Nur hier, nicht aber in der KOV steht ein Geschäftsgang bezw. die Verfolgung geschäftlicher Interessen unter Unfallversicherungsschutz und konnte es darauf ankommen, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem dort erfolgten Angriff und der "versicherten Tätigkeit" bestand (BSG aaO 168). Es lag an dem mehr oder weniger freien, jedenfalls hier nicht ausscheidbaren Willensentschluß des J., daß er mit Rücksicht auf die Kopfschmerzen, die ja nicht abgeklungen waren sondern auch im Postamt noch bestanden haben sollen, eine Stunde später und nicht eine Minute oder einige Sekunden früher oder danach das Postamt aufsuchte und dem sekundenschnell sich abspielenden Attentat zum Opfer fiel. Diese Erwägung macht deutlich, daß es sich hier letztlich um eine Schicksalsfügung, nicht um Auswirkungen von Schädigungsfolgen im Rechtssinne gehandelt hat.
Sonach konnte das LSG ohne Verletzung der in der KOV geltenden Kausalitätsnorm einen Zusammenhang des Todes des J. mit Schädigungsfolgen nach dem BVG verneinen. Da das angefochtene Urteil somit nicht zu beanstanden war, mußte die Revision als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen