Leitsatz (amtlich)
Die Begünstigung, die die "übergangenen Beitragszeiten" iS des FRG § 17 Abs 1 Buchst b im Vergleich mit den sonstigen nach dem FRG gleichgestellten Zeiten bei der Ermittlung des gemäß RVO § 1321 Abs 1 ins Ausland zu zahlenden Leistungsbetrages erfahren, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (GG Art 3 Abs 1).
Normenkette
FRG § 17 Abs. 1 Buchst. b Fassung: 1960-02-25; RVO § 1321 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1960-02-25; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Juli 1971 wird in seinen Nummern 1, 2 und 4 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 26. September 1969 in vollem Umfang zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, in welchem Betrag die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) dem Kläger an seinen Wohnsitz im Ausland Versichertenrente zu zahlen hat.
Der 1899 geborene, aus B stammende Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Nach Abschluß der Lehre arbeitete der gelernte Fleischer von 1921 bis 1930, von 1933 bis 1938 sowie von 1940 bis 1945 in - und außerhalb seines Berufs in Prag. Zwischendurch war er in Frankreich und - 1939 - in Salzgitter beschäftigt. Nach der Ausweisung ins Bundesgebiet war der Kläger dort von 1946 bis 1949 mit Unterbrechungen beschäftigt und versichert. Noch im Jahre 1949 wanderte er nach Brasilien aus, wo er seither seinen Wohnsitz hat.
Auf den im Jahre 1960 gestellten Antrag hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheiden vom 17. Juli 1964 und 16. September 1964 ab 1. April 1960 zunächst Rente wegen Erwerbsunfähigkeit - die sie als im Jahre 1959 eingetreten annahm - und ab 1. Oktober 1964 Altersruhegeld bewilligt. Bei der Ermittlung des Rentenzahlbetrages ließ sie u. a. die vom Kläger in Prag zurückgelegten Beschäftigungs- und Versicherungszeiten unberücksichtigt.
Gegen beide Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) erhoben.
Mit einem auf Anregung des Berufungsgerichts während des anhängigen Streitverfahrens erlassenen dritten Bescheid vom 13. Oktober 1970, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1971, hat es die Beklagte ferner abgelehnt, dem Kläger die in der Tschechoslowakei zurückgelegten Beschäftigungs- und Beitragszeiten im Wege der Bewilligung einer "Kann-Leistung" nach § 1321 der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuerkennen. Sie war der Auffassung, es handele sich bei ihnen um Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG), die im Rahmen der genannten Vorschrift nicht berücksichtigt werden dürften; dies gelte nicht nur für die Beschäftigungs-, sondern auch für die Beitragszeiten, weil die zu einem nichtdeutschen - tschechischen - Versicherungsträger entrichteten Beiträge bei Eintritt des Versicherungsfalles von einem deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln gewesen wären.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit der angefochtenen Entscheidung vom 2. Juli 1971 das klageabweisende Urteil des SG und die Rentenbescheide der Beklagten abgeändert und diese verurteilt, die vom Kläger - nachweisbar oder doch glaubhaft - in Prag zwischen dem 1. Juli 1926 und dem 8. Mai 1945 bei der Zentralsozialversicherungsanstalt und der Allgemeinen Pensionsanstalt zurückgelegten Beitragszeiten bei der Feststellung der "Auslandszahlbeträge" zusätzlich zu berücksichtigen. Das Gericht war der Auffassung, die genannten Beitragszeiten müßten ebenso behandelt werden wie die nach § 1321 Abs. 1 Satz 2 RVO i. V. m. § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG bei einem nichtdeutschen Versicherungsträger zurückgelegten sogenannten - auf einen deutschen Versicherungsträger - "übergegangenen Beitragszeiten", die bei der Auslandszahlung zu berücksichtigen seien. Das folge aus den auch heute noch aktuellen rechtlichen Überlegungen in der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Juni 1959 (BSG 10, 118), wonach das sogenannte Protektorat Böhmen und Mähren zwischen 1938 und 1945 in das damalige Reichsgebiet eingegliedert und das Protektoratsrecht mittelbares Reichsrecht gewesen sei. Eine andere rechtliche Handhabung bedeute eine unerträgliche, ja groteske Schlechterstellung der Protektoratsdeutschen bei Vergleich mit den Sudetendeutschen, ja sogar bei Vergleich mit den nichtdeutschen Versicherten aus den sogenannten eingegliederten Gebieten. Es müsse als willkürlich erscheinen, wenn im Protektorat versichert gewesene Deutsche von § 1321 RVO nicht, dagegen politisch Verfolgte und bei Dienststellen und Behörden des damaligen Reiches beschäftigte sonstige Personen sehr wohl begünstigt würden.
Die Revision hat das LSG im Urteil zugelassen.
Die Beklagte hat die Revision eingelegt. Sie trägt vor Die Entscheidung BSG 10, 118 sei zu § 9 des bis zum 31. Dezember 1958 gültig gewesenen Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes vom 7. August 1953 (FRG aF) ergangen und könne daher nicht zur Auslegung des § 1321 RVO herangezogen werden. Mit dieser eindeutigen Vorschrift habe der Gesetzgeber § 9 FRG aF einschränken wollen. § 1321 RVO enthalte daher keine der Ausfüllung zugängliche Gesetzeslücke. Die Vorschrift lasse auch für Billigkeitsentscheidungen kein Raum.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Juli 1971 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II.
Die Revision der Beklagten - die sich trotz der Fassung ihres Revisionsantrages offensichtlich nicht gegen die Nr. 3 des angefochtenen Urteils richtet, durch die die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG teilweise zurückgewiesen worden ist - ist zulässig und begründet.
Nach § 1317 RVO (= § 96 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) ruht grundsätzlich die Rente auch eines Deutschen, solange er sich außerhalb des Geltungsbereichs der RVO (AVG) aufhält. Soweit allerdings die Rente auf die im Geltungsbereich dieses Gesetzes, also auf im Bereich der heutigen Bundesrepublik Deutschland und des Landes Berlin zurückgelegte Versicherungsjahre entfällt, wird sie gemäß § 1318 Abs. 1 Satz 1 RVO (= § 97 Abs. 1 Satz 1 AVG) auch für Zeiten des - gewöhnlichen (vgl. § 1319 Abs. 1 und 2 RVO, § 98 Abs. 1 und 2 AVG) - Aufenthalts im Ausland gezahlt. Dem hat die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden entsprochen, indem sie dem Kläger die Rente nach Brasilien zahlt, soweit sie auf die 78 Monate - 32 Beitragsmonate, im übrigen Ausfall- oder Ersatzzeiten-entfällt, die dem Kläger auf Grund seiner Beschäftigung und Versicherung in Salzgitter im Jahre 1939 und von 1946 bis 1949 im Bundesgebiet anzurechnen sind. Soweit es das LSG unter Nr. 3 seines Urteils abgelehnt hat, vom Kläger behauptete weitere Beitragszeiten für eine Beschäftigung in Salzgitter-Watenstedt in den Jahren 1939 bis 1940 anzuerkennen, hat der Kläger kein Rechtsmittel eingelegt, so daß die Entscheidung insoweit rechtskräftig ist.
§ 1319 RVO (= § 98 AVG) in der - neuen - Fassung (nF) des ab 1. Januar 1959 geltenden Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes vom 25. Februar 1960 (FANG) gestattet zwar für Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland - zumindest teilweise - die Zahlung einer Versichertenrente auch insoweit, als sie auf außerhalb des Geltungsbereichs der RVO (AVG) zurückgelegte Beitragszeiten entfällt, also insbesondere auf die nach § 15 FRG nF bei einem nichtdeutschen Versicherungsträger zurückgelegte Beitragszeiten. Indessen hängt dies nach den genannten Vorschriften von besonderen weiteren Voraussetzungen ab, die nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt in der Person des Klägers nicht erfüllt sind: Dieser hat die anzurechnenden Beitragszeiten weder überwiegend im Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückgelegt (§ 1319 Abs. 2 Buchst. a RVO = § 98 Abs. 2 Buchstabe a AVG) noch ist die Rente des Klägers von einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik oder des Landes Berlin für Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts in diesen Gebieten festgestellt (Buchstabe b aaO) noch hat der Kläger mindestens 60 Beitragsmonate im Geltungsbereich der RVO (AVG) zurückgelegt (Abs. 3 aaO).
Nicht zu beanstanden ist aber auch die - den Streitpunkt bildende - Weigerung der Beklagten, dem Kläger die Rente, soweit sie auf die Prager Beschäftigungs- und Beitragszeiten entfällt, gemäß § 1321 RVO (= § 100 AVG) nach Brasilien zu zahlen. Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift ermächtigt den Rentenversicherungsträger, solchen Deutschen, die sich gewöhnlich im Gebiet eines auswärtigen Staates aufhalten, in dem - wie in Brasilien - die Bundesrepublik Deutschland eine amtliche Vertretung hat, die Rente insoweit zu zahlen, als sie nicht auf nach dem FRG (nF) gleichgestellte Zeiten und auf Grund solcher Zeiten anrechenbare Ersatz- und Ausfallzeiten entfällt. Zwar bestimmt Satz 2 aaO, daß diese Einschränkung nicht gilt, soweit es sich um Beitragszeiten der in § 17 Abs. 1 Buchstabe b FRG genannten Art und um Ersatz- und Ausfallzeiten handelt, die auf Grund solcher Zeiten anrechenbar sind. Indessen sind die streitigen Prager Beitragszeiten - beitragslose Beschäftigungszeiten schließt Satz 2 aaO von vornherein aus - keine übergegangene Beitragszeiten in diesem Sinne: § 17 Abs. 1 Buchstabe b FRG nennt nur an einen nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtete Beiträge, die "ein deutscher Träger der gesetzlichen Rentenversicherung ... bei Eintritt des Versicherungsfalles wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln hatte". Der Kreis der vom Gesetzgeber solchermaßen bezeichneten und begünstigten, an einen nichtdeutschen Versicherungsträger geleisteten Rentenversicherungsbeiträge ist klar. Es handelt sich um die gleichen Zeiten, die schon nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 b FRG aF im Rahmen des damaligen Rechts der Auslandsrenten den in den reichsgesetzlichen Rentenversicherungen verbrachten Beitragszeiten gleichgestellt waren (vgl. auch § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 FRG aF), und zwar unter der Bezeichnung als Versicherungszeiten, "die aus einer ausländischen Versicherung auf die reichsgesetzliche Rentenversicherung übergegangen sind". Unter diesen übergegangenen Beitragszeiten ist bezüglich der zu einem tschechoslowakischen Rentenversicherungsträger zurückgelegten Beiträge der sogenannte "Sudetenblock" zu verstehen; bei ihm handelt es sich um Beitragszeiten, die von den Bewohnern der zwischen 1. Oktober 1938 und Kriegsende 1945 vorübergehend dem Deutschen Reich eingegliederten, "Sudetenland" genannten böhmich-mährischen Landesteile bei einem tschechoslowakischen Versicherungsträger zurückgelegt worden sind und die nach Art. 5 und 7 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Regierung des Protektorats Böhmen und Mähren über die Auseinandersetzung auf dem Gebiet der Sozialversicherung aus Anlaß der Eingliederung von ehemaligen tschechoslowakischen Gebieten in das Deutsche Reich vom 14. März 1940 (sogen. Protektoratsabkommen; siehe die dazu ergangene Verordnung - VO - vom 25. April 1940, RGBl II S. 107) von den Trägern der Reichsversicherung übernommen worden bzw. zu berücksichtigen waren (einhellige Meinung, vgl. statt vieler z. B. den Komm. zum 4. und 5. Buch der RVO, herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, 6. Aufl., Anm. 7 bei § 17 FRG). Der Gesetzgeber hat also bewußt die Voraussetzungen der Auslands-Kannleistung aus § 1321 RVO enger gezogen als die entsprechende Kannleistung nach § 9 Abs. 1 FRG aF, wo er eine "gesetzliche Rentenversicherung nach Reichsrecht, Bundesrecht oder dem Recht des Landes Berlin" genügen ließ. Die vom BSG in seiner Entscheidung vom 26. Juni 1959 (BSG 10, 118) zum Begriff "gesetzliche Rentenversicherung nach Reichsrecht" angestellten Überlegungen lassen sich daher nicht, wie es das LSG getan hat, zur Auslegung des § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG nF heranziehen. Letzte Zweifel hieran werden dadurch beseitigt, daß das autonome Recht des Protektorats Böhmen und Mähren nicht zu den "Reichsversicherungsgesetzen" gezählt werden kann, wie der Gesetzgeber des FANG - in Kenntnis der o. a. Entscheidung des BSG - im Jahre 1960 in § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG nF zum Zweck der terminologischen Abgrenzung offensichtlich bewußt formuliert hat (vgl. die an den Vorarbeiten zu einem Regierungsentwurf des FANG maßgebend beteiligten Jantz/Zweng/Eicher in Das neue Fremdrenten- und Auslandsrentenrecht, 2. Aufl., Anm. 7 zu § 17 FRG). Hat aber nach allem der Gesetzgeber eine Zahlung der Rente ins Ausland bewußt ausgeschlossen, soweit sie auf im Gebiet des ehemaligen Protektorats Böhmen und Mähren bei einem tschechoslowakischen Rentenversicherungsträger zurückgelegte Beitragszeiten entfällt, so kann die Entscheidung des LSG keinen Bestand haben.
Die Begründung des angefochtenen Urteils läßt erkennen, daß das Berufungsgericht geglaubt hat, deswegen anders entscheiden zu müssen, weil die ungleiche Behandlung der im Sudetenland - sowie der in anderen dem Deutschen Reich vorübergehend eingegliedert gewesenen ausländischen Gebieten - und der im Protektorat zurückgelegten Beitragszeiten willkürlich sei. Damit tut das LSG schlüssig kund, daß es die vom Gesetzgeber in § 1321 RVO getroffene Regelung als nicht mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar hält.
Anders als das LSG vermag der Senat die in § 1321 Abs. 1 Satz 2 RVO getroffene Regelung nicht als willkürlich zu erachten. Wie oben bereits angedeutet, beruht die Gleichstellung der im Sudetenland vor dem 1. Oktober 1938 zurückgelegten Beitragszeiten mit den bei einem reichsdeutschen Versicherungsträger verbrachten Beitragszeiten auf der Tatsache, daß die ersteren Zeiten auf Grund reichsgesetzlicher Normen - "Einführungsvorschriften" -, zu denen auch die o. a. Verordnung betr. Protektoratsabkommen zählt und die durch § 3 FRG aF ausdrücklich über das Jahr 1945 hinaus zum Bestandteil des deutschen Sozialversicherungsrechts erklärt worden sind (vgl. BSG 3, 50, 54; 9, 215, 219), auf die reichsgesetzlichen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung übergangen sind. Hinzu kommt, daß mit diesem "Übergang" der in Frage stehenden, ursprünglich fremdstaatlichen Versicherungszeiten auf die deutsche Reichsversicherung auch ein Übergang des Vermögens des fremdstaatlichen Versicherungsträgers auf die Träger der Reichsversicherung verbunden war (vgl. für den vorliegenden Fall Art. 11 ff des Protektoratsabkommens). Dieser Vermögensübergang auf die Träger der Reichsversicherung läßt es für gerechtfertigt, wenn nicht gar im Sinne einer Einstandspflicht für geboten erscheinen, daß die Versicherungsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes hinsichtlich der Leistungsansprüche aus den sogenannten übergegangenen Zeiten so verfahren, als handele es sich um von vornherein nach den Reichsversicherungsgesetzen zurückgelegte Zeiten. Den Besonderheiten der streitigen Zeiten ist es daher angemessen, wenn sie der Bundesgesetzgeber alsbald nicht nur in auslandsrentenrechtlicher Hinsicht (§ 8 Abs. 1 Buchstabe b - 2. Alternative - FRG aF), sondern ganz allgemein den nach den Reichsversicherungsgesetzen verbrachten Zeiten gleichgestellt hat (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 FRG aF). Zwar geht der Gesetzgeber im Fremdrentengesetz neuer Fassung anders als in dem bis zum 31. Dezember 1958 geltenden Recht im Grundsatz wieder davon aus, daß es sich bei den sogenannten übergegangenen Zeiten um fremdstaatliche Versicherungszeiten handelt (§ 15 aaO). Indessen läßt sich nicht übersehen, daß für den vom Fremdrentengesetz neuer Fassung begünstigten Personenkreis der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge (§ 1 aaO) die Unterscheidung zwischen den im Herkunftsland zurückgelegten fremdstaatlichen und den reichsgesetzlichen Beitragszeiten auf Grund der gesetzgeberischen Konzeption des "Eingliederungsprinzips" - sozialrechtliche Gleichstellung von Einheimischen und Vertriebenen - ihre frühere Bedeutung verloren hat. Demgemäß regelt § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG im Grunde keinen spezifisch fremdrentenrechtlichen Sachverhalt, sondern sagt aus, daß die übergegangenen Beitragszeiten ihres ursprünglich fremdstaatlichen Charakters so weit entkleidet sind, daß sie - wie bisher schon - wie reichsgesetzliche Beitragszeiten bei jedermann, also nicht nur bei Heimatvertriebenen und Flüchtlingen zu berücksichtigten sind. Es handelt sich hiernach um eine Regelung, die ebensogut in § 1250 Abs. 1 Buchstabe a RVO (= § 27 Abs. 1 Buchstabe a AVG) ihren Platz hätte finden können (vgl. dazu Merkle/Michel, Kommentar zum FANG, Anm. 4 bei § 17 FRG). Zugleich hat es der Gesetzgeber durch § 17 Abs. 1 Buchstabe b FRG vermieden, die schon durch die alte Fassung des Fremdrentengesetzes bevorzugte rentenrechtliche Position des Personenkreises zu verschlechtern, der übergegangene Beitragszeiten zurückgelegt hat.
Mit den Versicherungszeiten des sogenannten Sudetenblocks vergleichbare tatsächliche und rechtliche Gegebenheiten haben hinsichtlich der im Protektorat Böhmen und Mähren bei einem Träger der tschechoslowakischen Rentenversicherung verbrachten Zeiten zu keiner Zeit vorgelegen. Insbesondere haben diese Träger in bezug auf diese Zeiten keine Deckungsmittel an die Träger der Reichsversicherung übertragen müssen, so daß insoweit dem Bundesgesetzgeber weder das Recht noch die Pflicht erwachsen konnte, für diese Zeiten wie für nach eigenem Recht zurückgelegte Zeiten einzustehen. Eine auslandsrentenrechtlich differenzierende Behandlung beider Gruppen von Versicherungszeiten erscheint daher nicht als willkürlich oder sachfremd, zumal die Auslandszahlungen nach § 1321 RVO keine Leistungen der sozialen Sicherung, sondern unter dem Gesichtspunkt der Fürsorge zu erbringende Leistungen sind.
Auch die in § 1321 Abs. 2 RVO i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) vollzogene auslandsrentenrechtliche Begünstigung der politischen Verfolgten stellt keinen Verstoß gegen das grundgesetzliche Willkürverbot dar, da es sich hierbei um grundsätzlich anders geartete Tatbestände handelt.
Hat nach alledem der Kläger bereits aus den dargelegten Gründen keinen Anspruch auf Zahlung der Rente an seinen Wohnsitz im Ausland, soweit sie auf die in Prag zurückgelegten tschechoslowakischen Beitragszeiten entfällt, so bedarf es keiner Entscheidung, wann der im Besitz des Klägers befindliche Flüchtlingsausweis Nr. 185669 des Landratsamts des Dillkreises ausgestellt worden ist und ob er den Voraussetzungen der §§ 15, 105 BVFG, also als Nachweis für das Erfordernis der Anerkennung als Heimatvertriebener im Sinne des § 1 Buchstabe a FRG nF genügt.
Auf die begründete Revision der Beklagten war somit das Urteil des LSG abzuändern wie geschehen und zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (§ 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Mit dem Einverständnis der Beteiligten hat der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Fundstellen