Leitsatz (amtlich)
Der Begriff "anläßlich militärischen Dienstes" in KBLG BW § 1 Abs 1 ist in Anlehnung an die früheren Versorgungsgesetze und BVG § 1 Abs 1 zu bestimmen. Er enthält keine neuen zusätzlichen Tatbestände und erfaßt deswegen in der Regel die Freizeit des Soldaten nicht.
Leitsatz (redaktionell)
Sturz eines Soldaten von der Treppe einer Gastwirtschaft: 1. Stürzte ein Soldat, der in seiner Freizeit eine Gastwirtschaft aufgesucht hatte, abends die unbeleuchtete zum Gasthaus führende Steintreppe hinunter und beschädigte er sich dabei, do geschah dieser Unfall nicht anläßlich des militärischen Dienstes. Ein Versorgungsanspruch des Beschädigten nach KBLG § 1 Abs 1 besteht daher nicht.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20; KBLG WB § 1 Abs. 1
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 5. Oktober 1954 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger leistete Wehrdienst im zweiten Weltkrieg bei einer Einheit in der Nähe von Diedenhofen. Am 14. September 1941 besuchte er in seiner Freizeit nach einem Spaziergang mit mehreren Kameraden eine Gastwirtschaft. Als er die Gaststube gegen 23 Uhr verließ, um auszutreten, fiel er in der Dunkelheit die zum Gasthaus führende, angeblich unbeleuchtete Steintreppe hinunter. Als Folgen des hierbei erlittenen Schädelbruches bestehen beim Kläger linksseitige Schwerhörigkeit und Ausfall des Vestibularapparates (Innenohr) verbunden mit Gleichgewichtsstörungen.
Das Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsamt Wiesbaden und das Wehrkreiskommando XII haben 1942 Versorgung mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um einen Unfall außerhalb des Dienstes, bei dem besondere Verhältnisse des Wehrdienstes nicht mitgewirkt hätten.
Die Landesversicherungsanstalt (LVA.) Baden hat mit Bescheid vom 11. November 1949 Versorgung nach dem Württembergischen Körperbeschädigtenleistungsgesetz (KBLG) vom 21. Januar 1947 abgelehnt. Die Gesundheitsstörungen seien außerhalb des militärischen Dienstes eingetreten. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat das Oberversicherungsamt (OVA.) Karlsruhe durch Urteil vom 16. Juni 1950 mit gleicher Begründung zurückgewiesen. Nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist der gegen dieses Urteil eingelegte Rekurs als Berufung auf das Landessozialgericht (LSG.) Baden-Württemberg übergegangen. Das LSG. hat durch Urteil vom 5. Oktober 1954 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage zugelassen. Es hat ausgeführt, der Unfall sei nicht anläßlich militärischen Dienstes geschehen, wie dies § 1 Abs. 1 KBLG für die Gewährung von Rente erfordere. Es genüge nicht, daß die Gesundheitsschädigung in einer Zeit eingetreten sei, in der der Beschädigte Soldat war, sie müsse zu einem Zeitpunkt erfolgt sein, in dem der Beschädigte militärischen Dienst auch ausgeübt oder zumindest sich befehlsgemäß für ihn zur Verfügung habe halten müssen. Die dienstfreie Zeit werde nicht von dem Begriff des militärischen Dienstes im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG mit erfaßt. Der Unfall sei auch nicht auf die dem Dienst des Klägers eigentümlichen Verhältnisse, wie Unterbringung außerhalb der Ortschaft, anstrengender Küchendienst an den vorhergehenden Tagen, zurückzuführen. Der Wirtshausbesuch sei Teil der außerdienstlichen Freizeitgestaltung und stehe nicht unter Versorgungsschutz.
Mit der Revision beantragt der Kläger, das Urteil des LSG. Baden-Württemberg vom 5. Oktober 1954 und das Urteil des OVA. Karlsruhe vom 16. Juni 1950 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. November 1949 aufzuheben, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Versorgung zu gewähren, und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger insoweit einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.
Die Revision rügt die unrichtige Anwendung materiellen Versorgungsrechts, nämlich des § 1 Abs. 1 KBLG. Sie ist der Ansicht, der Unfall sei durch die dem Dienst eigentümlichen Verhältnisse entstanden, er sei nicht durch eigene Schuld des Klägers wie Trunkenheit oder von ihm veranlaßten Streit verursacht worden. Auch während der dienstfreien Zeit sei der militärische Dienst nicht unterbrochen gewesen, weil an der Erholung ein mittelbares dienstliches Interesse bestanden habe. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß der Kläger nachtblind sei.
Der Beklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Das LSG. habe ohne erkennbare Rechtsverletzung angenommen, daß der vom Kläger in seiner Freizeit bei einem Wirtshausbesuch erlittene Unfall nicht als "anläßlich militärischen Dienstes" geschehen angesehen werden könne.
Die vom LSG. gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zugelassene Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie konnte keinen Erfolg haben.
Es war zu untersuchen, ob der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. November 1949 zu Recht Versorgung abgelehnt hat. Die Verwaltungsbehörde hat den Versorgungsanspruch allein nach dem KBLG vom 21. Januar 1947 (Regierungsblatt für Württemberg-Baden S. 7) beurteilt, weil das Bundesversorgungsgesetz (BVG) erst am 21. Dezember 1950 verkündet worden und mit Wirkung vom 1. Oktober 1950 in Kraft getreten ist. Ein Verwaltungsakt, der Versorgung nach dem BVG betrifft, liegt nicht vor. Auch der Senat hatte deshalb nur zu entscheiden, inwieweit ein Anspruch nach dem KBLG besteht.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist die Klage vor den Sozialgerichten zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Hieraus folgt, daß mit der Klage, sofern sie sich nicht gegen die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes richtet, ein Anspruch grundsätzlich nur verfolgt werden kann, wenn er schon Gegenstand des vorher erlassenen Verwaltungsaktes war (BSG. 1 S. 210 [212]). Die Ansprüche nach dem KBLG und BVG haben materiellrechtlich verschiedene Voraussetzungen (BSG. 5 S. 34 [37]). Streitig ist nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids nur die Versorgung nach dem KBLG, die durch die Aufhebung des KBLG und seiner Ersetzung durch das BVG bis 30. September 1950 zeitlich begrenzt ist. Der Anspruch nach diesem Zeitpunkt ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, da hierüber noch kein Verwaltungsakt ergangen ist.
Das angefochtene Urteil nimmt zwar verschiedentlich auch auf § 1 BVG Bezug, es hat mit diesen Hinweisen auf die weitergehende Fassung des § 1 Abs. 1 BVG aber offensichtlich nur seine Auslegung des § 1 Abs. 1 KBLG zusätzlich begründet. Das gilt auch für den Satz des Urteils, daß der Versorgungsanspruch weder nach § 1 Abs. 1 KBLG noch nach § 1 Abs. 1 BVG gegeben sei. Darin ist nach Auffassung des Senats lediglich ein Vergleich der Regelung im KBLG mit der im BVG zu sehen, mit dem das LSG. zum Ausdruck bringt, daß auch § 1 Abs. 1 KBLG keine anderen Tatbestände des militärischen Dienstes umfaßt als die spätere Vorschrift des § 1 Abs. 1 BVG.
Der Revisionsantrag des Klägers im Schriftsatz vom 30. Oktober 1954 geht nur auf Anerkennung der Gleichgewichtsstörungen als Leistungsgrund nach dem BVG und Gewährung von Rente. Auch in der Revisionsbegründung ist nur § 1 BVG erwähnt. Hieraus kann nicht geschlossen werden, daß der Kläger die Ablehnung seines Anspruchs nach dem KBLG nicht angreift und lediglich eine Anerkennung nach dem BVG anstrebt. Sein Vorbringen ist dahin zu verstehen, daß er - ähnlich wie das Urteil des LSG. - die Wortfassung des § 1 Abs. 1 BVG zur Auslegung des § 1 Abs. 1 KBLG heranziehen will. Die Revisionsbegründung genügt der Vorschrift des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG, wonach sie die verletzte Rechtsnorm bezeichnen muß. Hierzu ist nicht erforderlich, daß die verletzte Gesetzesvorschrift ausdrücklich und richtig angegeben wird, es genügt, wenn aus dem gesamten Vorbringen der Revision erkennbar ist, welche Rechtsnorm der Revisionskläger als verletzt ansieht (vgl. BSG. 1 S. 227 [231]). Die Vorschriften des KBLG als zoneneinheitliches Gesetz der Länder der amerikanischen Besatzungszone sind revisibles Recht nach § 162 Abs. 2 SGG (vgl. BSG. 1 S. 56 [59]; = 3 S. 131 [133]).
Nach § 1 Abs. 1 KBLG erhalten Personen, die durch unmittelbare Kriegseinwirkungen oder anläßlich militärischen oder militärähnlichen Dienstes Gesundheitsschädigungen erlitten haben, wegen der Folgen dieser Schädigung Versorgung. Nach § 3 Abs. 1 Buchst. a der Dritten DurchfVO. zum KBLG vom 23. Juli 1949 (Regierungsblatt für Württemberg-Baden S. 212) ist militärischer Dienst jeder nach deutschem Wehrrecht geleistete Dienst.
Der Kläger hat Wehrdienst nach dem Wehrgesetz (WG) vom 21. Mai 1935 (RGBl. I S. 609) geleistet (§ 7 Abs. 1 Buchst. a). Der Begriff "anläßlich militärischen Dienstes" in § 1 Abs. 1 KBLG ist jedoch nicht in dem umfassenden Sinn zu verstehen, daß alle Geschehnisse während der Zugehörigkeit zur Wehrmacht nach § 21 Abs. 3 WG, d.h. während des Wehrdienstes, darunter fielen. Zur Auslegung des Begriffs "anläßlich militärischen Dienstes" im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG ist es erforderlich, zu prüfen, wie Unfälle von Soldaten in den früheren, vor dem KBLG erlassenen Gesetzen und im BVG versorgungsrechtlich behandelt wurden.
Nach § 59 des Gesetzes betreffend die Pensionierung und Versorgung der Militärpersonen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine sowie die Bewilligungen für die Hinterbliebenen solcher Personen vom 27. Juni 1871 (RGBl. S. 275) waren als Dienstbeschädigung (DB.) anzusehen: Verwundung vor dem Feind, sonstige bei Ausübung des aktiven Militärdienstes erlittenen äußeren Beschädigungen, erhebliche und dauernde Störung der Gesundheit und Erwerbsfähigkeit, welche durch die besonderen Eigentümlichkeiten des aktiven Militärdienstes veranlaßt waren.
Nach § 3 des Mannschaftsversorgungsgesetzes vom 31. Mai 1906 (RGBl. S. 593) galten als LB. Gesundheitsstörungen, die infolge einer Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des Dienstes eingetreten oder durch die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse verursacht oder verschlimmert worden waren.
Nach § 2 des Reichsversorgungsgesetzes (RVG) vom 12. Mai 1920 war DB. die gesundheitsschädigende Einwirkung, die durch militärische Dienstverrichtungen oder durch einen während der Ausübung des Militärdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden waren.
Nach § 4 des Wehrmachtfürsorge- und Versorgungsgesetzes (WFVG) vom 26. August 1938 (RGBl. I S. 1077) lag Wehrdienstbeschädigung (WDB.) vor, wenn ein Körperschaden infolge des Wehrdienstes eingetreten war. Als WDB. galt es auch, wenn ein Soldat außer Dienst in verschiedenen einzeln aufgeführten Fällen einen Körperschaden erlitten hatte (§ 4 WFVG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des WFVG vom 7.5.1942 - RGBl. I S. 281).
Diesen Versorgungsgesetzen war demnach der Grundgedanke gemeinsam, daß in keinem Fall die Zugehörigkeit zum Militär oder zur Wehrmacht allein ausreichte, um Versorgungsansprüche zu begründen. Die Zugehörigkeit zur Wehrmacht als Soldat, die auch während der Freizeit und während des Urlaubs bestand, genügte für sich allein nicht, es mußten weitere Umstände, aus denen sich eine Verbindung oder ein Zusammenhang zwischen körperlicher Schädigung und Militärverhältnis ergab, hinzutreten. Die zitierten Gesetze drückten dies durch verschiedene Formulierungen aus, wie Ausübung des Dienstes, Dienstverrichtung, besondere Eigentümlichkeiten des Militärdienstes oder negativ in § 4 WFVG Soldat außer Dienst. Wenn Einwirkungen, die den Soldaten nicht unmittelbar bei Ausübung des Dienstes betrafen, die Versorgung begründen sollten, so wurde dies dadurch begrenzt, daß ein ursächlicher Zusammenhang der Schädigung mit besonderen Eigentümlichkeiten des Militärdienstes verlangt wurde (vgl. dazu die Rechtsprechung des Reichsversorgungsgerichts: Bd. 1 S. 95, 115, 224; Bd. 2, S. 34, 118; Bd. 9 S. 285 [287]).
Das BVG hat die Versorgung der Personen, die militärischen Dienst geleistet haben, in etwa dem gleichen Sinn wie die früheren Versorgungsgesetze geregelt.
Nach § 1 BVG erhält Versorgung, wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Auch die Verwaltungsvorschrift (VV.) Nr. 5 zu § 1 BVG gibt keine Grundlage für eine Auslegung des § 1 Abs. 1 BVG dahingehend, daß auch die Freizeit zur Ausübung militärischen Dienstes gehöre oder daß alle während der Freizeit erlittenen Schädigungen als durch die dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnisse bedingt anzusehen seien. Von dem Gedanken ausgehend, daß der Urlaubsweg in gewissem Umfang von den militärischen Befehlsstellen bestimmt und kontrolliert wird, und teilweise anknüpfend an die Ausführungsbestimmungen Nr. 2 Abs. 4 zu § 2 RVG, sieht die VV. Nr. 5 für Unfälle auf der Fahrt zum Urlaub und auf der Rückreise vom Urlaub unter gewissen Voraussetzungen (Erholungsurlaub) Versorgungsschutz im Rahmen des § 1 BVG vor. Damit werden die Grenzen aufgezeigt, innerhalb derer noch eine Einflußnahme der Dienststelle auf den (-Urlaubs-) Weg des Soldaten anzunehmen ist und weshalb dieser Weg, und nur dieser, mit in die Versorgung einbezogen wird. Am Urlaubsort selbst dagegen endet der Versorgungsschutz, er beginnt erst wieder mit dem Antritt der Rückreise zum Dienstort. Die Ausgestaltung der Urlaubsfreizeit ist allein dem Willen und dem Ermessen des Soldaten überlassen, für diese Zeit besteht die für den Urlaubsweg angenommene Verbindung mit der Befehlsstelle nicht mehr. Deshalb muß für Unfälle aus dieser Zeit auch der Versorgungsanspruch entfallen.
Das KBLG weicht in seinem Wortlaut von den übrigen Versorgungsgesetzen zwar zum Teil ab, seinem Sinn und Zweck entsprechend kann aber § 1 Abs. 1 KBLG, soweit er von Gesundheitsschädigung anläßlich militärischen Dienstes spricht, nicht mehr und nicht weniger beinhalten, als in den früheren Versorgungsgesetzen und im BVG ausgesprochen ist.
Dafür sprechen schon die Umstände, unter denen das KBLG 1947 erlassen wurde. Das Kontrollratsgesetz Nr. 34 vom 20. August 1946 wollte im Zuge der Auflösung der deutschen Wehrmacht jede Sonderstellung früherer Angehöriger der Wehrmacht und ihrer Hinterbliebenen beseitigen, die Versorgung der Kriegsbeschädigten sollte der öffentlichen Fürsorge überlassen werden. Die politischen Auswirkungen dieser Anordnung veranlaßten schließlich die Besatzungsmächte, einer besonderen Versorgung der Kriegsbeschädigten zuzustimmen mit der Einschränkung, daß diese nicht besser gestellt würden, als die nach der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigenden Personen. Aus dieser Vorgeschichte des KBLG ist zu entnehmen, daß keineswegs beabsichtigt sein konnte, Leistungen unter weniger strengen Voraussetzungen als nach den früheren Versorgungsgesetzen zu gewähren und dadurch Ansprüche für Wehrmachtsangehörige zu begründen, die nach den aufgehobenen Gesetzen nicht versorgungsberechtigt gewesen waren. Eine gewisse Kontinuität zwischen der Versorgung nach den aufgehobenen Gesetzen und dem KBLG kommt auch im Gesetz selbst zum Ausdruck (§ 1 Abs. 4, § 39 KBLG).
Auch der Wortlaut des § 1 Abs. 1 KBLG läßt nur eine Auslegung im Sinn der Regelung der früheren Versorgungsgesetze und des BVG zu. "Anläßlich" bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einerseits eine engere Verbindung verschiedener Ereignisse und Umstände als nur ein zufälliges Nebeneinander ohne innere Beziehung der Umstände zueinander. Andererseits sind die Anforderungen, die mit dem Wort "anläßlich" an die Verbindung der Tatbestände gestellt werden, nicht so streng wie sie der Gebrauch des Wortes "durch" ausdrückt. Die Verwendung des Wortes "durch" bedeutet einen ursächlichen Zusammenhang im Sinn der Kausalitätsnorm der KOV. zwischen den verschiedenen Umständen. Der Gesetzgeber hat diesen Unterschied zwischen "durch" und "anläßlich" in § 1 Abs. 1 KBLG sichtbar werden lassen, indem er bei unmittelbaren Kriegseinwirkungen vorschreibt, daß Gesundheitsstörungen durch diese entstanden sein müssen, bei militärischem und militärähnlichem Dienst läßt er es genügen, daß die Schädigungen anläßlich dieses Dienstes erlitten wurden. Die früheren Versorgungsgesetze und das BVG haben die Tatbestände, bei denen ein ursächlicher Zusammenhang gefordert wird, und diejenigen, bei denen ein anderes Zusammentreffen genügt, getrennt aufgeführt und verschieden bezeichnet, wie "durch" die besonderen Eigentümlichkeiten, "infolge" oder "durch" Dienstverrichtungen und "bei" oder "während" der Ausübung des Dienstes. Das KBLG hat diese verschiedenen Möglichkeiten zusammengefaßt unter dem Begriff "anläßlich militärischen Dienstes". Weil somit "anläßlich" einen näheren Zusammenhang als ein nur zufälliges Nebeneinanderbestehen verlangt, kann die Zugehörigkeit zur Wehrmacht als Soldat und das Erleiden eines Unfalls während dieser Zugehörigkeit allein noch nicht genügen, um den Unfall als anläßlich militärischen Dienstes erlitten anzusehen. Es muß eine Verbindung des Unfalls mit der Ausübung des Dienstes hinzukommen.
Die Zugehörigkeit zur Wehrmacht beeinflußt die freie Willensbestimmung des Soldaten bei Gestaltung seiner Freizeit nicht, soweit sich diese im Rahmen des allgemein Erlaubten hält. Wenn er als Angehöriger der Wehrmacht in der Freizeit einen Unfall erleidet, so haben diese beiden Umstände keine nähere Beziehung zueinander. Wenn er dagegen während der Ausübung des militärischen Dienstes einen Unfall erleidet, so braucht zwar die Ursache des Unfalls im Sinn der wesentlichen Verursachung nach der KOV. nicht in der Ausübung des Dienstes selbst zu liegen; doch wird der äußere Rahmen, in dem sich der Unfall ereignet, durch die - befohlene- und damit nicht mehr der freien Entschließung unterliegende Ausübung des Dienstes bestimmt. Bei einem Unfall in der Freizeit dagegen werden die äußeren Umstände, unter denen der Unfall sich abspielt, allein von dem Soldaten nach seiner eigenen Willensbestimmung gestaltet. Unter "anläßlich militärischen Dienstes" im Sinn des § 1 Abs. 1 KBLG ist daher nicht allein schon die Zugehörigkeit zur Wehrmacht als Soldat zu verstehen, vielmehr die Ausübung des militärischen Dienstes muß hinzukommen. Dabei kann sich die Auswirkung der Dienstausübung auf die Gesundheit auch über ihre zeitliche und örtliche Dauer hinaus erstrecken.
Das LSG. hat danach den Begriff "anläßlich militärischen Dienstes" in § 1 Abs. 1 KBLG nicht verkannt. Seine Entscheidung entspricht der Rechtslage nach dem KBLG, aber auch nach dem BVG, wie die oben bei Auslegung des § 1 Abs. 1 KBLG zu § 1 Abs. 1 BVG gemachten Ausführungen zugleich mit ergeben. Es hat zutreffend festgestellt, daß der Kläger bei Besuch der Gastwirtschaft sich nicht in Ausübung militärischen Dienstes befand und daß beim Sturz von der Treppe besondere, dem militärischen Dienst eigentümliche Einwirkungen des vorhergegangenen Dienstes nicht mitgewirkt haben. Ein Versorgungsanspruch nach dem KBLG wurde daher zu Recht abgelehnt.
Auch unter dem Gesichtspunkt einer unmittelbaren Kriegseinwirkung (§ 1 Abs. 1 KBLG) ist ein Versorgungsanspruch nach dem KBLG nicht begründet. Die außerhalb des Hauses gelegene Treppe, auf der sich der Unfall ereignet hat, war angeblich unbeleuchtet. Selbst wenn sie infolge der Verdunklungsvorschriften nicht beleuchtet war, könnte der Sturz nicht als Folge einer unmittelbaren Kriegseinwirkung angesehen werden, denn die allgemeinen Luftschutzmaßnahmen sind nach § 2 Abs. 1 Buchst. b der Dritten DurchfVO. zum KBLG vom 23. Juli 1949 (Regierungsbl. für Württemberg-Baden S. 212) ausdrücklich nicht als unmittelbare Kriegseinwirkungen anzusehen (ebenso § 5 Abs. 1 Buchst. b BVG).
Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 21. Februar 1958 seine Nachtblindheit besonders hervorhebt, könnte dies dahin verstanden werden, das LSG. habe diese Tatsache nicht genügend gewürdigt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2; § 128 SGG) Diese Rüge greift schon deshalb nicht durch, weil sie nicht in der Frist des § 164 Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben ist. Abgesehen davon ändert die Nachtblindheit nichts daran, daß sich der Unfall nicht anläßlich militärischen Dienstes ereignete.
Die Revision des Klägers ist somit nicht begründet. Sie war daher gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen