Leitsatz (amtlich)
1. Die Abtretung von Rentenansprüchen umfaßt nur die einzelnen Zahlungsansprüche, nicht aber das Rentenstammrecht. Sämtliche die Rente betreffenden Bescheide und Mitteilungen sind deshalb auch bei rechtswirksamer Abtretung der Zahlungsansprüche weiterhin dem Inhaber des Rentenstammrechts zuzustellen.
2. Der Abtretungsgläubiger kann den ihm abgetretenen Rentenanspruch nur insoweit gegenüber dem Versicherungsträger geltend machen, als der Leistungsanspruch dem Versicherten oder seiner Witwe gegenüber durch Verwaltungsakt konkretisiert worden ist. Die in dem an die Witwe des Versicherten gerichteten Bescheid enthaltene Feststellung des Ruhens der Rentenleistungen muß daher der Abtretungsgläubiger gegen sich gelten lassen.
3. Dem Abtretungsgläubiger steht gegen einen an den Inhaber des Rentenstammrechts gerichteten Bescheid kein eigenes Anfechtungsrecht zu.
Orientierungssatz
1. Der von dem Bevollmächtigten des Klägers erklärte Parteiwechsel auf der Klägerseite, ist als Klageänderung zu beurteilen. Die Entscheidung des Erstgerichts über die Zulassung der Klageänderung ist gemäß SGG § 99 Abs 4 unanfechtbar.
2. Die Feststellung über das Ruhen der Rente ist immer an den Inhaber des - nicht übertragbaren - Stammrechts gebunden. Daher kann durch die Abtretung ruhender Ansprüche an eine Person, bei der die Ruhensvorschriften nicht durchgreifen, das Aufleben der Ansprüche nicht bewirkt werden.
3. Die Klagebefugnis ist grundsätzlich nicht durch Rechtsgeschäft übertragbar.
Normenkette
SGG § 54 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; BGB § 404 Fassung: 1896-08-18; RVO § 119 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1924-12-15; SGG § 99 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 4 Fassung: 1953-09-03; RVO § 625 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 21.06.1977; Aktenzeichen L 15 BU 74/74) |
SG Dortmund (Entscheidung vom 16.10.1974; Aktenzeichen S 19 BU 87/73) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Juni 1977 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Kläger aus abgetretenem Recht Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen.
Der Kläger ist der Neffe des verstorbenen Versicherten F. A. Der Versicherte war von 1912 bis 1947 mit Unterbrechungen im Gebiet der jetzigen Bundesrepublik Deutschland im Bergbau beschäftigt. Er wohnte bis September 1947 in R, anschließend im früheren W (Schlesien) und zuletzt seit Mitte September 1964 in Koscian in Zentralpolen. Er besaß, ebenso wie seine Frau, die deutsche Staatsbürgerschaft. Seit September 1964 erhielt der Versicherte die polnische bergmännische Invalidenrente. Am 10. März 1969 starb er an den Folgen einer Siliko-Tuberkulose. Der Kläger hat ihn zur Hälfte des Nachlasses beerbt. Die Witwe des Versicherten, Frau M. A., bezieht vom polnischen Versicherungsträger und von der Bundesknappschaft Witwenrente.
Am 8. Dezember 1967 bat der Kläger die Beklagte um Mitteilung, ob sich nunmehr eine Möglichkeit zur Überweisung von Unfallrenten nach Polen ergebe; im Jahre 1965 sei eine entsprechende Anfrage verneint worden. Am 14. Dezember 1967 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß die in der Volksrepublik Polen und in den von ihr verwalteten Gebieten wohnenden Personen infolge Fehlens zwischenstaatlicher Vereinbarungen Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung der Bundesrepublik Deutschland nicht beanspruchen könnten. Am 7. Januar 1969 beantragte der Kläger für den Versicherten die Zahlung einer Verletztenrente wegen einer Silikose, die sich dieser im westdeutschen Bergbau zugezogen habe. Diesem Antrag fügte er eine schriftliche Vollmacht des Versicherten vom 15. September 1965 bei, in der dieser den Kläger bevollmächtigte, seine sämtlichen Interessen gegenüber der Beklagten wahrzunehmen, insbesondere die Unfallrente zu beantragen, diese auf dem persönlichen Konto des Klägers entgegenzunehmen und in seinem Namen Prozesse zu führen. Nach dem Tode des Versicherten beantragte der Kläger am 23. Juni 1969 zusätzlich für die Witwe die Gewährung von Hinterbliebenenrente und Sterbegeld. Auch insoweit legte er eine Vollmacht vom 8. Juni 1969 vor, in der ihn die Witwe zur Wahrung ihrer Interessen, Entgegennahme der Leistungen sowie zur Führung von Prozessen in allen Instanzen der "Sozial- und anderer Gerichtsbarkeit" ermächtigte.
Zuvor hatte der Versicherte am 15. Februar 1969 seine Ansprüche gegenüber der Beklagten an den Kläger abgetreten und dies dem Versicherungsamt der Stadt R wie folgt angezeigt:
"Hiermit zeige ich dem Versicherungsamt/Rechtsamt der Stadt R an, daß ich meine Rentenforderung sowie alle eventl. damit im Zusammenhang stehenden weitergehenden Forderungen gegenüber der Bergbau-Berufsgenossenschaft in Bochum mit sofortiger Wirkung sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft an meinen Neffen S. A. wohnhaft in R., B. Straße ..., abgetreten habe.
Nach dem Tode des Versicherten trat auch dessen Witwe am 15. Juni 1971 ihre Ansprüche an den Kläger ab und teilte dies der Stadt Recklinghausen am 16. Juli 1971 wie folgt mit:
"Hiermit teile ich dem städt. Rechtsamt der Stadt Recklinghausen mit, daß ich meine gesamten rückständigen als auch zukünftigen Forderungen gegenüber der Bergbau-Berufsgenossenschaft, B., an meinen Neffen, Herrn S. A., wohnhaft in R., Am Q. ..., abgetreten habe.
Die Forderungen setzen sich insbesondere zusammen aus der rückständigen Unfallrente für meinen verstorbenen Ehemann, F. A., das Sterbegeld, die Witwenunfallrente sowie alle evtl. weitergehenden Ansprüche gegenüber diesem Versicherungsträger.
Die Abtretung ist unwiderruflich erteilt.
Ich bitte meinen Antrag zu genehmigen.
Diese Abtretungen genehmigte das Versicherungsamt der Stadt R gemäß § 119 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung - RVO - (Fassung bis 31.12.1975) mit Bescheiden vom 2. November 1973.
Vor diesen Genehmigungen erkannte die Beklagte auf die in Vollmacht gestellten Anträge des Versicherten und seiner Witwe nach Einholung mehrerer Gutachten durch Bescheid vom 11. April 1973 an, daß der Versicherte an einer Quarzstaublungenerkrankung und einer Siliko-Tuberkulose im Sinne von Nr 34 bzw Nr 35 der Anlage zur Siebenten Berufskrankheiten-Verordnung gelitten habe und hieran gestorben sei. Den Erkrankungsbeginn legte sie auf den 5. Januar 1962 fest und bestimmte die berufskrankheitsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wie folgt:
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6.1.1962 bis 31.12.1963 |
100 % (Nr 35) |
1.1.1964 bis 31.12.1968 |
50 % (Nr 34) |
1.1.1969 bis 10.3.1969 |
100 % (Nr 35) |
In dem Bescheid heißt es weiter: Da die Witwe in Polen wohne und die polnische Staatsangehörigkeit besitze, ruhten die Leistungen nach § 625 RVO. Im übrigen sei der Versicherte in das polnische Sozialversicherungssystem einbezogen gewesen. Bei dieser Sachlage könne die Tatsache, daß der Versicherte neben seiner polnischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besessen und diese auch die Witwe erworben habe, nicht dazu führen, den Rentenanspruch zu verwirklichen.
Diesen an den Kläger als Bevollmächtigten des Versicherten und seiner Witwe am 16. April 1973 abgesandten Bescheid hat der Kläger am 14. Mai 1973 "im Namen und in Vollmacht" der Witwe beim Sozialgericht (SG) Dortmund angefochten. Nach den erfolgten Genehmigungen durch die Stadt Recklinghausen erklärte der Kläger gegenüber dem SG, als alleiniger Inhaber aller Forderungen gegen die Beklagte trete er ab sofort in den Rechtsstreit als Kläger ein, die Witwe scheide aus dem Verfahren aus. Das SG hat den Parteiwechsel als Klageänderung für sachdienlich erachtet und durch Urteil vom 16. Oktober 1964 die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger als Abtretungsgläubiger Lebzeitenrenten Höhe von 50 % der Vollrente für die Zeit vom 14. September 1964 bis zum 31. Dezember 1968 und von 100 % der Vollrente für die Zeit vom 1. Januar 1969 bis zum Tode des Versicherten sowie ab 10. März 1969 die Hinterbliebenenleistungen zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben beide Beteiligte die vom SG zugelassene Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 21. Juni 1977 das SG-Urteil abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen: Der Parteiwechsel sei als Klageänderung zulässig gewesen. Der Klage könne jedoch kein Erfolg beschieden sein, da die Abtretungen des Versicherten und seiner Witwe wegen Verstoßes gegen § 138 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nichtig seien.
Der Kläger hat die im Urteil des LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die unrichtige Anwendung der §§ 138, 398, 404, 516, 675, 2018, 2353 BGB, der §§ 119, Abs 2, 1630 RVO aF, der §§ 103, 106, 112, 141 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sowie der §§ 286, 322, 416, 417 der Zivilprozeßordnung (ZPO).
Der Kläger beantragt,
die Beklagte in Abänderung des angefochtenen Urteils vom 21. Juni 1977 und in teilweiser Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 16. Oktober 1974 zu verurteilen, an ihn
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1. |
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die ihm abgetretenen Ansprüche des Versicherten F. A., geboren 8. März 1898, auf |
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a) |
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Silikoserente nach einer MdE von 50 % für die Zeit vom 1. Januar 1954 bis 30. Juni 1960 und eine Siliko-Tuberkuloserente nach einer MdE von 100 % für die Zeit vom 1. Juli 1960 bis 31. März 1969 zu zahlen, |
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b) |
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eine nach § 582 RVO um eine Schwerverletztenzulage von 10 % erhöhte Berufskrankheitsrente für die Zeit vom 1. Juli 1963 bis zum 30. September 1964 zu zahlen, |
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c) |
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eine nach § 587 RVO bzw § 562 RVO aF auf die Vollrente erhöhte Berufskrankheitsrente für die Zeit vom 1. März 1955 bis zum 30. Juni 1960 und - hilfsweise, wenn dem oben unter 1. a) gestellten Antrag nicht entsprochen werden sollte - auch für die Zeit vom 1. Juli 1960 bis 31. März 1963 zu zahlen, |
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d) |
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ein Pflegegeld nach § 558 Abs 3 RVO zu zahlen, und zwar |
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aa) |
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für die Zeit vom 1. Juli 1960 bis zum 31. Dezember 1960 in Höhe von 275,- DM monatlich, |
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bb) |
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für die Zeit vom 1. Januar 1961 bis zum 31. März 1969 in Höhe von monatlich 350,- DM, |
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2. |
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die ihm abgetretenen Ansprüche der Witwe M. A., geborene S., des oben genannten Versicherten F. A. auf |
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a) |
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die Unfallwitwenrente in gesetzlicher Höhe, |
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b) |
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Überbrückungshilfe nach § 591 RVO, |
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c) |
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Sterbegeld nach § 589 RVO, |
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d) |
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Überführungskosten nach § 589 RVO in Höhe von 250,- DM pauschal, |
zu zahlen, und zwar sämtliche Beträge nebst 4 % Zinsen ab Fälligkeitszeitpunkt, hilfsweise ab Verzugszeitpunkt,
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3. |
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und zwar ausschließlich an ihn als alleinigen Abtretungsgläubiger und Inhaber des Rentenstammrechts oder einem vom Kläger benannten Bevollmächtigten alle künftigen Rentenbescheide, Anpassungsmitteilungen und sonstigen Schriftverkehr zuzustellen, |
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend. Im Hinblick auf die inzwischen zu § 625 RVO ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung und die weiteren vom Kläger beigebrachten Unterlagen hat sie sich bereit erklärt, ihren Bescheid vom 11. April 1973 hinsichtlich der Ansprüche der Witwe nach Abschluß dieses Verfahrens zu überprüfen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet.
Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß dem Klagebegehren nicht entsprochen werden kann. Dabei kann dahinstehen, ob die Ansicht des LSG zutreffend ist, der Versicherte und dessen Witwe hätten jeweils mit dem Kläger Geschäftsbesorgungsverträge geschlossen, die gemäß § 138 Abs 2 BGB als nichtig anzusehen seien mit der Folge, daß diese Nichtigkeit auch die Abtretungen erfasse.
Soweit der Kläger Leistungsklage aus eigenem Recht erhoben hat, muß dieser schon deswegen der Erfolg versagt bleiben, weil die Beklagte durch den Bescheid vom 11. April 1973 das Ruhen aller geltend gemachten Ansprüche gemäß § 625 RVO festgestellt hat und der die Ruhensfeststellung enthaltende Bescheid der Witwe des Versicherten gegenüber bindend geworden ist (§ 77 SGG).
Der Bescheid vom 11. April 1973 ist zwar von der Witwe durch ihren Bevollmächtigten zunächst durch die Klageerhebung vor dem SG wirksam angefochten worden. Durch den sodann von ihrem Bevollmächtigten erklärten Parteiwechsel auf der Klägerseite, der vom SG zutreffend als Klageänderung beurteilt und gemäß § 99 Abs 1 SGG für sachdienlich gehalten wurde (vgl Jens Meyer-Ladewig, SGG, Anm 2 zu § 99, S 394), ist die Witwe des Versicherten - wie vom nunmehrigen Kläger gewollt - aus dem Prozeß ausgeschieden. Die Entscheidung des Erstgerichts über die Zulassung der Klageänderung ist gemäß § 99 Abs 4 SGG unanfechtbar. Die hierdurch bestehende Bindung an die Klageänderung als solche umfaßt indes nicht die rechtliche Beurteilung, die das SG zu ihrer Zulassung bewogen hat. Demnach kann es für den erkennenden Senat nicht rechtserheblich sein, daß das SG bei der Zulassung offensichtlich davon ausgegangen ist, daß der Kläger ein eigenes Anfechtungsrecht gegen den Bescheid vom 11. April 1973 hat. Entgegen dieser auch vom LSG übernommenen Rechtsauffassung besteht nämlich ein derartiges Anfechtungsrecht nicht.
Durch die Abtretung oder eine vor dem beantragten Parteiwechsel getroffene besondere Vereinbarung zwischen Kläger und Witwe konnte das der Witwe zustehende Anfechtungsrecht hinsichtlich des ihr gegenüber erlassenen Bescheides vom 11. April 1973 nicht auf den Kläger übergegangen sein, weil die Klagebefugnis grundsätzlich nicht durch Rechtsgeschäft übertragbar ist (vgl Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm 2 d zu § 54 SGG, S 176). Es kann auch nicht angenommen werden, daß der Kläger durch eine gewillkürte Prozeßstandschaft die Rechte der Witwe weiterverfolgt hat; denn eine solche setzt das Geltendmachen von fremden Rechten im eigenen Namen voraus (vgl BSGE 10, 134 mit weiteren Nachweisen). Der Kläger will aber - wie er anläßlich des gewollten Parteiwechsels ausdrücklich erklärt hat - nur noch eigene Ansprüche verfolgen.
Ein eigenes Anfechtungsrecht gegen den an die Witwe des Versicherten gerichteten Bescheid vom 11. April 1973 steht dem Kläger ebenfalls nicht zu. Ein solches wäre nur zu bejahen, wenn der Kläger durch den Bescheid im Rechtssinne beschwert wäre (§ 54 Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGG). Als Abtretungsgläubiger der Rentenansprüche mag der Kläger durch den Bescheid, der die Feststellung des Ruhens enthält, in seinen wirtschaftlichen Interessen betroffen sein. Dies genügt indes nicht für eine rechtlich anerkannte und geschützte Rechtsposition, die für eine eigene Klagebefugnis erforderlich wäre (vgl BSG in SozR 1500 § 54 Nr 14 mit weiteren Nachweisen). Eine derartige Rechtsposition könnte nur dann angenommen werden, wenn der Kläger durch die erfolgten Abtretungen Inhaber des sogenannten Rentenstammrechts geworden wäre. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Ansprüche, die nach § 119 Abs 2 RVO in der bis 31. Dezember 1975 gültigen Fassung mit Genehmigung des Versicherungsamtes übertragen werden konnten, betreffen nur die einzelnen Zahlungsansprüche, nicht dagegen das sogenannte Rentenstammrecht (vgl Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Anm 1 zu § 119, S 203; Peters, aaO, Kommentierung zum Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, Anm 5 zu § 40, S 364 und Anm 3 zu § 53, S 438; Schimanski, Reichsknappschaftsgesetz, Anm 3 zu § 92, S 134 b 1). Letzteres geht somit nicht auf den Zessionar der Zahlungsansprüche über, sondern verbleibt beim Zedenten.
Infolge des somit unanfechtbaren Bescheides vom 11. April 1973 ist davon auszugehen, daß alle Rentenansprüche der Witwe - sei es als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (§ 1288 Abs 2 RVO in der bis 31. Dezember 1975 gültigen Fassung), sei es aus eigenem Recht - ruhen. Selbst wenn man unterstellt, daß die Beklagte nach Zulassung der Klageänderung auch gegenüber dem Kläger selbst erstmals einen die Auszahlung der Renten ablehnenden Verwaltungsakt in Form der weiterhin beantragten Klageabweisung erlassen konnte und erlassen hat, muß der Kläger als Abtretungsgläubiger der Rentenzahlungsansprüche diese Ruhensfeststellung im Bescheid vom 11. April 1973 in entsprechender Anwendung des § 404 BGB gegen sich gelten lassen. Danach kann der neue Gläubiger gegenüber dem Schuldner nicht mehr Rechte geltend machen, als sie dem alten Gläubiger zustanden. Da die Feststellung über das Ruhen der Rente immer an den Inhaber des - nicht übertragbaren - Stammrechts gebunden ist, kann durch die Abtretung ruhender Ansprüche an eine Person, bei der die Ruhensvorschriften nicht durchgreifen, das Aufleben der Ansprüche nicht bewirkt werden. Dies bedeutet hier, daß der Kläger die abgetretenen Ansprüche solange nicht geltend machen kann, als diese der Witwe des Versicherten gegenüber bescheidmäßig mit der Feststellung des Ruhens konkretisiert worden sind. Andernfalls würden, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, die Ruhensvorschriften und die Bindungswirkung von Verwaltungsakten in unzulässiger Weise umgangen. Erst nach Aufhebung des das Ruhen der Rentenansprüche feststellenden Bescheides vom 11. April 1973, welche die Beklagte nach Abschluß dieses Verfahrens in Aussicht gestellt hat und zu der sie im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 1975 (BSGE 41, 108 = SozR 2200 § 625 Nr 2) womöglich auch verpflichtet ist, kann somit das Zahlungsbegehren des Klägers als Abtretungsgläubiger - bei Vorliegen der übrigen, nach der derzeitigen Rechtslage nicht zu prüfenden Voraussetzungen - von Erfolg sein.
Selbst wenn man in dem weiteren Begehren des Klägers, ihm oder einem Bevollmächtigten alle künftigen Rentenbescheide, Anpassungsmitteilungen "und sonstigen Schriftverkehr" zuzustellen, die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG sehen könnte, so scheitert diese Feststellungsklage bereits daran, daß dem Kläger hierfür die Aktivlegitimation fehlt, weil - wie bereits aufgezeigt - durch die allein zulässige Abtretung der Zahlungsansprüche das Rentenstammrecht nicht auf den Kläger übertragen worden ist. Letzteres ist vielmehr - auch bei rechtswirksamen Abtretungen an den Kläger - bei der Witwe des Versicherten verblieben, so daß ihr auch weiterhin alle die Rente betreffenden Bescheide und Mitteilungen zuzustellen sind.
Die Revision war somit im Ergebnis als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen