Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatzanspruch nach § 1504 RVO bei Heimdialyse

 

Orientierungssatz

1. Die Heimdialyse gehört zu den nach § 1504 Abs 1 S 2 RVO von der Ersatzpflicht ausgenommenen Kosten der Krankenpflege iS des § 182 Abs 1 RVO.

2. § 1504 RVO ist eine die Ersatzpflicht einer Krankenkasse gegen den Träger der Unfallversicherung jedenfalls insoweit abschließende Regelung, als er den Anspruch der Krankenkasse auf Ersatz der ihr durch einen Arbeitsunfall entstandenen Kosten begrenzt. Diese Vorschrift regelt den Ersatzanspruch der Krankenkasse ua für Fälle, in denen der Unfallversicherungsträger davon abgesehen hat, berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung einzuleiten, selbst wenn dies im Einzelfall tunlich gewesen wäre (Festhaltung BSG 1981-10-08 2 RU 31/81 = BSGE 52, 206).

3. Die Höhe der Kosten einer von der Krankenkasse einem Unfallverletzten gewährten sachgemäßen Heilbehandlung sind kein Anlaß, die Übernahme der Kosten durch den Träger der Unfallversicherung zu fordern.

 

Normenkette

RVO § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c Fassung: 1974-08-07, § 182b Fassung: 1974-08-07, § 557 Abs 1 Fassung: 1974-08-07, § 557 Abs 2, § 1504 Abs 1 S 2 Fassung: 1963-04-30, § 565 Abs 2 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 18.05.1981; Aktenzeichen S 18 U 216/79)

 

Tatbestand

Der bei der Klägerin für den Fall der Krankheit versicherte Beigeladene leidet infolge eines Arbeitsunfalls (Verletzungen durch Hundebisse) vom 31. Juli 1973 ua an einer absoluten, auf Lebensdauer mit der künstlichen Niere zu behandelnden Ausscheidungsinsuffizienz der Nieren auf 1/5 der Norm. Die Beklagte gewährte ihm die Vollrente (Bescheid vom 14. Juni 1977). Die Niereninsuffizienz wird vom Beigeladenen im Wege der Heimdialyse behandelt. Den auf § 1504 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gestützten Anspruch der Klägerin auf Ersatz der für die Dialysebehandlung des Beigeladenen aufgewendeten Kosten hat die Beklagte abgelehnt.

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin die ihr durch die Heimdialyse des Beigeladenen entstandenen Kosten im Rahmen des § 1504 RVO zu ersetzen (Urteil vom 18. Mai 1981). Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Heimdialysegerät gehöre zwar zu den in § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c RVO genannten anderen Hilfsmitteln, deren Kosten nach § 1504 Abs 1 RVO vom Träger der Unfallversicherung nicht zu ersetzen seien. Diese Regelung müsse jedoch im Zusammenhang mit § 557 Abs 1 und 2 RVO gesehen werden. Deren Sinn liege darin, daß die Krankenkassen nur mit den Kosten der ambulanten Behandlung leichter Verletzungen belastet bleiben sollen, während in allen schwereren Fällen die Kosten im Rahmen des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens durch die Berufsgenossenschaften zu übernehmen seien. Dafür spreche auch das zutreffende Vorbringen der Klägerin, daß in der Vergangenheit nierengeschädigte Patienten grundsätzlich stationär dialysiert worden seien mit dem daraus resultierenden Anspruch auf Kostenersatz nach § 1504 RVO, während der technische Fortschritt die Möglichkeit geschaffen habe, die lebenserhaltende Dialysierung in der Gestalt der Heimdialyse durchzuführen. Es könne nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, die durch verbesserte technische Möglichkeiten entstehenden Mehrkosten der Krankenkasse aufzuerlegen. Diese Möglichkeit sei von dem Gesetzgeber bei Schaffung der in Betracht zu ziehenden Abschnitte der RVO nicht vorauszusehen gewesen. Das Gericht sehe keine Notwendigkeit, hier eine andere Kostenregelung Platz greifen zu lassen, als wenn die Dialyse stationär, dh in einem Krankenhaus hätte vorgenommen werden müssen.

Auf Antrag der Klägerin und mit Einwilligung der Beklagten hat der Vorsitzende des SG ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter die Revision zugelassen (Beschluß vom 2. November 1981); eine Rechtsmittelbelehrung fehlt.

Die Beklagte hat unter Verzicht auf eine verlängerte Revisionsfrist (§ 66 Abs 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) Revision eingelegt. Sie trägt vor, daß die Kosten für die Heimdialyse eines Krankenkassenmitgliedes nicht zu den nach § 1504 Abs 1 RVO zu ersetzenden Aufwendungen gehörten.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des SG Düsseldorf vom 20. Mai 1981 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an das SG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Beklagte habe trotz der Schwere der Heilbehandlung des Beigeladenen die Heilbehandlung nicht übernommen, wie dies in aller Regel bei einer arbeitsunfallbedingten Heimdialyse der Fall sei. Deshalb habe für den Gesetzgeber kein Anlaß bestanden, den Bemühungen der Träger der Krankenversicherung, die Kostenlast aus unfallbedingten Erkrankungen möglichst gering zu halten, Beachtung zu schenken. Die in § 1504 RVO unter der Berücksichtigung aller Belange getroffene Regelung werde in Frage gestellt, wenn kostenaufwendige Behandlungsmaßnahmen, wie sie die Dialysebehandlung darstelle und die in der Regel anstelle einer an sich notwendigen Krankenhauspflege träten, den Krankenkassen zur Last fielen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden, daß dann, wenn die Krankenkasse verpflichtet sei, Krankenhauspflege zu gewähren, diese durch eine ihr gleichkommende andere Leistung (zB Behandlung in einem heilpädagogischen Kinderheim, BSGE 31, 279 oder mit einem Ultraschallvernebler, BSGE 37, 130) ersetzt werden könne. Die Ersatzleistung trete dann an die Stelle der ursprünglich geschuldeten Leistung und deren Kosten seien dann nach § 1504 RVO zu ersetzen.

Der Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Sprungrevision der Beklagten ist nach § 161 SGG zulässig. Der Zulassungsbeschluß ist zwar verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, denn die ehrenamtlichen Richter haben bei der Entscheidung über die nachträgliche Zulassung der Revision mitzuwirken. Trotz dieses schweren Mangels ist der Beschluß vom 2. November 1981 jedoch wirksam und das BSG an die Zulassung der Sprungrevision gebunden (BSGE 51, 23, 26 ff).

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der von ihr für die Heimdialyse des Beigeladenen aufgewendeten Kosten.

Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen, für welche Zeit die Klägerin Ersatz begehrt. Die Klägerin hat dies auch nicht im Verfahren vor dem SG vorgetragen, sondern lediglich die Höhe des Ersatzanspruches beziffert, zuletzt im Schriftsatz vom 28. November 1980 mit 226.739,52 DM. Im Klageantrag hat sie jedoch noch nicht einmal diesen Betrag erwähnt. Der Senat geht bei seiner Entscheidung von der Rechtslage aus, wie sie seit dem Inkrafttreten des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (GBl I 1881) am 1. Oktober 1974 bestanden hat.

Ist die Krankheit Folge eines Arbeitsunfalls, den der Träger der Unfallversicherung zu entschädigen hat, so hat dieser, wenn der Verletzte bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 1504 Abs 1 Satz 1 und 2 RVO (idF des Art 2 Nr 9 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes -UVNG- vom 30. April 1963 - BGBl I 241) die Kosten mit Ausnahme des Sterbegeldes zu erstatten, die nach Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall entstehen. Ausgenommen sind die Kosten der Krankenpflege (§ 182 Abs 1 Nr 1 RVO). Nach § 1504 Abs 1 Satz 3 RVO (eingefügt durch Art 1 § 1 Nr 58 des am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes -KVKG- vom 27. Juni 1977 - BGBl I 1069) sind die Kosten der Krankenhauspflege vom ersten Tag an zu erstatten.

Mit der Heimdialyse erfüllt die Klägerin ihre sich aus den §§ 182 und 182b RVO ergebende Verpflichtung, dem Beigeladenen ausreichende und zweckmäßige Krankenpflege (§ 182 Abs 2 RVO) sowie das davon umfaßte, die körperliche Behinderung ausgleichende Hilfsmittel (§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c, § 182b RVO) zu gewähren (vgl BSG, Urteil vom 26. Juli 1978 - 5 RKn 33/76 - = USK 78106; Meydam BKK 1979, 21O; aA Schreiben des Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vom 13. März 1975 und 12. September 1977 in Das Leistungsrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung, 12. Aufl, § 182 Teil A zu § 182 S 65 und 66, dort wird die Dialyse als Heilmittel bezeichnet, was jedoch für die hier in Streit stehenden Rechtsfragen ohne Bedeutung ist, s § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst b RVO). Nach der insoweit eindeutigen Regelung in § 1504 Abs 1 RVO gehört die Heimdialyse zu den von der Ersatzpflicht ausgenommenen Kosten der Krankenpflege iS des § 182 Abs 1 RVO.

Dem steht nicht entgegen, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 8. Oktober 1981 - 2 RU 31/81 - demnächst BSGE 52, 206), daß der Anspruch auf Ausstattung mit Hilfsmitteln als eine Leistung der Krankenpflege erst nach der Neufassung des § 1504 Abs 1 Satz 2 RVO durch das UVNG in § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c RVO aufgeführt worden ist. Der Gesetzgeber hat durch den in § 182 Abs 1 Nr 1 RVO gebrauchten Begriff der Krankenpflege und durch den zusätzlichen Hinweis auf diese Vorschrift in einer Klammer des § 1504 Abs 1 Satz 2 RVO alle jeweils aufgrund der Auslegung dieser Vorschrift (vgl BSGE 42, 121) zur Krankenpflege zu rechnenden Leistungen von der Ersatzpflicht im Rahmen des § 1504 Abs 1 Satz 1 RVO ausgenommen. Eine Einschränkung des § 1504 Abs 1 Satz 2 RVO nach der Neufassung des § 182 Abs 1 Nr 1 RVO durch § 21 Nr 5a RehaAnglG ist nicht versehentlich unterblieben. Dies wird dadurch bestätigt, daß der Gesetzgeber nach Einfügung des § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst c RVO im Jahre 1974 auch §1504 Abs 1 RVO durch Einfügung des Satzes 3 neu gefaßt hat, wodurch die Krankenversicherungsträger entlastet wurden, ohne Satz 2 dieser Vorschrift zu ändern.

Der Senat hat in dem erwähnten Urteil vom 8. Oktober 1981 (aaO) auch entschieden, daß § 1504 RVO eine die Ersatzpflicht einer Krankenkasse gegen den Träger der Unfallversicherung jedenfalls insoweit abschließende Regelung ist, als er den Anspruch der Krankenkasse auf Ersatz der ihr durch einen Arbeitsunfall entstandenen Kosten begrenzt. Er hat zudem ausdrücklich betont, daß § 1504 RVO den Ersatzanspruch der Krankenkasse ua für Fälle regelt, in denen der Unfallversicherungsträger davon abgesehen hat, berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung einzuleiten, selbst wenn dies im Einzelfall tunlich gewesen wäre. Der Senat hält an dieser Auffassung fest.

Entgegen der Auffassung des SG ist der Regelung in § 557 Abs 1 und 2 RVO über den Umfang der von dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewährenden Heilbehandlung nicht zu entnehmen daß die Krankenkassen nur mit den Kosten ambulanter Behandlung leichter Verletzungen belastet werden sollen, während in allen schwereren Fällen die Kosten im Rahmen des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens von den Berufsgenossenschaften zu übernehmen seien. Die Vorschriften des § 557 Abs 1 und 2 RVO verpflichten zwar die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur medizinischen Wiederherstellung der Unfallverletzten und Berufskranken sowie zur Wiedereingliederung dieser Personen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft. Jedoch stellt § 565 RVO klar, daß bei Arbeitsunfällen von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zunächst die Träger der Krankenversicherung zur Entschädigung berufen und somit vorleistungspflichtig sind (vgl BSGE 14, 233, 235; Noeske BG 1963, 241, 242); insoweit bestehen nach § 565 Abs 1 Satz 2 RVO keine Ansprüche gegen einen Träger der Unfallversicherung auf Heilbehandlung (§ 557 RVO), auf Pflege (§ 558 RVO), auf stationäre Behandlung (§ 559 RVO), auf Übergangsgeld (§ 560 RVO) sowie auf Körperersatzstücke und Hilfsmittel (§ 564 RVO). Allerdings kann der Träger der Unfallversicherung nach § 565 Abs 2 RVO die Heilbehandlung und die Zahlung der während der Heilbehandlung zu gewährenden Geldleistungen selbst übernehmen. Insoweit fallen dann die Ansprüche gegen den Träger der Krankenversicherung weg. Der Träger der Unfallversicherung ist bei pflichtmäßiger Ausübung seines Ermessens in geeigneten Fällen gegenüber dem Verletzten auch verpflichtet, berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung einzuleiten. Die tatsächlichen Feststellungen des SG bieten jedoch keinen Anhalt dafür, daß eine solche Verpflichtung der Beklagten bestanden haben könnte, so daß dahinstehen kann, ob die Krankenkasse aus einer Verletzung dieser Pflicht überhaupt selbständige, nicht aus § 1504 RVO abgeleitete Ersatzansprüche geltend machen könnte. Jedenfalls sind die Höhe der Kosten einer von der Krankenkasse einem Unfallverletzten gewährten sachgemäßen Heilbehandlung kein Anlaß, die Übernahme der Kosten durch den Träger der Unfallversicherung zu fordern. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragenen Argumente aus der Entstehungsgeschichte der Regelung der Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und der Unfallversicherung (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 964 r und s) unterstreichen zwar die Bemühungen der Träger der Krankenversicherung, ihre Kostenlast aus unfallbedingten Erkrankungen möglichst niedrig zu halten, vermögen aber an den gesetzlichen Regelungen über die Kostenverteilung zwischen den Trägern der Krankenversicherung und der Unfallversicherung in § 1504 RVO nichts zu ändern. Der 8. Senat des BSG hat in einem Urteil vom 15. Dezember 1977 - 8 RU 44/77 - (BSGE 45, 221) zur Begründung des auf § 1504 Abs 1 RVO gestützten Anspruchs einer Krankenkasse auf Ersatz der Kosten des Pflegekrankengeldes (§ 185c RVO) ua ausgeführt, daß die Lasten aus Unfallschäden in erster Linie von den Unternehmern über die gesetzliche Unfallversicherung getragen werden sollen; die Versicherten sollten über die Krankenversicherungsbeiträge nur zu bescheidenem Anteil an den Lasten der Unfallversicherung beteiligt werden. Der 8. Senat hat sich dabei auf die Begründung zur Neufassung des § 1504 RVO durch das UVNG bezogen (BT-Drucks IV/120 S 78 zu Art 2 Nr 7 - 11). Weder dort, noch im Bericht des Bundestagsausschusses für Sozialpolitik zum Entwurf des UVNG (BT-Drucks IV/938 - neu S 30 zu Art 2 Nr 7) ist davon die Rede, daß die Versicherten über die Krankenversicherungsbeiträge "nur" zu bescheidenem Anteil an den Lasten der Unfallversicherung beteiligt werden sollen. Vielmehr wurde es im Hinblick darauf, daß die Unfallversicherung nicht nur Risiken trägt, die den Unternehmern zuzurechnen sind (zB Wegeunfälle) für billig gehalten, "auch" die Versicherten über die Krankenversicherungsbeiträge zu bescheidenen Anteilen an den Lasten der Unfallversicherung zu beteiligen (BT-Drucks IV/12O aaO). Der Bundestagsausschuß für Sozialpolitik hielt aus demselben Grund eine Beteiligung der Versicherten für "durchaus berechtigt" (BTDrucks IV/938 - neu - aaO). Der Ausschuß wandte sich damit gegen die Bestrebungen einer Fraktion des Bundestages, den Stichtag für die Abrechnung zwischen den Trägern der Unfallversicherung und der Krankenversicherung vom 18. Tag nach dem Unfall in Richtung auf den Unfalltag vorzuverlegen. Es wies zudem ua darauf hin, daß den Krankenkassen durch das kommende Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) ohnehin ein großer Teil der bis zum 18. Tag nach dem Unfall entstehenden Lasten abgenommen werden würde. Das LFZG vom 27. Juli 1969 (BGBl I 946) ist am 1. Januar 1970 in Kraft getreten. Danach brauchen die Träger der Krankenversicherung bei Arbeitsunfähigkeit ihrer Mitglieder infolge Krankheit diesen für die Dauer von sechs Wochen kein Krankengeld mehr zu zahlen. Eine weitere Entlastung der Krankenkassen trat zudem dadurch ein, wie bereits erwähnt, daß aufgrund des am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen KVKG die Träger der Unfallversicherung den Trägern der Krankenversicherung die Kosten der Krankenhauspflege statt vom 18. Tag nach dem Unfall bereits vom ersten Tag an zu erstatten haben. Für das Begehren der Klägerin, die Kosten einer einzelnen von ihr gewährten ausreichend und zweckmäßigen ambulanten Behandlung nur wegen deren Höhe auf die Beklagte abwälzen zu können, kann den erörterten gesetzlichen Vorschriften nichts entnommen werden. Es muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben, die Lastenverteilung zwischen den Trägern der Unfallversicherung und der Krankenversicherung neu zu regeln, wenn er dazu Anlaß zu haben glaubt.

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des SG, daß die Heimdialyse, weil sie infolge des technischen Fortschritts an die Stelle der Dialyse in einem Krankenhaus getreten sei, hinsichtlich des Kostenersatzes nach § 1504 Abs 1 RVO wie die Krankenhauspflege behandelt werden müßte. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, daß eine in einem Krankenhaus durchgeführte Dialyse in der Regel auch keine Krankenhauspflege ist (vgl BSGE 47, 285, 286), wie dies auch bei der Dialyse in Dialysezentren (-instituten) der Fall sein dürfte (vgl Meydam aaO). Der Nierenkranke hält sich an diesen Orten bis zu etwa neun Stunden zur Durchführung der Dialyse auf und kann die Einrichtung danach wieder verlassen (vgl RdSchr des BMS vom 6. November 1975 BVBl 1976, 2). Ob die Dialysebehandlung früher ausschließlich oder zu einem erheblichen Anteil im Rahmen einer stationären Krankenhausbehandlung stattgefunden hat, kann dahinstehen. Selbst wenn das der Fall gewesen sein sollte, rechtfertigt es sich nicht, sie auch jetzt noch - zumindest im Rahmen des § 1504 Abs 1 RVO - in jedem Fall wie eine Krankenhauspflege zu behandeln mit dem Ergebnis, daß die Kosten vom ersten Tag nach dem Unfall an zu ersetzen sind. Die abweichende Auffassung des SG müßte sonst zur Folge haben, daß der Kostenersatz in gleicher Weise auch bei anderen Krankheiten stattfindet, die früher meist Krankenhauspflege erforderten, jetzt aber auch ambulant behandelt werden, wie zB Knochenbrüche der Extremitäten.

Die Tatsache, daß der 3. Senat des BSG in einem Urteil vom 28. August 1970 - 3 RK 74/67 - (BSGE 31, 279) die langfristige Behandlung eines - möglicherweise - psychisch kranken Kindes in einem heilpädagogischen Kinderheim in entsprechender Anwendung des § 184 RVO als Krankenhauspflege anzusehen bereit war, kann nicht dazu führen, die im vorliegenden Fall zu Hause durchgeführte Dialyse einer Krankenhauspflege gleichzuachten. Das trifft mehr noch für das weitere Urteil des 3. Senats vom 22. Februar 1974 - 3 RK 79/72 - (BSGE 37, 130) zu. Dort war zwischen den Beteiligten außer Streit, daß für ein erkranktes Kind aufgrund seines Krankheitszustandes Krankenhauspflege medizinisch erforderlich war, diese aber dadurch ersetzt werden konnte, daß das Kind unter Einsatz eines Ultraschallverneblers häuslich versorgt werden konnte. In einem solchen Fall sei, so hat der 3. Senat entschieden, die Krankenkasse verpflichtet, die Kosten für den Ultraschallvernebler dem vorleistenden Sozialhilfeträger zu ersetzen. Der Ultraschallvernebler sei eine Ersatzleistung anstelle der ursprünglich geschuldeten Krankenhauspflege. Abgesehen davon, daß die vom Beigeladenen zu Hause durchgeführte Dialyse nicht eine Ersatzleistung für eine Dialysebehandlung im Rahmen einer Krankenhauspflege ist, denn als weitere Alternativen kommen noch eine ambulante Dialyse im Krankenhaus oder in einem Dialysezentrum (-institut) in Betracht, ist jedenfalls die Ersatzleistung - auch nach Meinung des 3. Senats - keine Krankenhauspflege. Es ist daher nicht gerechtfertigt, sie beim Kostenersatz nach § 1504 Abs 1 RVO wie eine Krankenhauspflege zu behandeln.

Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1661811

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