Leitsatz (amtlich)
Die Rente eines Berechtigten, die nach ANVNG Art 2 § 37 Abs 3 auf 15/13 des bisherigen monatlichen Zahlbetrags zu erhöhen ist, darf beim Zusammentreffen mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung die durch AVG § 55 gesetzte Begrenzung nicht überschreiten.
Normenkette
AVG § 55 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; AnVNG Art. 2 § 37 Abs. 3 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1278 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; ArVNG Art. 2 § 38 Abs. 3 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. August 1960 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Berechnung und damit über die Höhe des Altersruhegelds der Klägerin.
Die Klägerin bezieht seit August 1956 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, die von Januar 1957 an auf Grund des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) umgestellt wurde. Wegen der Folgen eines im Februar 1956 erlittenen Arbeitsunfalls erhält sie außerdem eine Unfallrente, die seit September 1957 den Betrag von 122,10 DM (seit April 1958: 104,70 DM) ausmachte. Weil beide Renten zusammen den Betrag von 277,20 DM monatlich nicht überschreiten durften (§ 55 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -), wurde der Klägerin von der auf 207,90 DM errechneten Rente aus der Angestelltenversicherung von September 1957 an nur ein Betrag von 155,10 DM (seit April 1958: 172,50 DM) monatlich ausbezahlt. Im März 1958, als sie 65 Jahre alt wurde, beantragte sie, die Rente aus der Angestelltenversicherung nach Art. 2 § 37 Abs. 3 AnVNG auf 15/13 des bisherigen monatlichen Zahlbetrags zu erhöhen. Die Beklagte entsprach diesem Antrag in der Weise, daß die Rente von bisher 207,90 DM rechnerisch um 2/13 auf 239,90 DM erhöht, gleichzeitig aber festgestellt wurde, daß infolge der Ruhensvorschrift des § 55 AVG die auszuzahlenden Bezüge nicht zu erhöhen seien. Die Klägerin ist dagegen der Meinung, daß die von September 1957 an gezahlte Rente von 155,10 DM um 2/13 hätte erhöht werden müssen.
Das Landessozialgericht (LSG) bestätigte die Rechtsauffassung der Beklagten, hob das entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts auf und wies die Klage ab. Die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 26. August 1960).
Die Klägerin legte gegen dieses Urteil Revision ein und beantragte (sinngemäß), das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Sie begründete die Revision mit der Rüge, das LSG habe die Vorschrift des Art. 2 § 37 Abs. 3 AnVNG unrichtig angewandt.
Die Beklagte beantragte, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das LSG hat eine Erhöhung der auszuzahlenden Rentenbezüge mit Recht abgelehnt.
Art. 2 § 37 Abs. 3 AnVNG ordnet unter bestimmten - hier vorliegenden - Voraussetzungen die Erhöhung der nach § 31 dieses Artikels umgestellten Renten an. Der Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung, nämlich eine Erhöhung der Rente auf 15/13 des bisherigen monatlichen Zahlbetrags, könnte zunächst eindeutig erscheinen. Der Hinweis auf Art. 2 § 31 AnVNG macht jedoch klar, welcher Sinn der gesetzlichen Regelung zukommt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits mehrfach entschieden hat (BSG 8, 118; 13, 61), ist es Zweck der Vorschrift in § 37 Abs. 3 AnVNG zu erreichen, daß ein Rentner, sobald er 65 Jahre alt wird, eine Rente erhält, die dem Ruhegeld des § 31 AVG entspricht. Weil die Rente der jüngeren Rentenempfänger (Geburtsjahr 1892 und später) gegenüber denjenigen, die am 1. Januar 1957 das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatten, in der Höhe des Umstellungsfaktors differiert, wird durch Art. 2 § 37 Abs. 3 die Berechnung des Ruhegeldes, wie sie bei den Geburtsjahrgängen vor 1892 bereits bei der Umstellung nach Art. 2 § 31 AnVNG erfolgt ist, für die jüngeren Rentenempfänger nachgeholt. Die Vorschrift des Art. 2 § 37 Abs. 3 ist demnach eine Ergänzung des § 31 AVG und nicht - wie die Klägerin meint - eine hiervon losgelöste Sondervorschrift.
Der Zweck der Regelung in § 55 AVG ist es zu verhindern, daß beim Zusammentreffen einer Unfallrente mit einer Rente aus der Rentenversicherung ein Renteneinkommen erzielt wird, das - ohne Kinderzuschuß - über dem Erwerbseinkommen des Versicherten liegen könnte. Nach Art. 2 § 31 Abs. 4 AnVNG sind auf den Rentenbetrag eines Berechtigten, der am 1. Januar 1957 das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatte, die Kürzungs- und Ruhensvorschriften anzuwenden. Die - umgestellten - Renten dieser Berechtigten dürfen beim Zusammentreffen mit einer Rente aus der Unfallversicherung die in § 55 AVG gesetzte Begrenzung nicht überschreiten. Es ist kein Grund erkennbar, warum bei der Klägerin, die erst später das 65. Lebensjahr vollendet hat und deren Rente aus diesem Anlaß nach Art. 2 § 37 Abs. 3 AnVNG angehoben werden soll, ein Überschreiten jener Begrenzung berechtigt sein sollte. Würde man das Gesetz in diesem Sinn auslegen, so käme dies - wie das LSG mit Recht hervorhebt - auf eine mit dem sozialpolitischen Zweck des § 55 AVG nicht zu vereinbarende Besserstellung des durch Art. 2 § 37 Abs. 3 AnVNG erfaßten Personenkreises gegenüber denjenigen Rentnern heraus, die bei der Umstellung das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatten. Ebenso wie Renten, bei deren Umstellung Art. 2 § 33 AnVNG Anwendung gefunden hat, für eine Erhöhung nach Art. 2 § 37 Abs. 3 AnVNG nur insoweit in Betracht kommen, als dadurch die gesetzliche Höchstrente (Art. 2 § 33 AnVNG) gewahrt bleibt (BSG 13, 61), gelten Begrenzungen auch für Renten, die Anwendungsfälle des § 55 AVG sind.
Es kann dahinstehen, ob bei der Prüfung der Rentenanhebung nach Art. 2 § 37 Abs. 3 AnVNG - wie das LSG in Übereinstimmung mit der Beklagten annimmt - von dem Betrag auszugehen ist, der sich rechnerisch als die aus der Angestelltenversicherung zustehende - d. h. ungekürzte - Rente ergibt oder ob nicht richtigerweise der tatsächlich gezahlte bisherige monatliche Zahlbetrag zugrunde gelegt werden muß; denn in beiden Fällen ändert dies nichts an dem Ergebnis, nämlich daran, daß der sich nach § 55 AVG ergebende Grenzbetrag nicht überschritten werden darf.
Die Revision der Klägerin ist deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen