Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die geschiedene Ehefrau eines deutschen Staatsangehörigen hat kein von ihrem früheren Ehemann abgeleitetes Recht, nach Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens vom 9.9.1975 (BGBl II 1976, 1372) zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit vom 25.2.1964 (BGBl II 1965, 1294) Beiträge zu einer eigenen Versicherung nachzuentrichten.

 

Orientierungssatz

Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (GG Art 3, 6) gegen diese Auslegung des Art 2 Abs 2 SozSichAbkZAbk CHE iVm Art 3 SozSichAbk CHE.

 

Normenkette

SozSichAbkZAbk CHE Art 2 Abs 2 S 1 Fassung: 1975-09-09; SozSichAbk CHE Art 3 Fassung: 1964-02-25; ArVNG Art 2 § 51a Fassung: 1972-10-16; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 6 Abs 1 Fassung: 1949-05-23

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 22.02.1984; Aktenzeichen L 8 An 119/83)

SG Köln (Entscheidung vom 18.03.1983; Aktenzeichen S 6 An 208/80)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin Beiträge zur Angestelltenversicherung nachentrichten darf.

Die 1941 geborene Klägerin ist Staatsangehörige der Niederlande. Von 1963 bis 1966 gehörte sie der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) an. Ihre im Jahre 1966 mit einem deutschen Staatsangehörigen geschlossene Ehe wurde im Jahre 1980 in der Bundesrepublik rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsurteil wurde angeordnet, daß Rentenanwartschaften des Ehemannes in Höhe von monatlich 209,80 DM auf ein bei der Beklagten für die Klägerin zu errichtendes Konto zu übertragen sind.

Während des Scheidungsverfahrens hatte die Klägerin, die bis dahin keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet hatte, im Oktober 1979 bei der Beklagten beantragt, sie zur Nachentrichtung von Beiträgen zuzulassen; dabei berief sie sich auf eine zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Jahre 1975 vereinbarte Bestimmung (Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens vom 9. September 1975, BGBl II 1976, S 1372 - im folgenden: Zusatzabkommen - zum Abkommen über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964, BGBl II 1965, S 1294 - im folgenden: Abkommen -). Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 17. März 1980 ab, weil die Klägerin nicht zu dem berechtigten Personenkreis gehöre. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6. August 1980).

Das Sozialgericht Köln (SG) hat der Klage durch Urteil vom 18. März 1983 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin falle als niederländische Staatsangehörige nicht unter den persönlichen Geltungsbereich der zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz geschlossenen Abkommen. Sie sei auch keine - vom persönlichen Geltungsbereich mit erfaßte - Angehörige, die ihre Rechte von einem Staatsangehörigen eines Vertragsstaates ableite. Die Übertragung von Rentenanwartschaften aus Anlaß der Scheidung begründe eine eigene Versorgung der Klägerin; diese sei nicht "abgeleitet" iS von Art 3 des Abkommens, der auch für die Nachentrichtung nach Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens gelte. Abgesehen davon sei die Klägerin nach der Scheidung keine Angehörige ihres früheren Ehemannes mehr (Urteil vom 22. Februar 1984).

Gegen das Urteil richtet sich die - vom LSG zugelassene - Revision der Klägerin. Sie rügt eine Verletzung von Art 3 des Abkommens und Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens, ferner von Art 3 Abs 1, Art 6 Abs 1 und Art 20 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Sie sei Angehörige eines deutschen Staatsangehörigen iS von Art 3 des Abkommens und damit nachentrichtungsberechtigt nach Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens, weil sie bei Antragstellung noch mit einem Deutschen verheiratet gewesen sei. Die deutsche Rentenversicherung kenne durchaus Ansprüche auch von Angehörigen (zB in § 84 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG-). Mit der Ablehnung der Nachentrichtung werde der allgemeine Gleichheitssatz verletzt. Wenn ein Staatsangehöriger eines Vertragsstaates vor der Scheidung Beiträge nachentrichtet habe, werde seinem Ehegatten im Falle der Scheidung eine um diese Beiträge erhöhte Rentenanwartschaft übertragen, während ihr (der Klägerin) nach der Scheidung eine entsprechende Anhebung der Anwartschaft versagt bleibe. Der Ausschluß von der Nachentrichtung verletze sie auch in ihrem Grundrecht aus Art 6 Abs 1 GG, weil sie für sich und die aus der Ehe hervorgegangene Tochter, die deutsche Staatsangehörige sei, keine ausreichende Sicherung durch die Rentenversicherung mehr aufbauen könne.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des LSG vom 22. Februar 1984 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Köln vom 18. März 1983 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Aufgrund von Art 3 des Abkommens könnten Angehörige von Staatsangehörigen eines Vertragsstaates Rechte nur geltend machen, soweit das innerstaatliche Recht derartige Ansprüche für sie begründe. Die deutsche gesetzliche Rentenversicherung kenne jedoch keine Ansprüche von "Angehörigen", sondern nur von "Hinterbliebenen", zu denen die Klägerin nicht gehöre. Einzig § 84 AVG spreche von "Angehörigen", indes nur in einem eng begrenzten Bereich und im Rahmen einer Ermessensvorschrift. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im übrigen ihre (der Beklagten) Auffassung bereits in einem vergleichbaren Fall bestätigt (Urteil vom 9. September 1982 - 5b RJ 40/81 - BSGE 54, 97 = SozR 6805 Art 1 Nr 1).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß die Klägerin nicht zu der beantragten Beitragsnachentrichtung berechtigt ist.

Nach Art 2 Abs 2 Satz 1 des Zusatzabkommens können für Zeiten vom 1. Januar 1956 an bis zum Tag seines Inkrafttretens (am 1. November 1976, vgl Bekanntmachung BGBl II 1976, S 1723) auf Antrag freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung nachentrichtet werden, soweit während dieser Zeiten eine Versicherung in der schweizerischen AHV bestand und soweit diese Zeiten noch nicht mit Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung belegt sind. Der Antrag auf Nachentrichtung war binnen drei Jahren nach Inkrafttreten des Zusatzabkommens zu stellen (Art 2 Abs 2 Satz 3), was im Falle der Klägerin geschehen ist.

Wer nach Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens zur Nachentrichtung von Beiträgen berechtigt ist, wird darin nicht gesagt; der letzte Satz des Absatzes verweist allerdings "im übrigen" auf die Rechtsvorschriften, die seit dem 19. Oktober 1972 für die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge gelten, mithin auf die einschlägigen Vorschriften des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972 (BGBl I, S 1965), die am 19. Oktober 1972 in Kraft getreten sind (Art 6 § 8 Abs 2; vgl auch die Denkschrift der Bundesregierung zum Zusatzabkommen, wonach die Übergangsbestimmung in Art 2 des Zusatzabkommens "im Zusammenhang mit der Neuordnung des Rechts zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung geboten" gewesen sei, BT-Drucks 7/5029, S 12 zu Art 2).

Das neue Recht der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet sich von dem der früheren freiwilligen Weiterversicherung vor allem dadurch, daß es - iS einer "Öffnung" der Rentenversicherung - grundsätzlich allen Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, darüber hinaus allen Deutschen im Ausland ein Recht zur freiwilligen Versicherung gibt, sofern sie nicht schon pflichtversichert sind (§ 1233 Abs 1 RVO nF = § 10 Abs 1 AVG nF). Soweit hiernach eine Versicherungsberechtigung besteht, hatten die Berechtigten nach Maßgabe einer Übergangsbestimmung in Art 2 § 51a Abs 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (= Art 2 § 49a Abs 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes) zugleich ein - befristetes - Recht zur Beitragsnachentrichtung. Derselbe Personenkreis, der seit 1972 zur freiwilligen Versicherung, dh zur laufenden Entrichtung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge, berechtigt ist, hatte somit auch ein Nachentrichtungsrecht.

Wäre nun der letzte Satz in Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens - mit der Verweisung auf die "für die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge seit dem 19. Oktober 1972 maßgebenden Rechtsvorschriften" - so zu verstehen, daß damit auch auf den nach diesen Vorschriften nachentrichtungsberechtigten Personenkreis verwiesen ist, dann hätten von Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens alle Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland Gebrauch machen können, und zwar unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Eine solche Auslegung hält der Senat indessen nicht für zutreffend. Sie widerspräche einer allgemeinen Bestimmung über den persönlichen Geltungsbereich des Abkommens in dessen Art 3; danach gilt dieses - und damit auch das Zusatzabkommen, welches das Abkommen lediglich ändert oder ergänzt (vgl die Präambel des Zusatzabkommens) - nur für einen bestimmten Personenkreis, nämlich nur für die Staatsangehörigen der Vertragsparteien sowie für ihre Angehörigen und Hinterbliebenen, soweit diese ihre Rechte von den Staatsangehörigen ableiten (sog "geschlossenes" Abkommen, vgl dazu Koch/Hartmann/Schmidt, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht, Bd II, Schweiz; Abkommen Art 3 Anm 1). Der in Art 3 des Abkommens enthaltene Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos, sondern nur, soweit das Abkommen (oder das Zusatzabkommen) "nichts anderes bestimmt". Eine abweichende Bestimmung müßte aber, um als eine die Regel durchbrechende Ausnahme für alle Normadressaten erkennbar zu sein, einen entsprechenden Willen der Vertragsparteien deutlich zum Ausdruck bringen. Das trifft für den letzten Satz in Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens nicht zu. Er könnte zwar, für sich genommen, in dem erwähnten Sinne verstanden werden; angesichts des entgegenstehenden Grundsatzes in Art 3 des Abkommens ist dies jedoch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen, so daß er den Anspruch der Klägerin auf Beitragsnachentrichtung nicht stützt.

Das gleiche gilt aber auch für Art 3 des Abkommens, der hiernach allein den persönlichen Geltungsbereich des Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens regelt. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin, die bei der Antragstellung noch mit einem Deutschen verheiratet war, damals iS des Abkommens seine "Angehörige" war. Selbst wenn dies zuträfe oder wenn sie sogar als geschiedene Frau eines Deutschen noch seine "Angehörige" geblieben wäre (auch die geschiedene Frau eines Versicherten zählt nach dessen Tod noch zu zu seinen "Hinterbliebenen" und kann deshalb eine Hinterbliebenenrente erhalten, §§ 1263 Abs 1, 1265 RVO), wäre Art 3 des Abkommens dennoch nicht auf die Klägerin anwendbar, weil sie das von ihr beanspruchte Nachentrichtungsrecht nicht von einem deutschen Staatsangehörigen "ableiten" kann.

Ob ein Dritter - als Angehöriger eines Berechtigten - neben ihm oder an seiner Stelle bestimmte, von ihm abgeleitete rechtliche Befugnisse geltend machen kann, ergibt sich in der Regel aus der Rechtsordnung, die die Entstehung, den Umfang und die Dauer der Berechtigung normiert. Sind dies innerstaatliche Rechtsvorschriften, ist mithin auch die Frage nach abgeleiteten Befugnissen eines Dritten aus dem innerstaatlichen Recht zu beantworten (vgl BSGE 54, 97, 98 f für einen nach deutschem Recht begründeten Rentenanspruch eines mit einer Spanierin verheirateten Kubaners: seine Eigenschaft als Angehöriger iS des deutsch-spanischen Sozialversicherungsabkommens sei nach innerstaatlichem, dh deutschem Recht, zu beurteilen). Beruht die streitige Berechtigung dagegen auf einem zwischenstaatlichen Abkommen, wie im vorliegenden Fall das von der Klägerin beanspruchte Nachentrichtungsrecht, dann wird im allgemeinen auch das Abkommen die Frage abgeleiteter Rechte von Dritten regeln, es sei denn, die betreffende Abkommensvorschrift stellt sich als eine Sonderregelung gegenüber dem innerstaatlichen Recht dar, was wiederum dazu führen könnte, dieses ergänzend heranzuziehen.

Weder dem Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens noch dessen sonstigen Bestimmungen ist zu entnehmen, daß das Nachentrichtungsrecht gemäß Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens nicht nur demjenigen, der Versicherungszeiten in der schweizerischen AHV zurückgelegt hat und nunmehr für diese Zeiten deutsche Beiträge nachentrichten darf, sondern auch einem Dritten, insbesondere dem Ehegatten oder dem geschiedenen Ehegatten des Berechtigten, zustehen soll. Eine solche Drittberechtigung wäre auch nicht damit zu begründen, daß - wenn der Rechtsinhaber während der Ehe sein Nachentrichtungsrecht nicht ausgeübt hat - dieses Recht im Falle der Scheidung der Ehe auf den durch die Nichtausübung benachteiligten Ehegatten als ein abgeleitetes Recht übergehen müsse. Für die Annahme einer derartigen "Ersatzbefugnis" des geschiedenen Ehegatten, der selbst weder Deutscher noch Schweizer ist, bietet das hier anzuwendende Abkommensrecht keinen Anhalt. Im übrigen könnte der Dritte allenfalls dazu berechtigt sein, die vom anderen Ehegatten in der schweizerischen AHV zurückgelegten Versicherungszeiten nachträglich mit deutschen Beiträgen zu belegen; ihm könnte aber nicht das - von der Klägerin beanspruchte - Recht zustehen, für seine eigenen Schweizer Versicherungszeiten deutsche Beiträge nachzuentrichten.

Auch die allgemeinen Vorschriften der deutschen Rentenversicherung über die Entrichtung bzw Nachentrichtung freiwilliger Beiträge, denen gegenüber Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens in gewisser Weise eine Sonderregelung darstellt, können der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn auch nach diesen Regelungen hat der Ehegatte oder der geschiedene Ehegatte eines deutschen Versicherungsberechtigten kein abgeleitetes Recht zu einer eigenen Beitragsleistung (vgl dagegen die Versicherungsberechtigung des überlebenden und des geschiedenen Ehegatten in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 176b Abs 1 Nr 1 RVO). Im übrigen könnte die Klägerin auch insoweit allenfalls für die von ihrem geschiedenen Ehemann zurückgelegten Schweizer Versicherungszeiten, nicht aber für ihre eigenen Zeiten Beiträge nachentrichten.

Ist somit die streitige Berechtigung zur Beitragsnachentrichtung, die die Klägerin als ein von ihrem geschiedenen deutschen Ehemann abgeleitetes Recht geltend macht, weder aus dem Abkommensrecht noch aus dem innerstaatlichen deutschen Recht begründet, so kann die Klägerin sie auch nicht darauf stützen, daß ihr mit der Ehescheidung ein Teil der von ihrem geschiedenen Mann während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften übertragen worden ist. Ob sie deshalb ggf einen von ihrem Mann abgeleiteten Rentenanspruch erheben könnte, hat der Senat nicht zu entscheiden. Denn der vorliegende Rechtsstreit betrifft allein einen - von einem Rentenanspruch wesentlich verschiedenen - Anspruch auf Nachentrichtung von Beiträgen. Seit der Neuordnung der freiwilligen Rentenversicherung (einschließlich der Nachentrichtung freiwilliger Beiträge) im Jahre 1972 ist für die freiwillige Rentenversicherung - anders als für die frühere "Weiterversicherung" in der Rentenversicherung - die vorherige Zurücklegung bestimmter Versicherungszeiten nicht mehr erforderlich; damit besteht auch insofern keine Beziehung mehr zwischen dem Erwerb von Rentenanwartschaften (Versicherungszeiten) und der Berechtigung zur Entrichtung bzw Nachentrichtung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge. Die vom LSG geprüfte und verneinte Frage, ob die Übertragung von Rentenanwartschaften des geschiedenen Ehemannes der Klägerin auf sie ein abgeleitetes Recht für sie begründet hat, ist hiernach für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich.

Schließlich rechtfertigt auch die allgemeine Zielsetzung des Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens nicht das von der Klägerin beanspruchte Nachentrichtungsrecht. Die Bestimmung steht, wie schon dargelegt, im Zusammenhang mit der Neuregelung der freiwilligen Versicherung und sollte denjenigen Versicherten eine Nachentrichtungsmöglichkeit eröffnen, die durch das frühere, erst im Zusatzabkommen beseitigte "Doppelbelegungsverbot" davon abgehalten worden waren, für schweizerische AHV-Zeiten auch in der deutschen Rentenversicherung freiwillige Beiträge zu entrichten (Koch/Hartmann/Schmidt, Schweiz; aaO Art 16 Anm 1 ff, B 102 ff; Zusatzabkommen Art 2 Anm 1, B 208 f). Ein solches Hindernis konnte nur für die Versicherten selbst bestehen, nicht aber für ihre Angehörigen, die schon aus anderen Gründen, nicht nur wegen des früheren Doppelbelegungsverbotes, von der Entrichtung von Beiträgen zu einer eigenen Versicherung ausgeschlossen waren. Der Zweck des Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens würde daher verfehlt, wenn aus dieser Bestimmung ein Nachentrichtungsrecht auch für Angehörige hergeleitet würde.

Unbegründet sind letztlich auch die verfassungsrechtlichen Bedenken, die die Klägerin gegen die vorstehende Auslegung von Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens iVm Art 3 des Abkommens erhoben hat. Sie wird, wenn ihr eine abgeleitete Nachentrichtung versagt bleibt, nicht anders behandelt als vergleichbare deutsche Frauen von deutschen Versicherten, die als solche, dh als Angehörige dieser Versicherten, ebenfalls kein von ihnen abgeleitetes Nachentrichtungsrecht haben, sondern dieses nur auf ihre eigene deutsche Staatsangehörigkeit stützen können. Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch nicht deswegen verletzt, weil die Klägerin aus Anlaß der Scheidung weder selbst Beiträge nachentrichten kann noch eine (um nachentrichtete Beiträge ihres früheren Ehemannes erhöhte) Anwartschaft übertragen erhalten hat, während sie eine höhere Anwartschaft übertragen erhalten hätte, falls ihr Ehemann während der Ehe nach Art 2 Abs 2 des Zusatzabkommens Beiträge nachentrichtet hätte. Dieser Unterschied beruht darauf, daß in den beiden Vergleichsfällen während der Ehe verschieden hohe Anwartschaften erworben worden sind, was später nicht mehr geändert werden kann. Schließlich führt es nicht zu einer Verletzung von Art 6 Abs 1 GG, wenn die Klägerin, wie sie geltend macht, ohne die von ihr beantragte Beitragsnachentrichtung nicht mehr in der Lage ist, für den Fall des Alters in der gesetzlichen Rentenversicherung ausreichend vorzusorgen. Art 6 Abs 1 GG kann nicht dazu dienen, den fraglichen Bestimmungen des Zusatzabkommens und des Abkommens eine rechtlich nicht zu rechtfertigende Auslegung zu geben, nur um Lücken im Versicherungsschutz zu schließen.

Die Revision der Klägerin war hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1663491

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