Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff "Schul- und Berufsausbildung" iS der RVO und des BKGG
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Bescheid über die Gewährung von Kindergeld für im öffentlichen Dienst stehenden Personen von einer obersten Landesbehörde erlassen worden, so bedarf es keines Vorverfahrens (SGG § 78 Abs 1 S 2 Nr 2).
2. Anspruch auf Kindergeld besteht auch für die zwischen dem Ende eines freiwilligen 2jährigen Wehrdienstes (Soldat auf Zeit) und der Aufnahme des Hochschulstudiums liegende Übergangszeit (hier 3 Monate).
3. Der Bezug einer gemäß SVG § 12 Abs 1 gewährten einmaligen Übergangsbeihilfe steht dem Anspruch auf Kindergeld nicht entgegen.
Leitsatz (redaktionell)
Zeiten zwischen der nicht abgeschlossenen Schul- oder Berufsausbildung vor und nach dem Wehrdienst oder einem Soldatenverhältnis auf Zeit bis zur Fortsetzung der Schul- oder Berufsausbildung sind grundsätzlich als Übergangszeiten dieser Ausbildung anzusehen, sofern sich nicht etwa aus der Dauer der freiwilligen Verpflichtung zum Wehrdienst ergibt, daß nunmehr die Schul- oder Berufsausbildung beendet oder der Beruf des Berufssoldaten ergriffen worden ist; ein zweijähriges Soldatenverhältnis auf Zeit steht der Fortsetzung der Schul- und Berufsausbildung nicht entgegen.
Normenkette
BKGG § 2 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1974-08-05, S. 3 Fassung: 1974-08-05, Abs. 3 Nr. 2 Fassung: 1974-08-05, § 27 Abs. 1 Fassung: 1964-04-14, § 45 Abs. 1 Fassung: 1974-08-05; SGG § 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Fassung: 1974-07-30; SVG § 12 Abs. 1 Fassung: 1972-07-29
Verfahrensgang
SG Hannover (Entscheidung vom 30.11.1976; Aktenzeichen S 8 Kg 24/76) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden der Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 1976 und das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. November 1976 aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis zum 30. September 1976 Kindergeld in gesetzlicher Höhe für seinen Sohn D zu gewähren.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Der am 17. Februar 1955 geborene Sohn D des Klägers (D.) leistete im Anschluß an die Schulausbildung als Zeitsoldat vom 1. Juli 1974 bis zum 30. Juni 1976 eine zweijährige Dienstzeit bei der Bundeswehr ab. Den Antrag des Klägers, ihm für D. ab 1. Juli 1976 bis zum beabsichtigten Studienbeginn ab Wintersemester 1976/77 Kindergeld zu gewähren, lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 11. Mai 1976, den er nachträglich mit einer Rechtsmittelbelehrung versah, ab, weil nach Nr. 2.216 Buchst. i des Runderlasses 375/74.4 der Bundesanstalt für Arbeit (BA) eine Übergangszeit im Anschluß an ein Soldatenverhältnis auf Zeit nicht mehr im Rahmen des § 2 Abs 2 Nr 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) zu berücksichtigen sei. Den Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1976 mit der Begründung zurück, die Gewährung von Kindergeld für Übergangszeiten zwischen Ausbildungsabschnitten erfordere, daß die Aufnahme des folgenden Ausbildungsabschnittes zum frühestmöglichen Zeitpunkt angestrebt werde; dies sei bei Aufnahme einer hauptberuflichen Tätigkeit, hier dem Soldatenverhältnis auf Zeit, nicht der Fall. Etwas anderes gelte nur bei Ableistung ua des gesetzlichen Wehrdienstes. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger am 26. Juli 1976 ausgehändigt worden.
Mit der am 19. August 1976 erhobenen Klage hat der Kläger ua geltend gemacht, es sei nicht ersichtlich, woraus der Beklagte eine unterschiedliche Behandlung der Wehrpflichtigen einerseits und der Freiwilligen mit nicht mehr als dreijähriger Dienstzeit andererseits (§ 2 Abs 3 Nr 2 BKGG) rechtfertigen wolle. Es gehe auch nicht an, allein wegen der unterschiedlichen Einberufungstermine unterschiedliche Regelungen für die Kindergeldzahlung während der Übergangszeit zu treffen. Wäre D. nicht zum 1.7. sondern zum 1.10. einberufen worden, so wäre ihm Kindergeld für die Zwischenzeit gewährt worden. Im übrigen habe der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) mit Erlaß vom 27. Februar 1969 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Familie und Jugend angeordnet, daß bereits während der üblichen Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten Kindergeld zu zahlen sei, wenn der Berechtigte glaubhaft erkläre, daß das Kind die Ausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt fortsetzen werde und nach den im Einzelfall vorliegenden Umständen die alsbaldige Fortsetzung der Ausbildung wahrscheinlich sei. Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die Klage mit Urteil vom 30. November 1976 unter Zulassung von Berufung und Revision abgewiesen. Es hat ua ausgeführt, für die Nichtberücksichtigung einer an ein Soldatenverhältnis auf Zeit anschließenden Wartezeit beim Kindergeld sei von entscheidender Bedeutung, daß dem Soldaten auf Zeit nach Ablauf seiner Dienstzeit eine Übergangsbeihilfe gewährt werde. Diese habe im vorliegenden Fall - steuerfrei - etwa 1.800,- DM betragen. Mit einem Betrag von dieser Höhe sei D. in der Lage gewesen, seinen Unterhalt in der Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1976 zu bestreiten. Ein Familienlastenausgleich durch die Gewährung von Kindergeld an den Kläger sei mithin - unabhängig von der Regelung in § 2 Abs 3 Nr 2 BKGG - für diese Zeit nicht erforderlich.
Der Kläger hat gegen das ihm am 22. Dezember 1976 zugestellte Urteil am 24. Januar 1977 mit Zustimmung des Beklagten Sprungrevision eingelegt und diese am 21. Februar 1977 begründet. Er rügt eine Verletzung des Art 3 des Grundgesetzes (GG) und des § 2 BKGG. Weder aus dem BKGG noch aus dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) ergebe sich, daß die Gewährung einer Übergangsbeihilfe die Kindergeldzahlung ausschließe. Da die Übergangsbeihilfe dem volljährigen Soldaten gezahlt werde, könne dieser hierüber frei verfügen. Eine Entlastung des Unterhaltspflichtigen als Anknüpfungspunkt für die Versagung des Familienlastenausgleichs sei mit der Gewährung der Übergangsbeihilfe an den Zeitsoldaten folglich nicht zwangsläufig verbunden. Wegen der verschiedenen Einberufungstermine verstoße die geübte Praxis auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, da die Übergangsbeihilfe einer unmittelbar an das Wehrdienstverhältnis sich anschließenden Ausbildung dem Anspruch jedenfalls nicht entgegenstehe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 1976, den Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1976 und das Urteil des SG Hannover vom 30. November 1976 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für seinen am 17. Februar 1955 geborenen Sohn D Kindergeld für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1976 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er weist ua darauf hin, daß die Verpflichtung zum Soldaten auf Zeit eine freiwillige Bindung und damit eine zwangsläufige Unterbrechung der Ausbildung bedeute, so daß der enge Zusammenhang mit der Ausbildung, der für die Einbeziehung der Übergangszeiten in die Kindergeldgewährung erforderlich sei, nicht mehr vorliege. Daran ändere es nichts, daß § 2 Abs 3 Nr 2 BKGG auch bei einem Soldaten auf Zeit die Hinausschiebung der Altersgrenze wie bei Wehrpflichtigen zulasse. Im übrigen sei angesichts der Regelung in § 2 Abs 2 Satz 2 und 3 BKGG die Auffassung des Klägers unzutreffend, Kindergeld werde ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des Kindes gewährt.
Entscheidungsgründe
Im Einverständnis mit den Beteiligten entscheidet der Senat gem § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
Die durch Zulassung statthafte sowie mit Zustimmung des Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision des Klägers ist zulässig (§§ 161, 164, 166 SGG). Sie erweist sich auch als begründet.
In der Revisionsinstanz sind die Sachurteilsvoraussetzungen der Vorinstanzen von Amts wegen zu prüfen. Die Klagefrist von einem Monat gegen den Bescheid vom 11. Mai 1976 (§ 87 Abs 1 SGG), die hier an sich versäumt wurde, hatte deshalb nicht zu laufen begonnen, weil in dem Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung fehlte und die unter dem Datum vom 20. Mai 1976 nachgeschobene Rechtsmittelbelehrung zudem unrichtig erteilt worden war (vgl § 66 Abs 2 SGG). Eines Vorverfahrens bedurfte es im vorliegenden Fall nach den §§ 27 und 45 BKGG iVm § 78 Abs 1 Nr 2 SGG deshalb nicht, weil der angefochtene Verwaltungsakt von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist. Somit lief für die Klage die Jahresfrist des § 66 Abs 2 Satz 1 SGG. Auf die Frage, ob § 87 Abs 2 SGG auch dann anzuwenden ist, wenn ein Vorverfahren zu Unrecht stattgefunden hat (vgl dazu auch § 78 Abs 2 SGG), kommt es für die Entscheidung daher nicht mehr an. Im übrigen sind die Verfahrensfristen hier ohnedies gewahrt gewesen.
Rechtsgrundlage für den unter den Beteiligten streitigen Anspruch auf Kindergeld für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1976 ist § 2 BKGG idF des Haushaltsstrukturgesetzes vom 18. Dezember 1975 (HStruktG) (BGBl I S 3091, 3111, Art 44 Nr 1, Art 47 Nr 4). Die Bestimmung geht in ihrem Absatz 1 davon aus, daß als Kinder für den Anspruch auf Kindergeld die hier näher bezeichneten Personen ohne sonstige Anspruchsvoraussetzungen berücksichtigt werden. Absatz 2 knüpft die Berücksichtigung dieser Personen, soweit sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, in seinem Satz 1 an das Vorliegen näher bezeichneter Voraussetzungen, von denen für den vorliegenden Fall die Berücksichtigung derjenigen Kinder in Betracht kommt, die sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Schul- oder Berufsausbildung befinden, und schließt in seinen durch das HStruktG angefügten Sätzen 2 und 3 die Berücksichtigung dieser Kinder aus, wenn dem Kind die hier näher bezeichneten Bezüge zustehen, die ihren Unterhalt anläßlich der Ausbildung sicherstellen. Aus diesem Gesetzesaufbau ist erkennbar, daß der Gesetzgeber ohne weitere Vorbedingungen zunächst alle Personen finanziell entlasten will, die anderen nicht volljährigen Personen, zu denen sie in einem näher umschriebenen familienähnlichen Verhältnis stehen, kraft Gesetzes oder freiwillig Unterhalt gewähren. Nach Vollendung des 18. Lebensjahres der als Kinder bezeichneten Personen wird Kindergeld nur noch für diejenigen Gruppen gewährt, deren eigener Unterhalt wegen Schul- und Berufsausbildung oder aus den übrigen im Gesetz genannten Gründen typischerweise nicht sichergestellt ist. Für den hier zu beurteilenden Normalfall des ehelichen Kindes sieht das Gesetz mithin eine durchgehende Kindergeldgewährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder bis zum Abschluß einer darüber hinaus andauernden Schul- oder Berufsausbildung vor, die jedoch nach § 2 Abs 3 BKGG nur ausnahmsweise über die Vollendung des 27. Lebensjahres hinaus in Betracht kommt.
Da erfahrungsgemäß in der Schul- und Berufsausbildung bei Übergängen von einem Schul- oder Berufsausbildungsabschnitt in den anderen Übergangszeiten entstehen können, nach dem Gesetzesplan aber die Kindergeldzahlung bis zur Beendigung der Schul- oder Berufsausbildung andauern soll und die finanzielle Belastung der Unterhaltspflichtigen während solcher Wartezeiten anhält, entspricht es dem Sinn und Zweck des Gesetzes, solche Wartezeiten in die Kindergeldgewährung einzubeziehen, wie dies in ähnlicher Weise auch für verwandte Rechtsgebiete schon entschieden worden ist (vgl hierzu für die ähnlichen Fälle der Ausfallzeit und der Waisenrente: BSG Urteil vom 22. November 1962 - 4 RJ 371/60 in SozR Nr 7 zu § 1267 Reichsversicherungsordnung - RVO -; BSG Urteil vom 16. Februar 1966 - 1 RA 310/63 - BSGE 24, 241 = SozR Nr 16 zu § 1259 RVO; Urt v. 12. November 1969 - 4 RJ 495/65 - in SozR Nr 38 zu § 1267 RVO; BSG Urt v. 2. Dezember 1970 - 4 RJ 479/68 - in BSGE 32, 120). Auch für solche Übergangszeiten ist deshalb das Kindergeld zu zahlen, sofern die Ausbildungspause nicht von dem Kind zu beeinflussen ist, dh nicht etwa auf einem eigenen freien Entschluß des Auszubildenden beruht (vgl BSG Urteil v. 26. Oktober 1976 - 12 RKg 1/76). Diesem Gedanken folgt auch der Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung - BMA - vom 27. Februar 1969 - II b 5 - 2983.2 - 10/69 - (abgedruckt in Bundeskindergeldgesetz 1975, Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeit, Teil II S. 43). Hier ist für die üblichen Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder für die Zeit einer vorübergehenden Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung die Gewährung von Kindergeld vorgesehen, wenn der Berechtigte glaubhaft erklärt, daß das Kind die Ausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt fortsetzen werde und wenn nach den im Einzelfall vorliegenden Umständen die alsbaldige Fortsetzung der Ausbildung wahrscheinlich ist. Damit ist die Frage angesprochen, ob zu den Wartezeiten während der Schul- oder Berufsausbildung auch diejenigen Zeiten gehören, die sich zwischen Schul- oder Berufsausbildung einerseits und Wehrdienst andererseits am Beginn und Ende desselben einschieben können, wobei davon auszugehen ist, daß der Wehrdienst selbst nach § 2 Abs 2 BKGG nicht zu den für das Kindergeld zu berücksichtigenden Zeiten gehört. Der Beklagte hat diese Frage im Anschluß an den Runderlaß der BA Nr. 375/74.4 Nr. 2.216 Buchst. i (ohne einen solchen Hinweis abgedruckt in BKGG 1975, Stand Mai 1977, Teil II S. 19 ff, 39) für eine sich unmittelbar an die Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes anschließende Übergangszeit - zu Recht - bejaht (gleicher Ansicht im Grundsatz: Wickenhagen-Krebs, Komm. zum BKGG Band 2, Anm.17 zu § 2 BKGG am Ende, S. IV/58 sowie Rundschreiben des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit 232 - 2862.450 vom 24.6.1977, Abschnitt V Nr. 5). Für eine sich an ein Soldatenverhältnis auf Zeit anschließende Übergangszeit hat er einen Anspruch auf Kindergeld dagegen verneint. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Nach § 1 Abs 1 des Wehrpflichtgesetzes idF der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1972 (BGBl I S 2277) sind wehrpflichtig alle Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an, die Deutsche iS des GG sind und ihren ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes haben. Der aufgrund der Wehrpflicht zu leistende Wehrdienst (§ 4 Abs 1 des Wehrpflichtgesetzes) fällt nach § 5 Abs 1 des Wehrpflichtgesetzes grundsätzlich in die Zeit zwischen dem vollendeten 18. und dem vollendeten 28. Lebensjahr, mithin also in die Zeit einer längerfristigen Schul- und Berufsausbildung. Gemäß § 4 Abs 3 des Wehrpflichtgesetzes hat die Rechtsstellung eines Soldaten, der aufgrund der Wehrpflicht Wehrdienst leistet, auch, wer aufgrund freiwilliger Verpflichtung einen Wehrdienst nach Abs 1 (Grundwehrdienst) leistet. Steht es mithin dem Wehrpflichtigen nach dem Plan des Gesetzgebers frei, sich entweder der Ableistung der Wehrpflicht zu unterwerfen oder aber aufgrund freiwilliger Verpflichtung Wehrdienst zu leisten, so dürfen dem Wehrpflichtigen daraus, daß er sich für die freiwillige Ableistung des Wehrdienstes entscheidet, Rechtsnachteile der hier in Rede stehenden Art nicht entstehen. Grundsätzlich muß deshalb davon ausgegangen werden, daß die Wehrpflicht, sei es, daß sie freiwillig oder durch Heranziehung zum Wehrdienst erfüllt wird, die Schul- oder Berufsausbildung nach Vollendung des 18. Lebensjahres zwar unterbricht, sie aber nicht mit der Wirkung beendet, daß die oben erwähnten üblichen Übergangszeiten für die Gewährung des Kindergeldes nicht zum Zuge kämen. Daß auch der Gesetzgeber in dieser Hinsicht keinen Unterschied machen wollte, beweist die in § 2 Abs 3 Nrn 1 und 2 BKGG getroffene Regelung. Denn die gesetzlich normierte Verlängerung des Kindergeldbezuges sowohl um die Zeit des gesetzlichen Grundwehrdienstes als auch um die Zeit eines freiwilligen Wehrdienstes von nicht mehr als drei Jahren bis zu höchstens 24 Monaten über das 27. Lebensjahr hinaus bedeutet nichts anderes als die Gleichstellung der unter diese beiden Tatbestände fallenden Kinder. Diese Gleichstellung bewirkt, daß die der Wehrpflicht genügenden Kinder hinsichtlich der Dauer des Anspruchs auf Kindergeld so behandelt werden, als ob ihr Wehrdienst die zur Höchstdauer von 24 Monaten nicht dazwischengeschaltet wäre. Daraus ist andererseits zu folgen, daß die Zeiten zwischen der Schul- oder Berufsausbildung vor dem Wehrdienst und nach dem Wehrdienst bis zur Fortsetzung der Schul- oder Berufsausbildung grundsätzlich als Übergangszeiten dieser Ausbildung im obigen Sinne zu betrachten sind, sofern sich nicht etwa aus der Dauer der freiwilligen Verpflichtung zum Wehrdienst ergibt, daß nunmehr die Schul- oder Berufsausbildung beendet oder überhaupt der Beruf des Berufssoldaten ergriffen worden ist (vgl § 1 Abs 3 Nr 1 des Soldatengesetzes). Der Senat läßt offen, ob die Rechtslage anders ist, wenn das Kind vor Eintritt in die Bundeswehr seine Berufsausbildung beendet hatte und ob dann während einer Zwangspause der vorliegenden Art nicht eher an eine Arbeitslosigkeit zu denken wäre (vgl dazu das oben zitierte Urteil des BSG vom 26. Oktober 1976 - 12 RKg 1/76 -, S. 9 unten). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Die Willensrichtung des Zeitsoldaten bei der freiwilligen Verpflichtung zum Wehrdienst für eine Zeit von 2 Jahren geht in Fällen der vorliegenden Art nicht dahin, die Schul- oder Berufsausbildung zu beenden. Der Zeitsoldat trachtet vielmehr in der Regel danach, durch die ihm aufgrund der freiwilligen Verpflichtung während des Wehrdienstes zufließenden höheren Bezüge und die sonstigen finanziellen Vorteile eine bessere materielle Ausgangsbasis für die Aufnahme oder Fortsetzung seines Studiums bzw der Schul- und Berufsausbildung zu erlangen. Mithin kann aus der freiwilligen Ableistung des Wehrdienstes - jedenfalls bei der hier vorliegenden Verpflichtung für nur zwei Jahre - nicht hergeleitet werden, daß die Absicht aufgegeben worden sei, die Ausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Wehrdienstes fortzusetzen. Das ist hier unstreitig auch nicht der Fall. Die freiwillige Verpflichtung zum Wehrdienst für zwei Jahre steht somit der Gewährung des Kindergeldes für die zwischen Beendigung des Wehrdienstes und Fortsetzung der Schul- und Berufsausbildung liegende Zeit nicht entgegen, weil es sich dabei um eine von D. nicht zu beeinflussende Übergangszeit im obigen Sinne handelt (vgl auch Urteil des 12. Senats des BSG vom 26. Oktober 1976 - 12 RKg 1/76 -).
Der Anspruch auf Kindergeld ist hier auch nicht durch § 2 Abs 2 Satz 2 oder Satz 3 BKGG ausgeschlossen. Denn die Voraussetzungen dieser Ausnahmebestimmungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Wie bereits erwähnt, sind die genannten Sätze in § 2 Abs 2 BKGG durch das HStruktG eingefügt worden. Sie gehen auf Beschlüsse des Haushaltsausschusses des Bundestages zurück. Dieser hat ausgeführt, der Zweck des Familienlastenausgleichs sei darauf gerichtet gewesen, die Kinder zu erfassen, die im allgemeinen noch auf Unterhaltsleistungen der Eltern angewiesen sind. Dies habe bei Verabschiedung des BKGG im Jahre 1964 und der vergleichbaren Vorschriften der anderen Sozialleistungsgesetze auch für die über 18 Jahre alten, in Schul- oder Berufsausbildung Stehenden zugetroffen, so daß sie in § 2 BKGG, § 583 Abs 3 und 5, § 1262 Abs 2 und 3 RVO sowie in den entsprechenden Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) und auch in § 33 b Abs 2 und 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) - abgesehen von der Höchstaltersgrenze - uneingeschränkt als zu berücksichtigende Kinder aufgeführt worden seien. Im Lauf der Zeit seien jedoch die Ausbildungsvergütungen, die aus zahlreichen Ausbildungsverhältnissen zu leisten seien, so stark gestiegen, daß die Auszubildenden, die Anspruch darauf haben, häufig hiermit ihren Unterhaltsbedarf selbst decken könnten, also nicht mehr auf Unterhaltsleistungen ihrer Eltern angewiesen seien. Ähnliche Erwägungen hat der Haushaltsausschuß für die berufsfördernden Maßnahmen in Form von Unterhalts- oder Übergangsgeld angestellt (vgl BT-Drucks 7/4243 S 15 zu Art 42 b).
Diese Gesichtspunkte haben in den durch das HStrucktG dem § 2 Abs 2 BKGG angefügten Sätzen 2 und 3 ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden. Seit dem Inkrafttreten des Art 44 Nr 1 des HStruktG - am 1. Juli 1976 (Art 47 Nr 4 des HStruktG) - werden in Schul- oder Berufsausbildung befindliche Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr berücksichtigt, wenn ihnen aus dem Ausbildungsverhältnis Bruttobezüge in Höhe von wenigstens 750,- DM monatlich zustehen. Sie werden auch dann nicht berücksichtigt, wenn ihnen mit Rücksicht auf die Ausbildung 1.) Unterhaltsgeld von wenigstens 580,- DM monatlich zusteht oder nur deswegen nicht zusteht, weil sie über anrechnungsfähiges Einkommen verfügen, oder 2.) Übergangsgeld zusteht, dessen Bemessungsgrundlage wenigstens 750,- DM monatlich beträgt. Der Gesetzgeber hat also bestimmte, aus dem Ausbildungsverhältnis fließende Geldleistungsansprüche oder "mit Rücksicht auf die Ausbildung" zustehende wiederkehrende Leistungen aus öffentlichen Mitteln zum Anlaß genommen, wegen der damit bereits erfolgten finanziellen Entlastung der Familie das Kindergeld ausnahmsweise für nach Vollendung des 18. Lebensjahres noch in Schul- oder Berufsausbildung befindliche Kinder zu versagen. Die Regelung ist mithin wegen ihres Ausnahmecharakters eng auszulegen und deshalb auf die darin im einzelnen bezeichneten Ansprüche zu begrenzen.
Zu dem in § 2 Abs 2 Satz 3 genannten "Unterhaltsgeld" und zu dem "Übergangsgeld" kann die Übergangsbeihilfe, welche D. bei Beendigung seines Dienstes in der Bundeswehr erhalten hat, nicht gerechnet werden, zumal sie auch nicht laufend (monatlich) gewährt wird. Sie kann aber auch nicht unter § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG subsumiert werden. Dem steht zunächst entgegen, daß es sich dabei nicht um Bruttobezüge "aus dem Ausbildungsverhältnis" handelt; sie fällt aber auch deshalb nicht unter § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG, weil nach dessen ausdrücklicher Bestimmung einmalige Zuwendungen außer Ansatz bleiben. Die Übergangsbeihilfe ist indessen nach § 12 SVG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 1976 (BGBl I S 457) eine einmalige Leistung. Denn sie wird nach § 12 Abs 1 Satz 2 SVG bei Beendigung des Dienstverhältnisses in einer Summe gezahlt. Unter diesen Umständen erübrigen sich Erwägungen dazu, ob nicht auch in der Übergangsbeihilfe nach § 12 SVG Unterhaltselemente enthalten sind, die daraus herrühren könnten, daß Zeitsoldaten mit einer Dienstzeit bis zu vier Jahren neben der als Betriebskapital für den Übergang in den Zivilberuf gedachten Übergangsbeihilfe aus § 10 SVG aF auch Anspruch auf mit Unterhalsfunktion versehene Übergangsgebührnisse in Höhe von 50 vH ihrer letzten Dienstbezüge für neun Monate hatten (§ 11 SVG idF vom 8. September 1961 (BGBl I S 1686), daß aber diese früher zustehenden Leistungen (vgl BT-Drucks 2/2504 S 34 zu § 9 und zu § 10) durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SVG vom 6. August 1964 (BGBl I S 603) für Soldaten auf Zeit mit einer Dienstzeit von weniger als vier Jahren zu einer etwas erhöhten Übergangsbeihilfe in einer Summe (§ 12) - einmalige Leistung - verschmolzen worden sind (vgl hierzu BT-Drucks 4/2173 S 8 und S 10 zu Nr 9).
Zwar hätte es dem Gesetzgeber freigestanden, aus den vom SG hervorgehobenen Gründen, die allerdings desto mehr an Gewicht verlieren, je länger die Übergangszeit angesichts der Knappheit von Ausbildungs- und Studienplätzen dauert, einen Anspruch auf Kindergeld auch beim Bezug einer Übergangsbeihilfe der vorliegenden Art zu versagen. Er hat dies jedoch nicht getan, sondern im Gegenteil hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß - wie oben dargelegt - ein solcher Sachverhalt dem Anspruch auf Kindergeld nicht entgegenstehen soll.
Handelt es sich nach alledem in der hier streitigen Zeit um eine für die Schul- oder Berufsausbildung iS von § 2 Abs 2 Nr 1 BKGG typische und ihr somit zuzurechnende Übergangs- bzw Wartezeit zu einem anderen Ausbildungsabschnitt - Hochschule - und liegt einer der in den Sätzen 2 und 3 der Bestimmung festgelegten Ausnahmefälle nicht vor, so ist damit der Anspruch des Klägers auf Kindergeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1976, die als "Übergangszeit" unstreitig ist, gerechtfertigt. Auf die Revision des Klägers mußten daher die angefochtenen Bescheide und das Urteil des SG Hannover vom 30. November 1976 aufgehoben und der Beklagte verurteilt werden, dem Kläger für seinen Sohn Detlef das streitige Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen