Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Beschädigter an einem Leiden gestorben, für das ihm bis zu Tode Rente nach altem Recht zuerkannt war, so ist die Anwendung der Vorschrift des BVG § 38 Abs 1 S 2 nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Tod vor dem Inkrafttreten des BVG eingetreten ist.
2. Die Rechtsvermutung des BVG § 38 Abs 1 S 2 gilt auch dann, wenn der Tod die mittelbare Folge des anerkannten Schädigungsleidens ist.
Normenkette
BVG § 38 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1950-02-20
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 2. Juli 1958 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Klägerin ist die Witwe des Schmiedemeisters H P Dieser war Teilnehmer des 1. Weltkrieges; die Versorgungsverwaltung hatte ihm zuletzt mit Bescheid vom 3. Januar 1949 wegen Bechterew'scher Krankheit und fester Narben am Kopf auf Grund der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 70 v.H. gewährt. P starb am 26. August 1950 nach einem Sturz anläßlich eines Wirtshausstreites.
Im Juni 1951 beantragte die Klägerin Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Die Versorgungsverwaltung lehnte den Antrag durch Bescheid vom 20. Februar 1952 ab, weil der Tod infolge Halswirbelbruchs keine Folge der Bechterew'schen Erkrankung sei. Nach erfolglos verlaufenem Einspruchsverfahren (Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 21.11.1952) hat die Klägerin Berufung beim damaligen Oberversicherungsamt D eingelegt, die als Klage auf das Sozialgericht (SG.) Detmold übergegangen ist. Das SG. hat durch Urteil vom 22. Februar 1955 unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Entscheidung des Beschwerdeausschusses "festgestellt", daß der Tod des Ehemannes mittelbare Folge der Wehrdienstbeschädigung (WDB) ist, und den Beklagten verurteilt, der Klägerin Witwenrente zu zahlen: Der Tod sei Folge der anerkannten WDB, weil es ohne diese kaum zu einer so schweren Verletzung der Wirbelsäule gekommen sein würde. Der Beklagte hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt; sie ist vom Landessozialgericht (LSG.) Nordrhein-Westfalen in Essen durch Urteil vom 2. Juli 1958 zurückgewiesen worden: Der Tod sei mittelbare Folge der Bechterew'schen Erkrankung. Dieses Leiden habe die Sprödigkeit und die Rissigkeit der Wirbelsäule und der einzelnen Wirbel verstärkt, so daß der Wirbelbruch selbst bei dem verhältnismäßig geringen Trauma des Gestürzten habe auftreten können. Der Halswirbelbruch seinerseits habe zu erheblichen Lähmungserscheinungen, einer Lungenentzündung und einer Venenentzündung mit Todesfolge geführt. Hinsichtlich der entscheidenden Frage, ob ein Zusammenhang zwischen der Bechterew'schen Erkrankung und dem Wehrdienst wahrscheinlich sei, greife die unwiderlegbare Vermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG ein, nach der der Tod stets dann als Folge einer Schädigung gelte, wenn ein Beschädigter an einem Leiden sterbe, das als Folge einer Schädigung anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt gewesen sei. Die Vorschrift finde - entgegen der Rechtsprechung des Reichsversorgungsgerichts (RVGer.) - auch dann Anwendung, wenn das anerkannte Leiden, wie hier, nur mittelbar zum Tode geführt habe. Bei anderer Auslegung würde § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG praktisch gegenstandslos sein, da nur in ganz seltenen Ausnahmefällen ein Beschädigter wirklich unmittelbar an seinem anerkannten Leiden sterbe. Die Auffassung des Gerichts werde auch allein dem Zweck der Vorschrift, im Hinterbliebenenrentenverfahren eine unter Umständen gegenteilige Entscheidung über den Kausalzusammenhang zu verhindern, gerecht. Das LSG. hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte beim Bundessozialgericht (BSG.) Revision eingelegt und beantragt,
das Urteil des LSG. Nordrhein-Westfalen in Essen vom 2. Juli 1958 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG. zurückzuverweisen,
hilfsweise,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des LSG. Nordrhein-Westfalen in Essen vom 2. Juli 1958 und des Urteils des SG. Detmold vom 20. Februar 1955 die Klage abzuweisen.
Der Beklagte rügt die Verletzung des § 38 BVG. Satz 2 des Absatzes 1 dieser Vorschrift könne keine Anwendung finden, wenn bei einem Beschädigten nur eine Anerkennung nach der SVD Nr. 27 vorgelegen habe. Darüber hinaus greife die Vermutung nur bei der Frage des unmittelbaren Zusammenhangs ein. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte noch vorgetragen, das LSG. habe es unterlassen zu prüfen, ob der Verstorbene durch sein Verhalten bei dem Streit den Kausalzusammenhang im versorgungsrechtlichen Sinne unterbrochen habe.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG); sie ist daher zulässig.
Die Revision ist aber nicht begründet.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erstmalig vorgetragen, das LSG. habe es unterlassen zu prüfen, ob der Verstorbene durch sein eigenes Verhalten bei dem Streit den Kausalzusammenhang im Sinne des Versorgungsrechts unterbrochen habe; insoweit fehle es noch an tatsächlichen Feststellungen. Diese Rüge greift nicht durch. Ob der ursächliche Zusammenhang unterbrochen ist oder nicht, ist sowohl eine Rechts- als auch eine Tatfrage und die Rüge der Revision daher insoweit materiell-rechtlicher und verfahrensrechtlicher Art. Der vom LSG. festgestellte Sachverhalt bietet keine Grundlage für die Auffassung, der ursächliche Zusammenhang zwischen anerkanntem Versorgungsleiden und Tod sei durch das Verhalten des Verstorbenen unterbrochen worden. Wenn das LSG. in seinen Feststellungen auf derartige besondere Umstände des Streites nicht ausdrücklich eingegangen ist, so bedeutet das insoweit keine Lücke in den Feststellungen; es bedeutet vielmehr, daß es derartige Umstände, die auch bisher von dem Beklagten nicht geltend gemacht wurden, nicht für vorliegend erachtet hat. Die Rüge könnte daher, soweit sie materiell-rechtlicher Natur ist, nur bei von den bisherigen Feststellungen abweichenden tatsächlichen Feststellungen Erfolg haben. Die Revision wendet sich zwar mit ihrer Rüge auch gegen die bisherigen Feststellungen; insoweit ist sie aber verspätet erhoben und daher unbeachtlich (§ 164 SGG).
Im übrigen streiten die Parteien darüber, ob bei der Entscheidung über den Witwenrentenanspruch der Klägerin § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG anzuwenden ist oder nicht. Nach dieser Vorschrift gilt im Verfahren über die Hinterbliebenenrente der Tod stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.
Das LSG. hat diese Vorschrift zu Recht angewandt.
Bei der Entscheidung hierüber stellten sich dem erkennenden Senat vor allem zwei Fragen: 1. Greift die Vorschrift auch dann ein, wenn der Tod des Beschädigten bereits vor dem Inkrafttreten des BVG eingetreten ist und somit lediglich eine Anerkennung nach früherem Recht vorliegt und 2. erstreckt sich die Vermutung auch auf die Fälle des mittelbaren Zusammenhangs zwischen Tod und Schädigung. Beide Fragen sind zu bejahen.
Das BSG. hat bereits ausgesprochen, daß die "Schädigung" und ihre Folgen auch dann einen Anspruch nach dem BVG begründen können, wenn sie vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten sind (vgl. BSG. 1 S. 210 (215)). So setzt z.B. der Anspruch auf Witwenbeihilfe (§ 48 Abs. 1 BVG) nicht voraus, daß der Tod des Beschädigten erst nach dem 30. September 1950 eingetreten ist (vgl. BSG. 7 S. 108 (110)). Das gleiche muß auch für den Anspruch auf Witwenrente gelten (vgl. auch Thannheiser-Wende-Zech, Handbuch des Bundesversorgungsrechts, Erl. zu § 38 BVG; Grömig-Reuter-Schieren, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, Erl. 10a zu § 38 BVG; Parrisius in ZfS. 1955 S. 157; a.M. von Schuch in ZfS. 1954 S. 51, 61, der sich - ebenso wie das Bayerische Landesversicherungsamt im Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge 1953 B 169 - vor allem auf den Wortlaut der Vorschrift beruft).
Wenn demnach auch die Anwendung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil die entscheidende Anspruchsvoraussetzung - der Tod des Ehemannes - bereits vor dem Inkrafttreten des BVG eingetreten ist, so könnte sie jedoch dadurch ausgeschlossen sein, daß nur eine Anerkennung des Leidens nach früherem Recht vorlag, § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG sich aber unter Umständen nur auf Anerkennungen nach dem BVG bezieht. Eine solche Auslegung der Vorschrift ist aber nicht berechtigt. Zunächst kann sie nicht aus dem Wortlaut gerechtfertigt werden, der keinerlei Einschränkungen macht. Eine solche ausdrückliche Einschränkung wäre aber bei entsprechendem Willen des Gesetzgebers zu erwarten gewesen, weil nach dem Inkrafttreten des BVG die Entscheidung zahlreicher Hinterbliebenenfälle bevorstand, in denen es vor dem Tode des Beschädigten noch nicht zu einer Umanerkennung nach dem BVG gekommen war und daher nur eine Anerkennung nach früherem Recht vorlag. Auch die Tatsache, daß für diese zahlreichen Übergangsfälle in den Übergangs- und Schlußbestimmungen keine besondere Regelung getroffen wurde, spricht dafür, daß § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG auch in den Fällen gelten soll, in denen nur eine Anerkennung nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften vorliegt, so daß es einer Übergangsregelung gar nicht bedurfte. Vor allem rechtfertigt sich die hier vertretene Auslegung aber aus dem Zweck der Vorschrift. § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG soll - insbesondere auch aus psychologischen Gründen - verhindern, daß unter Umständen im Hinterbliebenenverfahren über die gleiche Zusammenhangsfrage anders entschieden wird als im Verfahren über die Beschädigtenrente entschieden wurde (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum BVG, Anl. 1 zur Bundestagsdrucksache Nr. 1333, 1. Wahlperiode). Diese Möglichkeit einer gegenteiligen Entscheidung und damit das Bedürfnis, eine solche zu verhindern, besteht aber in den Fällen, in denen beim Beschädigten nur eine Anerkennung nach früherem Recht vorliegt, in gleicher Weise. Es ist auch kein Grund ersichtlich, der den Gesetzgeber veranlaßt haben könnte, diese - psychologischen Erwägungen entspringende - Rücksichtnahme nur bei den Hinterbliebenen der nach dem 30. September 1950 Verstorbenen walten zu lassen. Es handelt sich zwar bei § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG um eine Ausnahmevorschrift. Dies hindert jedoch nicht - falls nicht andere überzeugende Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung sprechen - sie so auszulegen, daß sie den mit ihr eindeutig verfolgten Zweck möglichst in allen Fällen erfüllt, in denen die vom Gesetzgeber zum Ausgangspunkt seiner Regelung gemachte Situation vorliegt. Der Einwand der Revision, daß bei dieser Auslegung die Hinterbliebenen mehr geschützt würden als der Beschädigte selbst durch § 85 BVG bei der Umstellung auf das neue Recht geschützt werde, greift nicht durch. Die Revision übersieht, daß es sich bei § 85 Abs. 1 BVG nicht um eine Schutzvorschrift für den Beschädigten handelt, diese Vorschrift sich vielmehr auch gegen ihn und zugunsten der Versorgungsverwaltung auswirken kann, während § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG nur zugunsten der Hinterbliebenen wirkt. Auch der Einwand, daß der Gesetzgeber mit § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG die subjektive Wirkung der Rechtskraft erweitern wollte, während die Anwendung der Vorschrift auch bei Anerkennung nach früherem Recht eine Erweiterung der objektiven Wirkung der Rechtskraft bedeuten würde und daher nicht gewollt sei, geht fehl. Der Wille des Gesetzgebers ging dahin, verschiedene Entscheidungen über die gleiche Frage aus sozialen Gründen zu verhindern; nach diesem - aus dem Wortlaut erkennbaren - Willen ist die Auslegung in erster Linie vorzunehmen, nicht aber nach den Mitteln der Systematik, die er angewendet hat. Die Anwendung der Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG wird demnach nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschädigte schon vor Inkrafttreten des BVG gestorben ist und sein Leiden dementsprechend lediglich nach früherem Recht anerkannt war (so im Ergebnis auch BSG. 1 S. 210 (215)).
Die Anwendung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG ist aber auch nicht auf die Fälle beschränkt, in denen eine im Verfahren über die Beschädigtenrente anerkannte Schädigungsfolge unmittelbar zum Tode geführt hat. Bei der im Hinterbliebenenverfahren auftauchenden Zusammenhangsfrage handelt es sich in der Regel um eine Kausalkette mit drei entscheidenden Gliedern: Wehrdienstbedingte Schädigung - Gesundheitsstörung (als Schädigungsfolge) - Tod. Die in § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG enthaltene Vermutung bezieht sich zwar auf den gesamten Zusammenhang zwischen Schädigung und Tod; sie regelt die Beantwortung dieser Frage aber praktisch dadurch, daß sie für den Fall, daß das Rentenleiden auf Grund freier Prüfung und Entscheidung als Todesursache festgestellt wird, eine Anweisung für die Entscheidung über den Zusammenhang lediglich zwischen Rentenleiden (als unmittelbarem oder mittelbarem Todesleiden) und der Schädigung im Wehrdienst, also der beiden ersten Glieder der oben angeführten Kausalkette, gibt. Diese beiden Glieder sind aber auch dann in völlig gleicher Weise vorhanden, wenn der Tod nur eine mittelbare Folge des Rentenleidens ist, zwischen Rentenleiden und Tod also noch weitere Leiden als Glieder der Kausalkette auftreten. Das bedeutet, daß alle weiteren Fragen bei einem Tod, der nicht unmittelbar Folge des Rentenleidens ist, ohne Einschränkung durch § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG nach freier Überzeugung - wie es das LSG. in einer von der Revision nicht angegriffenen Weise getan hat - entschieden werden können. Die Vermutung hat also in den Fällen des nur mittelbaren Zusammenhangs zwischen Tod und anerkanntem Rentenleiden keine weitergehende Wirkung als in den übrigen Fällen. Damit fehlt aber zugleich auch jede überzeugende Begründung für die Annahme, daß die Vermutung in diesen Fällen überhaupt nicht zur Geltung kommen solle. Es handelt sich im Falle des nur mittelbaren Zusammenhangs auch nicht - wie die Revision meint - um eine ganz andere Frage; vielmehr treten zu der gleichen Frage weitere hinzu, auf die sich die eigentliche Wirkung der Vermutung aber nicht erstreckt.
Der Revision ist zuzugeben, daß die Formulierung "Tod an ..." im normalen Sprachgebrauch in der Regel in Verbindung mit der unmittelbaren Todesursache gebraucht wird. Das gilt aber gleichermaßen z.B. auch für die Formulierungen "Tod durch ..." bzw. "Tod infolge ...", die aber unbestritten auch den mittelbaren Zusammenhang umfassen. Die Erklärung ist darin zu suchen, daß im gewöhnlichen Leben in der Regel überhaupt nur die unmittelbare Todesursache erwähnt wird (vgl. hierzu BSG. 7 S. 53 (57) sowie das noch nicht veröffentlichte Urteil vom 23.6.1960 - 11 RV 1320/59 -; das BSG. verlangt auch hier nur den ursächlichen Zusammenhang im versorgungsrechtlichen Sinne. Auch das RVGer. unterscheidet in RVGer. 13 S. 185 ff., ob der Tod unmittelbar oder mittelbar "an" dem anerkannten Leiden eingetreten ist). Schließlich besteht aber auch kein Grund zu der Annahme, der Gesetzgeber habe mit dieser Formulierung, die im übrigen der in Satz 1 des § 38 Abs. 1 entspricht, bewußt eine Einschränkung in dem von der Revision vertretenen Sinne gemacht.
Wie bereits oben ausgeführt, besteht auch in den Fällen des nur mittelbaren Zusammenhangs das gleiche vom Gesetzgeber zum Anlaß seiner Regelung genommene Bedürfnis, einander widersprechende Entscheidungen über die gleiche Zusammenhangsfrage zwischen Rentenleiden und Wehrdienst zu verhindern. Im übrigen sind die Fälle, in denen ein Beschädigter nur mittelbar an einem anerkannten Leiden stirbt, sehr häufig. Auch aus diesem Grunde muß davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber entsprechende Einschränkungen unmißverständlich zum Ausdruck gebracht haben würde.
Die hier vertretene Ansicht steht allerdings mit der Rechtsprechung des früheren RVGer. zu § 36 Abs. 1 Satz 2, der entsprechenden Vorschrift des Reichsversorgungsgesetzes (RVG), in Widerspruch, das "unter Berücksichtigung der Art, der Entstehungsgeschichte sowie der Fassung der Gesetzesvorschrift" zur entgegengesetzten Auffassung gelangt ist (RVGer. 13 S. 185 ff.). Das RVGer. begründet seine Auslegung zunächst damit, daß es sich um eine Ausnahmevorschrift handele, mit deren Natur sich eine erweiternde Auslegung nicht vereinbaren lasse. Es ist grundsätzlich richtig, daß Ausnahmevorschriften eng auszulegen sind. Wie aber schon oben ausgeführt, verbietet es dieser Grundsatz nicht schlechthin, eine Vorschrift so auszulegen, daß sie den mit ihr eindeutig verfolgten Zweck möglichst in allen Fällen erfüllt, in denen der vom Gesetzgeber zum Anlaß seiner Regelung genommene Sachverhalt vorliegt, es sei denn, es sprächen andere beträchtliche Gründe auch gegen eine solche Auslegung. Die Entstehungsgeschichte des § 36 Abs. 1 Satz 2 RVG muß - soweit sie überhaupt für die Auslegung des allerdings gleichlautenden § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG herangezogen werden kann- jedenfalls gegenüber der zu dieser Vorschrift selbst gegebenen Begründung zurücktreten. Schließlich vermag die Ansicht des RVGer., aus dem Relativsatz der Vorschrift ergebe sich, daß die Fälle des mittelbaren Zusammenhangs nicht von der Rechtsvermutung betroffen werden könnten, weil die mittelbare Folge weder in dem Rentenbescheid erwähnt, noch für sie Rente gezahlt würde, nicht zu überzeugen.
Das LSG. hat somit § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG zu Recht auch im vorliegenden Fall angewandt. Da das angefochtene Urteil auch sonst sachlich-rechtlich nicht zu beanstanden ist, ist die Revision unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 193 SGG.
Fundstellen