Leitsatz (amtlich)
1. Der Rentenversicherungsträger hat als endgültig zur Tbc-Hilfe verpflichtete Stelle (AVG § 21a = RVO § 1244a) dem Sozialhilfeträger nach BSHG § 59 Abs 2 S 2 Halbs 1 nur die Kosten zu erstatten, die dieser aufgewendet hat, um diejenigen Leistungen zu bewirken, die der Rentenversicherungsträger in Vollzug von AVG § 21a (= RVO § 1244a) hätte gewähren müssen.
2. Verletzt der Träger der Sozialhilfe seine Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung nach BSHG § 59 Abs 2 S 1, so verliert er allein deswegen nicht seinen Erstattungsanspruch gegen die endgültig verpflichtete Stelle (Weiterführung von BSG 1969-01-14 4 RJ 189/66 = BSGE 29, 87, 90 = SozR Nr 11 zu § 1244a RVO).
3. Der nach AVG § 21a (= RVO § 1244a) zur Gewährung stationärer Tbc-Heilbehandlung zuständige Rentenversicherungsträger ist verpflichtet, die Kosten auch einer notwendigen stationären Behandlung einer daneben bestehenden anderen Krankheit jedenfalls dann zu tragen, wenn mit der stationären Behandlung der Tbc nicht ausgesetzt wird - "Mitbehandlungsgrundsatz" - (Anschluß an BSG 1976-09-29 3 RK 25/75 = SozR 2200 § 1244a Nr 8).
Normenkette
BSHG § 59 Abs 1, § 59 Abs 2 S 1, § 49 Abs 3; AVG § 21a; RVO § 1244a; BSHG § 59 Abs 2 S 2 Halbs 1
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 19.10.1978; Aktenzeichen L 5 A 10/77) |
SG Mainz (Entscheidung vom 19.01.1978; Aktenzeichen S 6 A 23/78) |
Tatbestand
I
Streitig ist, in welchem Umfang das klagende Land von der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Aufwendungen ersetzt erhalten kann, die es im Zuge einer Behandlung des jugoslawischen Versicherten S S (S) wegen Tuberkulose (Tbc) gemacht hat.
Den 1923 geborenen, zuletzt bei der Beklagten versichert gewesenen S hatte die Beklagte schon im Jahre 1973 wegen einer Lungentuberkulose auf ihre Kosten stationär behandeln lassen. Am 6. November 1974 wurde S auf Veranlassung des Gesundheitsamts wegen aktiver, fakultativ offener Lungen-Tbc in der Lungenabteilung des Landesnervenkrankenhauses A - untergebracht und dort bis 12. Juni 1975 behandelt. Zur Behandlung einer chronischen Nierenentzündung befand sich S allerdings zwischenzeitlich vom 13. Dezember 1974 bis 28. Januar 1975 in S hospital A, wo jedoch die spezielle Chemotherapie fortgesetzt wurde. Die Gesamtkosten trug der Kläger als überörtlicher Träger der Sozialhilfe nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Seinen im April 1975 erhobenen Ersatzanspruch befriedigte die Beklagte nur zum Teil. Sie lehnte es ab, die Kosten der stationären Behandlung des Versicherten im S hospital A, für eine ihm vom Kläger während der stationären Behandlung gewährten Bekleidungshilfe und für die Versorgung mit einer Brille zu erstatten.
Mit seiner Leistungsklage ist der Kläger in erster Instanz voll durchgedrungen. Dagegen hat sie das Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung der Beklagten nur in Höhe der 3.289,37 DM für begründet angesehen, die der Kläger aufzuwenden gehabt hätte, wenn er den Versicherten wegen der Tbc weiterhin in der Landesnervenklinik A hätte behandeln lassen; im übrigen hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. Oktober 1978). In der Begründung heißt es, die Erstattungspflicht des Rentenversicherungsträgers nach § 59 Abs 2 Satz 2 BSHG beschränke sich auf die Kosten der vom Sozialhilfeträger durchgeführten notwendigen Maßnahmen. Notwendig seien die Maßnahmen, die mit der Tuberkulosebekämpfung in ursächlichem Zusammenhang stünden. Die außerhalb der Landesnervenklinik A behandelte Nierenkrankheit des Versicherten im S hospital A, die Bekleidungsbeihilfe und die Anschaffung der Brille stehe mit der Tuberkulosebehandlung in keinem ursächlichen Zusammenhang. Ein Zusammenhang bestehe nur insoweit, als im S hospital A die Tuberkulosebehandlung des Versicherten weitergeführt worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers. Er führt aus, das Berufungsgericht habe § 59 Abs 1 und Abs 2 BSHG verkannt. Nach dieser Bestimmung habe die Beklagte unbeschränkt und unbeschränkbar Kostenersatz zu leisten. Unrichtig sei die Annahme, die vom Sozialhilfeträger durchzuführenden Maßnahmen bezögen sich auf die an sich vom Rentenversicherungsträger zu gewährende Tuberkulosenhilfe. Nur Hilfearten, die der Träger der Sozialhilfe außerhalb der Vorschriften über die Gewährung von Tuberkulosehilfe zu gewähren habe, unterlägen nicht der Ersatzpflicht. Die Nierenbehandlung habe eine Maßnahme innerhalb der Tbc-Heilbehandlung dargestellt. Die Bekleidungsbeihilfe sei Bestandteil der im Rahmen der Tbc-Hilfe zu gewährenden Leistungen; gleiches gelte für die Versorgung mit einer Brille.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Oktober 1978 in seinem abweisenden Teil aufzuheben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 19. Januar 1978 insoweit zurückzuweisen und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen und die Klage insoweit abzuweisen.
Sie führt aus, der Kläger sei seiner Pflicht nach § 59 Abs 2 Satz 1 BSHG, den Rentenversicherungsträger unverzüglich über seine Maßnahmen zu unterrichten, nicht nachgekommen. Damit fehle es an den Voraussetzungen der vom Kläger begehrten Kostenerstattung. Entgegen der Auffassung des Klägers könne es nicht genügen, daß zwischen einer vom Träger der Sozialhilfe erbrachten Leistung und der Tbc-Hilfe zufällig Zeitgleichheit bestünde. Die vorliegend noch im Streit stehenden Leistungen stünden mit der Tbc-Erkrankung und ihrer Behandlung nicht in einem unmittelbaren kausalen Zusammenhang. Das gelte für die Bekleidungsbeihilfe ebenso wie für die Versorgung mit einer Brille. Hinsichtlich der stationären Behandlung des Nierenleidens im S hospital A halte sie sich zur Übernahme der Kosten nur insoweit für verpflichtet, als es die Tbc-Behandlung betreffe.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist zum Teil begründet.
Sind Rentenversicherte im Sinne von § 21a Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG - (= § 1244a Abs 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-) an aktiver, behandlungsbedürftiger Tbc erkrankt, so haben sie nach § 21a Abs 1 aaO gegen die Beklagte Anspruch auf Maßnahmen der Tbc-Hilfe nach Maßgabe der Absätze 3 ff aaO, insbesondere also auf stationäre Heilbehandlung und Übergangsgeld. Der Versicherte S hatte, worüber unter den Beteiligten kein Streit besteht, nach dieser Vorschrift wegen seiner Tbc-Erkrankung auch für die Zeit ab November 1974 einen Tbc-Hilfeanspruch gegen die Beklagte. Der Kläger hat deshalb, als er S ab November 1974 wegen Tbc Heilmaßnahmen in A gewährte, für die Beklagte vorgeleistet. Er war dazu auch verpflichtet: Solange nämlich nicht feststeht, ob ein anderer als der Träger der Sozialhilfe oder welcher andere zur Tbc-Hilfe verpflichtet ist, hat nach § 59 Abs 1 Satz 1 BSHG der Träger der Sozialhilfe die notwendigen Maßnahmen unverzüglich durchzuführen, wenn zu befürchten ist, daß sie sonst nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt werden. Daß die Voraussetzungen dieser Vorschrift auch in tatsächlicher Hinsicht in bezug auf die vom Kläger dem Versicherten S ab 6. November 1974 gewährte Tbc-Hilfe gegeben sind, hat das LSG schlüssig, von den Beteiligten unangegriffen und daher für den Senat bindend (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) festgestellt. Das LSG geht im angefochtenen Urteil dementsprechend davon aus, daß § 59 Abs 1 Satz 1 BSHG auf den Kläger anzuwenden ist und hält seinen Anspruch unter Zugrundelegung dieser Bestimmung auch zum Teil für begründet.
Ist mithin der Kläger auf Grund gesetzlicher Pflicht mit Maßnahmen der Tbc-Hilfe an S zugunsten der Beklagten als der verpflichteten Stelle nur vorläufig in Vorlage getreten, so muß er - zum Ausgleich einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung - bei der Beklagten entsprechend Erstattung beanspruchen können. Diesen Anspruch gegen den nach § 21a AVG/§ 1244a RVO zuständigen Träger der Rentenversicherung setzt § 59 Abs 2 Satz 2 BSHG dementsprechend voraus, ohne ihn selbst eigenständig zu begründen (BVerwG in ständiger Rechtsprechung, vgl zB FEVS 17, 168, 169; BVerwGE 35, 355 und 41, 216, 219 und die dort zitierte weitere Rechtsprechung; Gottschick/Giese, BSHG, 6. Aufl, § 59 Anm 5.5; vgl auch BSGE 26, 102, 104 und 29, 87, 88;a.A. Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 9. Aufl, § 59 Anm 8).
Dementsprechend regelt § 59 Abs 2 Satz 2 Halbs 1 BSHG nur den Umfang der Erstattungspflicht ua des Rentenversicherungsträgers, wenn er bestimmt, dieser habe dem in Vorlage getretenen Träger der Sozialhilfe "die entstandenen Kosten" zu erstatten. Die Erstattung beschränkt sich also nicht auf das, was der Rentenversicherungsträger nach § 21a AVG/ § 1244a RVO hätte leisten müssen (anders nur zugunsten des Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung, § 59 Abs 2 Satz 2 Halbs 2 BSHG). Diese Regelung soll dem Sozialhilfeträger mögliche fiskalische Bedenken nehmen, die ihn vom rechtzeitigen Tätigwerden abhalten könnten; er soll nach den für ihn geltenden Vorschriften und nach seinen Richtlinien helfen können, ohne besorgen zu müssen, daß nach Klärung der Zuständigkeit einer anderen Stelle ein Kostenrest bei ihm hängen bleibt. Andererseits hat der Rentenversicherungsträger nur die Kosten zu erstatten, die der Sozialhilfeträger aufgewendet hat, um diejenigen Leistungen zu bewirken, die der Rentenversicherungsträger in Vollzug des § 21a AVG/§ 1244a RVO hätte gewähren müssen (so zutreffend Knopp/Fichtner, BSHG, 4. Aufl, § 59 Rd Nr 6). Nicht erstattungsfähig sind mithin Leistungen, die der Rentenversicherungsträger nach § 21a AVG/§ 1244a RVO überhaupt nicht, wohl aber der Sozialhilfeträger nach den Vorschriften des BSHG zu erbringen hat. In bezug auf diese Leistungen ist der Sozialhilfeträger für den Rentenversicherungsträger auch gar nicht in Vorlage getreten, so daß kein Ausgleichsanspruch entstehen konnte, dessen Umfang § 59 Abs 2 Satz 2 Halbs 1 BSHG - wie dargelegt - näher hätte regeln können. Die gegenteilige Auffassung - Bejahung der Kostenerstattung an den Träger der Sozialhilfe auch in bezug auf diese Leistungen - würde dazu führen, daß der Rentenversicherungsträger in seiner Eigenschaft als Träger der Tuberkulosehilfe auch für Leistungen aufzukommen hätte, die in § 21a AVG/§1244a RVO überhaupt nicht vorgesehen sind. Zugleich würde die Leistungszuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe nach dem BSHG entsprechend eingeschränkt. Eine so weit gehende Veränderung des Leistungsrechts zweier Sozialleistungsbereiche bezweckt § 59 Abs 2 Satz 2 Halbs 1 BSHG jedoch nicht; seine beschränkte Zwecksetzung ist vielmehr oben bereits dargelegt.
Es kann fraglich sein, inwieweit der erkennende Senat mit dieser Entscheidung von dem Urteil des 8. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Juni 1971 (SozR Nr 3 zu § 59 BSHG) abweicht. Diese letztere Entscheidung beschränkt sich nach dem ihr vorangestellten Leitsatz auf das Verhältnis Sozialhilfeträger - Träger der Kriegsopferversorgung. Aber selbst dann, wenn dieses Urteil über die beiden genannten Sozialleistungsbereiche hinausreichen sollte, wäre der Senat nicht gehindert, von ihm abzuweichen. Der 8. Senat des BSG, der 1971 entschieden hat, besteht nicht mehr. Zwar bestehen beim BSG unter der Bezeichnung 8a und 8b zwei Senate; sie bearbeiten aber andere Rechtsgebiete als der frühere 8. Senat (vgl Geschäftsverteilungsplan des BSG für das Jahr 1980 Seite 4). Nach Wegfall des 8. Senats ist es daher ausgeschlossen, daß die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu der dieses früheren Senats in Widerspruch geraten könnte, so daß eine Anrufung des Großen Senats des BSG wegen Divergenz ausscheidet.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt:
S hatte gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Bekleidungshilfe, weil § 21a Abs 8 AVG, aufgehoben erst ab 1. Juli 1977 (vgl Art 2 § 2 Nr 8 des 20. Rentenanpassungsgesetzes - 20. RAG), dies ausdrücklich ausschloß und §§ 21a Abs 1, 14b AVG (= §§ 1244a Abs 1, 1237b RVO) eine solche Leistung selbst als ergänzende Leistung der Tuberkulosehilfe nicht vorsehen (vgl Eicher/Haase/Rauschenbach, Rentenversicherung, 6. Aufl, § 1244a RVO, Anm 16). Mit der Bekleidungsbeihilfe hat der Kläger mithin nicht für die Beklagte vorgeleistet, sondern nach eigenem Recht endgültig geleistet. Ein Erstattungsanspruch des Klägers kann insoweit nicht bestehen. Entsprechendes gilt für die Versorgung des Versicherten mit einer Brille, die nicht "wegen" der Tbc-Erkrankung notwendig gewesen sein kann (§ 21a Abs 1 AVG/§ 1244a Abs 1 RVO iVm § 14 AVG/§ 1237 RVO). Als andere verpflichtete Stelle im Sinne des § 59 Abs 2 BSHG käme nach § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst b RVO allenfalls ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht. Auch insoweit ist der Kläger nicht für die Beklagte in bezug auf eine in § 21a AVG vorgesehene Leistung der Tuberkulosenhilfe in Vorlage getreten.
Für die Kosten der stationären Behandlung des Nierenleidens des Versicherten gilt folgendes:
Der 3. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat, in Verallgemeinerung insbesondere des "Mitbehandlungsgrundsatzes" nach § 49 Abs 3 BSHG, bereits wiederholt ausgesprochen, daß der nach § 21a AVG/§ 1244a RVO zur stationären Tbc-Heilbehandlung zuständige Rentenversicherungsträger auch verpflichtet ist, die Kosten für eine notwendige stationäre Behandlung einer daneben bestehenden anderen Krankheit zu übernehmen (SozR 2200 § 1244a Nr 8 und 14). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung hätte S gegen die Beklagte nach § 21a AVG Anspruch auf Gewährung auch der notwendigen stationären Heilmaßnahmen wegen der Nierenerkrankung gehabt, während welcher nach den Feststellungen des LSG mit der stationären Tbc-Heilbehandlung - spezielle Chemotherapie - nicht ausgesetzt worden ist. Die Beklagte hat daher dem Kläger die hierfür verauslagten Kosten nach § 59 Abs 2 Satz 2 Halbs 1 BSHG in voller Höhe, einschließlich des notwendigen Krankentransports als unselbständige Nebenleistung (vgl dazu zB BSG SozR 2200 § 182 Nr 8), zu erstatten. Von den vom Kläger für die Zeit des stationären Aufenthalts des Versicherten im S hospital A in Rechnung gestellten Betrag von 5.770,38 DM sind die 3.289,37 DM abzuziehen, die das LSG bereits zugesprochen hat, so daß das Begehren des Klägers mit weiteren 2.481,01 DM Erfolg haben mußte.
Dem stand der Umstand nicht entgegen, daß der Träger der Sozialhilfe die Stelle, die zur Gewährung der Hilfe verpflichtet ist, nach § 59 Abs 2 Satz 1 BSHG unverzüglich über seine Maßnahmen zu unterrichten hat. Der Behauptung der Beklagten, dies habe der Kläger im vorliegenden Falle nicht getan, vermag der Senat nicht näherzutreten; er kann nicht eigene Tatsachenfeststellungen treffen, sondern ist an die vom LSG getroffenen Feststellungen gebunden (§ 163 SGG). Obschon das LSG zur Frage der unverzüglichen Unterrichtung der Beklagten durch den Kläger keine Feststellungen getroffen hat, braucht der Senat die Sache nicht an die Vorinstanz zurückzuverweisen, um eine entsprechende Feststellung nachholen zu lassen. Denn selbst wenn der Kläger seine Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung nach § 59 Abs 2 Satz 1 BSHG verletzt hätte, hätte er den Erstattungsanspruch gegen die Beklagte noch nicht verloren (BSGE 29, 87, 90; Schellhorn/Jirasek/Seipp, aaO, Anm 7). Das könnte, da in § 59 Abs 2 aaO über die Rechtsfolgen einer Verletzung seines Satzes 1 aaO nichts bestimmt ist, nur dann der Fall sein, wenn die unverzügliche Unterrichtung zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Erstattungsanspruchs zählte. Das aber ist schon deswegen nicht der Fall, weil - wie oben im einzelnen dargelegt - § 59 Abs 2 BSHG diesen Erstattungsanspruch gegen die eigentlich zur Tbc-Hilfe verpflichtete Stelle nicht begründet, sondern als auf Grund der gesetzlichen Vorleistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe entstanden voraussetzt. § 59 Abs 2 Satz 1 BSHG befaßt sich demgemäß mit dem Erstattungsanspruch überhaupt nicht. Er gibt dem Träger der Sozialhilfe - nach Art einer Ordnungsvorschrift - allein auf, den zuständigen Träger der Tbc-Hilfe schnellstens zu ermitteln, damit dieser die notwendigen Maßnahmen nach einem einheitlichen Plan durchführen kann (Knopp/Fichtner, aaO, Rd Nr 7). Die Vorschrift dient also dem Interesse des Tuberkulosekranken und seiner gefährdeten Umgebung, nicht aber dem finanziellen Interesse der zur Tbc-Hilfe endgültig verpflichteten Stelle, den Erstattungsanspruch des Trägers der Sozialhilfe, der für sie vorgeleistet hat, abzuwehren.
Nach alledem war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil abzuändern wie geschehen; im übrigen aber war die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 4 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1656615 |
BSGE, 29 |