Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe eines Zuschusses zur Beschaffung eines Pkw als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation.
Der 1938 geborene Kläger nahm seit 1976 auf Kosten der Beklagten an einer beruflichen Umschulung teil. Er beantragte bei der Beklagten die Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines neuen Kraftfahrzeuges. Hiermit wollte er den Weg zwischen seiner Wohnung und der Umschulungsstätte - dem Berufsförderungswerk F… - zurücklegen. Sein Antrag wurde durch ein nervenärztliches Gutachten der Fachärztin Dr. H… vom 24. November 1976 befürwortet.
Der Kläger kaufte sich einen Pkw vom Typ" VW-Golf mit automatischem Getriebe und einer Motorleistung von 75 PS. Der Gesamtpreis betrug 14.987,-- DM. Der 75 PS-Motor war deshalb erforderlich, weil die 50 PS-Ausführung nicht mit Automatik erhältlich war. Von den Gesamtkosten entfielen 845,-- DM auf die Getriebeautomatik und 795,-- M auf den stärkeren Motor.
Die Beklagte gewährte dem Kläger eine Kraftfahrzeughilfe in Höhe von 6.000,-- DM zuzüglich 845,-- DM für die Kosten der Automatik. Die Mehrkosten für den 75 PS-Motor in Höhe von 795,-- DM übernahm sie nicht mit der Begründung. der stärkere Motor könne nach ihren Grundsätzen für die Kraftfahrzeughilfe an Behinderte nicht als erstattungsfähige "zusätzliche Bedienungseinrichtung" angesehen werden (Bescheid vom 21. Dezember 1976, Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1977). Klage und zugelassene Berufung, mit denen der Kläger eine Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines neuen Bescheides wegen der Übernahme der Mehrkosten für den stärkeren Motor begehrte, hatten in den Vorinstanzen keinen Erfolg. In dem angefochtenen Urteil vom 5. Dezember 1978 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt:
Bei der Kraftfahrzeughilfe für Behinderte, die sich nach § 1236 i.V.m. § 1237 a Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) i.d.F. des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl. I S. 1881) richte, handele es sich um eine Ermessensleistung. Dies gelte auch für die Höhe der Beihilfe, die hier allein im Streit sei. Die Beklagte habe ihr Ermessen unter Wendung der "Gesamtvereinbarung über Kraftfahrzeughilfe für Behinderte der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation vom 21. September 1973", die neben einem Pauschale von 6.000.-- DM die Übernahme der Kosten für zusätzliche Bedienungseinrichtungen vorsehe, fehlerfrei ausgeübt. Eine derartige Bedienungseinrichtung sei die Getriebeautomatik, deren Notwendigkeit unterstellt werden könne, nicht aber ein stärkerer Motor als der des Grundmodells der Standardausführung. Zwar sei der Kläger gezwungen gewesen, bei dem Kauf eines Automatikwagens sich eine Motorversion auszusuchen, die ein automatisches Getriebe erlaube. Es stehe aber im sachgemäßen Ermessen der Beklagten, die dadurch verursachten notwendigen Mehrkosten nicht zu übernehmen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzungen des § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil (SGB 1) und des § 20 RehaAnglG i.V.m. § 1242 RVO. Bei dem geltend gemachten Anspruch handele es sich um eine sonstige Leistung im Sinne der § 1237 b Abs. 1 Nr. 6, § 1242 RVO. Diese stehe zwar im Ermessen der Beklagten. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung habe sich aber darauf zu erstrecken, ob die Verwaltungsrichtlinien der Beklagten den Anforderungen der genannten gesetzlichen Bestimmungen genügen. Dies sei nicht der Fall. Die die Rehabilitation regelnden Bestimmungen seien unter Berücksichtigung des sozialen Rechts des Behinderten auf Eingliederung (§ 10 SGB 1), das auch bei der Ermessensausübung zu beachten sei (§ 2 Abs. 2 SGB 1), auszulegen. Die "Gesamtvereinbarung" der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, die vor dem Inkrafttreten des RehaAnglG erlassen worden sei, entspreche nicht diesen Normen. Sie nehme nicht Rücksicht darauf, daß nach Art und Schwere der Behinderung unterschiedlich hohe Anschaffungskosten für ein erforderlich werdendes Kfz entstehen könnten, weil sie außer Acht lasse, daß ein stärker Behinderter, der auf ein automatisches Getriebe angewiesen sei, einen Pkw mit höherer Motorleistung anschaffen müsse als ein weniger stark Behinderter. Durch die stärkere Selbstbeteiligung des schwerer Behinderten könne das Ziel der beruflichen Wiedereingliederung gefährdet sein. Dies müsse um so mehr gelten, als der pauschale Beihilfesatz seit Jahren unverändert geblieben sei, während die Pkw-Preise jährlich stiegen.
Der Kläger beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 5. Dezember 1978 und des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 1978 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21. Dezember 1976 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 1977 zu verurteilen, ihm (Kläger) unter Wahrung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, ihre Grundsätze für die Hilfe zur Beschaffung von Kraftfahrzeugen für Behinderte, nach denen sie ihr Ermessen ausgeübt habe, seien rechtmäßig. Bei stärkerer Behinderung seien danach die Kosten für "zusätzliche Bedienungseinrichtungen" erstattungsfähig und im Falle des Klägers auch erstattet worden. Der Differenzbetrag zwischen einem Motor von 50 PS und einem solchen von 75 PS könne hingegen nicht übernommen werden, weil ein Motor keine zusätzliche Bedienungseinrichtung darstelle und die Kraftfahrzeughilfe nicht zu einer "Selbstbewilligung" nach Maßgabe des Ermessens des Rehabilitanden führen dürfe. Der Kläger habe im übrigen bereits den Höchstbetrag erhalten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erklärt.
II
Die durch Zulassung statthafte Revision des Klägers ist zulässig und begründet.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten insoweit rechtswidrig und deswegen aufzuheben, als eine Übernahme der Mehrkosten von DM 795,-- abgelehnt worden ist.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Leistung ist § 1236 Abs. 1 i.V.m. § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO i.d.F. des RehaAnglG. Nach erstgenannter Vorschrift kann, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann, die Beklagte Leistungen zur Rehabilitation u.a. in dem in § 1237a RVO bestimmten Umfange gewähren. Die Fragen, ob die vom Versicherten begehrte Leistung eine solche der Rehabilitation ist und - was im vorliegenden Fall nicht streitig ist - die übrigen Voraussetzungen des § 1236 Abs. 1 RVO erfüllt sind, sind Tat- und Rechtsfragen, welche im Falle eines Rechtsstreits der uneingeschränkten Entscheidungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unterliegen. Hingegen steht bei Erfüllung der Voraussetzungen die Gewährung der Leistung zur Rehabilitation selbst im Ermessen des Versicherungsträgers. Insofern ist seine Entscheidung im gerichtlichen Verfahren nur in eingeschränktem Umfange nachprüfbar. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit dürfen lediglich überprüfen, ob der Versicherungsträger mit seiner Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG; § 39 Abs. 1 SGB 1; vgl. zu alledem Urteil des Senats in BSGE 48, 74, 75 = SozR 2200 § 1237a Nr. 6 S. 8 m.w.N.).
Bei der vom Kläger begehrten Leistung handelt es sich um eine solche der beruflichen Rehabilitation im Sinne des § 1237 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO. Nach dieser Vorschrift umfassen die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation u.a. berufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung und Umschulung, einschließlich eines zur Teilnahme an diesen Maßnahmen erforderlichen schulischen Abschlusses. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind diese Begriffe nach denselben Kriterien voneinander abzugrenzen, wie sie für den Bereich des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) die für Angelegenheiten dieses Rechtsgebietes zuständigen Senate entwickelt haben (vgl. BSGE 48, 74, 78 = SozR 2200 § 1237a Nr. 6 S. 11; speziell für den Begriff der Umschulung auch Urteile des 11. Senats in BSGE 48, 92, 97 = SozR 2200 § 1236 Nr. 15 S. 33; SozR 2200 § 1236 Nr. 16 S. 39). Hiernach ist Ausbildung stets nur die erste zu einem Abschluß führende berufliche Bildungsmaßnahme. Alle späteren Schritte zur weiteren beruflichen Bildung sind entweder als Fortbildung oder als Umschulung zu werten. Diese wiederum unterscheiden sich darin, daß die Fortbildung eine weitere Qualifizierung des Bildungswilligen in seinem bisherigen Beruf bezweckt, während die Umschulung auf die Erlernung eines Berufs mit neuem Inhalt gerichtet ist (vgl. BSGE 44, 173, 176 = SozR 4100 § 44 Nr. 14 S. 38; BSG SozR 4100 § 43 Nr. 18 S. 36; Urteil vom 15. November 1979 - 7 RAr 79/78 -, jeweils mit eingehenden weiteren Nachweisen). Unter Anlegung dieser Abgrenzungskriterien stellt die Ausbildung des Klägers zum Sozialversicherungsfachangestellten der Fachrichtung Rentenversicherung eine berufliche Umschulung dar. Er ist bis zum Verlust der Fähigkeit zur Ausübung seines früheren Berufs als Stahlbauschlosser tätig gewesen. Gegenüber dieser Tätigkeit ist diejenige des Sozialversicherungsfachangestellten so grundsätzlich verschieden, daß sie als neuer Beruf und damit dessen Erlernung als Umschulung zu qualifizieren ist.
Stellt aber die Erlernung des neuen Berufs als solche eine berufsfördernde Leistung der Rehabilitation im Sinne des § 1237 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO dar, so muß dasselbe für die vom Kläger beantragte und ihm zum Teil gewährte Kraftfahrzeughilfe gelten. Es handelt sich weder um eine Leistung nach 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO noch - wie die Revision meint - um eine sonstige Leistung im Sinne der § 1237b Abs. 1 Nr. 6, § 1242 RVO. Zwar fallen nach der amtlichen Begründung zu § 20 RehaAnglG (abgedruckt bei Jung-Preuß, Rehabilitation, 2. Aufl. 1975, S. 217), der dem § 1242 RVO entspricht, unter den Anwendungsbereich der Vorschrift u.a. Hilfen zum Beschaffen eines wegen der Behinderung erforderlichen Fahrzeugs, soweit eine derartige Leistung nicht bereits aufgrund des § 11 Abs. 2 Nr. 1 RehaAnglG (entsprechend § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO) gewährt werden kann. Hieraus ist geschlossen worden, eine Kraftfahrzeughilfe könne nur entweder als sonstige Leistung nach § 1242 RVO oder als berufsfördernde Leistung nach § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO gewährt werden (vgl. Harrer, Rehabilitation durch die Rentenversicherung, Schriften zur Fortbildung, herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, 1979, S. 89, 90 f.). Dementgegen stellt nach Ziff. 1.2 der von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation abgeschlossenen Gesamtvereinbarung über Kraftfahrzeughilfe für Behinderte vom 21. September 1973 die Kraftfahrzeughilfe stets eine ergänzende Leistung zur Rehabilitation im Sinne des § 20 RehaAnglG dar. Andererseits wird nach den von der Beklagten aufgestellten "Grundsätzen für die Hilfe zur Beschaffung von Kraftfahrzeugen für Behinderte als Regelleistung der gesetzlichen Rentenversicherung" die Kraftfahrzeughilfe ausschließlich als berufsfördernde Leistung nach § 1237 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO angesehen. Das ergibt sich daraus, daß nach Ziff. 2.1 der Grundsätze Kraftfahrzeughilfe (nur) gewährt wird, wenn der Betreute wegen Art und Schwere seiner Behinderung für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsplatz auf die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs angewiesen ist. Auch nach Ansicht Madrian's (Rehabilitation durch die Rentenversicherung, a.a.O., S. 45, 48) ist die Kraftfahrzeughilfe eine selbständige Leistung zur Rehabilitation im Sinne des § 1237 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO und ihre Einordnung unter § 1237 b i.V.m. § 1242 RVO ausgeschlossen.
Letzterem ist jedenfalls für den - auch hier vorliegenden Fall zuzustimmen, daß die Kraftfahrzeughilfe neben und zugleich mit einer der in § 1237a Abs. 1 RVO ausdrücklich genannten Leistungen der beruflichen Rehabilitation beantragt wird, § 1242 RVO kann in diesem Fall keine Anwendung finden. Hauptanwendungsbereich dieser Vorschrift sind die sogenannten nachgehenden Hilfen. Sie soll eine Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers insbesondere für die Gewährung nachgehender Leistungen zur Sicherung des Rehabilitationserfolges begründen (Jung-Preuß, a.a.O.). Diesem Gesetzeszweck entsprechend kommen Leistungen nach § 1242 RVO grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn medizinische oder berufsfördernde Maßnahmen bereits abgeschlossen sind. Denn es handelt sich um Leistungen, die denjenigen nach §§ 1236 bis 1237b RVO nachgehen oder sie ergänzen, ohne unter diese Vorschriften zu fallen (Urteil des Senats vom 28. Juni 1979 - 1 RA 97/78 -). Für die vom Kläger beantragte Kraftfahrzeughilfe trifft dies nicht zu. Der Kläger hat diese Hilfe nicht zur Sicherung des Erfolges einer bereits durchgeführten und abgeschlossenen Rehabilitationsmaßnahme beantragt. Vielmehr hat er das von der Beklagten bezuschußte Fahrzeug während einer Maßnahme im Sinne des § 1237 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO angeschafft, um es für Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Berufsförderungswerk benutzen zu können. Damit stellt die Kraftfahrzeughilfe wie die eigentliche Umschulung, deren Durchführung sie ermöglichen oder erleichtern soll, eine berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation nach § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO dar.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß außer nach § 1237 b Abs. 1 Nr. 6, § 1242 RVO Kraftfahrzeughilfe nur für die Anschaffung eines Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz und somit ausschließlich als berufsfördernde Leistung nach § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO gewährt werden kann. Dies läßt sich insbesondere (entgegen Harrer, a.a.O., S. 91) nicht aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) herleiten. Zwar hat das BSG in denjenigen Rechtsstreitigkeiten um die Bewilligung einer Kraftfahrzeughilfe als Leistung der Rehabilitation, mit denen es nach Inkrafttreten des RehaAnglG befaßt worden ist, als Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens stets § 1236 i.V.m. § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO bzw. die entsprechenden Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) herangezogen (vgl. BSGE 45, 183, 185 = SozR 2200 § 1236 Nr. 5; BSGE 46, 286, 288 = SozR 2200 § 1236 Nr. 10; BSGE 48, 88, 89 = SozR 2200 § 1236 Nr. 14). Dies ist jedoch nicht Ausdruck des Rechtsgedankens, daß Kraftfahrzeughilfe als Leistung der beruflichen Rehabilitation stets nur nach diesen Vorschriften gewährt werden kann. Vielmehr sind die Rechtsausführungen in den genannten Urteilen durch die Besonderheiten der ihnen zugrundeliegenden Sachverhalte bedingt gewesen. Diese haben in der hier maßgeblichen Hinsicht darin bestanden, daß in sämtlichen Fällen die Kläger das Fahrzeug, für dessen Anschaffung sie einen Zuschuß des Rentenversicherungsträgers begehrt haben, für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benötigt haben. Nur auf der Grundlage dieser speziellen Fallkonstellation ist die Kraftfahrzeughilfe als Leistung im Sinne des § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO angesehen worden. Das ergibt sich besonders deutlich aus dem Urteil vom 27. Juni 1978 (BSGE 46, 286, 288 = SozR 2200 § 1236 Nr. 10 S. 15 f.). Hiernach gehört zu den berufsfördernden Leistungen nach § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges, "sofern das Fahrzeug … zur Erreichung des Arbeitsplatzes benötigt wird und damit dessen Erhaltung dient". Darin kommt zugleich zum Ausdruck, daß die rechtliche Qualifizierung der Kraftfahrzeughilfe im Rahmen des § 1237a Abs. 1 RVO maßgebend davon bestimmt wird, zu welchem Weck das mit der Hilfe anzuschaffende Fahrzeug benötigt wird. Der Senat hält diese Zweckbestimmung ebenfalls für ein sachgerechtes und brauchbares Abgrenzungsmerkmal. Für die Frage, um welche der in § 1237a Abs. 1 RVO aufgeführten berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation es sich bei der Kraftfahrzeughilfe handelt, ist somit entscheidend, zu welchem Zweck der Versicherte das mit dem Zuschuß anzuschaffende Fahrzeug benötigt. Wird es zur Durchführung einer der in § 1237a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO genannten Maßnahmen der beruflichen Förderung benötigt, so stellt die Kraftfahrzeughilfe ebenfalls eine Leistung im Sinne dieser Vorschrift dar. Das gilt nach dem Zweck der vom Kläger beantragten und ihm bewilligten Zuschußleistungen auch im vorliegenden Fall.
Der angefochtene Bescheid vom 21. Dezember 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 1977 ist teilweise rechtswidrig. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Übernahme der Mehrkosten für die stärkere Motorversion des von ihm angeschafften Fahrzeuges ermessensfehlerhaft abgelehnt.
Sie hat sich bei der Ausübung ihres Ermessens auf ihre "Grundsätze für die Hilfe zur Beschaffung von Kraftfahrzeugen für Behinderte als Regelleistung der gesetzlichen Rentenversicherung" (im folgenden: Grundsätze) gestützt, die in Verfolg der Gesamtvereinbarung vom 21. September 1973 erlassen worden sind und mit den Grundsätzen bzw. Richtlinien anderer Träger der gesetzlichen Rentenversicherung übereinstimmen (vgl. z.B. Richtlinien der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - BfA - i.d.F. vom 1. Dezember 1977; DAngVers 1978, 60, 71; Grundsätze der Landesversicherungsanstalt - LVA - Hessen in der ab 1. Januar 1979 geltenden Fassung; Nachrichten der LVA Hessen 1979, 28, 46). Diese Ausübung des Ermessens nach näherer Maßgabe von Richtlinien ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings haben Richtlinien nur ausnahmsweise den Charakter von Rechtsnormen und damit bindende Wirkung auch für die Gerichte (vgl. BSGE 48,120, 128 = SozR 4100 § 152 Nr. 9 S. 30). Im Regelfall kommt ihnen ähnlich wie Verwaltungsvorschriften Iediglich verwaltungsinterne Bedeutung ohne normative Wirkung und damit ohne Verbindlichkeit für die Auslegung des zugrundeliegenden Gesetzes durch die Gerichte zu; sie können dann allenfalls eine Selbstbindung der Verwaltung bewirken und dem einzelnen Versicherten einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen Versicherten geben (BSGE 46, 61, 66 = SozR 5750 Art 2 § 53 Nr. 1; speziell zu Rehabilitationsrichtlinien der Rentenversicherungsträger BSGE 45, 212, 215 = SozR 2200 § 182 Nr. 29 S. 51; BSGE 47, 54, 55 = SozR 2200 § 1305 Nr. 2). In diesem Falle sind die Gerichte nicht auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob der Leistungsträger bei der Ausübung seines Ermessens die Richtlinien beachtet hat. Vielmehr unterliegt es ebenso der gerichtlichen Nachprüfung, ob die Richtlinien dem Gesetz entsprechen und insbesondere mit der darin erteilten Ermächtigung zur Ermessensausübung übereinstimmen (vgl. auch BSG 48, 88, 90 = SozR 2200 § 1236 Nr. 14 S. 24).
Auch im konkreten Fall begegnet es keinen Bedenken, daß die Beklagte sich bei der Ausübung ihres Ermessens auf Ihre Grundsätze gestützt hat. Allerdings gehen diese - wie bereits ausgeführt - ersichtlich davon aus, daß Kraftfahrzeughilfe nur als berufliche Leistung zur Rehabilitation im Sinne des § 1237 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RVO gewährt werden kann. Die vom Kläger beantragte Hilfe ist dagegen eine Leistung nach Nr. 3 der Vorschrift. Dies steht jedoch einer zumindest entsprechenden Anwendung der Grundsätze nicht entgegen. Gerade dadurch ist eine gleichmäßige Verwaltungsübung und damit die Beachtung des auch bei der Gewährung von Ermessensleistungen geltenden Gleichheitssatzes (Art 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -; vgl. BSGE 46, 286, 292 = SozR 2200 § 1236 Nr. 10 S. 20 m.w.N.) gewährleistet.
Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die Beklagte ohne Ermessensfehler bei der Bewilligung der Kraftfahrzeughilfe an den Kläger in Anwendung der Ziffer 4 ihrer Grundsätze von einem Höchstbetrag von 6.000,-- DM ausgegangen ist. Die Praxis der Beklagten, nach einer allgemeinen und durch einen Höchstbetrag begrenzten Hilfe bei dem Erwerb des Fahrzeugs (Ziffer 4 der Grundsätze) und nach besonderen, auf den Einzelfall abstellenden zusätzlichen Hilfen (z.B. Ziffer 5: zusätzliche Bedienungseinrichtungen, Ziffer 10: Härteklausel) zu differenzieren, ist nicht zu beanstanden. Für sein Begehren - den Ersatz der Kosten für die stärkere Motorversion - kann der Kläger nicht eine "Aufstockung" des allgemeinen Höchstbetrages beanspruchen. Zwar ist im Rehabilitationsrecht bei der Bemessung der Leistungshöhe des Finalprinzip maßgebend, demzufolge die Behinderten allein nach Maßgabe ihrer Hilfsbedürftigkeit und ihres Leistungsbedarfs in das berufliche und gesellschaftliche Leben einzugliedern sind. Dem Finalprinzip könnte möglicherweise nur durch die Übernahme der gesamten Kosten für die Anschaffung eines Fahrzeugs anstelle der bloßen Bezuschussung genügt werden. Indes rechtfertigt sich eine Begrenzung der Rehabilitationsleistungen bei der Kraftfahrzeughilfe daraus, daß dem Behinderten das Fahrzeug nicht nur zu Rehabilitationszwecken, sondern wie einem nicht hilfsbedürftigen Kraftfahrer - auch zur privaten Nutzung zur Verfügung steht. Durch die Belastung des Behinderten mit einem zumutbaren Eigenanteil kann überdies eher eine pflegliche Behandlung des Fahrzeugs gewährleistet werden. Schließlich hat die Beklagte im Rahmen der hier fraglichen Ermessensleistung einen eigenen Entscheidungsspielraum für den Einsatz der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. zu alledem BSGE 44, 231, 234 = SozR 2200 § 1236 Nr. 3 S. 5; BSGE 46, 286, 292 = SozR 2200 § 1236 Nr. 10 S. 19 f.). Ein finanzieller Rahmen für Rehabilitationsmaßnahmen ist ihr durch § 1390 a RVO i.V.m. den dazu ergangenen Bemessungs-Verordnungen ohnehin vorgegeben, so daß sie ihr Ermessen nur innerhalb dieser Grenze ausüben darf. Unter Berücksichtigung der hiernach für die Kraftfahrzeughilfe maßgebenden Gesichtspunkte vermag der Senat der Auffassung der Revision nicht zu folgen, daß die Beklagte die Höhe ihres Zuschusses an die jeweiligen Anschaffungskosten eines Pkw anzupassen habe. Die Festsetzung eines allgemeinen Höchstbetrages von 6.000,-- DM kann jedenfalls dann nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, wenn dieser Betrag - wie im vorliegenden Fall - die Anschaffungskosten eines für den Behinderten erforderlichen, aber auch ausreichenden Pkw ohne Mehrkosten nicht wesentlich um die Hälfte unterschreitet (vgl. BSGE 44, 231, 235 = SozR 2200 § 1236 Nr. 3 S. 6) und zusätzliche Kosten nach Art und Schwere der Behinderung getragen werden.
Die Beklagte hat somit im Rahmen ihres allgemeinen Pauschales für die Anschaffung eines Kfz die Kosten des Klägers für den stärkeren Motor zu Recht unberücksichtigt gelassen. Hingegen hat sie es ermessensfehlerhaft unterlassen zu prüfen und zu entscheiden, ob angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalles diese Mehrkosten zusätzlich zu übernehmen sind. Eine Übernahme der Mehrkosten hat sie nicht allein unter Berufung auf Ziffer 5 ihrer Grundsätze mit der Begründung ablehnen dürfen, der gegenüber dem Grundmodell der Standardausführung stärkere Motor des vom Kläger angeschafften Wagens sei keine "zusätzliche Bedienungseinrichtung". Zwar ist dies nach den auf die Bekundungen des Sachverständigen U… gestützten, für den Senat bindenden (§ 163 SGG), Feststellungen des Berufungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht zutreffend. Das allein rechtfertigt jedoch die Versagung einer Übernahme der Mehrkosten nicht. Die Grundsätze der Beklagten haben - wie ausgeführt - keine normative Kraft. Grundsätze, Verwaltungsrichtlinien, Instruktionen usw. sollen es dem Versicherungsträger lediglich erleichtern, in einer Vielzahl von Fällen möglichst gleichmäßig zu verfahren und dadurch dem Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu genügen. Sie entbinden aber nicht von der Verpflichtung, in jedem Einzelfall sämtliche Umstände zu prüfen, die für die Ermessensbildung bedeutsam sein können (ständige Rechtsprechung; vgl. BSGE 27, 34, 38 = SozR Nr. 3 zu § 1236 RVO; BSGE 29, 133, 137 SozR Nr. 5 zu § 1237 RVO; BSGE 48, 88, 90 = SozR 2200 § 1236 Nr. 14 S. 25). Dies gilt insbesondere für Rehabilitationsmaßnahmen nach § 1236 RVO, welche die Erwerbsfähigkeit des Versicherten erhalten, bessern oder wiederherstellen sollen. Dieses gesetzliche Ziel, von dem - in ähnlicher Formulierung - § 10 SGB 1 ausgeht und das gemäß § 2 Abs. 2 SGB 1 bei der Ermessensausübung zu beachten ist, bedingt eine Betrachtung des Einzelfalles und gebietet Ausnahmen von einer allgemeinen Verwaltungsübung zugunsten des Versicherten dann, wenn besondere Umstände des Falles dies rechtfertigen (BSGE 27 f. 34, 39 = SozR Nr. 9 zu § 1236 RVO). Die Möglichkeit, zusätzliche Kosten als Ausnahme von einer ständigen Verwaltungspraxis zu übernehmen, hat sich die Beklagte in Ziffer 10 ihrer Grundsätze in einer "Härteklausel" selbst eröffnet. Nach der Rechtsprechung genügt indes für die Notwendigkeit der Abweichung von einer ständigen Verwaltungspraxis, daß ein begründeter Ausnahmefall vorliegt (BSGE 48, 88, 90 = SozR 2200 § 1236 RVO Nr. 14, S. 25).
Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt hat die Beklagte ihr Ermessen nicht ausgeübt. Sie hat nicht geprüft, ob eine Übernahme der Mehrkosten für den stärkeren Motor des vom Kläger angeschafften Fahrzeugs aufgrund der Härteklausel in Ziffer 10 ihrer Grundsätze in Betracht kommt. Dafür könnte etwa sprechen, daß die Beklagte die Kosten der Getriebeautomatik als "zusätzliche Bedienungseinrichtung" voll übernommen hat und für den Einbau einer solchen Automatik wiederum die stärkere Version des Motors unabweisbar erforderlich gewesen ist. Auf der anderen Seite wird nicht außer Betracht bleiben können, ob der Kläger nur bei einem Fahrzeug des von ihm konkret angeschafften Fabrikats wegen der Erforderlichkeit einer Getriebeautomatik die stärkere Motorversion hat wählen müssen und ob er nicht auf ein für ihn erforderliches und ausreichendes Fahrzeug eines anderen Fabrikats hat ausweichen können, bei dem möglicherweise, bereits das Grundmodell mit einer Getriebeautomatik erhältlich ist.
Diese und ähnliche für die Ausübung des Ermessens erhebliche Erwägungen hat die Beklagte bei der Ablehnung der Mehrkosten von DM 795,-- durch den Bescheid vom 21. Dezember 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 1977 nicht angestellt. Die Bescheide sind deswegen insoweit aufzuheben. Damit zugleich können die Urteile der Vorinstanzen keinen Bestand haben. Die Revision erweist sich als begründet. Die Beklagte wird nunmehr unter Berücksichtigung der Ziffer 10 ihrer Grundsätze erneut über den Antrag des Klägers auf Übernahme der Mehrkosten zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.1 RJ 4/79
Bundessozialgericht
Fundstellen