Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Freiheitsentziehung iS des BEG § 43 - Leben unter haftähnlichen Bedingungen - bei einem Schulkind anzunehmen ist, gegen das eine Aufenthaltsbeschränkung verhängt und dem es unmöglich gemacht ist, mit seinen Eltern in Verbindung zu treten.
Orientierungssatz
1. Aus dem Gesetz bietet sich kein Anhalt dafür, daß der versicherungsrechtliche Anspruch auf Anrechnung von Ersatzzeiten von der Gewährung einer Entschädigung nach BEG § 43 abhängig wäre; auch auf die Antragsfristen des BEG (§§ 138, 189) kann es nicht ankommen.
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen vom 10. März 1966 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Zeit der Freiheitsentziehung als Ersatzzeit nach § 1251 Abs. 1 Nr. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Er wurde als Zwölfjähriger am 23. November 1937 vom Jugendamt gegen den Willen seiner Eltern, die der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas angehörten und denen aus diesem Grunde das Personensorgerecht für ihr Kind entzogen worden war, in ein Heim eingewiesen. Danach – vom 10. Dezember 1938 bis 18. März 1940 – war er bei der Landwirtin M. in Sandraschütz, Kreis Großwartenberg, untergebracht. Noch im März 1940 – nach seiner Entlassung aus der Volksschule – nahm er eine Lohnarbeit auf, für die Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung entrichtet wurden.
Nachdem die Beklagte es abgelehnt hatte, die Zeit der Heimunterbringung als Ersatzzeit in die Versicherungskarte des Klägers einzutragen (Bescheide vom 29. Januar und 26. Februar 1962), hat der Kläger sich mit der Klage hiergegen gewandt und diese – in der Berufungsinstanz – auch auf die Zeit der Unterbringung bei der Landwirtin erstreckt.
Durch Urteil des erkennenden Senats vom 26. Mai 1965 (BSG 23, 89) ist die Beklagte verurteilt worden, die Zeit der Freiheitsentziehung des Klägers vom 23. November 1937 bis 9. Dezember 1938 (Heimaufenthalt) als Ersatzzeit in die Versicherungskarte einzutragen. In dem Urteil ist ausgeführt: Der Anerkennung dieser Zeit als Ersatzzeit nach § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO stehe nicht entgegen, daß der Kläger zur Zeit der Verfolgung erst zwölf Jahre alt gewesen sei. Auf einen ursächlichen Zusammenhang im Einzelfall zwischen Gewaltmaßnahme und Verlust an Beitragszeiten komme es nicht an. Ob dies auch gelte, wenn durch das Ersatzzeitgeschehen ein versicherungsrechtlicher Nachteil unter keinen denkbaren Umständen entstanden sein könne, weil Rechtsgründe es zweifelsfrei ausschlössen, bedürfe hier nicht der Entscheidung, weil es nicht schlechthin unmöglich gewesen sei, daß der Kläger bereits als Schulkind im Alter von 12 Jahren gegen Entgelt gearbeitet hätte. Die Klage sei, auch soweit sie die erst in der Berufungsinstanz in das Klagebegehren einbezogene Zeit vom 10. Dezember 1938 bis 18. März 1940 betreffe, zulässig; denn das Bestreiten der Beklagten sei als Verwaltungsentscheidung anzusehen, die bei sinnvollen Anwendung des § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Rechtsstreits geworden sei. Für den angeführten – zweiten – Zeitabschnitt fehle es jedoch noch an tatsächlichen Feststellungen für die Beurteilung, ob eine Freiheitsentziehung vorliege. – Deshalb ist der Rechtsstreit insoweit zur erneuten Entscheidung an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen worden.
Das LSG hat durch Urteil vom 10. März 1966 die Beklagte verurteilt, auch die Zeit vom 10. Dezember 1938 bis 18. März 1940 als Ersatzzeit in die Versicherungskarte des Klägers einzutragen. Daß auch während dieser Zeit eine Freiheitsentziehung im Sinne des § 43 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) vorgelegen habe, hat das LSG wie folgt begründet. Zwar sei der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen nicht mehr zu Arbeiten herangezogen worden als andere aus kleinbäuerlichen Verhältnissen stammende Kinder. Entscheidend komme es aber auf die Trennung des Klägers von seinen Eltern und die besonderen Lebensbedingungen an, welchen er in Sandraschütz unterworfen gewesen sei. Es sei ihm untersagt gewesen, seine Eltern zu besuchen. Auch hätten diese ihn nicht aufsuchen dürfen. Wenn er sich auch innerhalb des Ortes Sandraschütz frei habe bewegen können, so habe man ihm doch nicht gestattet, ohne Begleitung einen anderen Ort aufzusuchen. Sonn- und feiertags habe er am evangelischen Gottesdienst teilnehmen müssen. Die Zeugin M. sei verpflichtet gewesen, die Durchführung dieser dem Kläger auferlegten Beschränkungen seiner Bewegungsfreiheit zu überwachen. Damit habe der Kläger ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen geführt. – Weiter hat das LSG ausgeführt: Es komme nicht darauf an, daß die in Rede stehende Zeitspanne bei der Berechnung der dem Kläger nach dem BEG gewährten Entschädigung nicht berücksichtigt worden sei und wegen Versäumung der Antragsfrist auch nicht mehr berücksichtigt werden könne. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit hätten im Rahmen des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 43 BEG vorliegen.
Die Beklagte hat die – zugelassene – Revision eingelegt.
Nach ihrer Auffassung ist eine Freiheitsentziehung oder ein einer Freiheitsentziehung gleichgestellter Tatbestand im Sinne des § 43 BEG nach den Feststellungen des LSG nicht gegeben. Im übrigen seien, so meint sie, zu einer Entscheidung insoweit allein die Entschädigungsbehörden zuständig gewesen; die Frist für eine Anmeldung sei aber verstrichen, so daß eine Anerkennung nicht mehr in Betracht komme.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger stellt den Antrag,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Es ist nur noch darüber zu entscheiden, ob die Zeit vom 10. Dezember 1938 bis 18. März 1940 dem Kläger als Ersatzzeit anzurechnen und in die Versicherungskarte einzutragen ist.
Der erkennende Senat hält auch insoweit die Voraussetzungen des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO für gegeben. Hiernach werden ua Zeiten der Freiheitsentziehung im Sinne des § 43 BEG als Ersatzzeiten für die Erfüllung der Wartezeit angerechnet, wenn der Versicherte Verfolgter im Sinne des § 1 BEG ist.
Der Kläger ist als Verfolgter im Sinne des § 1 BEG anerkannt; davon ist der erkennende Senat in seiner früheren Entscheidung ausgegangen, auch die Beklagte bestreitet dies nicht. Hierzu bedarf es daher keiner weiteren Erörterungen.
Die Beklagte meint indessen, der Anspruch des Klägers sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil er es versäumt habe, einen Entschädigungsanspruch im Sinne des § 43 BEG bei der zuständigen Behörde geltend zu machen; dieser Antrag sei nicht mehr nachzuholen, weil die Antragsfrist verstrichen sei. Diese Auffassung trifft nicht zu. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO erfüllt sind. In diesem Zusammenhang kann – wie sich bereits aus den bisherigen Ausführungen ergibt – dahinstehen, ob bzw. in welchem Umfang eine Bindung an Entscheidungen der Entschädigungsbehörden, die zur Verfolgteneigenschaft ergangen sind, anzunehmen ist. Aus dem Gesetz bietet sich jedenfalls kein Anhalt dafür, daß der versicherungsrechtliche Anspruch auf Anrechnung von Ersatzzeiten von der Gewährung einer Entschädigung nach § 43 BEG abhängig wäre. Beide Ansprüche – der auf Entschädigung und der auf Anrechnung von Ersatzzeiten – stehen selbständig nebeneinander, sie sind voneinander unabhängig (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung Bd. III S. 678; Kommentar zur Reichsversicherungsordnung, Viertes und Fünftes Buch, Band I, herausgegeben vom Verband Deutschen Rentenversicherungsträger, § 1251 Anm. 20).
Auch auf die Antragsfristen des BEG kann es nicht ankommen, insbesondere nicht auf die des § 189 BEG; sie findet nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur auf Entschädigungsansprüche Anwendung. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Fristvorschrift des § 138 Halbs. 2 BEG; sie bezieht sich nur auf Fristen, welche in den dort bezeichneten Rechtsvorschriften selbst enthalten sind. Dies wird deutlich durch die Fassung, welche § 138 BEG durch das Bundesentschädigungs-Schlußgesetz vom 14. September 1965 (BGBl I 1315) erhalten hat; darin ist nunmehr von „befristeten Anträgen nach diesen Rechtsvorschriften” die Rede. § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO enthält aber keine Antragsfrist. Im übrigen ist die Frist des § 138 BEG nF – bis zum 30. September 1966 – hier gewahrt.
Die Entscheidung hängt demnach davon ab, ob die Unterbringung des Klägers auf dem landwirtschaftlichen Anwesen und unter Aufsicht der Zeugin M. eine Freiheitsentziehung (§ 43 Abs. 2 BEG) war oder einer solchen gleichzuerachten ist (§ 43 Abs. 3 BEG).
Eine Freiheitsentziehung im Sinne des § 43 Abs. 2 BEG ist für die in Rede stehende Zeit ebenso auszuschließen wie für die vorangegangene Zeit der Heimunterbringung des Klägers. Wenn auch die in § 43 Abs. 2 BEG enthaltene Aufzählung von Fällen der Freiheitsentziehung – polizeiliche oder militärische Haft, Inhaftnahme durch die NSDAP, Untersuchungshaft, Strafhaft, Konzentrationslagerhaft und Zwangsaufenthalt in einem Ghetto – nicht abschließend ist, so lassen die angeführten Beispiele doch erkennen, daß der Gesetzgeber hier eine besonders intensive Beeinträchtigung der Freiheit im Auge gehabt hat. Eine Freiheitsentziehung setzt die vollständige und nachhaltige Absonderung von der Umwelt mit Beschränkung auf einen eng begrenzten Raum – Zelle, Lager, Gebäudekomplex – voraus; sie liegt grundsätzlich nicht vor, wenn der zugewiesene Raum größer war als ein Gebäudekomplex, wenn sich der Verfolgte zB – wie es beim Kläger der Fall war – innerhalb einer bestimmten Ortschaft bewegen durfte (BGH in RzW 1955, 367; 1957, 328).
Eine Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen (§ 43 Abs. 3 BEG) scheidet ebenfalls aus. Wenn auch der Kläger, der während der damaligen Zeit gerade 14 Jahre alt geworden war, auf dem Bauernhof mitarbeiten mußte, so ging seine Arbeit doch nicht über das Maß dessen hinaus, was im allgemeinen bei Kindern eines Landwirts zu dieser Zeit als üblich und angemessen galt.
Der Kläger hat jedoch, wie das LSG zutreffend angenommen hat, ein „Leben unter haftähnlichen Bedingungen” (§ 43 Abs. 3 BEG) führen müssen. Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Auffassung vertreten, daß ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen dann anzunehmen ist, wenn der Verfolgte erheblichen und laufend behördlich streng überwachten Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit unterworfen war und nach den sonstigen sich ergebenden Bedingungen ein Leben führen mußte, das dem eines Häftlings sehr nahe kam (vgl. Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des BGH § 43 BEG 1956, Nr. 22). Beim Vorliegen dieser Voraussetzungen erfüllen Aufenthaltsbeschränkungen nach der Rechtsprechung des BGH dann den Tatbestand einer Freiheitsentziehung im Sinne des § 43 Abs. 3 BEG, wenn der Verfolgte an dem betreffenden Ort zwar nicht vollständig, aber sehr weitgehend von seiner Umwelt abgeschnitten ist (vgl. BGH aaO Nr. 28).
Der Kläger war einer Aufenthaltsbeschränkung in dem vorbezeichneten Sinne unterworfen. Nach den Feststellungen des LSG durfte er grundsätzlich den Ort Sandraschütz nicht verlassen. Hierzu war er nur in Ausnahmefällen und unter der Voraussetzung berechtigt, daß durch eine entsprechende Begleitung das Ziel der Unterbringung nicht gefährdet wurde.
Im übrigen stand er unter der ständigen Aufsicht der Zeugin M., die diese Aufgabe im Auftrag des zuständigen Jugendamtes übernommen hatte.
Die Ermittlungen des LSG haben zwar keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die dem Kläger auferlegte Aufenthaltsbeschränkung durch Anwendung von Zwangsmaßnahmen wirksam gestaltet worden sei. Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Der Kläger war zu der damaligen Zeit ein Schulkind. Bei ihm mußte daher das Verbot, den Ort zu verlassen, verbunden mit dem Bewußtsein, daß sein Verhalten überwacht wurde, den Eindruck erwecken, tatsächlich am Verlassen des Dorfes gehindert zu sein.
Darüber hinaus hatte der Kläger ein Leben unter Bedingungen zu führen, welche denen eines Häftlings sehr nahe kamen. In diesem Zusammenhang gibt es – auch nach der zitierten Rechtsprechung des BGH – keine allgemein gültigen Maßstäbe. Eine Beurteilung ist nur auf Grund einer Gesamtwertung der Umstände des Einzelfalles möglich. Die Tatsache, daß der Kläger sich in dem Dorf Sandraschütz ebenso frei bewegen durfte wie andere Schulkinder seines Alters, steht der vom erkennenden Senat gebilligten rechtlichen Würdigung des LSG nicht entgegen. Das – ständige oder jedenfalls zeitweilige – Eingeschlossensein ist zwar grundsätzlich ein Wesensmerkmal der Haft. Sie wird jedoch nicht hierdurch allein charakterisiert. Ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen kann daher auch dann vorliegen, wenn es – bei bestehender Aufenthaltsbeschränkung – an dem Eingeschlossensein im strengen Sinne fehlt, auf der anderen Seite aber sonstige, im allgemeinen mit dem Begriff der Haft verbundene Merkmale deutlich hervortreten.
In diesem Sinne ist auch die Rechtsprechung des BGH zu § 43 BEG zu verstehen. In seiner aaO unter Nr. 27 zu § 43 BEG veröffentlichten Entscheidung hat er ua dargelegt, daß die nicht jüdische Ehefrau eines Juden, die mit diesem den Aufenthalt in einem sog. Judenhaus teilte, trotz der ihr dort verbliebenen äußeren Bewegungsfreiheit ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen geführt haben könne. Es ist hier zur Begründung in erster Linie auf die Verächtlichmachung, der sie in den Augen ihrer Mitmenschen ausgesetzt war, abgestellt. Daraus wird deutlich, daß psychische Momente bei der Beurteilung der Lebensbedingungen im Rahmen des § 43 BEG eine bedeutsame Rolle spielen.
So ist es auch in dem hier zu entscheidenden Fall. Zwar steht bei dem Kläger nicht die Diskriminierung im Vordergrund, wenngleich nicht zu verkennen ist, daß auch er einer gewissen Verächtlichmachung ausgesetzt war. In dem Dorf, in dem er sich aufhalten mußte, war er fremd. Er war zunächst in einem Heim untergebracht und durfte auch in der Folgezeit nicht bei seinen Eltern leben. Abgesehen von denjenigen Dorfbewohnern, die – wie die Zeugin M. – über Einzelheiten unterrichtet waren, mußte hieraus auch für die übrigen ersichtlich sein, daß der Kläger, der an sich nicht zu ihrer Gemeinschaft gehörte, sich offenbar etwas hatte zuschulden kommen lassen.
Darüber hinaus kam es aber in erster Linie auf eine erzieherische Einwirkung auf den Kläger an. Er sollte dem – nach damaliger Meinung – verderblichen Einfluß der Zeugen Jehovas entzogen und in die „Volksgemeinschaft” eingegliedert werden. Daß eine solche – nach objektiven Gesichtspunkten zu mißbilligende – Umerziehung beabsichtigt war und auch durchgesetzt werden sollte, ergibt sich daraus, daß der Kläger am evangelischen Gottesdienst teilnehmen mußte und sich nicht mit seinen einer angefeindeten Religionsgemeinschaft angehörenden Eltern in Verbindung setzen durfte. Dieses Verbot hat sich bei ihm so ausgewirkt, daß es ihm tatsächlich unmöglich gemacht war, zu seinen Eltern brieflich oder persönlich Verbindung aufzunehmen. Gerade bei Jugendlichen ist im Zusammenhang mit einer Freiheitsbeschränkung der Erziehungsgedanke von einer so außerordentlichen Bedeutung, daß er den anderen Wesensmerkmalen der Haft gegenüber in den Vordergrund tritt. Der Senat hat daher keine Bedenken, den Maßnahmen, die – wie hier – in verwerflicher Weise und zu einem ungerechtfertigten Zweck – auf die politische und religiöse Umerziehung eines Schulkindes gerichtet sind, im Rahmen des § 43 Abs. 3 BEG – und damit auch des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO eine entscheidende Bedeutung beizumessen. Berücksichtigt man ferner, daß die Unmöglichkeit, seine Eltern zu sehen oder ihnen zu schreiben und die damit gerade bei Kindern und Jugendlichen verbundenen psychischen Beeinträchtigungen weit über das hinausgingen, was einem Häftling im allgemeinen in dieser Hinsicht an Beschränkungen auferlegt wird, so ist es gerechtfertigt, aus den Gegebenheiten des Falles die Schlußfolgerung zu ziehen, daß der Kläger auch während seine Unterbringung bei der Zeugin M. ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen führen mußte.
Die Verpflichtung der Beklagten zur Eintragung in die Versicherungskarte folgt aus §§ 1412 Abs. 3, 1414 Abs. [xxxxx] RVO i.V.m. §§ 1 und 2 Abs. 1 Nr. 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 12. September 1961 (Bundesanzeiger 1961 Nr. 182, S. 1).
Hiernach ist die Revision unbegründet; sie muß daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Unterschriften
Schmitt, Dr. Ecker, Müller
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.06.1967 durch Mackenroth RegObSekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen