Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob das Gericht befugt ist, die aus der fehlerhaften Anerkennung eines Leidens als Schädigungsfolge sich ergebende Notwendigkeit, den Anspruch "entsprechend neu festzustellen" (BVG § 62 Abs 1 S 1), unter Heranziehung des in KOVVfG § 41 normierten Rechtsgedankens abzuwenden.
Leitsatz (redaktionell)
Die Vorschrift des BVG § 62 bietet keine Handhabe zur Korrektur fehlerhafter Vorentscheidungen. Das Gericht kann von sich aus selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen des KOVVfG § 41 in einem Klageverfahren über die Rechtmäßigkeit eines ablehnenden Bescheides keinem Gedanken an eine Berichtigungsmöglichkeit Raum geben.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1966-12-28; KOVVfG § 41 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1960-06-27
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. April 1977 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger verlangt wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse eine Neufeststellung seines Versorgungsanspruchs (§ 62 Abs 1 Satz 1 Bundesversorgungsgesetz - BVG -). Ihm gegenüber hatte das Versorgungsamt mit Bescheid vom 2. März 1951 "Bewegungsbehinderung im rechten Hüftgelenk nach Gelenkrheumatismus, hervorgerufen durch Verwundung und Erkrankung beim Wehrdienst und in Gefangenschaft" als Folge von Dienstbeschädigung anerkannt. Rente hatte es jedoch nicht bewilligt, weil die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) weniger als 25% betragen habe.
1973 machte der Kläger eine Verschlimmerung seines Kriegsleidens geltend. Die ärztlichen Sachverständigen beurteilten die Beeinträchtigung des rechten Hüftgelenks nunmehr in verschiedener Hinsicht anders als früher. Die Bewegungseinschränkung habe deutlich zugenommen, sie sei schmerzhaft und mittelgradig. Sie sei aber nicht durch Gelenkrheuma oder durch Verwundung hervorgerufen, sondern das Ergebnis einer mißgestaltenden Knorpelbildung, die auf einer Entwicklung in der Person des Erkrankten selbst und nicht auf Einwirkungen von außen zurückgehe (Chondromatosis). Dieses Anlageleiden habe sich, wie rückblickend einer Röntgenaufnahme von 1949 mit einzelnen kleinen kalkdichten Verschattungen entnommen werden könne, seit langem angebahnt. Auf den chondromatotischen und nicht auf rheumatischen Erscheinungen beruhten die damaligen Bewegungsbehinderungen. Mit der neuen Sachlage setzte sich die Versorgungsverwaltung auseinander. Sie beließ es schließlich bei der anerkannten Leidensbezeichnung "Bewegungsbehinderung im rechten Hüftgelenk nach Gelenkrheumatismus". Davon abzurücken sah sie sich außerstande, weil das frühere Anerkenntnis nicht zweifelsfrei unrichtig gewesen sei (§ 41 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung - KOVVfG -). Arthrotische Anzeichen hätten bestanden und seinerzeit Beschwerden auslösen können.
Die Chondromatose schloß die Versorgungsbehörde jedoch, weil sie konstitutionell bedingt sei, als Wehrdienstbeschädigung aus.
Die Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Aufhebung dieses Urteils und der angefochtenen Bescheide den Beklagten verurteilt, dem Kläger Beschädigtenrente nach einer MdE von 30% zu zahlen. Das Berufungsgericht hat ua ausgeführt, daß die als Schädigungsfolge iS des BVG anerkannten Funktionsstörungen der rechten Hüfte schon anfänglich nicht von der Verwundung oder dem Gelenkrheuma, sondern von der Chondromatose herrührten. Die Auswirkungen dieses inzwischen ausgedehnten Befundes hätten sich damals nur in Wetterfühligkeit gezeigt, machten sich nun aber schmerzhaft bei jeder stärkeren Belastung des Hüftgelenks durch längeres Stehen oder Gehen sowie beim Aufrichten aus dem Sitz bemerkbar. Die MdE sei dafür auf 30% zu schätzen. Zwar habe der Anerkennungsbescheid von 1951 die in Rede stehende Gesundheitsstörung als Gelenkrheumatismus bezeichnet, die falsche Diagnose falle aber nicht ins Gewicht. Damals seien bereits Erscheinungen der Chondromatose als Wehrdienstbeschädigung anerkannt worden, weil hierfür allein der objektive Befund maßgeblich gewesen sei.
Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er meint, es widerspreche dem Gedanken materieller Gerechtigkeit, wenn die Verschlimmerung eines Krankheitszustandes, der zu Unrecht als Kriegsleiden anerkannt worden sei, als weitere Schädigungsfolge zu gelten habe. Eine solche rechtliche Folgerung habe zumindest für den Fall auszuscheiden, in dem die Gesundheitsstörung als solche zweifelsfrei niemals eine Schädigungsfolge iS des BVG sein könne.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 19. April 1977 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Speyer vom 14. Mai 1976 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Die Beigeladene meint, der Entscheidung des LSG sei zu folgen, falls der Kläger im Zeitpunkt der Erteilung des Bescheids vom 2. März 1951 ausschließlich an Chondromatose erkrankt gewesen wäre. Falls indessen damals neben einer Chondromatose als weiteres Grundleiden zugleich auch ein Gelenkrheuma bestanden haben sollte, würde die Anerkennung der Schädigungsfolgen im Bescheid vom 2. März 1951 sich nicht auf die Chondromatose erstreckt haben, so daß die Verurteilung des Beklagten zur Rentengewährung auf einem Rechtsfehler beruhen würde.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Kläger kann die Neufeststellung seines Versorgungsanspruchs verlangen.
Nach § 62 Abs 1 Satz 1 BVG ist der Versorgungsanspruch neu festzustellen, wenn in den Verhältnissen, die für seine Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eintritt. Das ist der Fall, wenn sich der bei der ersten Feststellung vorhanden gewesene Leidenszustand gebessert oder verschlimmert hat; es ist somit ein Vergleich des früheren mit dem heutigen Leidenszustand vorzunehmen.
Einem Neufeststellungsanspruch steht hier nicht entgegen, daß der erste, dem Kläger 1951 erteilte Bescheid den Leistungsanspruch ablehnte. Dieser Verwaltungsakt erschöpfte sich nämlich nicht in der Ablehnung, sondern enthielt zugleich die Anerkennung eines bestimmten Leidens als durch Verwundung und Erkrankung bei Wehrdienst und in Gefangenschaft hervorgerufen. Diese Regelung wurde nicht bloß zur Begründung des ablehnenden Verwaltungsakts und somit nicht nur als von diesem mit eingeschlossen abgefaßt (zur Frage der Bindungswirkung solcher Inzidentfeststellungen: BSGE 37, 177, 180; 41, 99, 101; SozR 38 zu § 30 BVG). Davon abgesehen, erlaubt das Gesetz die selbständige Feststellung, daß eine Gesundheitsstörung Schädigungsfolge iS des § 1 BVG ist (BSGE 9, 80, 84; SozR Nr 20 zu § 77 SGG; VV Nr 7 zu § 22 KOVVfG). Es setzt ihre Möglichkeit voraus, indem es ihr eine über ihren unmittelbaren Inhalt hinausgehende Tragweite beimißt (§ 10 Absätze 1, 2, 8, § 36 Abs 1 Satz 2, § 38 Abs 1 Satz 2; BSGE 21, 167, 169; SozR Nr 84 zu § 1 BVG; SozR Nrn 15 und 17 zu § 38 BVG).
Für den nach § 62 Abs 1 Satz 1 BVG vorzunehmenden Vergleich ist auf die Verhältnisse abzuheben, die "für die Feststellung des Anspruchs auf Versorgung maßgebend gewesen sind". Dies sind die Gegebenheiten, wie sie bei Erlaß des früheren Bescheides in Wirklichkeit - objektiv - bestanden. Dagegen sind die Vorstellungen, von denen sich die Verwaltungsbehörde bei ihrer damaligen Entscheidung leiten ließ und die mit der Realität nicht voll übereinstimmten, unbeachtlich (BSGE 7, 8, 12; 13, 89, 90; 19, 77, 78 f; SozR Nr 66 zu § 1 BVG; vgl Urteil des BSG vom 23.11.1977 - 9 RV 30/77). Dem steht nicht entgegen, daß die Behörde ihre - subjektive - Ansicht vom Sachverhalt in einem Zusatz erläutert hatte, also - wie hier - ausgeführt hatte, die Gesundheitsstörung sei ein Befund "nach Gelenkrheumatismus, hervorgerufen durch Verwundung und Erkrankung beim Wehrdienst und in Gefangenschaft". Ein solcher Zusatz bedeutet keine Bedingung oder Einschränkung der abgegebenen "Anerkennung". Er ist nicht geeignet, eine Auslegung des früheren Bescheides dahin zu verbieten, daß der tatsächliche Leidenszustand, also der wirkliche Sachverhalt, grundsätzlich unwiderruflich bestätigt worden sei (BSG SozR Nr 13 zu § 38 BVG). Allerdings hatte die Behörde, wenn man dem LSG folgt, die von ihr im Bescheid angeführte Krankheitserscheinung mit unzutreffenden Ursachen und einer Fehldiagnose in Verbindung gebracht.
Das LSG hat hierzu festgestellt, eine rheumatische Erkrankung sei nicht der Grund für die Hüftgelenksveränderung des Klägers. Vielmehr beruhe diese auf einer Gelenkchondromatose, sei anlagebedingt und habe in ihren Anfängen auch schon zur Zeit des Erlasses des Erstbescheides bestanden. Auch unter Berücksichtigung dieser Tatsachenfeststellungen waren lediglich die in der Tat vorgefundenen Gesundheitsstörungen maßgebend iS des § 62 Abs 1 Satz 1 BVG, mochten die vorgefundenen Gesundheitsstörungen auch von einem Geschwulstleiden herrühren, das mit Sicherheit nicht durch Geschehnisse des Kriegsdienstes oder der Kriegsgefangenschaft beeinflußt sein konnte (BSGE 16, 253, 256). Im Gegenteil, die Anerkennung der gesundheitlichen Schädigungsfolgen erstreckt sich sogar auf das Grundleiden, von dem die in Erscheinung getretenen Gesundheitsstörungen ausgehen, hier also auf die Chondromatose (BSG SozR Nr 13 zu § 38 BVG). Dieses Grundleiden gilt somit selbst als anerkannte Schädigungsfolge.
An dieser Rechtslage geht die Argumentation des Beklagten vorbei. Er vertritt nach wie vor die Auffassung, die mangelnde Beweglichkeit im Hüftgelenk des Klägers habe 1950/51 auch auf dem Rheumaleiden und der Kriegsverwundung beruht. Erst heute seien die deutlich verstärkten Funktionsbehinderungen und Beschwerden allein mit der Chondromatose in Zusammenhang zu bringen. Vielleicht denkt der Beklagte an den Tatbestand, daß die Wesensgrundlagen des vorgefundenen Leidens sich nachträglich verschoben haben könnten, nämlich daß zu dem ursprünglichen Leidensgrund ein anderer hinzugekommen oder erst später zutage getreten sei (hierüber: BSG SozR 3200 § 81 Nr 3; auch SozR 3100 § 1 Nr 3; ferner bei unverändertem Leidensausmaß: BSGE 13, 89, 91 f). Jedenfalls hält der Beklagte seinen ursprünglichen Bescheid für sachlich korrekt. Infolgedessen sieht er sich nicht in die Lage versetzt, den Bescheid von 1951 gemäß § 41 Abs 1 KOVVfG aufzuheben. Mit dieser Erwägung kann der Beklagte dem Berufungsurteil jedoch nicht beikommen. Dort ist festgestellt, für den 1950/51 erhobenen Befund des Hüftgelenks sei ausschließlich die Chondromatose ursächlich gewesen. An diese Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden (§ 163 SGG); sie muß sich der Beklagte entgegenhalten lassen, nachdem er sie nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen hat. Er hat sich lediglich auf eine von dem Berufungsurteil abweichende Darstellung des Sachverhalts beschränkt. Das Revisionsgericht vermag aber entsprechendem Vorbringen nur aufgrund einer substantiierten Rüge der fehlerhaften Beweiswürdigung nachzugehen. Daran ändert auch nichts, daß der Sachverhalt, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, mit dem Inhalt der Akten nicht übereinstimmen dürfte. Insoweit braucht hier bloß auf das Gutachten des Prof. Dr. G vom 28. Februar 1976 hingewiesen zu werden. Dieser hat deutlich erklärt: Es bestehe eine leichte bis mäßiggradige Bewegungseinschränkung des rechten Hüftgelenks auf der Basis einer in ersten Ansätzen bereits 1949 erkennbaren Gelenkchondromatose und der zum gleichen Zeitpunkt schon vorhandenen Arthrose, die in den vergangenen 25 Jahren kaum zugenommen habe; nach der Ansicht dieses Sachverständigen soll also z.Zt. der Erstanerkennung der Status des Hüftgelenks vom Zusammenwirken zweier Grundleiden - das eine schädigungsunabhängig, das andere schädigungsbedingt - beeinträchtigt gewesen sein. Die hieraus zu ziehende versorgungsrechtliche Konsequenz hat der BMA in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 1978 zutreffend dargelegt. Entgegen dieser - von der Revision nicht vorgetragenen - rückschauenden ärztlichen Beurteilung ist hier jedoch davon auszugehen, daß die Chondromatose das Krankheitsgeschehen im rechten Hüftgelenk des Klägers von Anfang an allein bestimmt hat und damit als Schädigungsfolge - irrtümlich - anerkannt worden war.
Hinzu kommt die Feststellung, daß das Hüftgelenk des Klägers an Biegsamkeit und Wendigkeit seit 1951 wesentlich eingebüßt hat, sowie, daß der Kläger von daher jetzt erheblich mehr Schmerzen als früher ertragen muß. Diese Verschlimmerung bezieht sich nach dem vorher Gesagten unmittelbar auf die Schädigungsfolgen. Ihr hat der Versorgungsträger Rechnung zu tragen, weil darin eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 62 Abs 1 Satz 1 BVG zu erblicken ist.
Die Revision meint zu Unrecht, ein Anspruch auf Neufeststellung bestehe deshalb nicht, weil die streitigen Gesundheitsstörungen und damit auch die Verschlimmerung anlagebedingt seien; es somit an der Ursächlichkeit zwischen ihnen und dem Wehrdienst fehle. Die Ermittlung einer Verschlimmerung setzt zwar voraus, daß letztere in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Schädigung iS des BVG steht (ua BSGE 6, 88, 90 f; 21, 75). Die Kausalität ist gegeben, wenn in dem als Wehrdienstbeschädigung anerkannten Leiden selbst eine Verschlechterung eingetreten ist. Dann ist zur Ermittlung einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nicht jeweils von Grund auf neu zu prüfen, ob die Zunahme des Leidens durch den Wehrdienst hervorgerufen worden ist. Das Anerkenntnis der Gesundheitsstörungen als Dienstbeschädigung ist auch im Hinblick auf ihre Verschlimmerung wirksam, und zwar solange das Anerkenntnis nicht im Wege der Berichtigung oder Anfechtung nach den §§ 41 und 42 KOVVfG beseitigt ist. Eine Vorschrift, welche die Durchbrechung der Bindung erlaubt, ist allerdings auch § 62 BVG. Doch hat nach ihr die Bestandskraft früherer Bescheide insoweit unangetastet zu bleiben, als sie nicht von der Änderung der Verhältnisse betroffen wird. Nur in der Weise und in dem Maße, in dem sich die dem früheren Bescheid zugrundeliegende Sach- und Rechtslage gewandelt hat, darf die vorangegangene Entscheidung geändert werden. § 62 BVG bietet keine Handhabe zur Korrektur fehlerhafter Vorentscheidungen. Das bringt der Wortlaut des § 62 Abs 1 Satz 1 BVG dadurch zum Ausdruck, daß die Neufeststellung nur "entsprechend" vorgenommen werden darf (vgl zu alledem BSGE 19, 15, 16; 77, 78 f). Hieraus folgt, daß die fehlerhafte Anerkennung des Geschwulstleidens als Schädigungsfolge wegen ihrer Bindungswirkung Folgen auch in bezug auf den weiteren Verlauf des Leidens hat (BSGE 27, 22, 25). Solange diese Anerkennung nicht zurückgenommen ist, hat die spätere Entwicklung des Leidens Einfluß auf den Versorgungsanspruch (vgl für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung: BSG Urteil vom 29.1.1971 - 2 RU 161/68; anderer Ansicht für das Entschädigungsrecht: OLG Düsseldorf, RzW 1968, 506 f; 1971, 451 ff).
Der Kläger hat nach den nicht beanstandeten tatrichterlichen Feststellungen wegen der zu berücksichtigenden Verschlimmerung des anerkannten Versorgungsleidens an Erwerbsfähigkeit mehr als 5 vH eingebüßt. Dies bedeutet eine wesentliche Änderung der Verhältnisse (vgl BSG Urteil vom 23.11.1977 - 9 RV 84/76).
Der Senat hat erwogen, ob für das hier zu fällende Urteil § 41 KOVVfG bedeutsam sein könnte. Diese Vorschrift ermächtigt die zuständige Verwaltungsbehörde, mit Zustimmung des Landesversorgungsamts zuungunsten des Berechtigten Bescheide zu ändern oder aufzuheben, wenn außer Zweifel steht, daß sie im Zeitpunkt ihres Erlasses tatsächlich oder rechtlich unrichtig gewesen sind. Der Beklagte behauptet unwiderlegt, daß dieser Tatbestand insoweit gegeben sei, als wegen chondromatotischer Erscheinungen die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung niemals erfolgt und auch nicht zu rechtfertigen wäre. Ob die Behauptung des Beklagten zutrifft, müßte noch geprüft werden. Einer unmittelbaren Anwendung dieser Vorschrift im gegenwärtigen Streitfall steht indessen entgegen, daß durch sie die Verwaltungsbehörden zum Tätigwerden befugt werden, die Gerichte jedoch nicht von sich aus aufgrund dieser Gesetzesbestimmung handeln dürfen. Allerdings ist auch zu erwägen, daß hier nicht direkt in den Bestand einer hoheitlich konkretisierten Versorgungsberechtigung eingegriffen werden soll, sondern daß lediglich über eine Verschlimmerung, also über eine Rechtsfolgerung noch zu befinden ist, welche über die verbindlich gewordene Regelung hinausgeht. In bezug auf die Verschlimmerungsfrage ist eine definitive Entscheidung bislang nicht ergangen. Es soll also nicht ein Fehler der Vergangenheit berichtigt, sondern eine künftige - zweifelsfrei - unrichtige Entscheidung vermieden werden. Den gesetzgeberischen Willen zur Verhinderung solcher Unrichtigkeiten könnte man aus dem Rechtsgedanken des § 41 KOVVfG herleiten. Denn wenn der Gesetzgeber den Fortbestand unzweifelhaft falscher Entscheidungen ausgeräumt wissen will, wird er erst recht ihre Entstehung unterbinden wollen. - Gleichwohl hat der Senat diesen aus dem Grundgedanken des § 41 Abs 1 KOVVfG abgeleiteten Erwägungen keine für den Ausgang des Rechtsstreits ausschlaggebende Bedeutung beimessen können. Der Verwertung dieses Gedankengangs steht das Bedenken entgegen, daß mit ihm ein völlig veränderter rechtlicher Gesichtspunkt vom Gericht in den Prozeß eingeführt würde. Die auf § 62 Abs 1 BVG gestützte Begründung der angefochtenen Änderungsbescheide würde durch eine solche ersetzt, die auf eine völlige Rücknahme der ursprünglichen Entscheidungen abzielt. Ein solcher nachträglicher Begründungswechsel ist bisher abgelehnt (BSGE 26, 22, 26 f; SozR Nr 25 zu § 41 KOVVfG) oder gar nicht erst in Betracht gezogen worden (vgl SozR 3900 § 41 Nr 4: gegen ein "Einfrieren" der Versorgungsleistung auf einer bestimmten Höhe; vgl auch BSG Urteil vom 31.5.1978 - 5 RJ 76/76). Vor allem aber würde durch ein solches Vorgehen des Gerichts die verfahrensrechtliche Position des Versorgungsempfängers ungebührlich vernachlässigt. Die Berichtigung nach § 41 Abs 1 KOVVfG setzt die Zustimmung des Landesversorgungsamts voraus. Diese vorherige Zustimmung ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung einer Berichtigung (BSGE 16, 265 ff). Die übergeordnete Behörde soll die Entscheidung über die Rücknahme eines verbindlichen Bescheides eigenverantwortlich prüfen und beeinflussen, bevor der Bürger damit belastet wird. Auf seine Belange ist durch ein zurückhaltendes und behutsames Verwaltungshandeln Rücksicht zu nehmen. Diesem Erfordernis würde keine Rechnung getragen, wenn das Gericht in einem Klageverfahren über die Rechtmäßigkeit eines ablehnenden Änderungsbescheides (§ 62 Abs 1 BVG) von sich aus dem Gedanken an eine Berichtigung Raum gäbe. - Nach allem ist das Berufungsurteil zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen