Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschiebung von Beiträgen auf künftige Zeiten
Leitsatz (redaktionell)
Die Vorausentrichtung von freiwilligen Beiträgen ist durch die Rentenversicherungsgesetze nicht ausgeschlossen.
Ob eine "Vorausverschiebung" von Beiträgen auf Zeiten über das nächstfolgende Jahr hinaus zulässig sein kann, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Jedenfalls kann die Zulässigkeit der Vorausverschiebung nicht nach der Gültigkeitsdauer der verwendeten Beitragsmarken bestimmt werden.
Normenkette
RVO § 1410 Abs. 4 Fassung: 1957-02-23; AVG § 132 Abs. 4 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1409 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 131 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. März 1967 abgeändert. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25. November 1965 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Kosten sind der Klägerin für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin, geboren am 24. Dezember 1900, lebte bis 9. Mai 1957 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Schönebeck. Sie war von 1937 bis 1953 (im Urteil des Landessozialgerichts - LSG - heißt es offensichtlich infolge eines Schreibfehlers "bis 1958") mit Unterbrechungen als kaufmännische Angestellte - seit 1939 als Prokuristin - beschäftigt. Von 1951 bis 7. Mai 1957 unterhielt sie in Schönbeck (1951 bis 1953 neben ihrer Tätigkeit als Prokuristin) eine Schreibstube; sie entrichtete in dieser Zeit als Selbständige Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung an die Sozialversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt.
Am 9. Mai 1957 kam die Klägerin im Wege der Familienzusammenführung in die Bundesrepublik. Am 10. Mai 1957 wurde ihr vom Versicherungsamt der Stadt Hildesheim die Versicherungskarte Nr. 5 der Angestelltenversicherung ausgestellt. In dieser Karte entrichtete die Klägerin 24 freiwillige Beiträge der bis zum 31. Dezember 1956 maßgebenden Beitragsklasse XI mit dem Jahresaufdruck 57; sie entwertete diese Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1955 bis zum 31. Dezember 1956. Für die Zeit vom 1. Januar bis zum Mai 1957 entrichtete die Klägerin insgesamt fünf freiwillige Beiträge der Klasse E der ab 1. Januar 1957 geltenden Beitragsklassen mit dem Jahresaufdruck 57. Die Versicherungskarten Nr. 5 und Nr. 6 (beide enthalten in den Rentenakten der Beklagten) sind neben insgesamt vier im Lohnabzugsverfahren entrichteten Pflichtbeiträgen außerdem für die Jahre 1957 und 1958 voll mit weiteren freiwilligen Beiträgen der Klägerin belegt. Von den für 1959 (zwölf Beiträge) und 1960 (sechs Beiträge) entrichteten und entwerteten achtzehn freiwilligen Beiträgen sind von der Beklagten je neun freiwillige Beiträge für jedes dieser beiden Jahre angerechnet worden.
Auf den im Februar 1961 gestellten Antrag der Klägerin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 1961 das vorgezogene Altersruhegeld ab 1. Februar 1961. Der Bescheid enthielt den Zusatz: "Vom 1. Januar 1955 bis zum 31. Mai 1957 treffen Versicherungszeiten zusammen, von denen eine nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anzurechnen ist. Nach § 28 FRG ist in diesem Fall bei der Berechnung der Rente nur die günstigere Versicherungszeit zu berücksichtigen." Infolge eines Versehens der Beklagten - möglicherweise infolge eines Verschlüsselungsfehlers - wurden nach dem Urteil des LSG dennoch für die Zeit von Januar 1955 bis zum Mai 1957 sowohl die in der Bundesrepublik für diese Zeit entrichteten freiwilligen Beiträge als auch die in der DDR entrichteten Beiträge - diese nach Leistungsgruppe B 5 der Anlage 1 zu § 22 FRG - mit Werteinheiten angerechnet und bei der Feststellung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage der Klägerin berücksichtigt. Mit einer gegen diesen Bescheid im Januar 1962 erhobenen Klage verlangte die Klägerin eine höhere Rente, weil bei der Rentenberechnung ihre Beschäftigung unter anderem in den Jahren 1954 bis zum Mai 1957 in eine günstigere Leistungsgruppe einzustufen sei. Dieses Verfahren endete mit der Rücknahme der Klage im Oktober 1963, nachdem die Beklagte während des damaligen Berufungsverfahrens im April 1963 sich bereit erklärt hatte, die Klägerin (neben anderen Zeiten) für die Jahre 1954 bis zum Mai 1957 in die Leistungsgruppe B 4 einzustufen. Aufgrund dieser Erklärung berechnete die Beklagte die Rente sodann neu. Dabei bemerkte sie den ihr in dem Bescheid vom 29. Dezember 1961 unterlaufenen Fehler, nämlich die Anrechnung der zeitlich zusammenfallenden Versicherungszeiten in der DDR und im Bundesgebiet. Sie teilte der Klägerin in einem als "Bescheid" bezeichneten Schreiben vom 15. Mai 1964 mit, die richtig berechnete und nach dem Vierten bis Sechsten Rentenanpassungsgesetz (RAG) angepaßte Rente betrage ab 1. Januar 1964 statt 227,70 DM nur 223,30 DM monatlich; der bisherige höhere Rentenbetrag werde als "besitzgeschützt" weitergezahlt. Die Beklagte behalte sich jedoch vor, die Rente der Klägerin in Zukunft erst dann anzupassen, wenn die richtig berechnete und richtig angepaßte Rente den derzeitigen zu hohen monatlichen Zahlbetrag übersteige. Durch die Rentenanpassung nach dem Siebten RAG erhöhte sich der nach der neu berechneten - niedrigeren - Rente angepaßte Rentenzahlbetrag ab 1. Januar 1965 auf 244,20 DM.
Die Klägerin focht auch den Bescheid vom 15. Mai 1964 mit der Klage an. Sie machte geltend, die Beklagte habe entsprechend dem in dem früheren Verfahren abgeschlossenen "Vergleich" vom Oktober 1963 für die Jahre 1955, 1956 und die Monate Januar bis zum Mai 1957 bei der Rentenberechnung den der Leistungsgruppe B 4 entsprechenden höheren Jahresarbeitsverdienst zugrunde zu legen und die so errechnete Rente an den zukünftigen Rentenerhöhungen teilnehmen zu lassen, und beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15. Mai 1964 zum Erlaß eines Bescheids über ein dementsprechend höheres Altersruhegeld zu verurteilen.
Das Sozialgericht (SG) Detmold wies die Klage ab (Urteil vom 25. November 1965). Auf die Berufung der Klägerin erließ das LSG Nordrhein-Westfalen am 29. März 1967 folgendes Urteil:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des SG Detmold vom 25. November 1965 abgeändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Mai 1964 verurteilt, das der Klägerin ab 1. Februar 1961 gewährte Altersruhegeld neu zu berechnen und dabei die für die Zeit von Januar bis Mai 1957 in Mitteldeutschland entrichteten Pflichtbeiträge nach Leistungsgruppe B 4 der Anlage 1 zu § 22 FRG rentensteigernd zu berücksichtigen und darüber hinaus die für Januar bis Mai 1957 entwerteten fünf freiwilligen Beiträge der Klasse E rentensteigernd als drei freiwillige Beiträge für das Jahr 1959 und zwei freiwillige Beiträge für das Jahr 1960 neben den bisher angerechneten freiwilligen Beiträgen zusätzlich zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Es führte aus, das Altersruhegeld der Klägerin sei in dem Bescheid vom 29. Dezember 1961 unrichtig berechnet worden, weil entgegen § 28 FRG für die Zeit von Januar bis Mai 1957 sowohl die in der DDR entrichteten Pflichtbeiträge als auch die in der Bundesrepublik entrichteten freiwilligen Beiträge angerechnet worden seien; § 28 FRG betreffe entgegen der Ansicht der Klägerin nicht nur das Zusammentreffen von mehreren Fremdbeitragszeiten und fremden Beschäftigungszeiten, sondern auch das Zusammentreffen von deutschen und fremden Beitragszeiten. Da die freiwilligen Beiträge der Klägerin im Bundesgebiet zu einem günstigeren Ergebnis führten, seien die in der DDR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten nicht zu berücksichtigen. Wenn die Beklagte entgegen dieser auch in ihrem Bescheid vom 29. Dezember 1961 ausdrücklich dargelegten Rechtsauffassung dennoch bei der damaligen Berechnung beide Zeiten berücksichtigt habe, so handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 138 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), die Beklagte hätte deshalb den Bescheid von 1961 jederzeit zuungunsten der Klägerin abändern dürfen. Jedenfalls sei die Beklagte aber nicht gehindert gewesen, das irrtümlich zu hoch berechnete Altersruhegeld bei der Rentenanpassung so lange "auszusparen", bis der richtig berechnete Rentenzahlbetrag den "besitzgeschützten" irrtümlich zu hoch berechneten Betrag erreiche; durch die Bindungswirkung des Bescheides vom 29. Dezember 1961 (§ 77 SGG) werde nämlich nur der "Verfügungssatz" - hier die Gewährung des vorzeitigen Altersruhegeldes an die Klägerin ab 1. Februar 1961 in der in dem Bescheid festgesetzten Höhe - erfaßt, dagegen würden die Elemente der Rentenberechnung - hier die aufgeführten Werteinheiten - von der Bindungswirkung nicht erfaßt. Der im Oktober 1963 in dem früheren Verfahren abgeschlossene Vergleich ändere hieran nichts; nach seinem klaren Wortlaut habe er nur zum Inhalt, daß die Beklagte verpflichtet sei, bei der Rentenberechnung die aufgeführten Beitragszeiten in der DDR nach der Leistungsgruppe B 4 zu bewerten. Diese Bewertung sei auch insoweit nicht unwesentlich, als die Beklagte in jedem Falle im Hinblick auf § 28 FRG habe feststellen müssen, ob die fremden Beitragszeiten gegenüber den freiwilligen Beitragszeiten in der Bundesrepublik die günstigeren seien. Da sich bei der Neuberechnung des Altersruhegeldes in dem Bescheid vom 15. Mai 1964 ergeben habe, daß auch unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe B 4 für die Versicherungszeiten in der DDR die freiwilligen Beitragszeiten in der Bundesrepublik immer noch günstiger seien, habe die Beklagte mit Recht in dem Bescheid vom 15. Mai 1964 nur die freiwilligen Beitragszeiten in der Bundesrepublik angerechnet und damit auch nicht gegen den Vergleich vom Oktober 1963 verstoßen.
Die Beklagte habe jedoch - ebenso wie das SG - versäumt zu prüfen, ob die Fremdbeitragszeiten der Klägerin nicht dennoch anzurechnen seien, weil die Beklagte die von der Klägerin in der Bundesrepublik entrichteten und für die Monate Januar 1955 bis zum Mai 1957 entwerteten 29 freiwilligen Beiträge in beitragsfreie Räume "verschieben" müsse. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei für die Beantwortung der Frage, für welche Zeiten Beiträge, die im Rahmen der Weiterversicherung entrichtet sind, gelten sollen, in Ermangelung einer eindeutigen Willenserklärung des Versicherten sein den Umständen zu entnehmender mutmaßlicher Wille zur Zeit der Beitragsentrichtung maßgebend. Dabei komme es jedoch nur darauf an, was eine die Verhältnisse überschauende Person im Zeitpunkt der Entwertung der Beitragsmarken wissen könne. Eine solche Person hätte im Mai 1957 gewußt, daß die von der Klägerin nach dem 1. Januar 1957 verwendeten alten Beitragsmarken der Klasse XI, die bis zum 31. Dezember 1956 gegolten haben, nach Art. 2 § 49 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) innerhalb der Fristen des § 140 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nur für Zeiten vor dem 31. Dezember 1956 verwendet werden durften und daß für die Weiterversicherung ab 1. Januar 1957 neue Beitragsklassen geschaffen seien. Dementsprechend habe die Klägerin sich auch verhalten, sie habe im Mai 1957 24 Beiträge der Klasse XI für die Jahre 1955 und 1956 entwertet und für die Monate Januar bis zum Mai 1957 neue Beitragsmarken verwendet. Damit sei aber eine Verschiebung der für 1955 und 1956 verwendeten Beiträge in Zeiträume nach dem 31. Dezember 1956 ausgeschlossen. Diese Beiträge könnten auch nicht als Höherversicherungsbeiträge neben den Fremdbeiträgen angerechnet werden; die Anwendung des Art. 2 § 15 AnVNG sei durch § 28 FRG ausgeschlossen; außerdem beziehe sich Art. 2 § 15 AnVNG nur auf solche Beiträge, die tatsächlich vor dem 1. Januar 1957 entrichtet worden seien.
Dagegen seien die für Januar bis Mai 1957 entrichteten fünf freiwilligen Beiträge von der Beklagten in die Jahre 1959 und 1960 zu verlegen. Eine die Verhältnisse überschauende Person hätte nämlich im Mai 1957 gewußt, daß nach § 4 des damals geltenden Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (FremdRG) vom 7. August 1953 die bei einem Versicherungsträger in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten für die Rentenberechnung in der Bundesrepublik wie deutsche Beitragszeiten angerechnet werden, sie hätte also für den gleichen Zeitraum nicht auch noch freiwillige Beiträge in der Bundesrepublik entrichtet. Der mutmaßliche Wille der Klägerin könne also nur dahin gegangen sein, die fünf freiwilligen Beiträge der ab 1. Januar 1957 geltenden Beitragsklasse E nicht für die Monate Januar bis zum Mai 1957, sondern für ein späteres Jahr zu verwenden. Eine Vorauszahlung von Beiträgen über das Ankaufsjahr der Marken hinaus sei zulässig. Da die Beitragsmarken mit dem Aufdruck 57 jedenfalls bis Ende 1960 noch nicht für ungültig erklärt worden seien, könnten sie entsprechend dem mutmaßlichen Willen der Klägerin für noch beitragsfreie Zeiten der Jahre 1959 (drei Beiträge) und 1960 (zwei Beiträge) angerechnet werden. Damit seien dann aber die Monate Januar bis zum Mai 1957 nur noch mit den fremden Pflichtbeiträgen belegt, die Anwendung des § 28 FRG scheide dann für diesen Zeitraum aus. Vielmehr seien nach § 15 FRG diese fünf Pflichtbeiträge nach der Leistungsgruppe B 4 noch zusätzlich anzurechnen.
Beide Beteiligte legten die vom LSG zugelassene Revision ein.
Die Beklagte beantragte,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als sie das LSG verurteilt habe, das Altersruhegeld der Klägerin unter Einbeziehung von Pflichtbeiträgen nach der Leistungsgruppe B 4 der Anlage 1 zu § 22 FRG für die Zeit von Januar bis zum Mai 1957 und fünf freiwillige Beiträge der Klasse E für 1959/1960 neu zu berechnen, und die Berufung in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zur Begründung führte sie aus, eine Verschiebung von Beiträgen auf beitragsfreie Zeiten sei nach der Rechtsprechung des BSG nur zulässig, soweit es auf die Erhaltung der Anwartschaft oder auf die Berücksichtigung anwartschaftsähnlicher Zeiträume ankomme; auch sei nach dem Urteil des BSG vom 26. April 1963 (SozR Nr. 42 zu § 1264 der Reichsversicherungsordnung - RVO - aF) ein "Vorwärtsverschieben" von Beiträgen nur für einen unmittelbar anschließenden Zeitraum in Betracht zu ziehen. Da im vorliegenden Falle Anwartschaftslücken nicht bestanden hätten und das Jahr 1958, das auf das Jahr der Entrichtung der fünf fraglichen freiwilligen Beiträge der Klasse E folge, bereits voll mit Beiträgen belegt gewesen sei, habe das LSG diese nicht auf die Jahre 1959 und 1960 verschieben dürfen.
Die Klägerin beantragte für Recht zu erkennen:
Das Urteil des SG Detmold vom 25. November 1965 und das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29. März 1967 werden abgeändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Mai 1964 verurteilt, das der Klägerin ab 1. Februar 1961 gewährte Altersruhegeld neu zu berechnen und dabei 24 Beiträge der Beitragsklasse XI und fünf Beiträge der Klasse E neben den bisher angerechneten Beiträgen zusätzlich zu berücksichtigen, die so errechnete Rente an allen Rentenanpassungen in voller Höhe teilnehmen zu lassen und darüber einen Bescheid zu erteilen.
Die Beklagte hat die Kosten aller Rechtszüge zu erstatten.
Hilfsweise beantragte sie,
das Revisionsverfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 des Grundgesetzes zur Verfassungsmäßigkeit des § 28 FRG einzuholen.
Zur Begründung trug sie vor, die Klägerin habe die streitigen Beiträge unmittelbar nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik in verständlicher Unkenntnis des bundesdeutschen Sozialversicherungsrechts entrichtet. Ihr Wille sei dahin gegangen, in erster Linie die Anwartschaft zu erhalten und außerdem einen möglichst hohen Rentenanspruch zu erreichen. Nach der Verkündung des AnVNG im Februar 1957 habe selbst eine rechtskundige Person nur davon ausgehen können, daß die von der Klägerin entrichteten Beiträge als Höherversicherungsbeiträge nach Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 AnVNG zu behandeln seien. Aufgrund ihrer Fürsorgepflicht hätte die Beklagte die Klägerin darauf hinweisen müssen, daß dies nicht zutreffe. § 28 FRG betreffe überhaupt nur das Zusammentreffen von Beitragszeiten in denselben Rechtsgebieten. Die Anwendung dieser Vorschrift führe im vorliegenden Fall zu einer nachträglichen Enteignung der bis dahin von der Klägerin erworbenen Rechte gegenüber der Beklagten und bedeute einen Verstoß gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Auch Art. 3 GG sei verletzt, weil bei einem in der Bundesrepublik ansässigen Versicherten unter gleichen Voraussetzungen die für 1955 und 1956 entrichteten freiwilligen Beiträge nach Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 AnVNG rentensteigernd anzurechnen seien. Der Bescheid vom 29. Dezember 1961 sei bindend geworden, er enthalte auch keine offenbare Unrichtigkeit. In ihrem Vertrauen auf die Richtigkeit des Bescheides sei die Klägerin durch den Textzusatz zu diesen Bescheid, durch das vorausgegangene Verfahren und durch den in diesem Verfahren abgeschlossenen Vergleich bestärkt worden; spätestens bei Abschluß des Vergleichs im Oktober 1963 hätte die Beklagte ihren Fehler bemerken müssen, das Recht zur Richtigstellung des Bescheids vom 29. Dezember 1961 und zur Nichtanpassung der Rente sei bei Erlaß des Bescheids vom 15. Mai 1964 verwirkt gewesen.
Bei ordnungsgemäßer Beratung der Klägerin im Jahre 1957 durch die Beklagte wäre auch noch eine "Aufstockung" der 24 freiwilligen Beiträge der alten Beitragsklasse XI in Beiträge der ab 1. Januar 1957 geltenden Beitragsklassen möglich gewesen, die für 1955 und 1956 entwerteten Beiträge hätten dann ebenfalls auf Zeiten nach dem 31. Dezember 1956 verschoben werden können. Ein nachträgliches Aufstocken der Beiträge sei zulässig. Die Klägerin habe auch die im Jahre 1957 angekauften Marken für die Jahre 1959 und 1960 verwenden dürfen, ein "Vorwärtsverschieben" von Beiträgen sei durch das Gesetz nicht ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragte die Zurückweisung der Revision der Beklagten, die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Revision der Klägerin. Die Beklagte trug noch vor, § 28 FRG bedeute keinen "enteignungsgleichen Eingriff"; wenn im Fremdrentenrecht die Anrechnung von Fremdbeitragszeiten vorgesehen sei, so müsse dem Gesetzgeber auch das Recht eingeräumt werden, Doppelleistungen zu vermeiden, dies sei durch § 28 FRG geschehen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei bei den Rentenanpassungen auch nicht von der falschen, sondern von der richtig berechneten Rente auszugehen. Der Verpflichtung, mindestens den bisherigen Rentenzahlbetrag weiterzugewähren, sei die Beklagte nachgekommen, sie habe die frühere Rentenberechnung nicht "berichtigt". Der Bescheid vom 15. Mai 1964 entspreche einer auf dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung beruhenden Verpflichtung, es handele sich nicht um ein Recht, das die Beklagte verwirkt haben könnte.
Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
II
Beide Revisionen sind zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Die Revision der Beklagten ist auch begründet; die Revision der Klägerin dagegen ist unbegründet.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG zu Recht davon ausgegangen ist, die Beklagte habe in dem Bescheid vom 29. Dezember 1961 für die gesamte Zeit von Januar 1955 bis zum Mai 1957 sowohl die Pflichtbeitragszeiten der Klägerin in der DDR als auch die freiwilligen Beitragszeiten in der Bundesrepublik berücksichtigt, während die Beklagte in dem Bescheid vom 15. Mai 1964 angenommen hat, es seien in dem früheren Bescheid zu Unrecht (nur) "für 1955 und 1956" beide Beitragszeiten berücksichtigt worden. Jedenfalls ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin für die gesamte Zeit von Januar 1955 bis zum Mai 1957 zu den Pflichtbeiträgen in der DDR auch freiwillige Beiträge in der Bundesrepublik (nach-) entrichtet hat; es hat darüber entscheiden müssen und entschieden, ob und wie diese Zeiten für die Rente der Klägerin anzurechnen sind. Hierauf beziehen sich auch die Revisionen der Beteiligten.
1. Das LSG hat die Frage zu Recht nach § 28 FRG beurteilt. Diese Vorschrift ist anzuwenden, weil der Anspruch der Klägerin auf Altersruhegeld nach dem Recht zu beurteilen ist, das bei Eintritt des Versicherungsfalls - das ist hier der Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 AVG vorgelegen haben - gegolten hat. § 28 FRG betrifft eindeutig das Zusammentreffen von Versicherungszeiten, von denen "mindestens" eine nach dem FRG anzurechnen ist, also nicht, wie die Klägerin meint, nur das Zusammentreffen von Versicherungszeiten "aus demselben Rechtsgebiet". Bei der Klägerin treffen die Pflichtbeitragszeiten in der DDR von Januar 1955 bis zum Mai 1957, die nach § 4 FremdRG für die Rentenberechnung wie die in den Rentenversicherungen im Bundesgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten anzurechnen waren und nach § 15 FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen, mit den gleichen Zeiten zusammen, für die die Klägerin in der Bundesrepublik im Jahre 1957 freiwillige Beiträge nachentrichtet hat. Die Wirksamkeit der von der Klägerin entrichteten freiwilligen Beiträge richtet sich grundsätzlich nach dem Recht zur Zeit der Entrichtung (Urteile des BSG vom 8. Juli 1959 und 16. April 1964, BSG 10, 156, 158 und BSG 21, 17, 19). Nach Art. 2 § 49 AnVNG hat die Klägerin zwar im Mai 1957, also innerhalb der Frist des § 140 AVG, noch für die Jahre 1955 und 1956 Beiträge nach den am 31. Dezember 1956 maßgebenden Beitragsklassen nachentrichten können, sie hat dies auch getan und Beiträge der alten Beitragsklasse XI entrichtet; für die Monate Januar bis Mai 1957 hat sie freiwillige Beiträge nur in den Beitragsklassen des neuen Rechts (§ 115 AVG) entrichten dürfen, sie hat diese Beiträge auch in der neuen Beitragsklasse E entrichtet. Die für 1955 und 1956 nachentrichteten freiwilligen Beiträge haben jedoch schon bei ihrer Entrichtung nach Art. 2 § 15 AnVNG nicht als Beiträge der Höherversicherung gegolten, weil sie nicht "in" der Zeit vor dem 1. Januar 1957, sondern erst danach entrichtet worden sind. Hieran würde auch ein "Aufstocken" dieser in der alten Beitragsklasse XI entrichteten Beiträge, d. h. die hier von der Klägerin angestrebte Umwandlung in Beiträge der neuen Beitragsklasse E, nichts ändern; im übrigen können aber freiwillige Beiträge, die für bestimmte Monate rechtsgültig entrichtet sind, nachträglich überhaupt nicht "aufgestockt" werden (vgl. die Urteile des BSG vom 28. September 1966, SozR Nr. 10 zu Art. 2 § 52 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - ArVNG -; vom 22. August 1969 - 11 RA 338/64 - in Die Angestelltenversicherung 1968, 67 und vom 22. Juli 1969, SozR Nr. 38 zu Art. 2 § 42 ArVNG). Die Beiträge für Januar bis zum Mai 1957 haben keine Höherversicherungsbeiträge sein können, weil sie nicht "neben", d. h. zugleich mit einem Grundbeitrag im Sinne von § 130 Abs. 2 AVG und auch nicht in Beitragsmarken der Höherversicherung (§ 132 Abs. 1 AVG) entrichtet worden sind.
Für die Berechnung der Rente der Klägerin ist also nicht, wie sie offenbar meint, erst aufgrund von § 28 FRG die Möglichkeit entfallen, daß die Rente aus den Pflichtbeiträgen für Januar 1955 bis zum Mai 1957 in der DDR und aus den für die gleiche Zeit entrichteten freiwilligen Beiträgen - als Höherversicherungsbeiträgen - zu gewähren wäre; diese Möglichkeit hat vielmehr schon in dem Zeitpunkt der Entrichtung der freiwilligen Beiträge nicht bestanden. Der Klägerin ist durch § 28 FRG nicht eine durch Art. 14 GG geschützte "eigentumsähnliche Rechtsposition" genommen worden; einen Anspruch auf Leistungen aus den Pflichtbeiträgen in der DDR hat die Klägerin gegen die Beklagte weder in dem Zeitpunkt gehabt, in dem sie die freiwilligen Beiträge in der Bundesrepublik nachentrichtet hat, noch in dem Zeitpunkt, in dem § 28 FRG in Kraft getreten ist (1. Januar 1959), der Versicherungsfall ist damals noch nicht eingetreten gewesen. Der Klägerin ist durch § 28 FRG auch nicht eine durch Art. 14 GG geschützte "Erwerbsberechtigung" aus den Pflichtbeiträgen in der DDR genommen worden. Soweit Renten aus der Sozialversicherung überhaupt dem Schutz aus Art. 14 GG unterstehen können, bezieht sich dieser Schutz nicht auf eine bestimmte Art der Rentenberechnung; es ist auch nicht willkürlich, wenn nach § 28 FRG hier die Berücksichtigung der Pflichtbeitragszeiten in der DDR ausgeschlossen ist. Der Vorschrift des § 28 FRG liegt der Gedanke zugrunde, daß die Beklagte, die die "fremden" Beiträge nicht erhalten hat, nicht zur Gewährung von Leistungen sowohl aus den fremden als auch aus den deutschen Beiträgen verpflichtet sein soll, sondern nur die für die Klägerin günstigere Leistung zu gewähren hat; das ist ein Gesichtspunkt, der vom Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit hat berücksichtigt werden dürfen (vgl. auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BverfG - vom 16. Mai 1966, BVerfGE 20, 52, 54). § 28 FRG steht auch nicht im Widerspruch zu Art. 3 GG. Ein Zusammentreffen von Zeiten mit wirksam entrichteten Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen ist nur bei solchen Versicherten möglich, die eine oder beide Beitragszeiten in "fremden" Rechtsgebieten zurückgelegt haben, weil sowohl nach dem vor dem 1. Januar 1957 geltenden Recht der Bundesrepublik als auch nach neuem Recht freiwillige Beiträge im Wege der Weiterversicherung nur für Zeiten entrichtet werden können, in denen eine Versicherungspflicht nicht bestanden hat (§ 21 AVG aF iVm § 1244 RVO aF; § 10 AVG nF); eine "gleiche" Rechtslage hat also für Versicherte, die stets nur im Bundesgebiet ansässig gewesen sind, nicht entstehen können. Da § 28 FRG mit Vorschriften des GG nicht in Widerspruch steht, hat für das LSG kein Anlaß bestanden, das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG anzurufen.
Die Beklagte hat auch nicht ihre Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Der Beklagten hat in dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin nach dem 9. Mai 1957 Beitragsmarken erworben und für Zeiten vorher entrichtet hat, nicht bekannt sein müssen, daß und für welche Zeiten die Klägerin in der DDR pflichtversichert gewesen ist; die Beklagte ist im Regelfall weder verpflichtet noch in der Lage, im Zeitpunkt der Entrichtung von Beiträgen nachzuprüfen, wie sich diese Beiträge für einen künftigen Leistungsanspruch auswirken. Die Klägerin hat zu keiner Zeit vorgetragen, daß sie überhaupt bei der Beklagten eine Auskunft darüber, ob die in der DDR entrichteten Pflichtbeiträge als Beiträge in der Bundesrepublik gelten, erbeten hat.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1961 ist sonach rechtswidrig gewesen. Daß dieser Bescheid - wie das LSG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG angenommen hat - deshalb nicht habe bindend werden können, weil die maschinelle Rentenberechnung im Widerspruch zu dem Textzusatz in dem Bescheid durchgeführt worden sei, nach dem von den zusammentreffenden Versicherungszeiten nur die günstigere zu berücksichtigen ist, erscheint zwar bedenklich, weil die Klägerin sich wohl darauf hat verlassen dürfen, daß die Rente entsprechend dem Textzusatz berechnet worden ist und weil von einer "offenbaren", der Klägerin erkennbaren Unrichtigkeit schwerlich gesprochen werden kann, wenn die Beklagte selbst in dem ersten Streitverfahren, das die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 29. Dezember 1961 betroffen hat, sie nicht bemerkt hat. Dies kann aber dahingestellt bleiben. Auch wenn der Bescheid vom 29. Dezember 1961 nach § 77 SGG bindend geworden ist, weil die Klägerin ihre damalige Klage im Oktober 1963 zurückgenommen hat, so hat die Beklagte mit dem jetzt angefochtenen Bescheid vom 15. Mai 1964 nicht gegen die Bindungswirkung des früheren Bescheids verstoßen. Sie hat den Bescheid vom 29. Dezember 1961 für die Zeit bis Ende 1964 nämlich überhaupt nicht zuungunsten der Klägerin "berichtigt", d. h. zurückgenommen. Sie hat mit dem Bescheid vom 15. Mai 1964 zwar die Rente der Klägerin neu berechnet; hierzu ist sie aber aufgrund ihrer (der Beklagten) Erklärung vom 4. April 1963 verpflichtet gewesen, obwohl es sich dabei nicht um ein "Anerkenntnis des (damals) geltend gemachten Anspruchs" der Klägerin im Sinne von § 101 Abs. 2 SGG gehandelt hat und mindestens zweifelhaft ist, ob durch die Erklärungen der Beteiligten in dem damaligen Verfahren ein "Vergleich" im Sinne von § 101 Abs. 1 SGG zustande gekommen ist. Jedenfalls hat nämlich die Beklagte ihrer Überzeugung, daß die Tätigkeit der Klägerin in der DDR nach Anlage 1 zu § 22 FRG günstiger zu bewerten sei als dies zunächst in dem Bescheid vom 29. Dezember 1961 geschehen ist, Rechnung tragen und deshalb eine Neuberechnung der Rente vornehmen müssen. Die Beklagte hat sich jedoch mit ihrer Erklärung vom 4. April 1963 nicht zur Gewährung einer höheren Rente an die Klägerin verpflichtet, dies ist in dieser Erklärung nicht zum Ausdruck gekommen. Dieser Erklärung kommt auch nicht die Bedeutung einer selbständigen Regelung des Anspruchs der Klägerin zu (vgl. hierzu auch Urteil des BSG vom 27. März 1969, SozR Nr. 38 zu § 30 des Bundesversorgungsgesetzes für die Bedeutung der "Eingruppierung" in eine Besoldungs- oder Leistungsgruppe). Die Beklagte ist weder durch die Bindungswirkung des früheren Bescheids noch durch ihre spätere Erklärung über eine günstigere Einstufung der Tätigkeit der Klägerin gehindert gewesen, bei der Neuberechnung den Fehler, den sie bei der Berechnung in dem früheren Bescheid durch ihren Verstoß gegen § 28 FRG begangen hat, richtig zu stellen. Die Rechtslage ist hier nicht anders als in den Fällen, in denen ein Versicherter eine Neufeststellung seiner Rente begehrt, weil zB. weitere Versicherungszeiten anzurechnen seien, der Versicherungsträger diesem Begehren auch entspricht, bei der Neuberechnung die Rente aber wiederum nur in der bisherigen Höhe feststellt, weil sich ergibt, daß schon bisher wegen eines anderen Fehlers in der Rentenberechnung eine zu hohe Rente gewährt worden ist. Die Bindungswirkung des früheren Bescheids erfaßt nur die in dem "Verfügungssatz" des Bescheids enthaltene Regelung (Art, Höhe und Beginn der Rente), sie erstreckt sich nicht auf einzelne Berechnungsfaktoren; die Rente darf bei der Neuberechnung nur nicht niedriger festgestellt werden, als in dem bindend gewordenen früheren Bescheid (vgl. Urteil des BSG vom 20. April 1961, BSG 14, 154, 159). Die Beklagte hat dies in dem Bescheid vom 15. Mai 1964 auch beachtet und die Rente der Klägerin in diesem Bescheid wiederum so festgesetzt, wie sich das aus dem Bescheid vom 29. Dezember 1961 unter Berücksichtigung der Rentenanpassungen nach dem Fünften und Sechsten RAG ergeben hat. Die Erklärung der Beklagten vom 4. April 1963 ist auch insofern weiterhin von Bedeutung gewesen, als zur Entscheidung darüber, welche der beiden Versicherungszeiten zu einer der Klägerin günstigeren Rente führt, nach § 28 FRG auch die Rente der Klägerin unter Mitberücksichtigung der Pflichtbeitragszeiten in der DDR hat berechnet und hierbei für die streitigen Zeiten die Leistungsgruppe B 4 der Anlage 1 zu § 22 FRG hat zugrunde gelegt werden müssen. Die Beklagte hat sich mit ihrer Erklärung vom 4. April 1963 nicht in Widerspruch gesetzt, wenn sich diese Erklärung aus anderen Gründen für die Höhe des Rentenanspruchs der Klägerin nicht hat auswirken können.
3. Soweit sich die Beklagte in dem Bescheid vom 15. Mai 1964 vorbehalten hat, die Rente der Klägerin "in Zukunft erst dann anzupassen, wenn die richtig berechnete und angepaßte Rente den derzeitigen zu hohen monatlichen Zahlbetrag übersteigt", hat sie allerdings noch nicht über die künftige Höhe der Rente "entschieden", sie hat dies auch gar nicht tun können, weil im Mai 1964 noch nicht bekannt gewesen ist, ob und wie die Rente der Klägerin für das nächste Jahr anzupassen ist. Die Beklagte hat jedoch von ihrem Vorbehalt bei der Rentenanpassung nach dem Siebten RAG (für das Jahr 1965) Gebrauch gemacht, dieser Anpassungsbescheid ist Gegenstand des Verfahrens geworden (§ 96 SGG). Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ist davon abhängig, ob die Beklagte bei der Rentenanpassung einen falschen Berechnungsfaktor - hier die zusätzliche Anerkennung auch der Pflichtbeitragszeiten mit Werteinheiten neben den freiwilligen Beitragszeiten - hat richtigstellen dürfen. Aus den vom LSG dargelegten Gründen ist dies zu bejahen. Der Senat hält an der von ihm in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung fest, daß bei der Anpassung der Renten, die - wie die Rente der Klägerin - nach den §§ 30 ff AVG anzupassen sind (Siebtes RAG, Erster Abschnitt, § 2; ebenso die entsprechenden Vorschriften des Ersten bis Sechsten und des Achten bis Elften RAG), der Versicherungsträger an eindeutig falsch ermittelte bisherige Berechnungsfaktoren nicht gebunden ist, daß er die falschen durch die richtigen Berechnungsfaktoren ersetzen darf, jedoch in jedem Fall mindestens den bisherigen Zahlbetrag der Rente weiter gewähren muß. Da die Rente der Klägerin nach dem Siebten RAG höher gewesen ist als die Rente, die sie bis Ende Dezember 1964 erhalten hat, hat die Beklagte auch insoweit die Bindungswirkung des früheren Bescheids beachtet. Für die Begründung dieser Auffassung wird auf die Urteile des Senats vom 15. Februar 1966, BSG 24, 236 und vom 23. Mai 1967, BSG 26, 266 verwiesen. Der Senat hat sich in diesen Urteilen auch mit den von der Klägerin insoweit erhobenen Einwendungen auseinandergesetzt, die Revisionsbegründung der Klägerin gibt ihm zu einer Änderung seiner Rechtsauffassung keinen Anlaß.
4. Zu prüfen bleibt deshalb noch die Frage, ob und in welchem Umfang es zulässig ist, die von der Klägerin für die Monate Januar 1955 bis zum Mai 1957 entrichteten (entwerteten) freiwilligen Beiträge auf spätere, nicht mit Beiträgen belegte Zeiten zu "verschieben". Mit der "Verschiebung" von Beiträgen auf andere Zeiten als die, für die sie von dem Versicherten entrichtet worden sind, hat sich das BSG in verschiedenen Entscheidungen befaßt (vgl. insbesondere Urteile des 12. Senats vom 26. April 1963, SozR Nr. 4 und 5 zu § 1264 RVO aF, des 4. Senats vom 12. September 1963, SozR Nr. 18 zu Art. 2 § 42 ArVNG und vom 28. Januar 1970 - 4 RJ 63/67 - sowie des 11. Senats vom 27. September 1967, SozR Nr. 6 zu Art. 2 § 15 AnVNG). Diesen Urteilen ist im wesentlichen die auch vom erkennenden Senat geteilte Rechtsauffassung gemeinsam, daß maßgebend für die Entscheidung der Frage, für welche Zeiten im Rahmen der Weiterversicherung entrichtete Beiträge gelten sollen, zunächst eine eindeutige Willenserklärung des Versicherten ist, daß es in Ermangelung einer solchen eindeutigen Erklärung auf den mutmaßlichen Willen des Versicherten ankommt, daß dieser Wille durch Auslegung zu ermitteln ist und bei dieser Auslegung neben dem Wortlaut der Erklärung die gesamten äußeren und inneren Umstände in Betracht zu ziehen sind, die einen Schluß auf den wesentlichen Inhalt der Erklärung zulassen, daß der im Wege der Auslegung ermittelte mutmaßliche Wille des Versicherten in erster Linie auf die Erhaltung der Anwartschaft oder die Erfüllung anwartschaftsähnlicher Voraussetzungen (zB Art. 2 § 42 ArVNG) gerichtet sein wird und daß einer anderen Auslegung die Entwertungsdaten allein nicht entgegenstehen. Diese Rechtsprechung stimmt auch darin überein, daß für die Auslegung nicht Umstände herangezogen werden dürfen, die im Zeitpunkt der Beitragsentrichtung von dem Versicherten noch nicht in seine Überlegungen haben einbezogen werden können. Die Auslegung darf auch nicht einfach als mutmaßlichen Willen zugrundelegen, was objektiv dem Interesse des Versicherten entsprochen hätte (vgl. das Urteil des Senats, SozR Nr. 6 zu Art. 2 § 42 ArVNG). Mit gutem Grund hat die Rechtsprechung des BSG bisher das Verschieben von Beiträgen nur zugelassen in Fällen, in denen es sich um die Erhaltung der Anwartschaft oder um die Berücksichtigung anwartschaftsähnlicher Zeiträume gehandelt hat, dabei hat es sich meist um eine "Beitragsverschiebung" in Zeiten gehandelt, die vor dem Datum der Entwertung liegen; in solchen Fällen läßt nämlich in der Regel auch das Verhalten des Versicherten bei der Beitragsentrichtung in vorausgegangenen Jahren Schlüsse auf seinen mutmaßlicher Willen zu. Wesentlich schwieriger läßt sich dagegen der mutmaßliche Wille des Versicherten dann feststellen, wenn es darum geht, ob Beiträge entgegen der von dem Versicherten vorgenommenen Entwertung auf künftige Zeiten "verschoben" werden dürfen. Soweit dies bisher für zulässig gehalten worden ist (vgl. SozR Nr. 5 zu § 1264 RVO aF, SozR Nr. 18 zu Art. 2 § 42 ArVNG, Urteil des 4. Senats vom 28. Januar 1970 - 4 RJ 63/67 -), hat es sich immer auch um die Erhaltung der Anwartschaft oder die Erfüllung anwartschaftsähnlicher Voraussetzungen gehandelt; dabei ist auch darauf abgehoben worden, ob sich aus den im Zeitpunkt der Beitragsentrichtung gegebenen Umständen ein hinreichend sicherer Schluß darauf ziehen läßt, daß von dem Versicherten nur ein bestimmter (künftiger) anderer Beitragszeitraum gemeint sein konnte und gemeint war; die Beitragsverschiebung in die Zukunft ist in dem Urteil SozR Nr. 5 zu § 1264 RVO aF schließlich auch nur "jedenfalls" (allerdings nicht, wie die Beklagte meint, "nur") für einen Zeitraum bejaht worden, der sich "unmittelbar" an die Zeiten, für die freiwilligen Beiträge entrichtet worden sind, angeschlossen hat.
Geht man von diesen rechtlichen Gesichtspunkten aus, so ist es nicht zu beanstanden, daß das LSG der Auffassung gewesen ist, es ergebe sich kein Anhalt für die Annahme, der Wille der Klägerin bei der Nachentrichtung der freiwilligen Beiträge für die Jahre 1955 und 1956 habe einen anderen Inhalt gehabt als den, den sie durch die Entwertung zum Ausdruck gebracht habe. Das LSG hat dies zutreffend daraus geschlossen, daß die Klägerin diese Beiträge im Mai 1957 in der alten Beitragsklasse XI entrichtet hat, was nach dem 1. Januar 1957 nur noch für Beitragszeiten vor dem 1. Januar 1957 zulässig gewesen ist, während sie gleichzeitig oder jedenfalls im Laufe des Jahres 1957 der Rechtslage entsprechend für die Monate Januar bis Mai 1957 Beiträge einer nur noch für die Weiterversicherung ab 1. Januar 1957 zulässigen neuen Beitragsklasse (E) verwendet hat. An dem Inhalt der von der Klägerin damit abgegebenen Erklärung könnte sich auch nichts dadurch ändern, wenn sie möglicherweise damals nicht gewußt hätte, daß die von ihr in der DDR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten als Versicherungszeiten in der Bundesrepublik anzurechnen sind; es würde insoweit allenfalls ein Irrtum im Motiv vorliegen, der die Wirksamkeit der Beiträge für die Zeit, für die sie von der Klägerin entwertet worden sind, nicht beeinflussen könnte.
5. Entgegen der Auffassung des LSG ist aber auch eine "Verschiebung" der für die Monate Januar bis Mai 1957 entrichteten Beiträge auf nicht mit Beiträgen belegte Zeiten der Jahre 1959 und 1960 nicht möglich. Es trifft zwar zu, daß die Vorausentrichtung von freiwilligen Beiträgen durch die Rentenversicherungsgesetze nicht ausgeschlossen ist (so auch Hanow-Lehmann-Bogs, RVO, 1969, Anm. 14 zu § 1418). Der Senat hält es auch für gerechtfertigt, daß der 4. Senat in dem Urteil SozR Nr. 5 zu § 1264 RVO aF die "Vorausverschiebung" von Beiträgen auf einen unmittelbar anschließenden Zeitraum als dem mutmaßlichen Willen des Versicherten entsprechend angesehen hat, weil in jenem Falle bei anderer Auslegung die Voraussetzungen für die Erhaltung der Anwartschaft nicht gegeben gewesen wären, der Versicherte auch bis zu dem Zeitpunkt der Entrichtung der streitigen Beiträge stets mindestens die für die Erhaltung der Anwartschaft erforderlichen Beiträge geleistet hat, insbesondere aber der Zeitraum, der für die Vorausentrichtung überhaupt in Betracht zu ziehen gewesen ist, nämlich das nächstfolgende, nicht mit Beiträgen belegte Jahr, eindeutig bestimmbar gewesen ist. Ob eine "Vorausverschiebung" von Beiträgen auf Zeiten über das nächstfolgende Jahr hinaus zulässig sein kann, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Jedenfalls kann dem LSG nicht gefolgt werden, wenn es die Zulässigkeit der Vorausverschiebung nach der Gültigkeitsdauer der verwendeten Beitragsmarken bestimmt hat. Die Vorschrift des § 132 Abs. 4 AVG, die den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ermächtigt, durch allgemeine Verwaltungsvorschriften die Unterscheidungsmerkmale der Beitragsmarken sowie den Zeitabschnitt, für den sie ausgegeben werden sollen, und ihre Gültigkeitsdauer zu bestimmen, besagt nur, daß bereits angekaufte und noch nicht verwendete Beitragsmarken bis zu einer (bisher nicht erfolgten) formellen Ungültigkeitserklärung sowohl im Rahmen der Nachentrichtung von Beiträgen als auch für einen Zeitraum nach Ablauf des Ausgabejahres rechtswirksam verwendet werden können (vgl. Verbandskommentar, Anm. 6 zu § 1410 RVO = § 132 AVG), sie besagt aber nichts darüber, ob und gegebenenfalls in welchem zeitlichen Rahmen Beiträge, die für einen bestimmten Zeitraum verwendet sind, als Beiträge für einen künftigen Zeitraum angesehen werden dürfen. Eine "Vorausverschiebung" der für Januar bis zum Mai 1957 entwerteten freiwilligen Beiträge in die Jahre 1959 und 1960 hält der Senat hier jedenfalls deshalb nicht für zulässig, weil die Klägerin eindeutig bestrebt gewesen ist, für die Jahre 1955, 1956, 1957 und 1958 jeweils die mögliche Höchstzahl von Beiträgen zu entrichten; diesen Willen hat sie auch noch für das Jahr 1959 bekundet; sie hat auch für dieses Jahrzwölf freiwillige Beiträge entwertet, wobei es für die Ermittlung ihres mutmaßlichen Willens nicht erheblich ist, daß die Beklagte (vgl. das Einlegeblatt in der Versicherungskarte Nr. 6) wegen der Möglichkeit einer Vergleichsberechnung nach Art. 2 § 42 ArVNG drei der für 1959 entwerteten Beiträge für 1960 angerechnet hat. Nach den Umständen des vorliegenden Falles fehlt jeder Anhalt dafür, daß die Klägerin bei der Entrichtung der fünf Beiträge für Januar bis zum Mai 1957 den Willen gehabt haben könnte, daß diese Beiträge nicht für den Zeitraum angerechnet werden sollen, für den sie entwertet worden sind; noch weniger läßt sich erkennen, daß die Klägerin diese Beiträge für bestimmte Zeiten in den Jahren 1959 und 1960 hätte entrichten wollen. Das LSG hat keine Tatsachen festgestellt, die den von ihm gezogenen Schluß rechtfertigen. Es hat vielmehr die Erklärung der Klägerin, wie sie durch die Entwertung der freiwilligen Beiträge für Januar bis zum Mai 1957 zum Ausdruck gekommen ist, anders ausgelegt, als sie bei Würdigung aller Umstände hat ausgelegt werden dürfen. Wie der Senat bereits in dem Urteil SozR Nr. 6 zu Art. 2 § 15 AnVNG dargelegt hat, beruht die Ermittlung des rechtlich bedeutsamen Inhalts einer Erklärung im Wege der Auslegung auf der Anwendung von Rechtsvorschriften, die Auslegung einer Erklärung durch das LSG unterliegt deshalb der Nachprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. auch SozR Nr. 5 zu § 1264 RVO aF).
6. Da die freiwilligen Beiträge, die von der Klägerin für die Monate Januar bis Mai 1957 entrichtet worden sind, nicht auf die Jahre 1959 und 1960 "verschoben" werden dürfen, fällt auch diese Versicherungszeit mit einer in der DDR zurückgelegten Pflichtbeitragszeit zusammen; auch für diesen Zeitraum hat die Beklagte in dem Bescheid vom 15. Mai 1964 zu Recht nur die freiwilligen Beiträge - als die für die Klägerin günstigeren - angerechnet. Auf die Revision der Beklagten ist deshalb das Urteil des LSG abzuändern; die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG ist auch insoweit, als das Urteil des SG die Anrechnung der Versicherungszeiten von Januar bis zum Mai 1957 betrifft, unbegründet und damit in vollem Umfang zurückzuweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dagegen ist die Revision der Klägerin gegen das Urteil des LSG unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen