Entscheidungsstichwort (Thema)
Weg zum Ort der Tätigkeit vom dritten Ort. Weg zum Ort der Tätigkeit vom Arzt. Rückweg zum Ort der Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zum Versicherungsschutz nach § 550 Abs 1 RVO auf dem Wege von einer ärztlichen Behandlung zur Arbeitsaufnahme am Ort der Tätigkeit.
Orientierungssatz
Für die Beurteilung des Unfallversicherungsschutzes bei Wegen, deren Ausgangs- oder Endpunkt sich nicht mit dem Wohnbereich des Beschäftigten deckt ist der Länge des Weges nicht die allein entscheidende Bedeutung beizumessen (vgl BSG vom 19.10.1982 - 2 RU 7/81 = HVGBG RdSchr VB 1/83). Vor allem ist auch eine Begrenzung allein nach einem bestimmten Vielfachen der regelmäßig vom häuslichen Bereich zum Ort der Tätigkeit zurückgelegten Wegstrecke kein geeignetes Kriterium. Ausschlaggebend für die Beurteilung ist vielmehr, ob der nicht zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurückgelegte Weg sich unter Berücksichtigung aller Umstände von dem üblichen Weg nach und von der Arbeitsstätte so erheblich unterscheidet, daß er nicht von dem Vorhaben des Beschäftigten geprägt ist, sich zur Arbeit zu begeben oder von dieser zurückzukehren.
Normenkette
RVO § 550 Abs 1
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 01.10.1985; Aktenzeichen L 5 U 22/85) |
SG Dortmund (Entscheidung vom 05.12.1984; Aktenzeichen S 17 U 417/83) |
Tatbestand
Die während des Revisionsverfahrens verstorbene Klägerin zu 1) war die Witwe und der am 21. Dezember 1961 geborene Kläger zu 2) ist der Sohn des am 27. Juni 1983 bei einem Verkehrsunfall tödlich verletzten neutralen Koksprobenehmers W E. Dieser war bei der V in D beschäftigt. Er hatte im wesentlichen im Bezirk der Bergbau AG Westfalen, der sich auf die Bereiche zwischen Datteln und Hamm sowie zwischen diesen Orten und Dortmund erstreckte, bei Kokereien und Zechen Koksproben für Untersuchungszwecke zu entnehmen. Er betreute seinen Bezirk von seinem Wohnsitz K aus.
Am 27. Juni 1983 fuhr der Versicherte gegen 7.oo Uhr mit seinem Personenkraftwagen (Pkw) von seiner Wohnung zur Fachklinik H in M-H. Dort ließ er sich während der ambulanten Sprechstunde wegen einer Hauterkrankung am rechten Augenlid ärztlich behandeln. Er war zu diesem Zweck von dem Leiter der Geschäftsstelle "Neutrale Probenahme" in E für den Vormittag des 27. Juni 1983 beurlaubt worden. Für 13.oo Uhr desselben Tages war er mit dem Bezirksprobenehmer zu einem gemeinsamen Arbeitsbesuch bei der Zeche H-R in H-P verabredet. Auf der Fahrt von M-H in Richtung Süden stieß der Pkw des Versicherten gegen 12.15 Uhr auf der Bundesstraße 54 zwischen H und R mit einem entgegenkommenden Kraftfahrzeug, das von seiner Fahrbahn abgekommen war, zusammen. Der Versicherte verstarb an den durch den Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen.
Die Beklagte lehnte die Gewährung einer Entschädigung ab (Bescheide vom 15. August 1983). Sie hielt den Weg von der Klinik zur Aufnahme der Arbeit für unversichert, da es sich um eine dem eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzurechnende Fahrt gehandelt habe.
Die Widersprüche blieben ohne Erfolg (Bescheide vom 24. November 1983).
Das Sozialgericht (SG) hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Tod des verstorbenen Versicherten als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen (Urteil vom 5. Dezember 1984), da der Versicherte bei der Fahrt von der Klinik aus innerhalb seines Arbeitsgebietes auf einem Betriebsweg verunglückt sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, soweit sie das Sterbegeld, die Überbrückungshilfe und die Überführungskosten betroffen hat, im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 11. Oktober 1986). Es hat zur Begründung ua ausgeführt: Der Versicherte habe sich am Unfalltag auf einem mit seiner Tätigkeit als Probenehmer zusammenhängenden Weg nach dem Ort der Tätigkeit iS des § 550 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) befunden. Werde der Weg zur Arbeit von einem dritten Ort aus angetreten, so sei für die Frage des Versicherungsschutzes ausschlaggebend, ob der zurückgelegte Weg sich unter Berücksichtigung aller Umstände von dem üblichen Weg so erheblich unterscheide, daß er nicht von dem Vorhaben des Versicherten geprägt sei, sich zur Arbeit zu begeben. Nach seiner Länge und Dauer sei der nach der Straßenkarte knapp 50 km betragende Weg von M-H nach H-P gegenüber dem durchschnittlichen Weg zur Arbeit von etwa 20 km nicht so wesentlich verschieden, daß er zu ihm nicht in einem angemessenen Verhältnis stünde. Der Länge des Weges komme im übrigen nicht die allein entscheidende Bedeutung zu.
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und ua wie folgt begründet: Soweit das LSG die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen habe, unterliege es der Aufhebung, da das LSG über etwas entschieden habe, was von den Klägern nicht beantragt gewesen sei und worüber ohne nähere Sachaufklärung auch nicht hätte entschieden werden können. Das SG habe in seinem Urteil die Beklagte lediglich verurteilt, mit einem neuen Bescheid den Tod des verstorbenen Versicherten als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Das SG habe also ein Grundurteil iS des § 130 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erlassen. Ohne nähere Sachaufklärung hätte das LSG die Beklagte nicht zur Gewährung von konkreten Leistungen verurteilen dürfen, die den Klägern möglicherweise gar nicht zustehen.
Das LSG sei zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß sich der Versicherte am 27. Juni 1983 bei der Fahrt von der ärztlichen Untersuchung auf einem Weg nach dem Ort der Tätigkeit iS des § 550 Abs 1 RVO befunden habe. Die Fahrt des Versicherten zur Fachklinik habe jedoch nicht unter Versicherungsschutz gestanden. Hieraus ergebe sich, daß auch der Rückweg von der ärztlichen Untersuchung grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzurechnen gewesen sei. Nach den Feststellungen des LSG habe der Verunglückte insbesondere an der Unfallstelle die nach dem Ort der beabsichtigten Tätigkeit führende Wegstrecke bei weitem noch nicht erreicht. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Versicherte zunächst nach K oder - wegen der zeitlichen Verzögerung in der Klinik - gleich nach H-P fahren wollte, da dieser Ort in Richtung K liege. Zwar treffe es zu, daß der Weg zum Ort der Tätigkeit nicht unbedingt von der eigenen Wohnung aus angetreten werden müsse. Dieser Weg dürfe jedoch zu dem normalen Arbeitsweg nicht außer Verhältnis stehen. Eine Verlängerung von 10 km auf 50 km bedeute jedoch eine Verfünffachung der Unfallgefahren. Falls es auf die Ermittlung des durchschnittlichen Weges ankommen sollte, dann müsse als Verstoß gegen § 103 SGG gerügt werden, daß das LSG nicht ermittelt habe, ob es sich bei den Fahrten nach E und zur G-M-H um Einsatzorte des Versicherten gehandelt habe, oder ob diese Orte aus anderen Gründen - eventuell zu Dienstbesprechungen - aufgesucht wurden und in welcher Entfernung die G-M-H gelegen sei. Die Schwierigkeiten der Ermittlung der durchschnittlichen Entfernung entfielen jedoch, wenn nicht von einem hypothetischen Durchschnittswert, sondern von der konkreten Entfernung ausgegangen werde, die zwischen der Wohnung des Verunglückten und dem Einsatzort am Unfalltag liege. Ihre - der Beklagten - Auffassung rechtfertige sich auch aus dem Grundsatz der Einheit des Weges. Dieser besage, daß dann, wenn der Hinweg unter Versicherungsschutz stehe, im Zweifelsfalle auch der Rückweg unter Versicherungsschutz stehe. Im umgekehrten Falle könne nichts anderes gelten.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. Oktober 1985 sowie das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 5. Dezember 1984 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
Durch den während des Revisionsverfahrens eingetretenen Tod der Klägerin zu 1) ist eine Unterbrechung des Verfahrens nicht eingetreten, da die Klägerin zu 1) durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war (s § 202 SGG iVm § 246 Abs 1 ZPO; BSG SozR 1750 § 246 Nr 1). Mangels eines Antrags war das Verfahren auch nicht auszusetzen.
Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht als unzulässig verworfen, soweit sie Sterbegeld, Überführungskosten und Überbrückungshilfe betroffen hat. Das SG hat die Beklagte verurteilt, den Tod des Versicherten als Arbeitsunfall anzuerkennen "und zu entschädigen". Die Entschädigung bei Tod des Verletzten umfaßt nach § 589 Abs 1 Nr 1 und 2 RVO das Sterbegeld und die Kosten für eine Überführung. Im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG am 1. Oktober 1985 war für die ersten drei Monate nach dem Tode außerdem Überbrückungshilfe zu zahlen (s § 589 Abs 1 Nr 4 und § 591 RVO idF bis zum 31. Dezember 1985). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für alle diese drei Leistungen die Berufung ausgeschlossen (s ua BSG SozR 1500 § 144 Nr 2, 4). Da es ausreicht, daß die Wahrscheinlichkeit von Leistungsansprüchen besteht, hat entgegen der Auffassung der Revision auch kein Mangel des Verfahrens vor dem SG vorgelegen, weil das SG insoweit keine weiteren Ermittlungen angestellt hat. Zivilrechtliche Ansprüche gegen den anderen am Unfall beteiligten Pkw-Fahrer stehen diesen Ansprüchen nicht entgegen. Das SG war auch nicht verpflichtet, noch näher zu prüfen, ob die Kläger auch Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) haben, da diese bei Arbeitsunfällen nach dem 8. Mai 1945 Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht dem Grunde nach ausschließen (s § 54, § 36 Abs 4 und § 37 BVG sowie § 589 Abs 1 Nr 1 iVm § 203 RVO).
Die Revision ist auch unbegründet, soweit sie die Gewährung von Rente an die Kläger betrifft.
Der Senat hat insoweit in der Sache selbst zu entscheiden, da die Rüge der Revision, die Versorgungsverwaltung hätte vom LSG notwendig beigeladen werden müssen, unbegründet ist (s § 170 Abs 3 SGG).
Als Arbeitsunfall gilt auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 Abs 1 RVO).
Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist der Versicherte auf dem Weg von der Fachklinik H zur Aufnahme einer mit seinem Beschäftigungsverhältnis im inneren Zusammenhang stehenden Tätigkeit verunglückt. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Fahrten des Versicherten zu den verschiedenen Einsatzorten seines Bezirkes - wie das SG meint - unmittelbar der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmte Verrichtungen und damit in unmittelbarer Ausübung der versicherten Tätigkeit durchgeführte Betriebsfahrten gewesen sind (s ua BSG SozR 2200 § 548 Nr 63; s auch BSG Urteil vom 31. Januar 1984 - 2 RU 15/83 - USK 8469) oder aber - wovon das LSG ausgeht - jedenfalls die Fahrt von der Klinik, die außerhalb des Bezirkes des Versicherten begonnen hatte, eine Fahrt nach dem Ort der Tätigkeit iS des § 550 Abs 1 RVO gewesen ist (s BSG Urteil vom 21. September 1967 - 2 RU 248/66 -). Nach beiden Auffassungen hat Versicherungsschutz bestanden. Befand sich der Versicherte auf einer Dienstfahrt, so bestand Versicherungsschutz nach § 548 Abs 1 Satz 1 iVm § 539 Abs 1 Nr 1 RVO unabhängig davon, von welchem Ort er die Fahrt begonnen hatte (s BSG Urteil vom 31. Januar 1984 - 2 RU 15/83 - USK 8469).
Aber auch der Versicherungsschutz nach § 550 Abs 1 RVO setzt - wie das LSG zutreffend entschieden hat und auch die Revision nicht verkennt - nicht voraus, daß der Weg zum Ort der Tätigkeit - hier die Zeche H-R in H-P- von der Wohnung des Versicherten aus angetreten wird (s ua BSGE 1, 171, 172; 32, 38, 41; BSG Urteil vom 5. August 1987 - 9b RU 28/86 -; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl, S 485r mwN). Die Dauer des Aufenthaltes an dem anderen Ort muß jedoch so erheblich sein, daß der vorangegangene Weg eine selbständige Bedeutung erlangt und deshalb nicht in einem rechtlich erheblichen Zusammenhang mit der bevorstehenden Aufnahme der Arbeit an der Arbeitsstätte steht (BSG SozR Nrn 34, 54, 56 zu § 543 RVO aF; BSG Urteil vom 19. Oktober 1982 - 2 RU 7/81 - NJW 1983, 2286 -; Brackmann aaO Seite 485r I). Das war hier nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG der Fall. Der Versicherte hatte sich für den gesamten Vormittag des 27. Juni 1983 beurlauben lassen. Er fuhr um 7.oo Uhr zu der Klinik und verunglückte nach Beendigung der Behandlung gegen 12.15 Uhr. Der Aufenthalt in der Klinik war somit auch in zeitlicher Hinsicht erheblich. Jedoch genügt es nach der Rechtsprechung des Senats zur Begründung des Versicherungsschutzes nicht allein, daß der Ort der Tätigkeit Ausgangs- oder Endpunkt des Weges ist. § 550 Abs 1 RVO setzt vielmehr einen inneren Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit und der Tätigkeit im Unternehmen voraus, so daß nach dieser Vorschrift nicht schon ohne weiteres Versicherungsschutz besteht, wenn der Weg zum Ort der Tätigkeit führt oder von ihm ausgeht. Ist nicht die eigene Wohnung der andere Endpunkt des nach oder von dem Ort der Tätigkeit angetretenen Weges, wird sich im allgemeinen eher als im Regelfall und mit zunehmender Entfernung verstärkt die Frage nach dem inneren Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit stellen. Auf dem Wege von der eigenen Wohnung zur Arbeitsstätte wird grundsätzlich ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit der Versicherten Tätigkeit angenommen, weil der Versicherte diesen Weg wegen seiner Tätigkeit im Unternehmen zurücklegen muß, obwohl dieser Weg dem Versicherten regelmäßig zugleich dazu dient, den seinen persönlichen Interessen dienenden privaten Bereich zu verlassen. Entscheidend für den Versicherungsschutz nach § 550 Abs 1 RVO ist es nach der Rechtsprechung des Senats, ob der Weg zu der Arbeitsstätte von einem anderen Ort als der eigenen Wohnung rechtlich wesentlich von dem Vorhaben des Versicherten bestimmt war, die versicherte Tätigkeit am Ort der Tätigkeit aufzunehmen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen und deshalb für das BSG bindenden Feststellungen im angefochtenen Urteil (§ 163 SGG) wollte der Versicherte von der Klinik aus direkt die Zeche H-R in H-P zur Ausübung seiner versicherten Tätigkeit aufsuchen. Die Umstände des Falles rechtfertigen es auch nicht, den Versicherungsschutz deshalb zu versagen, weil die Klinik von der Zeche H-R knapp 50 km entfernt lag, während die Entfernung zwischen dieser Zeche und der Wohnung des Versicherten nur etwa 10 km betragen hätten. § 550 Abs 1 RVO setzt keine allein durch die Entfernung zum Ort der Tätigkeit bestimmte Grenze für den Versicherungsschutz auf dem Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit. Entscheidend ist auch insofern, ob ein innerer Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit besteht. Der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit wurde zwar verneint, wenn der Weg von einem anderen Ort als der eigenen Wohnung nach der Verkehrsanschauung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg des Versicherten nach und von dem Ort der Tätigkeit steht (s BSGE 22, 60, 62; BSG Urteil vom 19. Oktober 1982 - 2 RU 7/81 - aaO; Brackmann aaO Seite 485r II mwN). Diese vom erkennenden Senat bei Wegen, deren Ausgangs- oder Endpunkt sich nicht mit dem Wohnbereich des Beschäftigten deckt, getroffene Einschränkung wird aus dem Erfordernis des inneren Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit im Unternehmen abgeleitet. Wie grundsätzlich bei der Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der zum Unfall führenden Verrichtung und der versicherten Tätigkeit sind jedoch die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles als maßgebend anzusehen. Der Senat hat demnach entgegen der Auffassung von Benz (BG 1977, 32, 33, 36/37) auch der Länge des Weges die ihr zukommende Bedeutung (s Brackmann aaO Seite 485s), aber ihr nicht die allein entscheidende Bedeutung beigemessen (s ua BSG Urteil vom 30. August 1963 - 2 RU 147/60 - und vom 19. Oktober 1982 aaO; Brackmann aaO Seite 485s; s zum Umweg ua zuletzt BSG Urteil vom 30. April 1986 - 2 RU 44/85 -). Vor allem ist auch eine Begrenzung allein nach einem bestimmten Vielfachen der regelmäßig vom häuslichen Bereich zum Ort der Tätigkeit zurückgelegten Wegstrecke kein geeignetes Kriterium, weil es dem nahe zum Ort der Tätigkeit wohnenden und in der Regel nur ein geringes Wegeunfallrisiko tragenden Versicherten unfallversicherungsrechtlich nicht vertretbar benachteiligen würde gegenüber dem weit von dem Ort der Tätigkeit wohnhaften Versicherten, der schon in der Regel ein wesentlich höheres Wegeunfallrisiko trägt und dann außerdem einen um ein entsprechendes Vielfaches weiteren dritten Ort als Grenzpunkt des Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit wählen dürfte. Ausschlaggebend für die Beurteilung ist vielmehr, ob der nicht zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurückgelegte Weg sich unter Berücksichtigung aller Umstände von dem üblichen Weg nach und von der Arbeitsstätte so erheblich unterscheidet, daß er nicht von dem Vorhaben des Beschäftigten geprägt ist, sich zur Arbeit zu begeben oder von dieser zurückzukehren. Der erkennende Senat hat darauf hingewiesen (BSGE 22, 60, 62; BSG Urteil vom 19. Oktober 1982 aaO), daß dies vorbehaltlich der Lage des Einzelfalles vor allem für Wege mit ungewöhnlichen Entfernungen, insbesondere bei Erholungsfahrten in eine andere Ortschaft und von dort unmittelbar zurück zur Arbeitsstätte anzunehmen sein wird. Hier lagen die Verhältnisse aber anders. Der Versicherte hatte sich einer ärztlichen Behandlung in einer Fachklinik unterzogen und wollte von dort direkt zur Arbeitsaufnahme fahren. Der um rund 40 km längere Weg war bei den heutigen Straßenverhältnissen für einen Autofahrer weder ungewöhnlich lang, noch unterschied er sich bei der Zurücklegung mit dem Kraftwagen hinsichtlich seiner Dauer so erheblich von dem Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte, daß deshalb das Vorhaben, sich nach dem notwendigen Besuch in der Fachklinik unmittelbar zum Ort der versicherten Tätigkeit zu begeben, nicht als rechtlich wesentlich für die Wahl des weiteren Weges angesehen werden könnte. Bereits in seinem Urteil vom 11. Oktober 1973 (2 RU 1/73) hat der Senat den Versicherungsschutz nicht schon allein deshalb verneint, weil die Wohnung des Verletzten 2 km, der Ort, von dem aus sie am Unfalltag den Weg zu ihrer Arbeitsstätte antrat, dagegen 22 km von dieser entfernt lag. Der Senat hat es vielmehr auch als wesentlich angesehen, daß die Verletzte auf dem Weg von einem Urlaub zur Arbeitsstätte verunglückte (s auch BSG Urteil vom 20. April 1978 - 2 RU 1/77 -). Entsprechendes gilt für das Urteil des Senats vom 30. Juli 1971 (2 RU 229/78) zur Fahrt von einem Urlaub in Lübeck zur Aufnahme der Arbeit in Hamburg. Der dem zuletzt angeführten Urteil zugrundeliegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Vielmehr ist hier zu berücksichtigen, daß der Versicherte bei seinen gewöhnlichen Fahrten zur Probeentnahme von seiner Wohnung aus zum Einsatzort auch Wegstrecken zurücklegen mußte, die mehr als die Hälfte der Entfernung zwischen der Klinik und dem am Unfalltag vorgesehenen Arbeitsort betrugen. Eine vor allem allein aus der unterschiedlichen Entfernung ermittelte - hier - Verfünffachung der Unfallgefahren hat der Senat auch in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht als entscheidend dafür angesehen, den Unfallversicherungsschutz zu verneinen, wie das bereits zitierte Urteil vom 11. Oktober 1973 (aaO) zeigt, dem ein Fall zugrunde lag, der - nach der rechnungsweise der Revision - eine um mehr als das Zehnfache erhöhte Unfallgefahr ergeben hätte. Es kann dahinstehen, ob längere Wegestrecken - wovon die Revision ausgeht - versicherungsrechtlich stets mit einer gleich starken Erhöhung der Unfallgefahr gleichgesetzt werden darf. Die Auffassung der Revision, unabhängig von der Entfernung des dritten Ortes, den Versicherungsschutz auf dem Weg von dem dritten Ort erst beginnen zu lassen, wenn die Wegstrecke erreicht ist, die vom häuslichen Bereich aus zum Ort der Tätigkeit führt, würde nicht nur dazu führen, daß selbst von einem näher als die Wohnung zur Arbeitsstätte liegenden Ort kein Versicherungsschutz bestehen würde, wenn die Wegstrecke vom - näher gelegenen - dritten Ort sich mit dem Weg von der Wohnung zum Ort der Tätigkeit überhaupt nicht deckt. Diese von der Revision angenommene Abgrenzung würde vielmehr grundsätzlich der von ihr zunächst selbst für zutreffend angesehenen Auslegung des § 550 Abs 1 RVO widersprechen, daß Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift nicht nur auf dem Weg zum Ort der Tätigkeit besteht, der von der Wohnung aus angetreten wird.
Dem Versicherungsschutz steht auch nicht, wie die Revision meint, entgegen, daß nach der Rechtsprechung des BSG eine andere Stelle als die Wohnung dann nicht den zweiten Grenzpunkt des Weges iS des § 550 Abs 1 RVO bildet, wenn der Versicherte von dort aus nur den Rückweg von einer Verrichtung, die nicht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand, zum Ort der Tätigkeit antritt (vgl BSGE 1, 171, 173; 32, 38, 41; BSG SozR 2200 § 550 Nr 68; Brackmann aaO Seite 485s II). Der Ehemann der Klägerin zu 1) hat sich nicht vom Ort der Tätigkeit zur Untersuchung begeben und ist deshalb nicht auf dem Rückweg zum Ort der Tätigkeit verunglückt. Der Ehemann der Klägerin zu 1) ist zwar auf einer Wegstrecke verunglückt, die er wahrscheinlich auch auf dem Weg von der Fachklinik zu seiner Wohnung hätte zurückgelegt. Ebenso wie nicht schlechthin auf jeder Wegstrecke Versicherungsschutz gegeben ist, nur weil sie zum Arbeitsplatz führt und gegebenenfalls auch ein näherer zeitlicher Zusammenhang mit dem Arbeitsbeginn gegeben ist (s BSG SozR 2200 § 550 Nr 57), steht andererseits dem Versicherungsschutz nicht entgegen, daß der Versicherte sich auf dem Weg zum Ort der Tätigkeit auf einer Wegstrecke befindet, die wahrscheinlich auch auf einer Rückfahrt nach Hause benutzt worden wäre. Entscheidend ist, daß die Fahrt nicht erst zurück zum Ausgangspunkt - hier die Wohnung - führen sollte (s BSG Urteil vom 21. September 1967 - 2 RU 248/66 -), sondern vielmehr von dem Vorhaben bestimmt war, direkt den Ort der Tätigkeit zur Arbeitsaufnahme zu erreichen. Es wäre unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Einheit des Hin- und Rückweges hier auch vom Ergebnis aus gewertet nicht vertretbar, den Versicherungsschutz des Ehemannes der Klägerin zu 1) mit der Begründung zu versagen, er sei auf einer Wegstrecke verunglückt, auf der er auch nach Hause gefahren wäre, Versicherungsschutz aber anzunehmen, wenn sich der Ehemann der Klägerin zu 1) zB von der Augenklinik nicht nach K, sondern auf einer anderen Wegstrecke zur Kokerei E-L in D begeben hätte.
Die Revision der Beklagten ist danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen