Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung von Rettungsdiensteinsätzen
Leitsatz (amtlich)
Die ärztliche Behandlung eines Versicherten bei einem Rettungsdiensteinsatz ist, soweit keine Sonderregelungen vorliegen, nach den allgemeinen Regelungen über die kassen- bzw vertragsärztliche Notfallbehandlung zu vergüten.
Orientierungssatz
Zur Vergütung von Rettungsdiensteinsätzen:
1. Das Kassenarztrecht enthält keine Vorschrift, der zu entnehmen wäre, daß sich die kassenärztliche Versorgung nicht auf die ärztliche Behandlung erstreckt, die bei einem Rettungsdiensteinsatz erforderlich wird.
2. Der umfassende Anspruch des Versicherten auf ärztliche Behandlung wird im Rahmen des gesetzlich geregelten kassenärztlichen Versorgungssystems erfüllt und von den an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen erbracht. In Notfällen dürfen auch Ärzte in Anspruch genommen werden, die nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen.
3. Ist die Einrichtung eines Rettungsdienstes nicht der Kassenärztlichen Vereinigung übertragen worden, so darf deswegen nicht die ärztliche Behandlung Versicherter anläßlich eines Rettungsdiensteinsatzes generell aus der kassenärztlichen Versorgung ausgegrenzt werden.
Normenkette
RVO § 368d Abs 1 S 2; RettDG SH § 2 Abs 2, § 3 Abs 3, § 5 Abs 1
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 26.11.1985; Aktenzeichen L 5 Ka 14/84) |
SG Kiel (Entscheidung vom 25.07.1984; Aktenzeichen S 8 Ka 7/83) |
Tatbestand
Umstritten ist die Vergütung der ärztlichen Behandlung von Versicherten bei einem Rettungsdiensteinsatz.
Der Kläger ist als Arzt für Anästhesie an zwei Kliniken auf der Insel S. tätig. Er und weitere Klinikärzte beteiligen sich freiwillig und außerhalb des Krankenhausdienstes am Rettungsdienst, mit dem der Kreis N., der Beigeladene zu 2), den Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), den Beigeladenen zu 3), betraut hat (§ 2 Abs 2 des schleswig-holsteinischen Rettungsdienstgesetzes -schl.-h. RDG-, GVBl für Schleswig-Holstein 1975, 44). Es bestehen keine schriftlichen Vereinbarungen zwischen den Ärzten und dem DRK. Früher erhielten die Ärzte aus Rettungsdienstmitteln einen Betrag von DM 20,-- für jeden Einsatz. Daneben wurden von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die eingereichten Notfallbehandlungsscheine abgerechnet.
Notfallbehandlungsscheine des Klägers für die Quartale II und III/1982 rechnete die Beklagte nicht mehr ab, weil mit den von den Krankenkassen an den Kreis zu zahlenden Gebühren die Einsätze des Notarztes hinreichend abgegolten seien. Davon abgesehen, stelle der Notarzteinsatz eine vorklinische Behandlung dar, die dem Krankenhaus zuzurechnen sei und deshalb mit dem Pflegesatz abgegolten werde (Bescheid vom 15. Dezember 1982 und Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1983).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, nach dem schl.-h. RDG falle die Wahrnehmung des Rettungsdienstes, wozu auch die Einsätze von Ärzten im Notarztwagen gehörten, in die ausschließliche Zuständigkeit der Träger dieses Dienstes. Für eine ambulante Notfallbehandlung gemäß § 368d Abs 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) sei deshalb kein Raum mehr. Die Träger des Rettungsdienstes hätten, da sie ausschließlich zuständig seien, die entstandenen Kosten allein zu tragen. Mit den vom Kreis veranlagten Gebühren seien sämtliche Kosten abgegolten (Urteil vom 25. Juli 1984).
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG und die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die für das Quartal II/1982 eingereichten zwei Notfallscheine abzurechnen. Auf diese Scheine war der Klageantrag während des Berufungsverfahrens beschränkt worden, nachdem sich die Beklagte verpflichtet hatte, weitere Abrechnungsfälle unter denselben rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen, wie sie in der rechtskräftigen Entscheidung in diesem Rechtsstreit als maßgebend zum Ausdruck kommen.
Das LSG stützt seine Entscheidung auf folgende Gründe: Der in einem Notfall in Anspruch genommene Nichtkassenarzt (§ 368d Abs 1 Satz 2 RVO) habe Anspruch auf Honorierung aus der Gesamtvergütung. Diesem Anspruch stehe hier nicht das schl.-h. RDG entgegen. Der Kläger sei weder vom Kreis noch vom DRK für Aufgaben des Rettungsdienstes vertraglich angestellt. Mit der Vorschrift des § 3 Abs 3 schl.-h. RDG, wonach die Träger des Rettungsdienstes andere geeignete Einrichtungen, insbesondere Ärztenotdienste und Krankenhäuser, mit ihrer Zustimmung zur ständigen Mitarbeit heranziehen könnten, sei nicht festgelegt, in welcher Weise die im Rettungsdienst tätigen Ärzte ihre Honoraransprüche verwirklichen können. Die Auffassung des SG, im Hinblick auf die Zuweisung der Rettungsdienstaufgaben an die Kreise und kreisfreien Städte sei für eine ambulante Notfallbehandlung nach § 368d Abs 1 Satz 2 RVO kein Raum mehr, erscheine schon deshalb unzutreffend, weil ein Bundesgesetz im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art 74 Nr 12 des Grundgesetzes -GG-) nicht durch ein Landesgesetz verändert werden könne. Eine Zuordnung der Tätigkeit des Klägers im Rettungsdienst zum Krankenhausbereich käme nur in Betracht, wenn die Tätigkeit Teil seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Krankenhaus wäre. Das sei jedoch nicht der Fall. Die Beklagte und die AOK, die Beigeladene zu 1), könnten sich auch nicht darauf berufen, daß mit der Befriedigung des Honoraranspruchs des Klägers eine Doppelbelastung der Krankenkassen eintreten würde. Da der Kläger von dem Träger des Rettungsdienstes kein Honorar beanspruchen könne, ließe die Einbeziehung des nichtgezahlten Honorars in die Kalkulationsgrundlage der Gebührensatzung des Kreises diese fehlerhaft erscheinen. Der Umstand, daß die Krankenkassen aufgrund einer insoweit fehlerhaften Satzung ungerechtfertigt zu hohe Gebühren entrichteten, könne nicht dazu führen, den rechtmäßigen Honoraranspruch des Klägers gegen die Beklagte auszuschließen. Abgesehen davon, daß die Gebührensatzung des Kreises bereits aus anderen Gründen erfolgreich angegriffen worden sei (Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 29. November 1984 - 6 A 903/83 - und Urteil des OVG Lüneburg vom 14. November 1985), gebe sie für die Vermutung der Beklagten, die von den Krankenkassen entrichteten Gebühren umfaßten auch das Honorar des Klägers, keine ausreichende tatsächliche Grundlage.
Mit der Revision rügt die Beklagte, das LSG habe § 368 Abs 2 und 3 iVm § 368n Abs 1 und §§ 1 bis 5 schl.-h. RDG unrichtig angewendet. Bei den Vorschriften des schl.-h. RDG handele es sich um revisible Normen, weil es nahezu inhaltsgleiche Rettungsdienst-Landesgesetze in den Bereichen anderer LSGe gebe; so sei die Organisation des Rettungsdienstes - offenbar einem Mustergesetz folgend - in den Ländern weitgehend gesetzlich einheitlich ausgestaltet (Lippert, NJW 1982, 2089). Das LSG verkenne die wesensverschiedenen Aufgaben von Rettungsdienst einerseits und kassenärztlichen Notfallbereitschaftsdienst andererseits. Beide Dienste verfolgten völlig verschiedene Zielrichtungen (Narr, Ärztliches Berufsrecht, 2. Aufl, RdNr 1175; derselbe in MedR 1986, 160; Rieger, Lexikon des Arztrechts, RdNr 1175). Der Rettungsdienst als Daseinsvorsorge des Staates sei landesrechtlich dem Kreis und den kreisfreien Städten übertragen. Er sei nicht Aufgabe der KÄV (DÄ 1983 Heft 51/52 S 14). Bei dem materiellen und personellen Aufwand (Rettungs- bzw Notarztwagen mit entsprechender Ausrüstung, weitergebildeter Rettungsarzt, Rettungssanitäter) könne der Rettungsdienst als dem stationären Bereich vorgeschaltet eingeordnet werden. Dagegen erweise sich der kassenärztliche Notfallbereitschaftsdienst als die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung mit den typischen Mitteln des niedergelassenen Arztes (ohne zusätzlichen Fachkundenachweis wie im Rettungsdienst). Soweit Kassenärzte am Rettungsdienst teilnähmen, unterstellten sie sich der Organisationsgewalt der Träger des Rettungsdienstes bzw der beliehenen Unternehmer (DRK etc), wobei kassenärztliche Beziehungen entfielen (eine andere Regelung gelte nur in Bayern aufgrund einer Sondervereinbarung). Eine in der Sache wünschenswerte Kooperation (zB einheitliche Notrufzentrale bzw Rettungsleitstelle, Telefonnummer, gemeinsames Personal) dürfe nicht dazu führen, beide Organisationen ohne Trennung ihrer Aufgaben und Kostenträgerschaft miteinander zu vermischen. Notfallbereitschaftsdienst und Rettungsdienst seien keine konkurrierenden Einrichtungen, sondern jeweils gesonderte integrale Bestandteile einer umfassenden medizinischen Versorgung der Bevölkerung (Nellessen, NJW 1979, 1919). Nach ihrem Satzungsrecht sei der Kläger als angestellter Klinikarzt nicht zur Teilnahme am kassenärztlichen Notfallbereitschaftsdienst verpflichtet. Wegen der Abgeltung seiner ärztlichen Bemühungen im Rettungsdienst habe er sich an den Kreis bzw den DRK-Ortsverband zu wenden. Nach § 5 Abs 1 schl.-h. RDG hätten die Träger des Rettungsdienstes die laufenden Kosten des Rettungsdienstes zu tragen und hierfür Gebühren nach dem Kommunalabgabengesetz zu erheben. Für den der Daseinsvorsorge zugehörigen Rettungsdienst hätten die Länder die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. November 1985 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 25. Juli 1984 - S 8 Ka 7/83 - zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er ist der Meinung, die Gründe des Berufungsurteils seien nicht zu beanstanden.
Die Beigeladene zu 1) schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Der Beigeladene zu 2) vertritt die Auffassung, daß die Revision keinen Erfolg haben könne.
Der Beigeladene zu 3) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten gewesen (§ 166 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Das Berufungsurteil ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es beruht insbesondere nicht auf einer unrichtigen Anwendung kassenärztlicher Vorschriften. Soweit die Anwendung von Vorschriften über den Rettungsdienst revisionsgerichtlich überprüft werden kann, ergibt sich ebenfalls keine Rechtsverletzung. Der Rettungsdienst ist landesrechtlich geregelt. Die diesbezüglichen Vorschriften gelten nur im Bezirk des Berufungsgerichts. Auf eine Verletzung solcher Vorschriften kann die Revision nur gestützt werden, wenn inhaltlich gleiche Vorschriften in Bezirken verschiedener LSGe gelten (§ 162 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-; vgl Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 3. Aufl, § 162 RdNr 5). Ansonsten ist die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt solcher Vorschriften für die Entscheidung über die Revision maßgebend (§ 202 SGG iVm § 562 der Zivilprozeßordnung).
Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG, die von der Beklagten nicht angegriffen worden sind, liegen den umstrittenen Honorarforderungen ärztliche Leistungen zugrunde, die der Kläger als Nichtkassenarzt in Notfällen an Versicherten erbracht hat. Das LSG folgert daraus zu Recht, daß dem Kläger für diese Leistungen eine Vergütung wie einem Kassenarzt zusteht (§ 368d Abs 1 Satz 2 RVO; BSG SozR 2200 § 368d RVO Nr 5). Auch die Beklagte wendet sich nicht gegen diese Folgerung, sondern dagegen, daß die ärztlichen Leistungen im Rahmen eines Rettungsdiensteinsatzes überhaupt der kassenärztlichen Versorgung zugerechnet werden; sie verneint damit einen Vergütungsanspruch auch dann, wenn ein Kassenarzt tätig wird.
Das Recht der sozialen Krankenversicherung einschließlich des diesem zugehörigen Kassenarztrechts (Zweites Buch der RVO) enthält keine Vorschrift, der zu entnehmen wäre, daß sich die kassenärztliche Versorgung nicht auf die ärztliche Behandlung erstreckt, die bei einem Rettungsdiensteinsatz erforderlich wird. Dem Versicherten steht gegen seine Krankenkasse ein umfassender Anspruch auf ärztliche Behandlung zu (§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchst a RVO). Dieser Anspruch wird im Rahmen des gesetzlich geregelten kassenärztlichen Versorgungssystems erfüllt (§§ 368 bis 368t RVO). Die kassenärztliche Versorgung umfaßt die ärztliche Behandlung, die zweckmäßig und notwendig ist (§ 368 Abs 2 Satz 1, § 368e und § 182 Abs 2 RVO). Sie wird von den an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen erbracht (§ 368a Abs 1 RVO). In Notfällen dürfen auch Ärzte in Anspruch genommen werden, die nicht an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen (§ 368d Abs 1 Satz 2 RVO). Für die gesamte kassenärztliche Versorgung entrichten die Krankenkassen mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung an die KÄV, die diese unter die Kassenärzte - die kassenärztlich tätig gewordenen Ärzte - zu verteilen hat (§ 368f Abs 1 RVO). Für ärztliche Behandlungen bei einem Rettungsdiensteinsatz gibt es keine Sonderregelung.
Eine solche Sonderregelung ergibt sich insbesondere nicht aus § 368 Abs 3 RVO. Wenn in dieser Vorschrift als Ziel der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung bestimmt wird, den Versicherten und ihren Familienangehörigen eine bedarfsgerechte und gleichmäßige ärztliche Versorgung, die auch einen ausreichenden Not- und Bereitschaftsdienst umfaßt, in zumutbarer Entfernung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der medizinischen Wissenschaft und Technik sowie der Möglichkeiten der Rationalisierung und Modernisierung zur Verfügung zu stellen, so ist darin eine Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags (§ 368n Abs 1 RVO) vor allem in bezug auf jene Maßnahmen zu sehen, die der KÄV selbst obliegen (zB die Bedarfsplanung nach § 368 Abs 4 RVO, die vertraglichen Vereinbarungen über die kassenärztliche Versorgung nach § 368g RVO und die Sicherstellungsmaßnahme nach § 368n Abs 7 RVO). § 368 Abs 3 RVO dient der Verbesserung der kassenärztlichen Versorgung, nicht ihrer Einschränkung. Der Umstand, daß der KÄV nicht die Einrichtung eines Rettungsdienstes übertragen worden ist, erlaubt es daher nicht, die ärztliche Behandlung Versicherter anläßlich eines Rettungsdiensteinsatzes generell aus der kassenärztlichen Versorgung auszugrenzen. Eine solche Ausgrenzung hätte auch zur Folge, daß die Vergütung der ärztlichen Behandlung Versicherter den in der kassenärztlichen Versorgung geltenden Vergütungsregelungen entzogen wäre; die Krankenkassen müßten Vergütungen hinnehmen, die ohne ihre Mitwirkung festgesetzt worden sind. Auch dies ließe sich mit dem Recht der sozialen Krankenversicherung nicht vereinbaren.
Der Rettungsdienst stellt keine Einrichtung dar, die in ihrem Aufgabenbereich die kassenärztliche Versorgung der Versicherten verdrängt und insoweit durch ihre Regelungen in das Recht der sozialen Krankenversicherung eingreift. Es handelt sich vielmehr um eine Einrichtung, die das Rettungswesen verbessern soll. Die Verbesserung des Rettungswesens kommt der gesamten Bevölkerung und damit auch den Versicherten zugute. Dem Träger des Rettungsdienstes fehlt jedoch die Kompetenz, die ärztliche Versorgung der Versicherten bei einem Rettungsdiensteinsatz unabhängig vom Recht der sozialen Krankenversicherung zu regeln. Das Rettungswesen fällt in die Zuständigkeit der Länder (Art 30 und 70 GG; vgl Bericht der Bundesregierung an den Bundestag über Maßnahmen zur Verbesserung des Rettungswesens vom 21. April 1973, BT-Drucks 7/489 S 1). Schon aus diesem Grunde scheidet die Möglichkeit aus, daß Regelungen des Rettungsdienstes die bundesgesetzliche Regelung der kassenärztlichen Versorgung einschränken. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob das schl.-h. RDG eine solche Einschränkung enthält. Sie wäre unzulässig und daher nichtig.
Die Anwendung des schl.-h. RDG durch das LSG könnte zudem, da es nur im Bezirk des LSG gilt, lediglich dann revisionsrechtlich überprüft werden, wenn es inhaltsgleiche Vorschriften in anderen LSG-Bezirken gäbe. Dies wird von der Beklagten zwar behauptet, aber nicht hinreichend substantiiert dargelegt (BSGE 56, 45, 50 f = SozR 2200 § 70 Nr 1; SozR 4100 § 117 Nr 14). Das Vorbringen der Beklagten, die Organisation des Rettungsdienstes sei "offenbar einem Mustergesetz folgend" in den Ländern weitgehend gesetzlich einheitlich ausgestaltet, könnte zwar als Hinweis auf das von der Bundesregierung dem Bundestag vorgelegte "Muster für ein Ländergesetz über den Rettungsdienst" (BT-Drucks 7/489 S 7) verstanden werden. Dieses Gesetz-Muster enthält jedoch keine Bestimmung, die, wäre sie in Landesgesetze übernommen worden, den Standpunkt der Beklagten in irgendeiner Weise stützen könnte. Vielmehr ergibt sich aus ihm, daß mit den Rettungsdienstgesetzen der Länder lediglich rechtliche Grundlagen für die Organisation des Rettungswesens und für die Zusammenarbeit des Trägers des Rettungsdienstes mit anderen Einrichtungen geschaffen werden sollten. Ein entsprechendes Landesgesetz läßt ohne weiteres Regelungen zu, die den Zuständigkeiten der KÄV und der Krankenkassen für die ärztliche Versorgung der Versicherten Rechnung trägt. Die Aufgabe des Rettungsdienstes - bei Notfallpatienten am Notfallort lebensrettende Maßnahmen durchzuführen und die Transportfähigkeit herzustellen sowie diese Personen unter Aufrechterhaltung der Transportfähigkeit und Vermeidung weiterer Schäden in ein geeignetes Krankenhaus zu verbringen (vgl § 1 des Gesetz-Musters) - kann von den Trägern des Rettungsdienstes in Zusammenarbeit mit den Krankenversicherungsträgern und ihren Leistungserbringern, jedenfalls unter Einbeziehung des den Versicherten zustehenden Versicherungsschutzes und des dafür vorgesehenen Leistungssystems erfüllt werden.
In dieser Hinsicht sind verschiedene Möglichkeiten denkbar, zB die Heranziehung entsprechend ausgebildeter Kassenärzte, die Beteiligung der KÄV an einen ärztlichen Rettungsdienst nach § 368n Abs 7 Satz 2 RVO, die Inanspruchnahme poliklinischer Einrichtungen von Hochschulen unter Berücksichtigung der von der KÄV nach § 368n Abs 3 Sätze 3 ff RVO abgeschlossenen Poliklinikverträgen oder der Einsatz von Krankenhausärzten aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit Krankenhausträgern. Die ärztliche Behandlung wäre in diesen Fällen von der KÄV oder - wenn die medizinische Versorgung am Notfallort von Krankenhäusern übernommen worden und deshalb unter Umständen dem Krankenhausbereich zuzurechnen ist - von den Krankenkassen nach den für sie maßgebenden Vorschriften zu vergüten. Nichts anderes kann gelten, wenn der Träger des Rettungsdienstes, wie im vorliegenden Fall, in Ermangelung besonderer Vereinbarungen mit Kassenärzten, der KÄV oder Krankenhäusern Ärzte in Anspruch nimmt, die sich freiwillig für den Rettungsdienst zur Verfügung stellen. Bei einem Rettungsdiensteinsatz werden diese Ärzte in einem Notfall tätig, weshalb sie sich auf § 368d Abs 1 Satz 2 RVO berufen können. Bei der von ihnen am Notfallort durchgeführten Behandlung von Versicherten handelt es sich um eine Leistung der KÄV. Die organisatorischen Maßnahmen des Rettungsdienstes (Einteilung der Ärzte) ändert daran nichts. Es kommt nicht darauf an, wer die Behandlung veranlaßt, sondern wer für sie leistungspflichtig ist (in diesem Sinne Lippert, NJW 1982, 2089 und MedR 1983, 167; SG Karlsruhe MedR 1986, 158; Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 24. Juni 1987 - L 1 Ka 2377/85 -; aA Narr aaO RdNr 1175 und MedR 1986, 160; Rieger aaO RdNr 1493 ff).
Der Umstand, daß die KÄV für die Ausbildung von Rettungsdienst-Ärzten nicht zuständig ist, erlaubt keine andere rechtliche Beurteilung. Nur die Fortbildung der Ärzte auf dem Gebiet der kassenärztlichen Tätigkeit ist der KÄV aufgegeben (§ 368m Abs 5 RVO). Die Ausbildung der Ärzte und ihre Weiterbildung ist eine allgemeine berufsrechtliche Angelegenheit, die sich nicht auf den kassenärztlichen Bereich beschränkt und deshalb auch nicht zum Aufgabenbereich der KÄV gehört. Trotzdem hat sich die KÄV zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrags dieser Ärzte zu bedienen. Auch die Ausbildung von Ärzten im Rettungswesen ist keine spezifisch kassenärztliche, sondern eine allgemeine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die im Rettungsdienst einsetzbaren Ärzte werden für die gesamte Bevölkerung und nicht nur im kassenärztlichen Bereich benötigt.
Das Berufungsurteil ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als der Einwand der KÄV und der AOK, die Befriedigung des Honoraranspruchs des Klägers führe zu einer Doppelbelastung der Krankenkassen, zurückgewiesen worden ist. Nach der nicht angegriffenen Tatsachenfeststellung des LSG hat der Kläger für die gegenüber der KÄV abgerechneten Leistungen kein Honorar vom Träger des Rettungsdienstes zu erhalten. Die Gebührenforderungen des Rettungsdienstträgers könnten deshalb nur auf anderen Leistungen beruhen (zB Hilfeleistungen des nichtärztlichen Sanitätspersonals, Transport des Notfallpatienten mit dem Rettungs- oder Notarztwagen). Zur Rechtmäßigkeit der Gebührenforderungen des Trägers des Rettungsdienstes kann im sozialgerichtlichen Verfahren nicht Stellung genommen werden.
Eine andere Frage ist es, ob im Gesamtvertrag und im Honorarverteilungsmaßstab für die Vergütung der im Rettungsdienst eingesetzten Ärzte besondere Regelungen getroffen werden dürfen. Es erscheint unbefriedigend, daß diese Ärzte, wenn ihnen alle für die Behandlung erforderlichen Mittel und Geräte zur Verfügung gestellt werden, Vergütungen in gleicher Höhe erhalten wie die Kassenärzte, die ihren Sachaufwand selbst zu tragen haben. Die Bewertungen der ärztlichen Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab berücksichtigen nicht nur die persönliche Dienstleistung des Arztes, sondern auch den erforderlichen Sach- und Personalaufwand der Praxis. Eine solche Sonderregelung ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits, so daß dieser Frage hier nicht weiter nachzugehen ist.
Die Revision war aus diesen Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen