Entscheidungsstichwort (Thema)

Umlagepflicht zur Produktiven Winterbauförderung eines Betriebes des Garten- und Landschaftsbaus

 

Orientierungssatz

1. Gegen die grundsätzliche Einbeziehung von Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus in die Baubetriebsverordnungen in Abgrenzung zu Betrieben der Land- und Forstwirtschaft sowie des eigentlichen Gartenbaus unter dem Begriff der Baubetriebe, bestehen keine Bedenken. Auch Anlagen, die nur mit natürlichen Mitteln unter Verwendung von Pflanzen hergestellt werden, sind in diesem Zusammenhang als Bauwerke anzusehen, sie werden zu bestimmten Zwecken hergestellt, angelegt und gestaltet, sie sind nicht natürliche Bestandteile der Landschaft.

2. Maßgebend für den Kreis der zu fördernden Betriebe ist nicht die Besonderheit des einzelnen Betriebes, sondern die Gruppe von Betrieben des Baugewerbes (jetzt Zweigen des Baugewerbes), der der Betrieb zugehört und in der typischerweise die ganzjährige Beschäftigung mit Mitteln der Produktiven Winterbauförderung gefördert werden kann. Die individuelle Gestaltung der betrieblichen Tätigkeit, aus der sich ergibt, daß eine Winterbauförderung nicht möglich ist, ist nicht maßgebend.

3. Erfaßt die Baubetriebsverordnung eine Gruppe oder Einheit von Betrieben, die insgesamt nicht die Voraussetzungen erfüllt, unter denen die gewährt wird, dh in denen die ganzjährige Beschäftigung nicht gefördert werden (§ 74 Abs 1 AFG), also die Betriebstätigkeit belebt werden kann (§ 76 Abs 2 AFG), so ist die Einbeziehung einer solchen Gruppe oder eines solchen Zweiges von der Ermächtigung des § 76 Abs 2 AFG nicht erfaßt und deshalb rechtsunwirksam (vgl BSG 1.6.1978 12 RK 50/76 = SozR 4100 § 186a Nr 4).

4. Die Umlage zur Produktiven Winterbauförderung kann im Rahmen der Verjährungsvorschriften nachgefordert werden. Der Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben kann solchen Nachforderungen nur dann entgegengehalten werden, wenn der Versicherungsträger dazu beigetragen hat, daß die Beiträge nicht oder in zu geringer Höhe entrichtet worden sind (vgl BSG 26.8.1983 10 RAr 4/82 = SozR 4100 § 186a Nr 17 mwN). Eine Verwirkung des Rechts der Nachforderung der Umlage erfordert besondere Umstände, die nur dann vorliegen, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten - darauf vertrauen durfte, daß dieser die Forderung nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete tatsächlich hierauf vertraut hat und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, daß ihm durch die verspätete Inanspruchnahme ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.

 

Normenkette

AFG § 74 Abs 1, § 76 Abs 2 S 1, § 75 Abs 1 Nr 1, § 75 Abs 1 Nr 3, § 186a Abs 1; BaubetrV § 1 Abs 1 Nr 2 Buchst e Fassung: 1972-07-19; BaubetrV § 1 Abs 4 Nr 5 Fassung: 1980-10-28; WinterbauUmlV § 4; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 12.10.1984; Aktenzeichen L 6 Ar 49/84)

SG Koblenz (Entscheidung vom 20.02.1984; Aktenzeichen S 4 Ar 176/83)

 

Tatbestand

Streitig ist die Umlagepflicht der Klägerin zur Produktiven Winterbauförderung (PWF).

Der Inhaber des klagenden Unternehmens ist mit seiner Ehefrau zugleich Inhaber des Unternehmens "Forstbaumschule" in M. in der Eifel. Zum 1. März 1969 meldete er bei der zuständigen Verbandsgemeindeverwaltung das Gewerbe "Landschaftsgestaltung" an, mit dem er sich auf "Windschutzpflanzungen in der Flurbereinigung" bzw das Anlegen von "Windschutzstreifen" sowie auf "Pflege- und Schutzpflanzungen" spezialisierte.

Die Beklagte ermittelte im Mai 1982 den Betriebszweck mit "Landschafts- und Gartengestaltung für öffentliche Auftraggeber, vorwiegend Windschutzpflanzungen mit Zaunbau im Rahmen von Flurbereinigungen". Sie stellte mit einem Bescheid vom 18. November 1982 die Umlagepflicht des Betriebes ab August 1972 fest und forderte mit Bescheid vom 8. Dezember 1982 Winterbauumlagen aufgrund einer vorgenommenen Schätzung für die Zeit von Dezember 1977 bis Oktober 1982 in Höhe von 23.364,-- DM und mit einem weiteren Bescheid vom 3. Februar 1983 für November und Dezember 1982 in Höhe von 812,10 DM. Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die Pflanzarbeiten seien tatsächlich nur gering gewesen; der Schwerpunkt habe im Bereich "Forstbaumschulen" gelegen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 2. Mai 1983 zurück. Es habe sich bei dem Betrieb "Landschaftsgestaltung" um einen eigenständigen Betrieb gehandelt und nicht um einen Teil eines Mischbetriebes.

Das Sozialgericht (SG) hat die genannten Bescheide abgeändert und entschieden, die Beklagte sei für die Zeit vom 1. Dezember 1977 bis 31. Oktober 1980 nicht berechtigt, die Klägerin zur Winterbauumlage heranzuziehen. Für die Zeit ab 1. November 1980 hat es die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin sei während der gesamten streitigen Zeit von Dezember 1977 bis Dezember 1982 umlagepflichtig gewesen. Einer Entscheidung über die Höhe der Umlageforderung bedürfe es nicht, weil die Klägerin dies nicht gerügt habe, sondern ihre Umlagepflicht grundsätzlich bestreite. Das Unternehmen "Landschaftsgestaltung" sei nach Organisationsstruktur und Betriebszweck sowie nach den erbrachten Leistungen ein selbständiger, von dem Betrieb "Forstbaumschule" getrennter Betrieb. Dieser Betrieb sei ein Betrieb des Baugewerbes bzw ein zu Zweigen des Baugewerbes gehörendes Unternehmen iS von § 76 Abs 2 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) alter und neuer Fassung. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine sachlich und rechtlich nicht zulässige undifferenzierte Einbeziehung von "Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus", in denen fortgesetzt und ausschließlich oder überwiegend "Schutzpflanzungen aller Art" verrichtet werden, in die Verordnung über die Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist (BaubetrVO alter und neuer Fassung), zulässig sei, weil nach den Gesamtumständen für die Klägerin davon auszugehen sei, daß das von ihr betriebene Unternehmen in der hier streitigen Zeit nach der BaubetrVO alter und neuer Fassung ein Unternehmen des Baugewerbes mit überwiegend erbrachten Bauleistungen gewesen sei. Mit der Betriebstätigkeit sei der Tatbestand "Schutzpflanzungen aller Art", wie er in der BaubetrVO ausdrücklich beschrieben sei, erfüllt, denn 50 % der Kosten des Betriebes mache der Zaunbau aus. Sie stelle gegenüber der reinen Pflanztätigkeit mindestens eine gleichrangige gewerbliche Bauleistung dar. Die Betriebstätigkeit der Klägerin sei auch förderungsfähig gewesen, was für den zumindest wesentlich typisch baugewerblichen Bereich des Zaunbaus keiner weiteren Erläuterung bedürfe. Aber auch auf dem Anpflanzungssektor sei bei Beurteilung der hierfür branchentypischen Umstände im Garten- und Landschaftsbau für Schutzpflanzungen aller Art eine Belebung der ganzjährigen Beschäftigung durch PWF möglich und denkbar, denn grundsätzlich sei auf die Witterungsverhältnisse abzustellen, die in der betreffenden Gegend jahreszeitlich üblich seien.

Die Umlageforderung sei in vollem Umfang auch für Dezember 1977 berechtigt, denn sie sei nicht verjährt. Die nachträgliche Erhebung nicht verjährter Winterbauumlagen sei zulässig.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 76 bis 80 und 186a AFG, der Regelung der BaubetrVO alter und neuer Fassung sowie des Grundsatzes von Treu und Glauben. Nach der besonderen Situation der Klägerin sei ihr Betrieb nicht förderungsfähig gewesen. Die Klägerin führe nicht zu 50 % Zaunbaumaßnahmen aus. Nur die Kosten für den Zaunbau betrügen 50 % der Gesamtkosten. Die Forderung der Umlage für zurückliegende Zeiten widerspreche im übrigen dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland- Pfalz vom 12. Oktober 1984 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 20. Februar 1984 dahin zu ändern, daß die Bescheide vom 8. Dezember 1982 und 3. Februar 1983 in vollem Umfang aufgehoben werden hilfsweise, den Rechtsstreit an einen anderen Senat des Landessozialgerichts Mainz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gem § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheidet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und Zurückverweisung des Rechtsstreits an dieses Gericht. Dabei sieht der Senat keinen Anlaß, die Sache an einen anderen als den nach der Geschäftsverteilung des LSG Rheinland- Pfalz zuständigen Senat zu verweisen. Die von dem LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen zur abschließenden Entscheidung über die streitige Umlage der Klägerin zur PWF nach § 186a AFG nicht aus.

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, die Klägerin sei mit dem Unternehmen "Landschaftsgestaltung" Arbeitgeberin des Baugewerbes im Sinne von § 75 Abs 1 Nr 1 AFG. Die Klägerin hat insbesondere die Annahme des LSG, es handele sich bei diesem Betrieb nicht um einen Teil des Betriebes "Forstbaumschule", sondern nach der Organisation und dem Unternehmenszweck um einen anderen selbständigen Betrieb und die ihr zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen, nicht mit substantiierten durchgreifenden Rügen angegriffen. Nach der insoweit allein maßgebenden Begriffsbestimmung des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG sind Bauleistungen alle Bauarbeiten, die ua der Herstellung von Bauwerken dienen. Handwerks- oder gewerberechtliche Regelungen sind dabei ebensowenig rechtserheblich wie etwaige Kataloge des Tarifvertrages für das Baugewerbe oder der BaubetrVO'en (BSG SozR 4100 § 186a Nr 4). Die gewerberechtliche oder steuerrechtliche Gestaltung oder die tarifrechtliche Einordnung der Arbeitnehmer spielt daher in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Gegen die grundsätzliche Einbeziehung von Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus in die BaubetrVO'en in Abgrenzung zu Betrieben der Land- und Forstwirtschaft sowie des eigentlichen Gartenbaus unter dem Begriff der Baubetriebe, bestehen keine Bedenken. Auch Anlagen, die nur mit natürlichen Mitteln unter Verwendung von Pflanzen hergestellt werden, sind in diesem Zusammenhang als Bauwerke anzusehen, sie werden zu bestimmten Zwecken hergestellt, angelegt und gestaltet, sie sind nicht natürliche Bestandteile der Landschaft.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG war der Verordnungsgeber schon nach der bis zum 31. Juli 1979 gültig gewesenen Fassung des § 76 Abs 2 AFG (aF) nicht verpflichtet, bei der Bestimmung des Kreises der zu fördernden Betriebe auf die Besonderheiten einzelner Betriebe, etwa ihre individuelle Betriebsgestaltung, abzustellen; vielmehr hatte er, entgegen der Auffassung der Klägerin, einen Spielraum für eine praktikable (typisierende) Abgrenzung des Kreises der förderungsfähigen Betriebe. Deshalb hat das Bundessozialgericht (BSG) vor dem Inkrafttreten des 5. AFG-ÄndG vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) die Regelung des § 76 Abs 2 Satz 1 AFG (aF), unbeschadet ihres Wortlautes (Betriebe des Baugewerbes), nicht auf die Förderungsfähigkeit einzelner Betriebe bezogen, sondern ist davon ausgegangen, daß damit die Förderungsfähigkeit von Betriebsgruppen - als Zusammenfassung von Betrieben mit im wesentlichen gleichartigen Bauleistungen - gemeint ist. Diese Ermächtigung zur Typisierung war allerdings dahin begrenzt, daß der Verordnungsgeber zu beachten hatte, ob innerhalb einer Branche eine nennenswerte, abgrenzbare Gruppe von Baubetrieben besteht, deren Bautätigkeit wegen der Art der verrichteten Arbeiten in der Schlechtwetterzeit nicht wesentlich gefördert werden kann. Die Einbeziehung solcher Gruppen in die Förderung, und damit auch in die Umlagepflicht nach § 186a Abs 1 AFG, war von der Ermächtigung des § 76 Abs 2 AFG aF nicht gedeckt (BSG SozR 4100 § 186a Nrn 2, 4, 7, 8, 17; 4100 § 75 Nr 7). Mit seinem Urteil vom 12. Dezember 1984 - 10 RAr 1/84 - (SozR 4100 § 76 Nr 13) hat der erkennende Senat weiterhin entschieden, daß durch die Änderung des § 76 Abs 2 AFG mit dem 5. AFG-ÄndG der Ermächtigungsrahmen des Verordnungsgebers nicht etwa dahin erweitert worden ist, daß er aufgrund der nunmehr gebotenen "gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise" größere Einheiten des Baugewerbes auch dann uneingeschränkt zur Förderung zulassen darf, wenn die in ihnen umschriebenen Betriebe nicht förderungsfähig sind, oder in einer solchen Einheit eine abgrenzbare objektiv nicht förderungsfähige Gruppe von Betrieben mit im wesentlichen gleichartigen Bauleistungen enthalten ist. An der Rechtslage hat sich insoweit also weder durch die Änderung des § 76 Abs 2 AFG noch durch die Neufassung der BaubetrVO bezüglich des Bestimmungsrechts förderungsfähiger Betriebe etwas geändert, so daß die Umlagepflicht nach § 186a AFG für die gesamte hier streitige Zeit nach den gleichen rechtlichen Voraussetzungen zu beurteilen ist. Maßgebend ist also nicht die Förderungsfähigkeit des Betriebes der Klägerin, sondern der Gruppe von Betrieben des Baugewerbes (jetzt Zweigen des Baugewerbes), der der Betrieb zugehört und in der typischerweise die ganzjährige Beschäftigung mit Mitteln der PWF gefördert werden kann. Die individuelle Gestaltung der betrieblichen Tätigkeit, aus der sich ergibt, daß eine Winterbauförderung nicht möglich ist, ist nicht maßgebend. Werden also in einem Betrieb Bauarbeiten geleistet, die in der BaubetrVO genannt sind, so entfällt die Umlagepflicht des Arbeitgebers nicht, wenn er in seinem Betrieb nur einen Teil der für die bezeichnete Gruppe (Zweig) typischen Arbeiten ausführt, die nicht förderungsfähig sind. Etwas anderes gilt nur, wenn solche Arbeiten typisch für eine Gruppe von Baubetrieben oder eines Zweiges des Baugewerbes sind, in denen nur spezielle Bauarbeiten ausgeführt werden, die zwar unter generelle Umschreibungen der BaubetrVO'en fallen, ihrer besonderen Art nach aber in der Schlechtwetterzeit nicht gefördert werden können. Erfaßt allerdings die BaubetrVO eine Gruppe oder Einheit von Betrieben, die insgesamt nicht die Voraussetzungen erfüllt, unter denen die PWF gewährt wird, dh in denen die ganzjährige Beschäftigung nicht gefördert werden (§ 74 Abs 1 AFG), also die Betriebstätigkeit belebt werden kann (§ 76 Abs 2 AFG), so ist die Einbeziehung einer solchen Gruppe oder eines solchen Zweiges von der Ermächtigung des § 76 Abs 2 AFG nicht erfaßt und deshalb rechtsunwirksam (vgl insoweit schon BSG in SozR 4100 § 186a Nr 4).

Ob diese Voraussetzungen bei Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus erfüllt sind, deren Betriebszweck das Anlegen von Schutzpflanzungen aller Art ist (§ 1 Abs 1 Nr 2 e BaubetrVO vom 19. Juli 1972; § 1 Abs 4 Nr 5 BaubetrVO vom 28. Oktober 1980), hat das LSG nicht ausreichend festgestellt. Es mag allgemeiner Erfahrung entsprechen, daß in der Förderungszeit vom 1. Dezember bis 31. März des folgenden Jahres (§ 75 Abs 2 Nr 1 AFG) nicht völlige Vegetationsruhe herrscht und, soweit es die Witterung - vor allem die Durchfrierung des Bodens - erlaubt, gepflanzt werden kann und nicht, wie die Klägerin meint, in dieser Zeit Pflanzarbeiten schlechterdings unmöglich sind. Eine Förderung, wie sie die PWF bezweckt, ist aber dann nicht möglich, wenn es die Witterung in dieser Zeit nur ausnahmsweise und kurzfristig erlaubt, derartige Arbeiten auszuführen, dh der wesentliche Teil der Betriebstätigkeit, durch die Natur der Sache bedingt, außerhalb dieser Zeit - wie die Klägerin behauptet im Sommer und Herbst - geleistet werden muß, und auch mit Mitteln der PWF eine ganzjährige Beschäftigung der Arbeitnehmer nicht wesentlich gefördert werden kann (SozR 4100 § 186a Nr 4). Dabei kommt es, wie oben ausgeführt, nicht auf die individuelle Gestaltung des einzelnen Betriebes an, sondern auf die Umstände, unter denen alle in der genannten Gruppe (oder dem Zweig) zusammengefaßten Betriebe typischerweise arbeiten. Maßgebend ist daher nicht, daß die Klägerin etwa öffentliche Aufträge im Rahmen der Flurbereinigung ausführt, die für die Förderungszeit nicht vergeben werden. Diese Tatsache könnte nur dann eine gewisse Beweiswirkung für eine Unmöglichkeit der Förderung haben, wenn die Betriebstätigkeiten der in der BaubetrVO umschriebenen Gruppe nur von Aufträgen bestimmter Auftraggeber abhängig sind, wie etwa Straßenmarkierungsarbeiten, die naturgemäß nur von Straßenbauämtern vergeben werden. Das trifft aber für "Schutzpflanzungen aller Art" nicht zu. Ebensowenig ist entscheidend, daß die Klägerin nur in ungünstigen, besonders frostgefährdeten Lagen arbeitet. Denn die Ermächtigung zur typisierenden und generalisierenden Umschreibung der förderungsfähigen Betriebe in § 76 Abs 2 AFG erlaubt es, Gruppen von Betrieben oder von Zweigen der Bauwirtschaft nach der Art ihrer Tätigkeit zu umschreiben und damit die Solidargemeinschaft der umlagepflichtigen Betriebe zu umreißen, ohne Rücksicht darauf, ob einzelne Betriebe förderungsfähig sind oder nicht.

Das LSG wird also klären müssen, ob Betriebe, die "Schutzpflanzungen aller Art" anlegen, im gesamten Geltungsbereich des AFG grundsätzlich gehindert sind, während der Förderungszeit ihre Betriebstätigkeit in wirtschaftlich nennenswertem Umfang aufrechtzuerhalten, und daran mit Mitteln der PWF nichts geändert werden kann. Welche Rolle in diesem Zusammenhang der Zaunbau spielt, wird ebenfalls zu überprüfen sein. Aus der Feststellung, 50 % der Kosten des Betriebes der Klägerin entfielen hierauf, lassen sich jedenfalls keine Schlüsse darauf ziehen, dieser Teil der Tätigkeit sei der prägende Teil der Betriebstätigkeit. Ebensowenig aber auch, "diese Bautätigkeit" sei in jedem Falle in der Schlechtwetterzeit förderungsfähig. Wenn der Zaunbau von seinem tatsächlichen Umfang her die die Betriebstätigkeit bestimmende Tätigkeit ist, wäre zu untersuchen, ob die Klägerin dann überhaupt einer in den BaubetrVO'en bestimmten Gruppe angehört.

Falls das LSG die Förderungsfähigkeit in dem genannten Sinne bejaht, wird festzustellen sein, ob sie in der mit den angefochtenen Bescheiden geforderten Höhe umlagepflichtig ist. Diese Feststellung hat das LSG bisher nicht getroffen. Daß die Klägerin die Höhe der Forderung bisher nicht bestritten hat, hat seinen Grund darin, daß sie die Forderung dem Grunde nach bestreitet, und insoweit kein Anlaß bestand, zu der Höhe Stellung zu nehmen. Eine Schätzung ist zwar, wenn sich Einzelfeststellungen über die maßgeblichen Lohnsummen nicht mehr treffen lassen - aber auch nur dann - zulässig. Die Schätzung muß sich aber an den tatsächlichen Umständen orientieren.

Nicht rechtserheblich ist, daß die Beklagte die nicht verjährten Umlagen nachgefordert hat. Darin liegt, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, kein der Geltendmachung der Forderung entgegenstehender Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Die Träger der Sozialversicherung sind nach allgemeinen Grundsätzen verpflichtet, den gesetzmäßigen Zustand möglichst auch für die Vergangenheit herzustellen; denn jede Nichterhebung von Abgaben im Sozialversicherungsbereich führt zu einer gesetzlich nicht gewollten Lastenverschiebung innerhalb der Versichertengemeinschaft. Von jeher hat die Rechtsprechung - auch schon die des früheren Reichsversicherungsamts - die Auffassung vertreten, daß Beiträge im Rahmen der Verjährungsfristen unbeschränkt nachzufordern sind. Der Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben kann solchen Nachforderungen nur dann entgegengehalten werden, wenn der Versicherungsträger dazu beigetragen hat, daß die Beiträge nicht oder in zu geringer Höhe entrichtet worden sind (vgl SozR 4100 § 186a Nr 17 mwN). Eine Verwirkung des Rechts der Nachforderung der Umlage erfordert besondere Umstände, die nur dann vorliegen, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten - hier der Beklagten - darauf vertrauen durfte, daß dieser die Forderung nicht mehr geltend machen werde, der Verpflichtete tatsächlich hierauf vertraut hat und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, daß ihm durch die verspätete Inanspruchnahme ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Hierfür liegen bei der Klägerin keine Anhaltspunkte vor. Auch wenn sie ihre gesetzliche Umlagepflicht nicht kannte, befreite sie das nicht von der Nachentrichtung. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 der Winterbau-Umlageverordnung (Winterbau-UmlVO) vom 13. Juli 1972 (BGBl I 1201), zuletzt geändert durch Verordnung vom 15. Juni 1981 (BGBl I 532) hat nämlich der Arbeitgeber Beginn und Ende der Umlagepflicht der Bundesanstalt für Arbeit (BA) unverzüglich zu melden. Dies ist erforderlich, damit die BA den umlagepflichtigen Personenkreis erfassen kann. Die Meldepflicht besteht nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Umlagebeträge über eine gemeinsame Einrichtung abführt und die BA mit dieser ein vereinfachtes Abrechnungsverfahren vereinbart hat. Das war hier nicht der Fall, so daß die Klägerin selbst nach § 4 Abs 1 Satz 1 der Winterbau-UmlVO bei einer Zugehörigkeit ihres Betriebes zum Kreis der unter § 186a AFG fallenden Betriebe meldepflichtig war. Unterläßt der Arbeitgeber die Meldung in der - unrichtigen - Annahme nicht umlagepflichtig zu sein, so kann er sich bei späterer Feststellung der Umlagepflicht und bei Nachforderungen der Umlage nicht auf Treu und Glauben berufen. Das folgt aus der Eigenart des hierfür entwickelten Verfahrens. Die BA kann nämlich ohne entsprechende Meldung den umlagepflichtigen Personenkreis regelmäßig nicht erfassen und damit auch nicht die jeweils anfallenden Umlagebeträge anfordern.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1661688

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