Leitsatz (amtlich)
BU iS des RKG § 35 ist auch dann anzunehmen, wenn eine Tätigkeit, die ein Versicherter nach dem Erwerbe neuer Kenntnisse und Fähigkeiten in einem knappschaftlichen Betriebe ausüben kann, seiner bisher verrichteten Tätigkeit gegenüber zwar im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig, aber nicht im wesentlichen gleichartig ist.
Leitsatz (redaktionell)
Die Berufe Schlepper im Bergbau und Büroangestellter bei einer Stadtverwaltung sind nicht gleichartig iS des Gesetzes.
Normenkette
RKG § 35
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 1955 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I Der 1920 geborene Kläger war von 1935 bis 20. März 1940 im Ruhrkohlenbergbau beschäftigt, und zwar als Bergjungmann, Schlepper im Schichtlohn und vom 1. Mai 1939 ab als Gedingeschlepper; während dieser Zeit war er bei der Beklagten knappschaftlich versichert. Er wurde anschließend (26.3. bis 15.10.1940) als Hilfsarbeiter zum Hüttenbetrieb der Dortmunder Union dienstverpflichtet und vom 16. Oktober 1940 an zum Wehrdienst eingezogen. Als Soldat verlor er im August 1941 durch Verwundung den rechten Arm im Schultergelenk; hierfür bezieht er auch jetzt noch eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) von 80 v. H.
Durch Bescheid vom 31. Mai 1943 gewährte die Beklagte dem Kläger - rückwirkend von 1941 - wegen der Folgen seiner Kriegsverletzung die Knappschaftsvollrente mit dem Rentenanteil der Invalidenversicherung für die Zeit als Hüttenarbeiter.
Nach dem Kriege nahm der Kläger Arbeit bei der Stadtverwaltung Dortmund auf, zunächst (1946 bis 1952) als Pförtner, seit 1953 als Büroangestellter mit einfachsten Arbeiten bei der Städtischen Berufsfeuerwehr. Die von der Beklagten im Jahre 1953 gehörten ärztlichen Gutachter stellten fest, eine Besserung, die medizinisch die Annahme rechtfertige, daß keine Berufsunfähigkeit mehr vorliege, sei nicht eingetreten; dagegen sei der Kläger infolge Gewöhnung nicht mehr als invalide anzusehen. Die Beklagte entzog darauf dem Kläger durch Bescheid vom 11. Februar 1954 die ihm gewährte Rente. Sie ging dabei davon aus, daß der Kläger auf Grund seiner neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auch im Bergbau als Pförtner oder Bürohilfskraft tätig sein könne und als solcher eine seiner Haupttätigkeit, als die sie den "Schlepper im Schichtlohn" betrachtete, im wesentlichen gleichwertige Tätigkeit verrichten könne; Invalidität liege wegen Anpassung und Gewöhnung ebenfalls nicht mehr vor.
Auf den vom Kläger hiergegen erhobenen Widerspruch bestätigte die Widerspruchsstelle für Angestellte der Beklagten durch Bescheid vom 18. März 1954 die Entziehung. Auch mit seiner Klage vor dem Sozialgericht in Dortmund hatte der Kläger keinen Erfolg.
Im Berufungsverfahren erkannte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Gewährung der Knappschaftsrente bis zum 31. März 1955 an, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt das vom Kläger als Angestellter in knappschaftlichen Betrieben erreichbare Einkommen noch nicht als gleichwertig ansah, während der Kläger seinerseits seine Klage auf die Gewährung der Knappschaftsrente über den genannten Zeitpunkt hinaus beschränkte.
Das Landessozialgericht sprach in dem angefochtenen Urteil vom 2. Juni 1955 dem Kläger die Knappschaftsrente auch über den 31. März 1955 zu; es geht davon aus, daß der Kläger sich neue Kenntnisse und Fertigkeiten angeeignet habe, die ihn befähigten, einfache Büroarbeiten zu verrichten und erblickt hierin auch eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers. Es legt jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts - als "Hauptberuf" die Tätigkeit als Gedingeschlepper zugrunde. Der Wehrdienst habe sich zwar nicht unmittelbar an die Tätigkeit als Gedingeschlepper angeschlossen, trotzdem müsse der Kläger aber behandelt werden, wie wenn dies der Fall gewesen sei. Die Dienstverpflichtung habe als ein zwangsweiser Eingriff in die an sich ordnungsmäßig laufende bergmännische Berufsausbildung des Klägers eingewirkt und diese unterbrochen. Unter entsprechender Anwendung der sich aus § 1263 a der Reichsversicherungsordnung (RVO) ergebenden Grundsätze müsse demnach die Gedingeschleppertätigkeit als die vom Kläger im Sinne des § 35 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) "bisher verrichtete Tätigkeit" angesehen werden. Die dem Kläger in Bergbaubetrieben - auch gesundheitlich - noch zumutbare Tätigkeit als Angestellter in Gehaltsklasse C des Bergbauangestelltentarifs sei dem Gedingeschlepper zwar nicht gleichartig. Diese Voraussetzung halte das Landessozialgericht jedoch für den Fall, daß der Versicherte Kenntnisse und Fertigkeiten erworben habe, die ihn zu einer andersartigen, aber wirtschaftlich gleichwertigen Tätigkeit befähigten, in ständiger Rechtsprechung unter Berufung auf die Grundsätzlichen Entscheidungen des Reichsversicherungsamts Nr. 3201 vom 16. März 1928 (AN. 1928 S. 238) und Nr. 3664 vom 22. November 1929 (AN. 1930 S. 90) nicht für erforderlich. Für die Prüfung der Gleichwertigkeit will das Landessozialgericht, entgegen der Grundsätzlichen Entscheidung Nr. 3201, die in derartigen Fällen verlangte, daß die andersartige Tätigkeit mindestens gleichwertig sei, es unter Berufung auf seine eigene ständige Rechtsprechung ausreichen lassen, wenn die neue zumutbare Arbeit dem Hauptberuf gegenüber im wesentlichen gleichwertig ist.
Bei der Durchführung des Lohnvergleichs legt das Landessozialgericht unter eingehender Begründung den tariflich festgelegten Gedingerichtsatz eines Gedingeschleppers und nicht den tatsächlichen Durchschnittslohn und auf der anderen Seite das für den Kläger in Frage kommende Angestelltengehalt der Gruppe C zugrunde. Es lehnt es sodann ab, das tariflich den kaufmännischen Angestellten zustehende Wohnungsgeld als Teil des Einkommens in den Vergleich einzubeziehen und kommt damit zu einem Einkommensunterschied von 37 bis 44 v. H.; unter diesen Umständen verneint es die wesentliche Gleichwertigkeit der nach Gehaltsklasse C vom Kläger verrichtbaren Arbeit mit der Tätigkeit als Gedingeschlepper.
Das Landessozialgericht hat die Revision gegen sein am 8. Juli 1955 zugestelltes Urteil zugelassen.
II Die Beklagte hat unter Stellung eines Antrags am 20. Juli 1955 Revision eingelegt und diese am 5. September 1955 begründet. Sie rügt eine Verletzung des § 35 RKG in mehrfacher Beziehung. Zunächst sei das Landessozialgericht rechtsirrig von der Tätigkeit als Gedingeschlepper als Hauptberuf ausgegangen. Der Übergang des Klägers zur Tätigkeit als Hilfsarbeiter in einem Hüttenwerk stelle jedoch keinen erzwungenen "Berufswechsel" dar, der allein dazu berechtigen könnte, bei der Feststellung des Hauptberufs von den sonst üblichen Grundsätzen abzuweichen. Das Reichsversicherungsamt habe in seinen Grundsätzlichen Entscheidungen Nr. 5413 vom 22. November 1940 (AN. 1941 S. 110) und Nr. 5470 vom 26. November 1941 (AN. 1942 S. 203) unmißverständlich klargestellt, daß einzig gesundheitliche Gründe einen Berufswechsel in dem gedachten Sinne zwingend erscheinen ließen. Als bisher verrichtete Tätigkeit könne nur diejenige Tätigkeit angesehen werden, die der Versicherte zuletzt nicht nur kurze Zeit, d. h. jedenfalls mindestens etwa zwei Jahre ausgeübt habe. Da der Kläger erheblich kürzer als Gedingeschlepper tätig gewesen sei, müsse vom "Schlepper im Schichtlohn" ausgegangen werden.
Weiter müsse das Wohnungsgeld als echter Einkommensbestandteil berücksichtigt werden. Daraus ergebe sich für die Zeit nach dem 1. April 1955 die fast völlig gleiche Höhe beider Einkommen; die gedachten Tätigkeiten seien daher als im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig anzusehen.
Die körperlichen und geistigen Verhältnisse hinderten den Kläger im übrigen auch nicht, andere im Verhältnis zum "Schlepper im Schichtlohn" im wesentlichen gleichartige und wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten wie Pförtner, Bote, Markenausgeber, Magazinarbeiter oder Telefonist zu verrichten. Selbst wenn aber mit dem Landessozialgericht von dem Gedingeschlepper als Hauptberuf auszugehen sei, ergebe der Lohnvergleich vom 1. April 1955 an unter Einrechnung des Wohnungsgeldes nur einen dem Kläger zumutbaren Lohnabfall von 22,66 v. H.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt demgegenüber, die Revision gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, ihm die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Er hält das angefochtene Urteil in jeder Beziehung für zutreffend; entgegen der Auffassung der Beklagten sei jedenfalls ein Lohnabfall von mehr als 20 v. H. nicht mehr zumutbar.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig. Sie ist statthaft, da das Landessozialgericht sie zugelassen hat.
Die Revision ist nicht begründet.
I Das Landessozialgericht geht in seinem Urteil, auch wenn es dies nicht ausdrücklich hervorhebt, davon aus, daß der Kläger nicht mehr in der Lage ist, seine frühere Tätigkeit als Schlepper - gleichgültig ob im Gedinge oder im Schichtlohn - auszuüben, so daß Berufsfähigkeit nur dann weiter anzunehmen sei, wenn er auf die nach § 35 RKG in Frage kommenden anderen Arbeiten in knappschaftlichen Betrieben verwiesen werden könne. Dieser Ausgangspunkt, den auch keine der Parteien angreift, erscheint rechtlich zutreffend. Wenn das Landessozialgericht seinen weiteren Überlegungen die Gedingeschleppertätigkeit als die vom Kläger bisher verrichtete knappschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 35 RKG zugrunde legt, so ist auch diese Auffassung nicht zu beanstanden. Hierbei ist von den vom erkennenden Senat in seinem Urteil vom 9. Februar 1956 (BSG 2 S. 182) aufgestellten Grundsätzen, die auch für den vorliegenden Fall zutreffen, auszugehen. Danach ist zu untersuchen, welche von den verschiedenen Tätigkeiten die eigentliche Berufstätigkeit des Versicherten darstellt. Der Kläger hat seit seiner ersten Anlegung im Bergbau im wesentlichen den für die damaligen Verhältnisse üblichen beruflichen Entwicklungsgang des Gedingearbeiters genommen. Nach einer Tätigkeit von etwas weniger als zwei Jahren als Bergjungmann war er etwas über zwei Jahre Schlepper im Schichtlohn und daran anschließend Schlepper im Gedinge. Die Gedingetätigkeit wurde verhältnismäßig bald - nach 11 Monaten - durch die Dienstverpflichtung in den Hüttenbetrieb beendet. Später ist der Kläger nicht mehr in den Bergbau zurückgekehrt.
Diese Entwicklung spricht deutlich dafür, daß die Gedingetätigkeit das angestrebte und - gerade noch - das erreichte Berufsziel des Klägers war. Allerdings hat er diese Tätigkeit sehr bald wieder aufgeben müssen. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß der Kläger sich damals bereits endgültig von dem Beruf des Gedingearbeiters im Bergbau gelöst hätte. Die Form, in der die bergmännische Tätigkeit des Klägers ihr Ende fand, die von ihm ohne ernstliche Möglichkeit eines erfolgreichen Widerspruchs hinzunehmende, zwangsweise durch staatliche Organe erfolgte Dienstverpflichtung zu einer außerhalb des Bergbaus liegenden Tätigkeit, ist eindeutig gerade nicht auf den freiwilligen Entschluß des Klägers zurückzuführen. Es ist vielmehr bei dem gegebenen Sachverhalt davon auszugehen, daß der Kläger während der Zeit jener dienstverpflichteten Tätigkeit ebenso wie während des anschließenden Wehrdienstes stets beabsichtigte, die bergmännische Gedingetätigkeit wieder aufzunehmen, sobald ihm dies möglich würde; während dieser ganzen Zeit muß daher als seine eigentliche Berufstätigkeit immer noch die Gedingetätigkeit angesehen werden. Erst mit der Verwundung mußte der Kläger, und nun allerdings auch endgültig, auf die Wiederaufnahme der Gedingearbeit verzichten. Diese endgültige Lösung von seinem Beruf ist mithin aus gesundheitlichen Gründen wegen des Armverlustes erfolgt und muß nach den in der oben aufgeführten Entscheidung (BSG. 2 S. 182) aufgestellten Grundsätzen für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit nach § 35 RKG außer Betracht bleiben. Im Ergebnis ist daher der Ansicht des Landessozialgerichts zuzustimmen, ohne daß auf die sich auf § 1263 a RVO stützenden Erwägungen des Landessozialgerichts näher eingegangen zu werden braucht.
Das Landessozialgericht hat nicht ausdrücklich dazu Stellung genommen, ob der Kläger etwa wieder imstande ist, andere im wesentlichen gleichartige und wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlichen Betrieben auszuüben, sondern sich einzig auf die Prüfung der Möglichkeit einer Verweisung auf die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten beschränkt. Die Beklagte, die von dem Beruf eines Schichtlohnschleppers ausgeht, hält den Kläger für fähig, wieder Pförtnerdienste oder tariflich gleich oder geringer eingereihten Tätigkeiten zu verrichten. Tatsächlich ist der Kläger nach dem Kriege auch längere Zeit als Pförtner tätig gewesen. Es bedarf keiner besonderen Begründung, daß alle derartigen Tätigkeiten unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit auszuscheiden haben, sobald man nicht vom Schlepper im Schichtlohn, sondern wie das Landessozialgericht vom Gedingeschlepper ausgeht, denn dieser Tätigkeit sind die unter Lohngruppe IV und V über Tage fallenden Tätigkeiten offensichtlich nicht gleichwertig. Wenn das Landessozialgericht die Frage dieser Verweisungsmöglichkeit nicht ausdrücklich untersucht hat, ist darin eine Rechtsverletzung nicht zu erblicken.
II Soweit die Entziehung der Knappschaftsrente auf die Fähigkeit des Klägers gestützt wird, als kaufmännischer Angestellter in einem knappschaftlichen Betrieb tätig zu sein, hat das Landessozialgericht sich der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts angeschlossen, diese Entziehung sei auch dann möglich, wenn der Versicherte infolge des Erwerbs neuer Kenntnisse und Fertigkeiten imstande ist, eine zwar andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit auszuüben. Es hat aber die Gleichwertigkeit unter Annahme der Gedingeschleppertätigkeit als knappschaftlichen Hauptberuf verneint, weil das Angestelltenwohnungsgeld nicht zu berücksichtigen sei. Im Ergebnis ist diese Auffassung des Landessozialgerichts, daß der Kläger nicht auf die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten nach Gehaltsklasse C verwiesen werden könne, nicht zu beanstanden, jedoch bereits aus dem Grunde, weil entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts auch in Fällen wie dem vorliegenden nicht darauf verzichtet werden kann, daß die beiden in Frage kommenden Tätigkeiten einander im wesentlichen auch gleichartig sein müssen.
Die vom Gesetzgeber erst durch die Verordnung vom 7. Mai 1934 in den § 35 RKG aufgenommene Legaldefinition des Begriffs der Berufsunfähigkeit im Sinne des RKG stimmt wörtlich mit der Begriffsbestimmung überein, die durch die Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts entwickelt worden ist und die in der Entscheidung Nr. 3049 (AN. 27 S. 306) ihre endgültige Fassung fand. Diese Entscheidung führte zur Berufsfähigkeit aus:
"...Dabei ist nicht allein die bisher verrichtete Tätigkeit in Betracht zu ziehen, sondern die Berufsgruppe, d. h. der ganze Kreis der etwa gleichartigen und wirtschaftlich gleichwertigen, von Personen ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftsversicherungspflichtigen Betrieben ausgeübten Tätigkeiten. Das entspricht der Erwägung, daß im Fall der Berufsunfähigkeitsversicherung dem Versicherten eine Berufsumstellung in den bezeichneten Grenzen vor der Gewährung der Hilfe zugemutet werden kann (zu vgl. § 30 Abs. 1 Satz 2 AVG und Revisionsentscheidung Nr. 2866 AN. 25 S. 228 und weitergehend die Voraussetzungen der Leistung der JV.). Denn die Berufsunfähigkeitsversicherung hat eine dauernde Hilfe zum Gegenstand - anders als die Krankenversicherung - wo die Krankenhilfe ... nur die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ins Auge fassen kann...".
Hiernach wird man als damalige Auffassung des Reichsversicherungsamts, die der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 35 RKG übernommen hat, annehmen müssen, daß jedenfalls nicht alle der Knappschaftsversicherungspflicht unterliegenden Tätigkeiten als einander im wesentlichen gleichartig anzusehen sind. Wäre dies der Fall, so entfiele jede Notwendigkeit, das Erfordernis der Gleichartigkeit überhaupt aufzustellen und später gesetzlich ausdrücklich vorzuschreiben. Da ohnehin aus allgemein versicherungsrechtlichen Gründen eine Verweisung auf andere als der knappschaftlichen Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeiten nicht zulässig wäre. Der Begriff der Gleichartigkeit soll es also ermöglichen, innerhalb des gesamten knappschaftlich versicherten Personenkreises unter besonderer Berücksichtigung des Ausbildungsganges und der Art der Tätigkeit der Versicherten im Gesamtgeschehen des Betriebes nach ihrer Artverwandtschaft Untergruppen zu bilden. Mit Hilfe dieser so gewonnenen Einteilung soll im Rahmen der knappschaftlichen Versicherung als einer typischen Berufsversicherung alsdann ermittelt werden können, welche Tätigkeiten dem einzelnen Versicherten aus dieser Gesamtbetrachtung heraus noch als artentsprechend zugemutet werden können.
III Wird mit dem Erfordernis der Gleichartigkeit aber dieser besondere Zweck verfolgt, so ergibt sich weiter die Frage, ob rechtlich tragende Gründe bestehen, in Fällen wie dem vorliegenden von dem gesetzlich vorgeschriebenen Erfordernis der "Gleichartigkeit" der Vergleichstätigkeit abzusehen.
Bei dieser Prüfung ist auszugehen von der Entscheidung Nr. 3201 vom 16. März 1928 (AN. 28 S. 238), in der das Reichsversicherungsamt es erstmals für zulässig erklärt, eine Knappschaftsinvalidenpension ohne Berücksichtigung der Gleichartigkeit schon dann zu entziehen, wenn in den Verhältnissen des Versicherten dadurch eine Änderung eingetreten ist, daß dieser sich "nach der Bewilligung der Pension neue Kenntnisse und Fertigkeiten angeeignet hat, die ihn befähigen, eine von seiner früheren Berufstätigkeit verschiedene Tätigkeit in einem knappschaftlichen Betrieb - sei es eine Arbeiter- oder Angestelltentätigkeit - auszuüben, sofern diese nur der früheren Berufstätigkeit wirtschaftlich zum mindesten gleichwertig ist."
Zur Begründung verweist das Reichsversicherungsamt auf seine auf dem Gebiet der Invalidenversicherung entwickelte Rechtsprechung, nach der der Erwerb neuer Fähigkeiten oder Fertigkeiten eine die Entziehung der Invalidenrente rechtfertigende Änderung der Verhältnisse des Versicherten darstelle.
Von den Entscheidungen, auf die das Reichsversicherungsamt in seiner Entscheidung Nr. 3201 in dieser Hinsicht Bezug nimmt, klärt die Entscheidung Nr. 1074 (AN. 1903 S. 539) zunächst die Vorfrage, ob der Erwerb einer neuen Fähigkeit überhaupt eine Veränderung der geistigen oder körperlichen Verhältnisse darstellen könne. Die Entscheidung Nr. 1244 (AN. 06 S. 278) begründet sodann für die Invalidenversicherung die Ansicht, daß eine derartige Veränderung der Verhältnisse die Entziehung der Invalidenrente rechtfertigen könne, folgendermaßen: "Der Versicherte ist nicht gegen den Verlust derjenigen bestimmten Fähigkeiten, die er nach seiner ursprünglichen Ausbildung und seinem Beruf besaß, versichert, sondern gegen die Unfähigkeit, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen gewissen Betrag zu verdienen, der sich nach dem Durchschnittslohn gleichartiger Personen in derselben Gegend richtet. Hat sich also der Rentenempfänger neue Fähigkeiten angeeignet, die ihn in den Stand setzen, die Mindestverdienstgrenze zu erreichen, so werden sie bei der Prüfung der Frage, ob eine Veränderung im Sinne der gedachten Bestimmung eingetreten ist, nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Dies gilt auch dann, wenn der Rentenempfänger die Kosten der Ausbildung für einen neuen Beruf selbst bestritten hat. Denn wenn das Gesetz den Rentenempfängern auch nicht die Pflicht auferlegt hat und auch nicht auferlegen konnte, sich ein neues Erwerbsgebiet zugänglich zu machen, so erscheint doch aus sittlichen Gründen die Erwartung gerechtfertigt, daß der Rentenempfänger bemüht sein werde, die ihm verbliebene Arbeitskraft tunlichst zu verbessern, und es würde den Rahmen der gebotenen sozialen Fürsorge überschreiten, wenn auch dem, der dieses Ziel erreicht hat, die Rente weiter gewährt werden müßte."
Die Entscheidung Nr. 2647 (AN. 21 S. 334) schließlich hält ausdrücklich an den eben dargestellten Grundsätzen fest und ergänzt sie durch den Hinweis, daß ein Versicherter, der eine der Versicherungspflicht nicht unterliegende Tätigkeit ausübe, auf diese im allgemeinen nicht verwiesen werden könne, daß eine derartige Tätigkeit aber insoweit verwertet werden könne, als sie den Schluß nahelege, daß der Versicherte eine entsprechende Tätigkeit auch in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu entfalten vermöge.
Eine auf die Besonderheiten der knappschaftlichen Versicherung eingehende Begründung dafür, warum das Reichsversicherungsamt die vorstehend dargestellten, für die Invalidenversicherung entwickelten Grundsätze auch auf Empfänger von Knappschaftspensionen für anwendbar hielt, wird in der Entscheidung Nr. 3201, auf der die gesamte weitere Entwicklung und Rechtsprechung aufbaut, nicht gegeben. Das Reichsversicherungsamt begnügt sich damit, die tragenden Ausführungen der Entscheidung Nr. 1244 wörtlich nochmals zu wiederholen und dazu zu bemerken, der darin enthaltene Gedanke treffe auch auf das der Invalidenversicherung verwandte Gebiet der knappschaftlichen Pensionsversicherung zu, so daß keine Bedenken bestünden, ihn auch für die Auslegung des (damaligen) § 88 RKG zu benutzen.
An dieser Rechtsprechung hat das Reichsversicherungsamt - ohne eine sachliche Überprüfung oder eine neue Begründung seiner Auffassung vorzunehmen - stets, auch für das RKG n. F. unverändert festgehalten (vgl. z. B. Entscheidung 3614 AN. 30 S. 90; Entscheidung 5126 AN. 37 S. 278).
Dieser Auffassung entspricht auch die Entscheidung Nr. 5126 (AN. 37 S. 278), nach der umgekehrt Berufsfähigkeit immer dann anzunehmen ist, wenn ein Rentenbewerber die entsprechenden Fähigkeiten bereits vor dem für die Pensionierung in Frage kommenden Zeitpunkt erworben und später beibehalten hat; in diesen Fällen darf nach der Auffassung des Reichsversicherungsamts eine Knappschaftspension (bzw. -rente) nicht gewährt werden, auch wenn für den tatsächlich ausgeübten Beruf - für sich allein betrachtet - Berufsunfähigkeit bestünde.
Als Vergleichstätigkeit anzusehen ist, wenn es sich nicht um einen Berufswechsel innerhalb des Rahmens der knappschaftsversicherungspflichtigen Tätigkeiten handelt, nach dieser ständigen Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts die vor dem Berufswechsel ausgeübte knappschaftlich versicherte Tätigkeit (AN. 30 S. 90).
Ihr gegenüber zu stellen ist die Beschäftigung, zu der der Versicherte nach Erwerb seiner neuen Fähigkeiten im Rahmen der der knappschaftlichen Versicherung unterliegenden Beschäftigungsmöglichkeiten fähig ist, wobei - entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts - das Reichsversicherungsamt in allen Entscheidungen, auf die es sich laufend bezieht, stets das Erfordernis aufgestellt hat, der Vergleich müsse ergeben, daß die neue zumutbare Tätigkeit mindestens wirtschaftlich gleichwertig sei (Entscheidungen AN. 28, 238; AN. 30, 90; AN. 37, 278; auch AN. 41 S. 109 Nr. 5412).
In der zuletzt genannten Entscheidung Nr. 5412 wird aus der durch § 82 des Ausbaugesetzes vom 21. Dezember 1937 mit Wirkung vom 1. Januar 1938 eingeführten Beschränkung der knappschaftlichen Versicherungspflicht auf die mit wesentlich bergmännischen Arbeiten beschäftigten Angestellten gefolgert, daß eine Verweisung auf sonstige Angestelltentätigkeiten nicht mehr zulässig sei. Dieser Auffassung ist die Praxis bis zum Fortfall der genannten Beschränkung durch § 7 des Knappschaftsversicherungsanpassungsgesetzes (in Kraft getreten am 1.6.1949) allgemein gefolgt.
IV Die frühere ständige Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts beruht demnach nur auf der Entscheidung Nr. 3201. Allein auf ihr baut seine ganze folgende Rechtsprechung auf; auf sie gehen die zahlreichen weiteren Entscheidungen (insbesondere der Jahre 1930 ff.) zurück, die sich darüber verhalten, welche Tätigkeiten außerhalb des Bergbaus als mindestens gleichwertig anzusehen sind gegenüber solchen im Rahmen knappschaftlicher Betriebe.
Aus der Entscheidung Nr. 3201 läßt sich jedoch für die hier streitige Frage so gut wie nichts entnehmen, da sie ihre Auffassung einzig mit dem Hinweis auf die sittliche Pflicht des Klägers begründet, seine noch verbliebene Arbeitskraft tunlichst zu nutzen und auf die Erwägung, daß der Rahmen der gebotenen sozialen Fürsorge überschritten werde, wenn die Rente auch dem gezahlt würde, der dieses Ziel - anderweitige Nutzung seiner Arbeitskraft - erreicht habe.
Dabei übersieht das Reichsversicherungsamt jedoch, daß es bei der grundlegenden Entscheidung Nr. 1244 für die Invalidenversicherung, in der es die eben angedeuteten Erwägungen erstmals anstellte, ausdrücklich vorweg darauf hingewiesen hatte, daß das versicherte Risiko in der Invalidenversicherung nicht der Verlust bestimmter Fähigkeiten, die der Versicherte nach seiner ursprünglichen Ausbildung und seinem Beruf besaß, sondern die Unfähigkeit ist, noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einen bestimmten, am Durchschnittslohn gleichartiger Personen ausgerichteten Betrag zu verdienen. Gerade diese Überlegung, daß die Invalidenversicherung grundsätzlich nur darauf abstellt, daß der Versicherte eine bestimmte Mindestverdienstgrenze erreicht, ist es, die die weitere Begründung der Entscheidung 1244 allein zu tragen vermag, daß im Rahmen jener Versicherung auch eine spätere Erwerbstätigkeit auf einem neuen Gebiet anzurechnen sei. Demgegenüber handelt es sich bei der Knappschaftspension (-rente) um eine typisch für einen Berufsinvaliden gewährte Leistung, bei der gerade das als versichertes Risiko in Frage kommt, was das Reichsversicherungsamt in der Entscheidung 1244 als Risiko der Invalidenversicherung ausdrücklich ausschließt.
Man wird daher die vom Reichsversicherungsamt seiner Entscheidung Nr. 3201 gegebenen Gründe nicht als ausreichend dafür ansehen können, auf das Erfordernis der wesentlichen Gleichartigkeit bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit im Sinne des RKG zu verzichten.
Immerhin ist diese Entscheidung zu einer Zeit ergangen, in der der Begriff der Berufsunfähigkeit gesetzlich noch nicht definiert war; das Reichsversicherungsamt war daher damals nicht unbedingt genötigt, in seiner Entscheidung neben der Gleichwertigkeit auch die Gleichartigkeit zu fordern, wenn dies auch deshalb nahegelegen hätte, weil die Entscheidung Nr. 3049 die später als gesetzliche Fassung übernommene Begriffsbestimmung für die Berufsunfähigkeit gerade ein Jahr vorher festgelegt hatte.
V Nachdem jedoch im Jahre 1934 der Begriff der "Gleichartigkeit" gesetzliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Verweisung auf andere Tätigkeiten geworden war, war das Reichsversicherungsamt nicht mehr frei in der Auslegung des Begriffs "Berufsunfähigkeit", sondern mußte nunmehr die ursprünglich von ihm geprägte Begriffsbestimmung als geltendes Recht zugrunde legen; in diesem Zeitpunkt wurde daher eine neue Auseinandersetzung mit dem erörterten Problem an sich unvermeidbar; sie unterblieb jedoch; in seiner Entscheidung Nr. 5126 (AN. 37 S. 278) erklärte das Reichsversicherungsamt vielmehr ohne weitere Begründung nur, daß es an seiner bisherigen Rechtsprechung auch bei Anwendung des - ebenfalls 1934 neu eingeführten - § 54 RKG festhalte.
Nach § 54 RKG in Verbindung mit § 1293 RVO ist die Knappschaftsrente zu entziehen, wenn der Berechtigte infolge einer wesentlichen Änderung in seinen Verhältnissen nicht mehr berufsunfähig ist. In dem Erwerb neuer Kenntnisse und Fertigkeiten liegt - insoweit kann der früheren Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts unbedenklich gefolgt werden - häufig eine wesentliche Änderung der Verhältnisse des Berechtigten. Nicht gesagt ist damit jedoch - und das scheint zum Teil unterstellt zu werden -, daß schon infolgedessen keine Berufsunfähigkeit mehr vorläge. Es lassen sich vielmehr zahlreiche Fälle denken, in denen zwar eine wesentliche Änderung der Verhältnisse des Versicherten durch einen derartigen Erwerb neuer Fähigkeiten eingetreten ist, in denen sich aber trotzdem daraus noch keine Änderung der Berufsunfähigkeit ergibt.
Grundlage der knappschaftlichen Rentenversicherung ist der Begriff der Berufsunfähigkeit im § 35 RKG. Hiernach kann die Fähigkeit zur Verrichtung anderer Tätigkeiten als der bisherigen Berufstätigkeit nur dann Berufsfähigkeit begründen, wenn jene Vergleichstätigkeiten im wesentlichen gleichartig und wirtschaftlich gleichwertig sind. Ein Grund, im Rahmen dieser für die bergmännische Berufsversicherung typischen Beschränkungen dann auf das Erfordernis der Gleichartigkeit zu verzichten, wenn nach Aneignung neuer Kenntnisse und Fertigkeiten eine "zum mindesten wirtschaftlich gleichwertige" andersartige Berufstätigkeit in knappschaftlichen Betrieben ausgeübt werden kann, läßt sich mit dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbaren und einzig mit moralischen und Billigkeitserwägungen nicht hinreichend begründen.
Unbeachtet ist bei der bisherigen Übung auch geblieben, daß das Reichsversicherungsamt den in seiner Entscheidung 3201 entwickelten Grundsatz ursprünglich auf Angestellten- und Arbeitertätigkeiten gleichmäßig angewandt wissen wollte, was auch allein folgerichtig erscheint. Wenn in Fällen wie im vorliegenden das Erfordernis der Gleichartigkeit fallen gelassen wird, ist auch kein Grund zu erkennen, warum die Gleichartigkeit bei der Verweisung auf andere in knappschaftlichen Betrieben mögliche Arbeitertätigkeiten gefordert werden müßte, wenn diese Tätigkeiten wirtschaftlich mindestens gleichwertig sind; damit würde die gesamte Frage des Berufswechsels eine andere Behandlung erfahren müssen.
Auch für Fälle vorliegender Art muß daher an dem Erfordernis der Gleichartigkeit festgehalten werden.
VI Schließlich ist noch zu prüfen, ob dem Begriff der Gleichartigkeit nicht möglicherweise - abweichend von der bisherigen Übung - eine die Entscheidung 3201 im Ergebnis stützende andere Auslegung gegeben werden kann.
Wie bereits hervorgehoben wurde, kann man den Begriff der Gleichartigkeit jedenfalls nicht auf alle in knappschaftlichen Betrieben vorhandenen Tätigkeiten ausdehnen, ohne ihn völlig wesenslos zu machen.
Es könnte weiter daran gedacht werden, von dem Erfordernis der Gleichartigkeit dann abzusehen, wenn die Vergleichstätigkeit sozial und beruflich höher zu bewerten ist als die ursprüngliche Tätigkeit. Dieser Gedanke könnte dazu führen, die Gleichartigkeit bei dem Übergang von einer rein körperlich schaffenden Arbeitertätigkeit zu einer körperlich leichteren und möglicherweise angeseheneren Angestelltentätigkeit nicht als verletzt anzusehen. Damit würde der Begriff "Gleichartigkeit" scheinbar durchaus entsprechend angewandt wie der Begriff "Gleichwertigkeit", durch den stets nur eine Grenze nach unten festgelegt, eine "höherwertige" Tätigkeit aber ohne weiteres mißerfaßt wird. Bei einer derartigen Betrachtung wäre jedoch einseitig nur berücksichtigt, daß durch die Einfügung des besonderen Erfordernisses der "Gleichartigkeit" in die Legaldefinition der Berufsunfähigkeit ausgeschlossen werden sollte, daß ein Versicherter aus einer für den Bergbau typischen Berufsgruppe auf solche Arbeiten verwiesen wird, die für ihn ein Absinken in der sozialen Wertung bedeuten können. Völlig unberücksichtigt bleibt jedoch der Gedanke, daß die "Gleichartigkeit" auch gegen berufsfremde Arbeitszumutungen abschirmen soll, wobei ein irgendwie wert bezogener Vergleich gerade ausgeschaltet werden sollte.
Im übrigen wäre - folgerichtig durchgedacht - die für diesen Fall erforderliche soziale Bewertung der verschiedenen Arbeitnehmergruppen auch tatsächlich undurchführbar. Anders als bei der Gleichwertigkeit, die sich rein auf einen Einkommensvergleich beschränkt und daher ohne weiteres sprachlich wie begrifflich eine Unterscheidung zwischen "minderwertig", "gleichwertig" und "höherwertig" zuläßt, ist in Wirklichkeit bei der Gleichartigkeit nicht die oben angedeutete, in der Praxis wegen der Unbestimmtheit des Begriffs nicht verwertbare "Höherartigkeit", sondern die "Andersartigkeit" das entscheidende Merkmal.
Die bisherige Auslegung des Begriffs "Gleichartigkeit" muß daher auch weiterhin als maßgeblich angesehen werden.
Es mag zutreffen, daß die Beachtung der Forderung der "wesentlichen Gleichartigkeit" in Grenzfällen zu unbillig scheinenden Ergebnissen führen kann. Dies abzustellen ist jedoch Aufgabe des Gesetzgebers, der eine entsprechende Anwendung in dem Entwurf für die Knappschaftsrentenreform auch vorgesehen hat, wobei in dessen Begründung ausdrücklich anerkannt wird, daß die von der Beklagten vertretene Auffassung im Rahmen des geltenden Rechts "im Grunde gegen das Gesetz verstößt."
VII Die Tätigkeiten eines Gedingeschleppers und eines kaufmännischen Angestellten in einem bergbaulichen Betrieb sind so unterschiedlich, daß man sie - wovon auch die Beklagte und die Vorinstanzen übereinstimmend ausgehen - nicht als im wesentlichen gleichartig ansehen kann; dies nicht etwa deshalb, weil das eine eine Arbeiter- und das andere eine Angestelltentätigkeit ist, sondern weil die typischen Merkmale der beiden Berufe in jeder Hinsicht vollkommen verschieden sind. Der Kläger kann daher nicht auf eine Tätigkeit im Bergbau verwiesen werden. die der eines kaufmännischen Angestellten entspricht, auch wenn sie wirtschaftlich der eines Gedingeschleppers gleichwertig sein sollte.
Diese Auffassung steht nicht, wie die Beklagte annimmt, im Gegensatz zu der Entscheidung BSG. 2 S. 284 des erkennenden Senats, da jene Entscheidung gerade davon ausgeht, daß dort die Gleichartigkeit gegeben war. Die Frage der Gleichartigkeit war in jenem Falle für das Verhältnis Schlepper - Pförtner anders zu beantworten als hier für das Verhältnis Schlepper - kaufmännischer Angestellter. Für die Gleichartigkeit spielt die Höhe des Entgelts, die durch das Erfordernis der Gleichwertigkeit besonders erfaßt wird, ebensowenig eine Rolle, wie der Umstand, ob es sich um eine Arbeiter- oder Angestelltentätigkeit handelt. Der angeblich verkannte Zweck der Vorschrift über Knappschaftsrente und über Berufsunfähigkeit besteht nicht nur darin, durch das Erfordernis der Gleichwertigkeit eine Verweisung auf wirtschaftlich nicht gleichwertige Arbeiten auszuschließen, sondern auch darin, durch das Erfordernis der Gleichartigkeit gegen eine Verweisung auf berufsfremde andersartige Tätigkeiten abzuschirmen.
Kann aber der Kläger schon aus diesem Grunde nicht auf eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter verwiesen werden, so erweist sich die Revision der Beklagten als unbegründet, ohne daß es erforderlich wäre, auf die Frage der Gleichwertigkeit im allgemeinen und die der Anrechenbarkeit des angestellten Wohnungsgelds im besonderen näher einzugehen.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen