Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall bei Vorbereitung einer Dienstreise. gemischte Tätigkeit. Auskunft anstelle einer mündlichen Zeugenaussage
Orientierungssatz
1. Anders als bei Wegen nach oder von dem Ort der Tätigkeit, stehen Handlungen zur Vorbereitung einer Dienstreise unter Versicherungsschutz.
2. Zur Frage, ob die Fahrt eines kraft Ausstrahlung nach deutschem Recht am Beschäftigungsort in Saudi-Arabien Versicherten zu einem etwa 200 km entfernten für den Rückflug vorgesehenen Abflugsort als Erkundigungsfahrt zur Vorbereitung der Rückreise galt oder ob sie zumindest als "gemischte Tätigkeit" wesentlich betrieblichen Zwecken diente und nicht nur bloßer Nebenzweck einer - unversicherten - Wochenendfahrt war (vgl BSG 25.11.1977 2 RU 99/76 = SozSich 1978, 115).
3. Zwar sind die Vorsitzenden der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 106 Abs 3 Nr 3 SGG berechtigt, Auskünfte jeder Art einzuholen. Solche Auskünfte dienen aber in erster Linie der Stoffsammlung, sie sind keine Beweismittel. Zeugen müssen auch dann, wenn sie schriftlich Auskunft gegeben haben, vernommen werden, damit das Gericht sich persönlich einen Eindruck verschaffen kann und die Beteiligten Gelegenheit zu Vorhaltungen haben. Eine schriftliche Auskunft darf nur dann an die Stelle einer mündlichen Zeugenaussage gewertet werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ein geeignetes Mittel zur Erforschung des Sachverhalts darstellt (§ 103 SGG) und unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit abgegeben ist (vgl BSG 25.10.1956 6 RKa 2/56 = BSGE 4, 60).
Normenkette
SGB 4 § 4 Abs 1 Fassung: 1976-12-23; RVO § 548 Abs 1 S 1 Fassung: 1963-04-30; SGG § 106 Abs 3 Nr 3 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin ist die Witwe des am 13. Februar 1981 an den Folgen eines Autounfalls in Saudi-Arabien bei Al Durrah nahe der Grenze zu Jordanien verstorbenen K-E R.
Der Ehemann der Klägerin war am 1. Oktober 1980 als technischer Zeichner bei der Niederlassung W des Konstruktionsbüros R in T eingetreten (Anstellungsvertrag vom 1. Oktober 1980). Aufgrund eines Zusatzvertrages vom 15. Oktober 1980 zum Anstellungsvertrag hatte er sich nach Saudi-Arabien zur Baustelle Dano der Firma P H bei Tabuk begeben. Er sollte an der dortigen Baustelle innerhalb eines Zeitraumes von drei bis vier Monaten As-built-Zeichnungen erstellen. In einem Schreiben der Firma R vom 15. Oktober 1980 zum Zusatzvertrag war der Ehemann der Klägerin unter dem Hinweis, daß an dem Auftrag über die Erstellung von As-built-Zeichnungen außer ihm keine weiteren Personen in Saudi-Arabien beschäftigt seien, beauftragt, alle in Frage kommenden organisatorischen Aufgaben, welche mit dem Auftrag in Zusammenhang ständen, selbst zu erledigen, zB Einholen von Informationen über die Durchführung des Auftrags, Unterkunft, Überwachung des Fertigstellungstermins, Rückreise usw. Er solle auch Informationen über die Möglichkeit von weiteren Aufträgen einholen.
Am 9. Februar 1981 hatte sich der Ehemann der Klägerin beim A-Büro in Tabuk einen Flugschein zum Rückflug von Aqaba im Süden Jordaniens über Amman nach Frankfurt am Main für Sonnabend, den 28. Februar 1981 um 8.15 Uhr gekauft. Mit einem von der Firma H geliehenen Personenkraftwagen ist der Ehemann der Klägerin am Freitag, den 13. Februar 1981, nachmittags auf der Straße von Tabuk nach Aqaba tödlich verunglückt.
Durch Bescheid vom 5. Mai 1981 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung an die Hinterbliebene ab. Der Ehemann der Klägerin sei von seinem Arbeitgeber nach Saudi-Arabien ausgesandt worden. Nach Angaben der Station P H in Tabuk, wo er tätig gewesen sei, habe er sich am 13. Februar 1981 um 18.30 Uhr (Saudizeit) auf dem Rückweg von einer privaten Wochenendreise befunden, die er nach Aqaba in Jordanien unternommen gehabt habe. Er sei mit dem Firmenwagen ca 2 km hinter der saudiarabischen Grenzstation Al Durrah auf dem Weg nach Tabuk verunglückt. Für diese Reise habe kein dienstliches Interesse vorgelegen. Durch das Verlassen der Betriebsstätte, um einen privaten Ausflug zu unternehmen, sei der innere Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit nicht mehr gegeben gewesen. Eine Entschädigungspflicht der Berufsgenossenschaft entfalle bei dieser Sachlage.
Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Mai 1981 verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenentschädigung aus Anlaß des Arbeitsunfalls ihres Ehemannes am 13. Februar 1981 zu gewähren (Urteil vom 29. Januar 1982). Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz zurückgewiesen (Urteil vom 28. September 1983). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: Der Ehemann der Klägerin sei durch einen Arbeitsunfall zu Tode gekommen. Seine Fahrt nach Aqaba sei, wenn nicht ausschließlich, dann jedenfalls stark mitbestimmt gewesen durch seine vorübergehende Arbeit in Saudi-Arabien. Es bestehe kein Anlaß, an der inhaltlichen Richtigkeit der von der Firma H herbeigeführten Äußerung des Zeugen M L vom 15. Oktober 1981 zu zweifeln, wonach der Ehemann der Klägerin in Aqaba Übernachtungsmöglichkeiten habe prüfen und sich über den Rückflug nach Deutschland habe informieren wollen. Es liege nahe, daß der Zeuge L mit dem Ehemann der Klägerin über Ziel, Zeit und Zweck der auf das zweite Wochenende vor dem Rückflug angesetzten Fahrt nach Aqaba gesprochen habe. Denn L habe ursprünglich selbst mitfahren wollen. Daß der Ehemann der Klägerin vorgehabt habe, sich in Aqaba für den Abend des 27. Februar 1981 eine Unterkunft zu suchen, damit er am nächsten Morgen rechtzeitig das um 8.15 Uhr nach Amman abgehende Flugzeug erreiche, werde auch von der Beklagten nicht bezweifelt. Sie bestreite lediglich die Notwendigkeit zu einer solchen vorbereitenden Fahrt. Darauf komme es jedoch nicht an. Dem Ehemann der Klägerin sei durch das Schreiben der Firma R vom 15. Oktober 1980 die Erledigung aller in Betracht kommenden organisatorischen Angelegenheiten, einschließlich der Rückreise, übertragen worden. Damit sei die Rückreise nach Deutschland keine private Angelegenheit gewesen. Sie habe der Erfüllung des ungekündigten Arbeitsvertrages vom 1. Oktober 1980 gedient. Hätte der Ehemann der Klägerin von seinem Arbeitgeber die ausdrückliche Anweisung erhalten, sich mit eigenen Augen Klarheit über die Anreisemöglichkeiten zu verschaffen, insbesondere mit eigenen Augen die Lage und die Eigenart des Weges, etwaige Gefahrenpunkte, die einzukalkulierenden Zeiträume einschließlich Übernachtung zu erkunden, wäre der Unfallversicherungsschutz selbstverständlich und die Fahrt eine Dienstreise gewesen. Dann könne die Fahrt nach Aqaba keinen anderen Charakter dadurch erlangen, daß der Arbeitgeber vernünftigerweise auf die Entscheidung organisatorischer Einzelheiten, die er aus der Ferne ohnehin nicht hätte beurteilen können, verzichtete und sie dem Ehemann der Klägerin übertrug, diesen insoweit zu seinem eigenen Vorgesetzten machte.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und wie folgt begründet: Das LSG sei davon ausgegangen, daß der Ehemann der Klägerin sich zur Unfallzeit auf der Fahrt nach Aqaba befunden habe. Nach dem Bescheid vom 5. Mai 1981 wie auch nach der telefonischen Unfallmeldung der Firma R vom 20. Februar 1981 und dem Fernschreiben der Firma H vom 23. Februar 1981 habe sich der Unfall auf der Rückfahrt von Aqaba nach Tabuk ereignet. Um mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Zweck der Fahrt des Ehemannes der Klägerin schließen zu können, hätte festgestellt werden müssen, ob sich der Unfall auf der Fahrt nach oder von Aqaba ereignet habe, zumal da Freitag, der Tag an dem sich der Unfall ereignet habe, islamischer Feiertag sei. An einem solchen Tag sei es nicht möglich, Übernachtungsmöglichkeiten in Aqaba zu prüfen. In rechtlicher Hinsicht wäre die Rückreise des Ehemannes der Klägerin von Tabuk nach Deutschland ebensowenig wie die Hinreise eine Betriebsreise iS von § 548 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gewesen. Vielmehr seien dies Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit iS des § 550 Abs 1 RVO gewesen. Was der Ehemann der Klägerin in Aqaba vorgehabt habe, sei eine unversicherte Vorbereitungshandlung. Daran ändere nichts, daß die Firma R die Reisekosten getragen und für die Reisezeit eine Vergütung von je acht Stunden zugesagt habe. Die selbständige Stellung, die der Ehemann der Klägerin während seines Aufenthalts in Saudi-Arabien gehabt habe, spreche gleichfalls nicht gegen eine unversicherte Vorbereitungshandlung. Denn der Entschluß zu der Fahrt nach Aqaba habe seinem eigenen freien Willen entsprochen. Er habe dazu keine Anweisung von der Firma R gehabt. Die Fahrt habe nicht der Erfüllung des Arbeitsvertrages vom 1. Oktober 1980 gedient. Dieser Vertrag sei durch den Zusatzvertrag vom 15. Oktober 1980 auf drei bis vier Monate in Tabuk beschränkt gewesen. Die Firma R habe daher von dem Ehemann der Klägerin eine Tätigkeit nach seiner Rückkehr nicht fordern können und offenbar auch nicht erwartet. In diesem Zusammenhang seien mehrere Verfahrensrügen zu erheben. Das LSG habe sich hinsichtlich der angeblichen Absicht des Ehemannes der Klägerin für seine Fahrt nach Aqaba auf zwei Briefe an die Klägerin vom 2. und 9. Februar 1981 gestützt. Diese Briefe seien nicht im Original und zudem unvollständig vorgelegt worden; es fehlten die der jeweils ersten Seite folgenden Seiten. Die Gründe des LSG für den Charakter der Fahrt des Ehemannes der Klägerin nach Aqaba ließen sich nicht halten. Für den Angestellten L der Firma H, der sich an der Fahrt zunächst habe beteiligen wollen, wäre die Fahrt eine Wochenendvergnügungsfahrt gewesen. Jede vernünftige Betrachtung spreche dafür, daß dies auch für den Ehemann der Klägerin der Fall gewesen sei. Der privatwirtschaftliche Charakter der Fahrt nach Aqaba habe derart im Vordergrund gestanden, daß er den erst nachträglich untergeschobenen betriebsbedingten Zweck dieser Fahrt weit übersteige. Die schriftliche Auskunft des Zeugen L vom 15. Oktober 1981 reiche nicht aus. Dem angeblichen Zweck der Fahrt widerspreche auch das Schreiben des Ehemannes der Klägerin an die Klägerin vom 9. Februar 1981, weil eine Überprüfung der bei dem Reisebüro gebuchten Reise über Aqaba nach Frankfurt höchstens zwei bis drei Tage vor der Reise habe erfolgen sollen. Das wäre frühestens am 24. oder 25. Februar 1981 gewesen und nicht schon 14 Tage zuvor. In den Briefen an die Klägerin vom 2. und 9. Februar 1981 habe er geschrieben, daß er am Tag vor dem Abflugtag am 28. Februar 1981 mit dem Taxi nach Aqaba habe fahren wollen. Er hätte dann auch noch Zeit gehabt, ein Hotelzimmer zu finden; es wäre auch möglich gewesen, ein Hotelzimmer telefonisch zu buchen. Man fahre deswegen nicht 500 km durch die Wüste. Für den privaten Charakter der Fahrt nach Aqaba spreche auch die Tatsache, daß der Ehemann der Klägerin, hätte er die Fahrt nicht durchgeführt, wegen Nichtbenutzung des ihm auf seinen Antrag für die Fahrt erteilten Aus- und Einreisevisums eine Strafgebühr von 300,-- SR hätte zahlen müssen. Das habe mit seiner versicherten Tätigkeit nichts zu tun, wie er auch nicht verpflichtet gewesen sei, von Aqaba nach Frankfurt zu fliegen. Aus einem Fernschreiben der Firma H vom 25. Februar 1981 gehe hervor, daß der Ehemann der Klägerin zu dem Zeugen L und einer Frau Lo gesagt habe, er beabsichtige in Aqaba für seine Frau und sich je eine Armbanduhr zu kaufen. Seiner Frau gegenüber habe er diese Absicht bereits als Tatsache dargestellt. Das LSG hätte sich gedrängt fühlen müssen, über die Zustände in den arabischen Ländern in bezug auf Reisebüros und Flugbuchungen Beweis zu erheben.
Die Beklagte beantragt, die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 29. September 1983 und des SG Mainz vom 29. Januar 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 28. September 1983 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß sie die Ausführungen im angefochtenen Urteil zum Gegenstand ihrer Ausführungen im Revisionsverfahren mache. Die Beklagte ignoriere die Tatsache, daß ihr Ehemann von der Firma R beauftragt gewesen sei, ua die Durchführung der Rückreise zu erledigen. Dadurch sei es ihm überlassen gewesen, die Art und Weise seines Rückfluges zu bestimmen. Unerheblich sei, ob sich der Unfall auf der Hin- oder Rückfahrt nach Aqaba ereignet habe. Entscheidend sei lediglich die Absicht, mit der diese Fahrt verbunden gewesen sei. Diese Frage sei in den beiden vorinstanzlichen Urteilen überzeugend abgehandelt worden. Es sei davon auszugehen, daß die Fahrt - wenn auch möglicherweise nicht ausschließlich - so doch zumindest überwiegend durch das Beschäftigungsverhältnis veranlaßt gewesen sei. Daran ändere nichts, daß in den betreffenden Ländern der Freitag als arbeitsfreier Feiertag angesehen werde. Sowohl Hotels als auch überregionale Flughäfen und die dortigen Buchungsbüros seien auch während dieser Zeit geöffnet. Die von der Beklagten zitierten Urteile bezüglich der Abgrenzung von versicherten Wegen zu Vorbereitungshandlungen berührten die hier gegebene Problemstellung nicht. Die mehrmonatige Tätigkeit eines Arbeitnehmers im fernen Ausland sei als Einheit zu sehen. Habe sich ein solcher Arbeitnehmer um einen reibungslosen Ablauf seiner Heimreise gekümmert, so falle diese Tätigkeit nicht in seine Privatsphäre, wenn das ein Teil seines Aufgabengebietes ist, der durch den Auslandsaufenthalt verursacht worden sei. Demnach sei ihr Ehemann bei dem Unfall versichert gewesen.
Die Beteiligten habe sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet, soweit sie die Ansprüche der Klägerin auf Sterbegeld, Kosten der Überführung ihres verstorbenen Ehemannes an den Ort der Bestattung und Überbrückungshilfe betrifft.
Bei einer zugelassenen Revision ist, bevor über die Begründetheit der Revision aufgrund der vorgetragenen Revisionsgründe entschieden wird, von Amts wegen zu prüfen, ob diejenigen Voraussetzungen erfüllt sind, von denen die Wirksamkeit des Verfahrens als Ganzes abhängt. Das Revisionsgericht hat von Amts wegen insbesondere solche Mängel zu berücksichtigen, die sich aus dem Fehlen unverzichtbarer Prozeßvoraussetzungen ergeben, auch wenn der Mangel nicht das Revisionsverfahren, sondern schon das Berufungsverfahren betrifft. Zu diesen Prozeßvoraussetzungen gehört auch die Zulässigkeit der Berufung. Sie ist im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit ebenso wie im Zivilprozeß von Amts wegen zu prüfen, da andernfalls das Revisionsverfahren einer entscheidenden Grundlage entbehrt (BSG SozR 1500 § 150 Nr 18 mwN).
Das SG hat die Beklagte entsprechend dem Antrag der Klägerin verurteilt, Hinterbliebenenentschädigung zu gewähren. Zur Hinterbliebenenentschädigung gehören nach § 589 Abs 1 RVO das Sterbegeld (Nr 1), die Kosten der Überführung des Verstorbenen an den Ort der Bestattung (Nr 2), die Rente an den Hinterbliebenen (Nr 3) und eine Überbrückungshilfe (Nr 4). Sterbegeld, Überführungskosten, Hinterbliebenenrente und Überbrückungshilfe sind selbständige Ansprüche, bei denen im Streitverfahren die Zulässigkeit der Berufung jeweils gesondert zu prüfen ist (BSG SozR 1500 § 144 Nr 2 und 4). Nach § 144 Abs 1 SGG ist die Berufung nicht zulässig bei Ansprüchen auf einmalige Leistungen (Nr 1), wozu das Sterbegeld und die Überführungskosten gehören, und bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu dreizehn Wochen oder drei Monaten (Nr 2), wozu die nach § 591 RVO zu zahlende Überbrückungshilfe gehört. Da das SG die Berufung wegen dieser Anträge nicht nach § 150 Nr 1 SGG zugelassen hat und vom LSG keine Feststellungen darüber getroffen worden sind, daß die Berufung wegen dieser Ansprüche nach § 150 Nr 2 und 3 SGG zulässig ist, hätte das LSG die Berufung der Beklagten wegen des Sterbegeldes, der Überführungskosten und der Überbrückungshilfe gemäß § 158 Abs 1 SGG als unzulässig verwerfen müssen. Da das LSG stattdessen aber über diese Ansprüche in der Sache entschieden hat, muß das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben werden. Außerdem muß die Unzulässigkeit der Berufung wegen dieser Ansprüche dazu führen, daß die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG insoweit ohne Sachprüfung verworfen wird. Durch die Verwerfung der Berufung als unzulässig wird die Beklagte nicht in eine ungünstige Lage versetzt, als durch das von ihr angegriffene, ihre Berufung als unbegründet zurückweisende Urteil. Das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) greift insoweit nicht Platz (BSGE 2, 225, 228; SozR Nr 40 zu § 215 SGG; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, S 250b).
Hinsichtlich des Anspruchs auf Hinterbliebenenrente (Witwenrente) ist die Revision der Beklagten insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Bei Tod durch Arbeitsunfall erhält die Witwe nach § 589 Abs 1 Nr 3 iVm § 590 RVO eine Witwenrente bis zu ihrem Tod oder ihrer Wiederverheiratung. Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet.
Der Ehemann der Klägerin war unbeschadet der Tatsache, daß er im Auftrag der Firma R in Saudi-Arabien tätig war, kraft Ausstrahlung (§ 4 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - -SGB IV-) nach deutschem Recht gemäß § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versichert. Denn er wurde bei der Firma R, Niederlassung W, als technischer Zeichner eingestellt (Anstellungsvertrag vom 1. Oktober 1980) und aufgrund des Zusatzvertrages vom 15. Oktober 1980 für die Dauer von drei bis vier Monaten zur Baustelle Dano bei Tabuk der Firma H entsandt. W blieb zwar rechtlich sein Beschäftigungsort, faktischer Beschäftigungsort war jedoch die Baustelle Dano (vgl Krause/von Maydell/Merten/Meydam, Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch SGB IV, § 9 Rz 9).
Da der dortige Aufenthalt nach dem Zusatzvertrag zum Anstellungsvertrag für drei bis vier Monate vorgesehen war und der Ehemann der Klägerin am faktischen Beschäftigungsort eine Unterkunft genommen hatte, handelte es sich bei seinem Aufenthalt in Saudi-Arabien nicht um eine Dienstreise, auf die die besonderen, von der Rechtsprechung dafür entwickelten Grundsätze anzuwenden wären (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl S 481 s ff), sondern um eine Tätigkeit am - auswärtigen - Beschäftigungsort (vgl BSGE 39, 108; BFHE 127, 526; Hessisches LSG Breith. 1975, 932). Als Dienstreise war aber entgegen der Ansicht der Beklagten die Reise von W zur Baustelle bei Tabuk anzusehen, wie auch die Rückreise von dort nach W eine Dienstreise gewesen wäre. Dem Anstellungsvertrag vom 1. Oktober 1980 und dem Zusatzvertrag vom 15. Oktober 1980 ist nicht zu entnehmen, daß das Beschäftigungsverhältnis des Ehemannes der Klägerin bei der Firma R auf die Zeit seiner Tätigkeit in Saudi-Arabien beschränkt war und die Rückreise deshalb als ein Weg von dem Ort der Tätigkeit zur Familienwohnung iS des § 550 Abs 3 RVO mit den sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen zu qualifizieren wäre. Der zeitlich nicht befristete Anstellungsvertrag vom 1. Oktober 1980 wurde durch den Zusatzvertrag vom 15. Oktober 1980 lediglich bezüglich des Arbeitsortes, des Gehalts, der Arbeitszeit und der Auslösung geändert und ergänzt. Das Beschäftigungsverhältnis hätte über die Rückreise hinaus fortgedauert, da es auch nicht gekündigt war.
Dienstreisen sind Teil der versicherten Tätigkeit und unterscheiden sich damit von Wegen nach oder von dem Ort der Tätigkeit (§ 550 RVO), die in einem nicht so unmittelbaren Betriebsinteresse stehen und der versicherten Tätigkeit vorangehen oder sich ihr anschließen. Hieraus folgt, daß, anders als bei Wegen nach oder von dem Ort der Tätigkeit, Handlungen zur Vorbereitung einer Dienstreise unter Versicherungsschutz stehen. Im vorliegenden Fall betrifft dies diejenigen Tätigkeiten, die der Ehemann der Klägerin zu entfalten hatte, um seine Rückreise von dem auswärtigen Beschäftigungsort nach Wiesbaden durchführen zu können. Dazu rechnen vor allem die Buchung des Rückfluges, die Fahrt zum Abflugort und der Rückflug selbst. Unter den gegebenen Umständen, nämlich dem gebuchten Abflug von Aqaba um 8.15 Uhr am 28. Februar 1981 wäre wegen der Entfernung von Tabuk bis Aqaba von 150 bis 200 km auch die Fahrt am 27. Februar 1981 nach Aqaba und die dortige Übernachtung eine dem Versicherungsschutz unterliegende Tätigkeit gewesen. Daß die Abreise in dieser Weise von sich gehen sollte, hatte die Klägerin mit Briefen ihres Ehemannes vom 2. und 9. Februar 1981 dargelegt.
Um den Versicherungsschutz für eine Erkundungsfahrt am 13. Februar 1981 zu bejahen, wenn es überhaupt eine solche Fahrt hatte sein sollen, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus. Den Briefen des Ehemannes der Klägerin vom 2. und 9. Februar 1981 ist nicht zu entnehmen, daß eine solche Fahrt geplant war; allerdings sind die Briefe nicht vollständig vorgelegt worden. Im Brief vom 9. Februar 1981 schrieb der Ehemann der Klägerin, daß er zwei bis drei Tage vor dem Abflug ins Reisebüro müsse, um die letzten Informationen einzuholen. Da er seinen Rückflug bei dem A-Büro in Tabuk gebucht hatte, ergibt sich aus seinem Brief nicht, daß er ein Reisebüro in Aqaba meinte. Die Gründe, die das LSG für den inneren Zusammenhang der Erkundungsfahrt nach Aqaba mit der versicherten Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin anführt, stützen sich nicht auf tatsächliche Feststellungen. Daß nach Meinung des LSG die Erkundungsfahrt für den Ehemann der Klägerin eine Dienstreise gewesen wäre, wenn sein Arbeitgeber sie angeordnet hätte, reicht nicht aus. Da es für den Versicherungsschutz genügen würde, wenn der Ehemann der Klägerin von seinem Standpunkt aus der Meinung sein konnte, daß die Fahrt nach Aqaba am 13. Februar 1981 geeignet sei, seinem Beschäftigungsunternehmen zu dienen und diese subjektive Meinung in den objektiv gegebenen Verhältnissen eine ausreichende Stütze findet (vgl BSG USK 82148), hätten zumindest tatsächliche Umstände festgestellt werden müssen, die den Ehemann der Klägerin der Auffassung hätten sein lassen können, daß eine Erkundungsfahrt am 13. Februar 1981 der Durchführung der Rückreise und damit seinem Beschäftigungsunternehmen zu dienen geeignet war. Solche tatsächlichen Umstände hätten zB dadurch gegeben sein können, daß es schwierig sein würde, erst am Tage vor dem Abflug eine Unterkunft in Aqaba zu beschaffen oder eine Erkundigung über die Buchung des Rückfluges schon zwei Wochen vor dem Rückflug, etwa bei einem Büro der Fluggesellschaft, bei der er den Rückflug gebucht hatte, erforderlich sein würde. Die nur wenige Zeilen umfassende Auskunft des Zeugen L vom 15. Oktober 1981 sagt über die subjektive Auffassung des Ehemannes der Klägerin nichts aus. Da der Zeuge L anscheinend der einzige ist, der darüber etwas aussagen könnte, weil er ursprünglich mit dem Ehemann der Klägerin zusammen eine Wochenendfahrt nach Aqaba machen wollte, hätte sich schon das SG, aber auch das LSG, gedrängt fühlen müssen, diesen Zeugen zu vernehmen. Zwar sind die Vorsitzenden der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 106 Abs 3 Nr 3 SGG berechtigt, Auskünfte jeder Art einzuholen. Solche Auskünfte dienen aber in erster Linie der Stoffsammlung, sie sind keine Beweismittel. Zeugen müssen auch dann, wenn sie schriftlich Auskunft gegeben haben, vernommen werden, damit das Gericht sich persönlich einen Eindruck verschaffen kann und die Beteiligten Gelegenheit zu Vorhaltungen haben. Eine schriftliche Auskunft darf nur dann an die Stelle einer mündlichen Zeugenaussage gewertet werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles ein geeignetes Mittel zur Erforschung des Sachverhalts darstellt (§ 103 SGG) und unter eidesstattlicher Versicherung ihrer Richtigkeit abgegeben ist (BSGE 4, 60; Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl § 106 Anm 11). Diesen Anforderungen entspricht die Auskunft des Zeugen L vom 15. Oktober 1981 nicht. Seine Vernehmung hält der Senat nach dem gegenwärtigen Stand daher für unabweisbar.
Sofern das LSG zu der Feststellung gelangt, daß die Fahrt des Ehemannes der Klägerin am 13. Februar 1981 eine Erkundungsfahrt zu den von der Klägerin dargelegten Zwecken war und diese Feststellung durch genügende Anhaltspunkte für die subjektive Meinung des Ehemannes der Klägerin von der betrieblichen Dienlichkeit gesichert sind, muß noch in Betracht gezogen werden, daß die Fahrt ursprünglich als Wochenendfahrt mit dem Zeugen L geplant war. Das LSG muß unter diesen Umständen prüfen, ob der Ehemann der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls am 13. Februar 1981 auf der Fahrt nach oder von Aqaba war. Die Fernschreiben der Firma H vom 15. und 23. Februar 1981 widersprechen einander. In dem ersten ist die Rede von dem Rückweg von Aqaba, in dem zweiten dagegen von der Fahrt nach Aqaba. Die Firma R hat der Beklagten am 20. Februar 1981 telefonisch mitgeteilt, daß der Ehemann der Klägerin auf dem Rückweg von Aqaba verunglückt sei. Die eindeutige Feststellung ist insofern wichtig, als dadurch Rückschlüsse möglich sind, welche Pläne der Ehemann der Klägerin hatte. Eine Fahrt am 13. Februar 1981 (Freitag = islamischer Feiertag) könnte darauf hindeuten, daß der Ehemann der Klägerin die mit dem Zeugen L geplante Wochenendfahrt (Freitag bis Sonntag) allein durchführte. Andererseits wäre es dem Ehemann der Klägerin auch am Wochenende möglich gewesen, sich über den Rückflug nach Deutschland und Übernachtungsgelegenheiten zu informieren, was an einem Freitag, weil islamischer Feiertag, vielleicht bis auf eine direkte Vorsprache bei einem Hotel oder am Flughafen nur mit Schwierigkeiten oder überhaupt nicht hätte erfolgen können.
Falls das LSG nicht zu der Feststellung gelangt, daß die Fahrt des Ehemannes der Klägerin am 13. Februar 1981 ausschließlich im inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit bei der Firma R stand, ist zu entscheiden, ob sie zumindest als "gemischte Tätigkeit" wesentlich betrieblichen Zwecken diente und nicht nur bloßer Nebenzweck einer - unversicherten - Wochenendfahrt war. Allerdings sagt eine Verbindung der Wochenendfahrt mit einer Erkundungsfahrt nach Aqaba noch nichts über die Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit des betrieblichen Zwecks dieser Fahrt aus. Es kann durchaus vernünftig sein, eine im betrieblichen Interesse liegende Verrichtung mit einer privaten Reise zu verbinden. Entscheidend ist die Bedeutung der betrieblichen Betätigung für das Unternehmen, wobei der Zeitaufwand für diese Betätigung nicht allein maßgebend ist, wenngleich ein unbedeutender Zeitaufwand für die betriebliche Tätigkeit dafür sprechen kann, daß sie bloßer Nebenzweck der privaten Reise war. War das Interesse an der Erkundungsfahrt des Ehemannes der Klägerin nachweislich so groß gewesen, daß er auch unabhängig von einer zuvor geplanten Wochenendfahrt (mit oder ohne den Zeugen L) schon allein wegen der etwa einzuholenden Information für den Rückflug nach Aqaba gefahren war oder wäre, würde die Zurücklegung des Weges im Zeitpunkt des Unfalls wesentlich auch versicherten Zwecken gedient haben (vgl BSG Urteil vom 25. November 1977 - 2 RU 99/76 -).
Da der Senat die noch erforderliche Sachaufklärung nicht selbst vornehmen kann, mußte das angefochtene Urteil, soweit es über den Anspruch auf Witwenrente entschieden hat, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das LSG zurückverwiesen werden.
Fundstellen