Leitsatz (amtlich)
Das besondere Wiederaufnahmeverfahren nach SGG § 181 setzt nicht notwendig voraus, daß sich das Begehren auf Entschädigung gegen die alternativ als leistungspflichtig in Betracht kommenden Sozialleistungsträger auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt gründet; es genügt auch, daß ein bestimmter Schaden (Gesundheitsstörung) alternativ auf verschiedene tatsächliche Vorgänge zurückzuführen ist.
Normenkette
SGG § 182 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. November 1969 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Nach einem im Jahre 1946 erlittenen Arbeitsunfall bezog der Kläger von der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) wegen "Zustand nach Halswirbelsäulenverletzung mit Lähmungserscheinungen und Gefühlsstörungen im rechten Arm" Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von schließlich 70 %. Mit Bescheid vom 25. Oktober 1955 setzte die beklagte BG die MdE auf 25 % herab. Die Herabsetzung wurde damit begründet, daß sich die Krankheitserscheinungen zurückgebildet hätten und ein Teil der Beschwerden auf eine im Jahre 1944 durchgemachte Hirnerkrankung zurückzuführen sei. Auf eine während des Wehrdienstes aufgetretene Erkrankung hatte der Kläger erst im Rahmen einer Nachuntersuchung im Jahre 1951 hingewiesen. Auf seine Klage hin erkannte die Beklagte am 24. April 1957 vor dem Sozialgericht (SG) Wiesbaden eine MdE von 30 % an, nachdem der Kläger seinen Antrag auf eine MdE in dieser Höhe beschränkt hatte.
Einen 1951 gestellten Antrag des Klägers auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) lehnte das beklagte Land durch nicht angefochtenen Bescheid vom 17. August 1953 ab, weil die festgestellte Erweiterung der Hirnkammern Folge des 1946 erlittenen Unfalls sei, für den Unfallrente gewährt werde. Im Februar 1957 stellte der Kläger erfolglos den Antrag auf Erteilung eines Zugunstenbescheides nach § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG). Auch seine anschließende Klage blieb in allen Instanzen erfolglos (Urteil des SG Frankfurt vom 7. Juli 1961; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts - LSG - vom 24. Oktober 1962; Beschluß des Bundessozialgerichts - BSG - vom 15. Juni 1964). Während dieses gerichtlichen Verfahrens beantragte der Kläger - im August 1961 - bei der beklagten BG die Erhöhung der MdE von 30 % auf 70 %. Er vertrat die Auffassung, der "Vergleich" vom 24. April 1957 vor dem SG Wiesbaden sei nur deshalb abgeschlossen worden, weil der Vorsitzende des SG erklärt habe, daß die MdE, soweit sie 30 % übersteige, auf eine Kriegsdiensteinwirkung zurückzuführen sei. Der Antrag und das Widerspruchsverfahren blieben erfolglos. Das SG Frankfurt ist davon ausgegangen, daß das Verfahren nach § 619 aF der Reichsversicherungsordnung (RVO) geführt werde. Es hat das Land Hessen zum Verfahren beigeladen, die Beiladung jedoch wieder aufgehoben, nachdem die nicht zugelassene Revision des Klägers in dem Verfahren betreffend den Zugunstenbescheid als unzulässig verworfen worden war. Nach Beweiserhebung kam das SG zu dem Ergebnis, daß keine begründeten Zweifel mehr bestünden, daß der über die anerkannten Folgen des Arbeitsunfalls vom Jahre 1946 hinausgehende Leidenszustand des Klägers auf eine durch den Wehrdienst hervorgerufene Schädigung zurückzuführen sei. Das SG beschloß daher am 22. Juni 1966, nach § 181 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu verfahren, das Versorgungsamt Frankfurt zu benachrichtigen und die Sache an das Hessische LSG abzugeben. Diesen Beschluß hat das Hessische LSG am 19. April 1967 aufgehoben, weil das BSG das gemeinsam nächsthöhere Gericht i. S. des § 181 SGG sei. Das BSG hat diesen Beschluß am 31. Januar 1969 mit der Begründung aufgehoben, es widerspreche dem Sinn des § 181 SGG, das grundsätzlich als Revisionsinstanz errichtete BSG mit Streitsachen zu befassen, in denen - wie hier - tatsächliche Feststellungen zu treffen seien. Außerdem sei in dem früheren gerichtlichen Verfahren der Streit nur um einen Zugunstenbescheid nach § 40 VerwVG gegangen. Das BSG hat ferner in diesem Beschluß darauf hingewiesen, daß es sich bei dem Verfahren nach § 181 SGG um ein von Amts wegen eingeleitetes Wiederaufnahmeverfahren handele, in welchem auch das Land Hessen Beklagter sei.
Das Hessische LSG hat durch Urteil vom 26. November 1969 den Beschluß des SG Frankfurt vom 22. Juni 1966 wiederum aufgehoben und die Wiederaufnahmeklage gegen das Land Hessen abgewiesen. Es hat dazu ausgeführt: Das SG habe unzutreffenderweise ein Verfahren nach § 181 SGG eingeleitet. Diese Vorschrift setze nämlich voraus, daß nur ein einziger Anspruch streitig sei, der infolgedessen aus einem einheitlichen Sachverhalt hergeleitet sein müsse. Diese Auslegung ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der in den §§ 180 bis 182 SGG geregelten besonderen Wiederaufnahmeverfahren. Besonders an dem Wortlaut des § 180 SGG zeige sich, daß der nach materiellem Recht allein zuständige Leistungsträger ermittelt werden müsse. Ein Wiederaufnahmeverfahren sei auch nach § 181 SGG nicht durchzuführen, wenn lediglich zu prüfen sei, ob mehrere Sozialleistungsträger nebeneinander verpflichtet seien. Der Kläger könne im vorliegenden Fall nur nach § 40 VerwVG einen Zugunstenbescheid des beklagten Landes beantragen. Rechtshängig vor dem SG Frankfurt sei noch das Verfahren wegen des Überprüfungsbescheides der beklagten BG nach § 619 RVO aF bzw. 627 RVO nF.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision wendet sich der Kläger gegen die nach seiner Ansicht zu enge Auslegung des § 181 SGG. Da die in der Kriegsopferversorgung wie in der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Kausalitätsnorm es zulasse, für Gesundheitsstörungen auch Teilursachen und Mitursachen als wesentlich zu beurteilen, sei § 181 SGG gerade auch für Fälle gedacht, in denen eine Gesundheitsstörung auf mehreren zeitlich getrennten Ursachen beruhen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 26. November 1969 aufzuheben und die beklagte BG unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 23. November 1961 zu verurteilen, eine Dauerrente von 70 % zu gewähren,
hilfsweise,
das beklagte Land Hessen zu verurteilen, ihm Versorgung nach dem BVG nach einer MdE von 40 % zu zahlen;
weiter hilfsweise,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die beklagte BG beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Das beklagte Land beantragt,
den Sachantrag des Klägers zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
II
Die Revision des Klägers ist insofern begründet, als der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Das LSG hat zu Unrecht angenommen, der "Anspruch" im Sinne des § 181 SGG müsse sich immer auf den gleichen, einheitlichen Sachverhalt gründen und es dürfe lediglich zweifelhaft sein, gegen welchen Sozialleistungsträger sich der aus diesem einheitlichen Sachverhalt hergeleitete Anspruch nach materiellem Recht richte. Der Revision ist vielmehr darin zuzustimmen, daß § 181 SGG auch dann anzuwenden ist, wenn sich der Anspruch gegen die beklagte BG und der Anspruch gegen das beklagte Land nicht auf dasselbe schädigende Ereignis gründen. Für ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 181 SGG ist Voraussetzung, daß ein Gericht - hier das SG - die Klage gegen einen Sozialleistungsträger - hier die beklagte BG - abweisen will, weil es einen anderen Sozialleistungsträger - hier das beklagte Land - für leistungspflichtig hält, obwohl dessen Leistungspflicht bereits endgültig abgelehnt worden ist. Sinn und Zweck des § 181 SGG ist der, es - ebenso wie § 180 und § 75 Abs. 5 SGG -, verfahrensrechtlich zu ermöglichen, daß im Sozialrecht widersprechende Entscheidungen vermieden und die materiell-rechtlich richtige Entscheidung ohne Rücksicht auf eine bereits eingetretene Bindungs- oder Rechtskraftwirkung durchgesetzt werden kann. Während durch § 75 Abs. 5 SGG - auch aus prozeßökonomischen Zwecken - ermöglicht werden soll, daß schon im Verfahren gegen den ersten ablehnenden Bescheid widersprechenden Entscheidungen vorgebeugt wird, bieten die §§ 180, 181 SGG eine verfahrensrechtliche Handhabe, verbindliche oder rechtskräftige Entscheidungen zu beseitigen, die einander widersprechen (§ 180 SGG) oder im Widerspruch zu einer beabsichtigten Entscheidung stehen (§ 181 SGG). Der aus dem engen Zusammenhang zu entnehmende Sinn der Vorschriften der §§ 75 Abs. 5, 180, 181 SGG, widersprüchliche Entscheidungen ohne Rücksicht auf die Bindungs- oder Rechtskraftwirkung zu vermeiden, ergibt sich auch aus der geschichtlichen Entwicklung dieser Vorschriften. Schon in § 1703 RVO - aufgehoben durch § 224 Abs. 3 Nr. 1 SGG - sowie in § 82 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes vom 30. Juni 1900 (RGBl S 573, 616) war zugleich mit der § 75 Abs. 5 SGG entsprechenden Verurteilungsmöglichkeit geregelt, daß - wie nach § 181 SGG - eine bereits vorliegende rechtskräftige Ablehnung nicht entgegensteht.
Der Zweck des § 181 SGG, widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden, würde indessen nur unvollkommen erreicht, wenn sich das Begehren des Klägers immer auf den gleichen, einheitlichen Sachverhalt gründen müßte und - wie das LSG meint - lediglich zweifelhaft sein dürfte, gegen welchen Sozialleistungsträger sich der aus diesem einheitlichen Sachverhalt hergeleitete Anspruch richtet. Dem LSG ist zuzugeben, daß die Widersprüchlichkeit dann besonders deutlich wird, wenn aufgrund eines einheitlichen Lebenssachverhaltes streitig ist, welcher Sozialleistungsträger zur Leistung verpflichtet ist. Dem aus dem Zusammenhang der Vorschriften der §§ 75, 180, 181 SGG zu entnehmenden Willen des Gesetzes würde es aber auch nicht entsprechen, wenn widersprüchliche bindende oder rechtskräftige Entscheidungen hingenommen werden müßten, bei denen zwar von einem einheitlichen Lebenssachverhalt nicht gesprochen werden kann, aber doch ein einheitlicher Schaden (Gesundheitsstörung) vorliegt, der - in dem streitigen Ausmaß - nur auf dem einen oder anderen von zwei verschiedenen tatsächlichen Vorgängen beruhen und daher sowohl den einen wie auch den anderen Sozialleistungsträger zur Leistung verpflichten kann. Es wäre mit dem Grundgedanken der Vorschriften der §§ 75, 180, 181 SGG unvereinbar, wenn ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit feststellen müßte, daß zwar eine Gesundheitsstörung vorliege, für die ein bestimmter Sozialleistungsträger entschädigungspflichtig sei, daß aber dieser Sozialleistungsträger nicht verurteilt werden könne. Für die Anwendung des § 181 SGG muß es deshalb - entgegen der Auffassung des LSG - genügen, daß sich das Begehren des Klägers auf den Ausgleich eines Schadens richtet, der entweder auf das eine oder andere von zwei schädigenden Ereignissen im Sinne der im Unfallversicherungs- und Versorgungsrecht geltenden Kausalitätsnorm zurückzuführen und es deshalb streitig ist, welcher Sozialleistungsträger zu leisten hat. Entgegen der Auffassung des LSG ist auch der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht zu entnehmen, daß das zeitliche Auseinanderfallen zweier schädigender Ereignisse die Anwendbarkeit der besonderen Wiederaufnahmevorschriften (§§ 180, 181 SGG) hindert. Der 2. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 27. April 1961 - 2 S 1/60 - (BSG 14, 177), auf das sich das LSG beruft, bei gleichem schädigenden Ereignis § 181 SGG angewendet. Vom Sachverhalt her hatte der 2. Senat keine Veranlassung, die hier streitige Frage zu entscheiden, so daß diesem Urteil auch nichts für die Entscheidung des vorliegenden Falles entnommen werden kann. Der 8. Senat des BSG hat aber bereits in seinem Beschluß vom 14. Dezember 1966 (BSG 26, 38) den § 180 Abs. 1 Nr. 2 SGG in einem Rechtsstreit angewendet, in dem ein Arbeitsunfall im Jahre 1934 und eine Kriegsdienstbeschädigung im Jahre 1943 als Grund für eine Gesundheitsstörung in Betracht kamen. Auch hat schon das frühere Reichsversicherungsamt entschieden, daß der Anwendung des bereits erwähnten § 82 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes nicht entgegenstand, daß die Verpflichtung der in Betracht kommenden Versicherungsträger auf zwei zeitlich getrennten Unfällen beruhte (AN 1907 S. 472). Der durch § 151 des Gesetzes vom 10. Januar 1922 (RGBl S. 59, 83) eingefügte und durch das SGG außer Kraft gesetzte § 1738 a RVO ließ im Verhältnis Unfallversicherung zu Versorgung ausdrücklich genügen, daß "derselbe Schaden" vorlag. Es ist deshalb auch für die Anwendung des § 181 SGG ausreichend, wenn es in der bereits bindenden oder rechtskräftigen Entscheidung und in der beabsichtigten Entscheidung um "denselben Schaden" geht.
Der Anwendbarkeit des § 181 SGG steht ferner nicht entgegen, daß in dem gegen die beklagte BG gerichteten Verfahren nicht die erstmalige Feststellung einer Entschädigungsleistung aus der Unfallversicherung, sondern eine Neufeststellung nach § 619 RVO aF (= § 627 RVO nF) gegenüber einem bindenden Bescheid verlangt wird. Sowohl das Überprüfungsverfahren nach § 619 RVO aF als auch das besondere Wiederaufnahmeverfahren nach § 181 SGG bezwecken letztlich, die Rechtskraft- oder Bindungswirkung zugunsten der materiellen Gerechtigkeit einzuschränken; es bestehen also auch vom Sinn und Zweck der Regelung her keine Bedenken dagegen, dieses besondere Wiederaufnahmeverfahren auch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gegen einen Überprüfungsbescheid zuzulassen.
Ob und inwieweit einem Verfahren nach § 181 SGG hier etwa der Umstand entgegenstehen könnte, daß der Kläger es vorher bereits versäumt hätte, im Wege der Wiederaufnahmeklage nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 SGG gegen rechtkräftig gewordene Bescheide vorzugehen, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Dafür wäre Voraussetzung, daß der Anspruch deshalb endgültig abgelehnt worden wäre, weil ein anderer Sozialleistungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hätte oder von ihr rechtskräftig befreit worden wäre. Diese Situation hatte hier noch nicht vorgelegen. In dem Herabsetzungsbescheid der BG vom 25. Oktober 1955 ist die vom Kläger begehrte höhere Leistung nicht deshalb abgelehnt worden, weil das beklagte Land leistungspflichtig sei.
Dem Kläger blieb deshalb zunächst nichts anderes übrig, als ein Verfahren nach § 619 RVO aF (= § 627 RVO nF) einzuleiten. Ist aber in diesem Überprüfungsverfahren das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, die Neufeststellung sei deshalb abzulehnen, weil ein Versorgungsträger leistungspflichtig sei, der die Leistung bereits endgültig abgelehnt hat, so ist § 181 SGG anzuwenden.
Ob das Hessische LSG das gemeinsame nächsthöhere Gericht im Sinne des § 181 SGG ist, braucht nicht entschieden zu werden. Nahe liegt allerdings, daß es ein gemeinsam nächsthöheres Gericht im vorliegenden Fall nicht gibt und daß das SG Frankfurt/Main selbst den zuständigen Sozialleistungsträger zu bestimmen gehabt hätte. Denn es ist lediglich über zwei bindend gewordene Verwaltungsakte, nämlich den Bescheid des Versorgungsamtes Frankfurt/Main vom 17. August 1953 und den Bescheid der beklagten BG vom 25. Oktober 1955 in Verbindung mit dem Anerkenntnis vom 24. April 1957 zu entscheiden. Eine rechtskräftige Entscheidung über den gegen das Land gerichteten Anspruch liegt - wie das BSG in dem Beschluß vom 31. Januar 1969 ausgeführt hat - nicht vor, weil gerichtliche Entscheidungen nur über den Anspruch auf einen Zugunstenbescheid nach § 40 VerwVG ergangen sind. Auch über den Verwaltungsakt der beklagten BG vom 25. Oktober 1955 (geändert durch Anerkenntnis vom 24. April 1957) ist keine gerichtliche Entscheidung ergangen. Das SG Frankfurt/Main ist daher nicht nur zuständig für das ursprünglich ausschließlich anhängige Verfahren gegen die beklagte BG, sondern wäre auch zuständig, wenn der Bescheid des Versorgungsamtes Frankfurt/Main vom 17. August 1953 noch angefochten werden könnte. Im Falle der Konkurrenz zweier Verwaltungsakte kann die Zuständigkeit eines "gemeinsam" nächsthöheren Gerichts nur dann sinnvoll sein, wenn "das Gericht" über einen Verwaltungsakt entscheiden müßte, für dessen Beurteilung im Rahmen einer Anfechtungsklage es nicht selbst zuständig wäre (BSG 14, 177, 180). Für das SG Frankfurt/Main, dessen Zuständigkeit für beide Verwaltungsakte gegeben ist, bestand daher kein Grund, sich der Entscheidung zu enthalten.
Die Zuständigkeit des SG nach § 181 Satz 2 SGG i. V. m. § 180 Abs. 4 SGG, den Leistungspflichtigen selbst zu bestimmen, rechtfertigt aber im vorliegenden Falle nicht die Aufhebung des Beschlusses vom 22. Juni 1966. Nach den langjährigen Zuständigkeitsstreitigkeiten wäre es jedenfalls - unter Berücksichtigung des Grundgedankens des § 159 SGG - für das LSG ermessenfehlerhaft, den Rechtsstreit nicht in der Sache zu entscheiden, zumal das SG seine Rechtsansicht in der Sache bereits eindeutig bekundet hat (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Breithaupt 1968, 630). Das angefochtene Urteil ist daher auch insoweit aufzuheben, als es den Beschluß vom 22. Juni 1966 aufgehoben hat.
Da somit entgegen der Auffassung des LSG die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung im Rahmen des § 181 SGG als erfüllt angesehen werden müssen, war das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). Selbst eine Bestätigung des Urteils insoweit, als der Beschluß des SG vom 22. Juni 1966 aufgehoben wurde, würde nicht zu einer Zurückverweisung an das SG führen, weil der Senat sich dann veranlaßt sehen würde, den Rechtsstreit unter entsprechender Anwendung des § 170 Abs. 3 SGG an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG wird nach Würdigung der vorliegenden und der möglicherweise noch zu erhebenden Beweise prüfen müssen, ob die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen der Bestimmung des zuständigen Leistungsträgers vorliegen (§§ 180 Abs. 4, 181 Satz 2 SGG). Das wäre dann der Fall, wenn mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könnte, daß die bestimmte Gesundheitsstörung des Klägers, um die es in diesem Verfahren geht, entweder auf eine Kriegsdiensteinwirkung oder auf einen Arbeitsunfall oder auf beide Ereignisse als wesentliche Ursachen zurückzuführen ist.
Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.
Fundstellen