Leitsatz (amtlich)
Der nach BVG § 71a aF kraft Gesetzes bewirkte Übergang der Ansprüche des Versorgungsberechtigten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Kostenträger der KOV erfaßt auch Überzahlungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des BVG § 71a aF RV 486/59 = BSGE (1953-08-11) bis zurück zum 1950-10-01 (Anschluß BSG 1962-09-07 9 18, 12-18).
Normenkette
BVG § 71a Fassung: 1953-08-07
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. März 1959 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) und 3) (L.) erhielt Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nachdem ihm von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) mit Bescheid vom 13. September 1955 ab 1. November 1954 ein Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit bewilligt worden war, setzte das Versorgungsamt (VersorgA) die Ausgleichsrente ab 1. Dezember 1954 neu fest, berechnete für die Zeit vom 1. Dezember 1954 bis zum 31. Oktober 1955 eine Überzahlung von 597.- DM und ließ sich diesen Betrag von der BfA erstatten. Dieser Bescheid wurde von L. nicht angefochten.
Mit Bescheid vom 13. April 1956 setzte die BfA den Beginn des Ruhegeldes gemäß § 72 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes (GG) fallenden Personen (Gesetz zu Art. 131 GG) rückwirkend auf den 1. April 1951 fest. Die Nachzahlung für die Zeit vom 1. April 1951 bis zum 31. Oktober 1954 behielt sie bis zur Klärung eines Ersatzanspruchs des VersorgA ein. Eine Abschrift dieses Bescheides wurde dem VersorgA mit der Aufforderung um Angabe des Ersatzanspruchs übersandt. Daraufhin machte das VersorgA mit Schreiben vom 3. Mai 1956 einen Ersatzanspruch in Höhe von 3.002.- DM geltend. Mit Bescheid vom gleichen Tage setzte es die Ausgleichsrente ab 1. Mai 1951 neu fest und teilte L. mit, daß der für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum 30. Juni 1956 an Ausgleichsrente zuviel gezahlte Betrag in Höhe von 3.002.- DM von der BfA erstattet werde. Gegen diesen Bescheid legte L. Widerspruch ein, den er damit begründete, daß eine Rückforderung der überzahlten Ausgleichsrente für die Zeit bis zum 30. September 1953 gemäß § 47 Abs. 2 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) nicht zulässig sei, weil sein rückwirkender Ruhegeldanspruch erst durch die am 5. September 1953 verkündete Neufassung des Gesetzes zu Art. 131 GG begründet worden sei und er deshalb vor diesem Zeitpunkt von einer Rentenbewilligung ab 1. April 1951 nichts habe wissen können. Dem Widerspruch gab das LandesversorgA nicht statt. Es hielt den gegenüber der BfA geltend gemachten Erstattungsanspruch nach § 71 a BVG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des BVG vom 7. August 1953 - BGBl I 862 - (aF) für begründet.
Das Sozialgericht (SG) wies die Klage mit Urteil vom 17. Oktober 1957 ab. Die zugelassene Berufung, mit der der Kläger vom Beklagten die Auszahlung des für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum "30." August 1953 von der BfA erstatteten Betrages begehrte, wurde durch Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 11. März 1959 zurückgewiesen. Zwar sei für den von L. geltend gemachten Anspruch der Rechtsweg der Sozialgerichtsbarkeit gegeben, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung (KOV) handelte. Die Klage könne jedoch aus sachlichen Gründen keinen Erfolg haben. Unstreitig sei durch die rückwirkende Bewilligung des Ruhegeldes aus der Angestelltenversicherung eine Überzahlung an Ausgleichsrente in Höhe von 3.002.- DM entstanden, wovon der Kläger aber nur einen Teilbetrag für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum 30. (31.) August 1953 beanspruche. Den Betrag von 3.002.- DM habe L. zu Unrecht empfangen. Sein Einwand, der Beklagte habe einen Forderungsübergang im Wege des § 71 a BVG aF nicht bewirken dürfen, weil diese Vorschrift erst im August 1953 in Kraft getreten sei und weil zudem die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 VerwVG nicht erfüllt seien, sei unbegründet. Obwohl § 71 a BVG aF erst am 11. August 1953 in Kraft getreten sei, sei es dem Beklagten nicht verwehrt gewesen, am 3. Mai 1956 den gesetzlichen Forderungsübergang nach dieser Bestimmung zu bewirken und dabei auch solche Forderungen des L. zu beanspruchen, die sich auf einen vor dem 11. August 1953 liegenden Zeitraum bezogen. § 71 a BVG aF müsse dahin verstanden werden, daß die Versorgungsbehörde seit dem 11. August 1953 einen Forderungsübergang bewirken dürfe, ohne Rücksicht darauf, bis in welchen zurückliegenden Zeitraum er sich auswirke.
Denn wäre die Ansicht des L. richtig, daß § 71 a BVG aF nur einen Forderungsübergang für Ansprüche ab 11. August 1953 bewirke, so müßte die Versorgungsverwaltung immer erst geraume Zeit abwarten, bis entsprechende Forderungen des Versorgungsberechtigten entstanden und angewachsen wären. Entgegen der Auffassung des L. scheitere der vom Beklagten bewirkte Forderungsübergang aber auch nicht an § 47 Abs. 2 VerwVG. Zwar möge es fraglich sein, ob das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift bei Anwendung des § 71 a BVG aF zu prüfen sei. Aber auch wenn dies der Fall wäre, könne sich L. nicht mit Erfolg auf § 47 Abs. 2 VerwVG berufen. Im Zeitpunkt des Empfanges des Bescheides der BfA vom 13. April 1956 habe er nämlich gewußt, zumindest habe er wissen müssen, daß ihm neben den Bezügen der Angestelltenversicherung nicht auch noch die ungekürzte Ausgleichsrente zustehen könne. Diese Kenntnis sei nicht nur hinsichtlich solcher Ausgleichsrenten von rechtlichem Belang, die nach dem Zeitpunkt der Zahlung, d. h. nach dem Empfang des Bescheides, erfolgten; vielmehr würden auch, wie dies das Bundessozialgericht (BSG) in BSG 5, 267 ausgesprochen habe, die zeitlich davor liegenden Überzahlungen - im vorliegenden Falle also ab 1. April 1951 - von den rechtlichen Auswirkungen der Kenntnis mitumfaßt. Ein solches Ergebnis sei auch nicht ungerecht. Wenn der Versorgungsempfänger wisse, daß eine Leistung aus der Rentenversicherung zu einer Minderung seiner Ausgleichsrente führe, so dürfe er jedenfalls nicht beide Leistungen, sofern sie ihm zunächst ungeschmälert gewährt waren, verbrauchen. Vielmehr könne von ihm erwartet werden, daß er in einem solchen Falle einen entsprechenden Betrag für spätere Rückzahlungen auf die Seite lege. Der Beklagte hätte hier also einen Rückerstattungsanspruch. Deshalb müsse die Versorgungsbehörde die Überzahlung, die durch nachträgliche Bewilligung des Ruhegeldes rückwirkend ab 1. April 1951 entstanden sei, auch im Wege des § 71 a BVG ausgleichen können. Anderenfalls bekäme L. etwas, worauf er materiell-rechtlich keinen Anspruch hätte und was er doch wieder an den Beklagten herausgeben müßte. Das LSG ließ die Revision zu.
Mit der Revision beantragen die Kläger,
unter Aufhebung des Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 11. März 1959 und des Urteils des SG Stuttgart vom 17. Oktober 1957 den Bescheid des Beklagten vom 3. Mai 1956 insoweit abzuändern, als er die Ausgleichsrente des L. für die Zeit ab 1. Mai 1951 bis zum 30. Juni 1956 herabgesetzt hat, und den Beklagten zu verurteilen, den für diese Zeit einbehaltenen Unterschiedsbetrag in Höhe von 3.002.- DM auszuzahlen;
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Baden-Württemberg zurückzuverweisen.
Die Revision rügt Verletzung der §§ 60, 61, 62, 71 a BVG (aF) sowie des § 47 VerwVG und hält die Erweiterung des Klagebegehrens nach § 168 SGG für zulässig. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, soweit er für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum 30. Juni 1956 einen Verrechnungsanspruch nach § 71 a BVG aF begründe. Ein solcher Anspruch wäre nur gegeben, wenn L. für diesen Zeitraum Einkünfte bezogen hätte, die den Beklagten zu einer Minderung der Ausgleichsrente berechtigen würde. Davon könne aber keine Rede sein. Nach den anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften habe das mit Bescheid der BfA vom 13. April 1956 rückwirkend ab 1. April 1951 festgestellte Ruhegeld für die streitige Zeit nicht zur Minderung der Ausgleichsrente führen können, weil insoweit kein Rückforderungsanspruch des Beklagten bestanden habe. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 VerwVG seien nicht erfüllt. L., ein 1911 geborener einfacher Mann ohne besondere Ausbildung und Rechtskenntnisse habe weder gewußt noch wissen müssen, daß ihm bei der Zahlung der Versorgungsbezüge in der Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum 30. Juni 1956 die Ausgleichsrente nicht in der bisherigen Höhe zustand.
Für die Zeit bis zum 30. September 1953 entfalle diese Voraussetzung überhaupt, weil die den rückwirkenden Anspruch des L. auf Ruhegeld begründende Neufassung des Gesetzes zu Art. 131 GG erst am 5. September 1953 verkündet worden sei. Für die folgende Zeit bis zur Bescheiderteilung am 13. April 1956 sei diese Voraussetzung deshalb nicht gegeben, weil L. nach seinem Bildungsstand und nach seinen Verhältnissen allein nicht fähig gewesen sei zu prüfen, ob ihm nunmehr ein weitergehender Rentenanspruch zustehe und ob dieser Anspruch zu einer rückwirkenden Rentengewährung führe. Die nach § 47 Abs. 2 VerwVG erforderliche Bösgläubigkeit könne daher frühestens mit dem Empfang des Bescheides der BfA vom 13. April 1956 eingetreten sein. Eine Rückforderung sei daher erst ab 1. Juli 1956 zulässig. Die in BSG 5, 267 und vom LSG vertretene Ansicht, Zeitpunkt der Zahlung im Sinne des § 47 Abs. 2 VerwVG sei der Zeitpunkt derjenigen Zahlung, die bewirke, daß eine Rente überzahlt sei, werde von L. nicht geteilt. Sie verstoße sowohl gegen den eindeutigen Wortlaut als auch gegen die grammatikalische Interpretation dieser Vorschrift. Die Rückforderung des streitigen Betrages sei aber auch nicht im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des L. vertretbar. Dies ergebe sich schon daraus, daß L. Rentner sei und außer seinem Renteneinkommen über keinerlei sonstiges Vermögen verfüge. Aus dem Umstand, daß die von der BfA gewährte Rentennachzahlung mit 5.194,90 DM höher war als der vom Beklagten einbehaltene Betrag von 3.002.- DM, könne nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Die Rückforderung des einbehaltenen Betrages erscheine daher wirtschaftlich nicht vertretbar. Bei dennoch etwa vorhandenen Zweifeln hätte zunächst in dieser Hinsicht noch weitere Sachaufklärung betrieben werden müssen. An dieser dargelegten Rechtslage ändere auch nichts § 71 a BVG aF. Da dem Beklagten ein Rückforderungsanspruch für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum 30. Juni 1956 nicht zustehe, habe er insoweit auch keinen Erstattungsanspruch durch schriftliche Anzeige nach § 71 a BVG aF begründen können. Diese Vorschrift regele nur den Forderungsübergang im Wege der cessio legis; sie schaffe aber keine Rechtsgrundlage für die Forderung selbst, sondern setze voraus, daß ein Rückforderungsanspruch des Beklagten nach sachlich-rechtlichen Vorschriften - also nach § 47 VerwVG - bestehe.
Der Beklagte beantragt,
die Revision gegen das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 11. März 1959 als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält die Bestimmung des § 71 a BVG aF für eine Sonderregelung über bestimmte Rückforderungsfälle, deren Anwendung keiner besonderen Prüfung nach § 47 VerwVG bedürfe.
Nach dem Tode des L. haben dessen Rechtsnachfolger das unterbrochene Verfahren aufgenommen (§ 68 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt. Der Senat hat von der Möglichkeit, in dieser Weise zu verfahren, Gebrauch gemacht.
Die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und damit zulässig. Sachlich konnte sie keinen Erfolg haben.
Gegen die Zulässigkeit des Rechtsweges, die das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen hat (BSG 2, 23, 26), bestehen keine Bedenken. Bei dem von den Klägern geltend gemachten Anspruch handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
Das gilt auch, soweit die Kläger Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen. Diesem Anspruch liegt ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis zugrunde, in welchem L. als Empfänger von Ruhegeld und einer Rente aus der KOV dem Beklagten, der als Schuldner des übergegangenen Ruhegeldes öffentlicher Leistungsträger ist, gegenübersteht (vgl. BSG 2, 27). Der vorliegende Rechtsstreit betrifft auch eines der in § 51 SGG genannten Aufgabengebiete. Der zur Entscheidung stehende Anspruch der Kläger ist den Angelegenheiten der KOV zuzuordnen, weil die Frage, ob der Beklagte den von den Klägern beanspruchten Geldbetrag zu Unrecht erhalten hat, nach den Vorschriften des BVG zu beurteilen ist. Die Zulässigkeit des Sozialgerichtsweges ist deshalb zu bejahen.
Die Revision kann jedoch keinen Erfolg haben. Soweit die Kläger im Revisionsverfahren Abänderung des Bescheides vom 3. Mai 1956 hinsichtlich der Neufeststellung der Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum 30. Juni 1956 - anstatt früher bis zum 31. August 1953 - begehren und nun nicht nur die Auszahlung eines Teilbetrages, sondern des ganzen Betrages von 3.002.- DM beanspruchen, enthält die Revision eine nach § 168 SGG unzulässige Klageänderung. Da L. im Berufungsverfahren nur die Auszahlung eines Teilbetrages für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis Ende August 1953 aus der dem VersorgA erstatteten Summe beantragte, stellt sein erst in dem Revisionsverfahren erhobener darüber hinausgehender Anspruch eine Erweiterung des Klageantrages dar, der zudem auf eine andere tatsächliche Begründung gestützt wird.
Wie der erkennende Senat bereits im Urteil vom 7. September 1962 - Az. 9 RV 486/59 - entschieden hat, ist im Revisionsverfahren eine Erweiterung des Klagebegehrens auch dann nicht zulässig, wenn der Klagegrund unverändert bleibt. Sonach ist auch hier die erst im Revisionsrechtszug erfolgte Erweiterung des früheren Klagebegehrens für die Zeit über den 31. August 1953 hinaus unzulässig.
Die Revision erwies sich im übrigen als unbegründet. Der Beklagte ist berechtigt gewesen, sowohl die Ausgleichsrente für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zum 30. Juni 1956 neu festzusetzen, als auch die an L. - jedenfalls bis zu dem hier nachprüfbaren Zeitpunkt (Ende August 1953) - zuviel gezahlte Ausgleichsrente sich von der BfA erstatten zu lassen.
Nach § 62 Abs. 1 BVG werden die Versorgungsbezüge neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eintritt. Als wesentliche Änderung der Verhältnisse ist bei der Ausgleichsrente eine Erhöhung des sonstigen Einkommens um mehr als 5.- DM monatlich anzusehen (§ 62 Abs. 3 BVG). Liegt die Einkommenserhöhung über diesem Betrag, so ist die Ausgleichsrente nach § 60 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BVG in der Fassung vor dem 1. Neuordnungsgesetz vom 27. Juni 1960 (aF) mit Ablauf des Monats zu kürzen, in dem die Voraussetzungen für die bis dahin gewährten Bezüge weggefallend sind. Nach dieser Vorschrift hat der Beklagte die Ausgleichsrente vom 1. Mai 1951 an neu feststellen dürfen, weil an L. ab 1. April 1951 ein um 94,30 DM, 119,30 DM bzw. 124,30 DM monatlich höheres Ruhegeld aus der Angestelltenversicherung, somit mehr als 5.- DM monatlich, rückwirkend gewährt wurde. Ab diesem Zeitpunkt (bis 31.8.1953) hatte sich das sonstige Einkommen des L. geändert; denn entscheidend für den Wegfall der Voraussetzungen des Bezuges der Ausgleichsrente in der bisherigen Höhe ist nicht der Zeitpunkt, in dem eine rückwirkend bewilligte Rente bezogen wird, sondern der Beginn des Zeitraumes, für den diese Rente gezahlt wird (vgl. BSG 13, 56). Der Beklagte hat daher nach §§ 62 Abs. 3, 60 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BVG aF die Ausgleichsrente vom 1. Mai 1951 an neu feststellen können.
Darüber hinaus ist der Beklagte aber auch berechtigt gewesen, sich von der BfA aus dem L. bewilligten Ruhegeld den Betrag erstatten zu lassen, der dem Kläger - jedenfalls für die Zeit bis 31. August 1953 - als Ausgleichsrente zuviel gezahlt worden ist. Nachdem er gegenüber der BfA mit Schreiben vom 3. Mai 1956 den Gesamtbetrag geltend gemacht hatte, stand nur ihm - nicht mehr dem L. - der Anspruch auf die Rentennachzahlung aus der Angestelltenversicherung in Höhe der überzahlten Ausgleichsrente zu. Nach § 71 a BVG aF kann das VersorgA, wenn der Versorgungsberechtigte für dieselbe Zeit, in der ihm Ausgleichsrente gewährt worden ist, Ansprüche an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung hat, durch schriftliche Anzeige an den Versicherungsträger bewirken, daß die Ansprüche insoweit auf den Kostenträger der KOV übergehen, als sie zu einer Minderung der Ausgleichsrente führen. Diese Vorschrift ist im vorliegenden Falle anzuwenden. Zwar ist § 71 a BVG aF erst am 11. August 1953 in Kraft getreten (vgl. Art. V des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des BVG vom 7. August 1953 - BGBl I 862 -). Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, daß der in dieser Vorschrift geregelte Forderungsübergang nur diejenigen Ansprüche erfassen soll, die dem Versorgungsberechtigten seit dem 11. August 1953 zustehen. § 71 a BVG aF bezieht sich vielmehr auch auf Ansprüche des Versorgungsberechtigten für einen Zeitraum vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift. Die Rückwirkung einer Norm kann auch dann angenommen werden, wenn ein ausdrücklicher Ausspruch nicht vorliegt, ein solcher Wille des Gesetzgebers jedoch deutlich erkennbar ist (vgl. BSG 3, 124, 130). Hat ein Gesetz sich nicht ausdrücklich rückwirkende Kraft beigelegt, so hängt die Frage, ob es sich auf bereits vor seinem Inkrafttreten bestehende Verhältnisse bezieht, von seinem Inhalt ab, der durch Auslegung zu ermitteln ist (BSG aaO). Im vorliegenden Fall spricht schon der Wortlaut des § 71 a BVG aF dafür, daß sich diese Vorschrift zunächst nur und später auch auf Ansprüche des Versorgungsberechtigten gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung aus rückliegender Zeit beziehen sollte. Aus den Worten: "Hat das Versorgungsamt Ausgleichsrente ... gewährt, so kann es ... durch schriftliche Anzeige ... bewirken, daß die Ansprüche ... übergehen" ergibt sich, daß die Gewährung von Ausgleichsrente im Vergleich zur Zeit der schriftlichen Anzeige stets in der Vergangenheit liegen muß. Da die Versorgungsbehörde die schriftliche Anzeige am 11. August 1953 erstmals schon erstatten konnte, mußte die Ausgleichsrente, auf die sich § 71 a BVG aF bezieht, schon begrifflich vor dem 11. August 1953 gewährt worden sein.
Da diese Vorschrift ausschließlich die Regelung von Überzahlungen aus der Vergangenheit betrifft, hätte der Gesetzgeber, wenn § 71 a BVG aF nicht vor dem 11. August 1953 hätte gelten sollen, eine entsprechende einschränkende Formulierung gebrauchen müssen. Im vorliegenden Fall kommt eine vergleichsweise Heranziehung des Grundsatzes, den der 11. Senat des BSG im Urteil vom 26.8.1960 ausgesprochen hat (SozR VerwVG § 41 Bl. Ca 3 Nr. 9), nicht in Betracht, weil es sich dort um einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, nämlich um die nachträgliche Beseitigung eines bindend gewordenen Verwaltungsaktes handelte, mit dem Rente gewährt worden war.
Auch eine sinngemäße Auslegung des § 71 a BVG aF führt zu keinem anderen Ergebnis. Die in dieser Vorschrift getroffene Regelung soll einen Forderungsübergang insoweit sicherstellen, als sich durch Nachzahlung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung Überzahlungen an Ausgleichs- oder Elternrenten für dieselbe Zeit ergeben. Es soll eine sonst notwendige Wiedereinziehung der überhobenen Versorgungsbezüge, die den Empfänger in der Regel weit schwerer als eine Verrechnung trifft, sowie unnötige Verwaltungsarbeit vermieden werden (vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen - 26. Ausschuß - über den Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des BVG, Deutscher Bundestag 1. Wahlperiode, Drucksache 4493, S. 4). Dieses Bedürfnis zur Verrechnung überzahlter Ausgleichsrente mit Nachzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat nicht erst vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zweiten Änderungsgesetzes zum BVG an bestanden; es bestand vielmehr seit Geltung des BVG, also vom 1. Oktober 1950 an. Der Gesetzgeber kann daher mit der hinreichend eindeutigen Formulierung des § 71 a BVG aF nur gewollt haben, daß alle Fälle, in denen Nachzahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Überzahlung der Ausgleichsrente führten, nach der neuen Vorschrift des § 71 a BVG aF behandelt werden (vgl. auch BSG 3, 130). Das LSG hat deshalb zu Recht § 71 a BVG aF im vorliegenden Falle ohne Einschränkung angewandt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind auch erfüllt, weil dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 1951 bis zu dem hier nachprüfbaren Zeitpunkt (Ende August 1953) eine Ausgleichsrente gewährt wurde, die ihm nach rückwirkender Bewilligung des Ruhegeldes aus der Angestelltenversicherung nicht mehr zustand, und weil das VersorgA der BfA eine schriftliche Überleitungsanzeige im Sinne des § 71 a BVG aF erstattet hatte.
Die Annahme der Revision, daß ein Forderungsübergang nach § 71 a BVG aF überhaupt nur eintreten können, wenn das VersorgA einen Rückforderungsanspruch in Höhe der überzahlten Ausgleichsrente ihm gegenüber gemäß § 47 Abs. 2 VerwVG hat, ist nicht gerechtfertigt. Wie der erkennende Senat bereits mit Urteil vom 7. September 1962 (SozR BVG § 71 a Bl. Ca 1 Nr. 1) entschieden hat, geht mit der Anzeige an den Sozialversicherungsträger die Forderung des Versorgungsberechtigten in Höhe der zuviel gezahlten Ausgleichsrente gemäß § 71 a BVG aF kraft Gesetzes auf den Kostenträger der KOV über. Dieser Forderungsübergang ist nicht von einem Rückforderungsanspruch des Kostenträgers der KOV gegen den Versorgungsberechtigten gemäß § 47 Abs. 2 VerwVG abhängig. Diese Vorschrift regelt nur die Fälle, in denen eine Rückzahlung unmittelbar vom Versorgungsempfänger gefordert wird. Der Forderungsübergang nach § 71 a BVG aF tritt nach Wortlaut, Sinn und Zweck dieser Vorschrift unabhängig von § 47 Abs. 2 VerwVG ein.
Da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 71 a BVG aF erfüllt sind, steht den Klägern der geltend gemachte Leistungsanspruch nicht zu. Die Zurückweisung der Berufung erfolgte daher im Ergebnis zu Recht. Zwar hat das LSG in seiner Entscheidung auch die Vorschriften des § 47 Abs. 2 VerwVG angewandt und deren Voraussetzungen bejaht. Die Anwendung des § 47 Abs. 2 VerwVG und die von den Klägern nach dieser Vorschrift erhobenen Rügen vermögen die Revision jedoch nicht zu begründen, weil sich das Urteil des LSG bereits aus einem anderen Grunde, nämlich nach § 71 a BVG aF, als richtig darstellt. Die Revision war deshalb gemäß § 170 Abs. 1 SGG als unbegründet zurückzuweisen. Mit Rücksicht auf die Unzulässigkeit der Klageerweiterung in der Revisionsinstanz konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Versorgungsbehörde die Ausgleichsrente zu Recht auch für die Monate November und Dezember 1954 gekürzt hat, obwohl die Rentennachzahlung der BfA nur den Zeitraum bis zum 31. Oktober 1954 betraf. Der Beklagte wird zu erwägen haben, ob insoweit eine Überprüfung bzw. die Erteilung eines Zugunstenbescheides in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen