Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht gemäß KVLG § 2 Abs 1 Nr 2. Anrechnung der Grundrente
Orientierungssatz
Die Grundrente, Ehegattenzuschlag und Kinderzuschlag gehören zu den Nebeneinkünften iS von § 2 Abs 1 Nr 2 KVLG aF (Bestätigung von BSG vom 1977-10-20 11 RK 18/76 = SozR 5420 § 2 Nr 8, Festhaltung an BSG vom 1980-09-10 11 RK 1/80 = SozR 5420 § 2 Nr 20).
Normenkette
KVLG § 2 Abs 1 Nr 2 Fassung: 1972-08-10
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 23.03.1979; Aktenzeichen L 16 Kr 40/77) |
SG Münster (Entscheidung vom 01.02.1977; Aktenzeichen S 14 Kr 41/76) |
Tatbestand
Der schwerkriegsbeschädigte Beigeladene betrieb bis 1976 ein landwirtschaftliches Unternehmen, das seit dem 1. November 1973 keine Existenzgrundlage mehr darstellte. In dieser Zeit erhielt er vom Kläger Versorgungsbezüge, die ab 1. November 1973 729,-- DM monatlich betrugen und bis 1976 auf 918,-- DM monatlich anstiegen; in diesen Leistungen ist eine Pauschalentschädigung für Kleiderverschleiß von 21,-- DM bis 32,-- DM monatlich sowie eine Beschädigtengrundrente von zunächst 285,-- DM und zuletzt 435,-- DM monatlich erhalten. Der Kläger machte im September 1974 gegenüber der Beklagten geltend, der Beigeladene sei weiterhin nach § 2 Abs 1 Nr 2 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) - damaliger Fassung (aF) - versicherungspflichtig; wenn auch das landwirtschaftliche Unternehmen keine Existenzgrundlage mehr bilde, so bestreite der Beigeladene doch, von geringfügigen Nebeneinkünften abgesehen, aus ihm seinen Lebensunterhalt; die Nebeneinkünfte seien geringfügig, weil die Grundrente und der Pauschalbetrag für Kleiderverschleiß nicht zu berücksichtigen seien und der verbleibende Rest ein Viertel der für Monatsbezüge in der Rentenversicherung der Arbeiter geltenden Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteige. Die Beklagte widersprach dieser Auffassung; zu den Nebeneinkünften zählten auch Grundrente und Pauschalbetrag. Die daraufhin erhobene Klage auf Feststellung, daß der Beigeladene über den 31. Oktober 1973 hinaus bei der Beklagten pflichtversichert sei, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat sein Urteil damit begründet, daß zu den Nebeneinkünften alle Einkünfte gehörten, die neben denen aus der Landwirtschaft erzielt würden, also auch die Grundrente. Auch in anderen Zusammenhängen werde die Grundrente als verfügbares Einkommen angerechnet; es entspreche dem Sinn des § 2 Abs 1 Nr 2 KVLG aF, den landwirtschaftlichen Unternehmer nicht in die Versicherungspflicht einzubeziehen, wenn seine Nebeneinkünfte ihn ihrer Höhe nach befähigten, selbst für seinen Krankenversicherungsschutz zu sorgen. Im Falle des Beigeladenen sei unter Berücksichtigung der Grundrente im streitigen Zeitraum stets ein Viertel der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung der Arbeiter überschritten worden; der Pauschalbetrag für Kleiderverschleiß könne vernachlässigt werden.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht Grundrente, Ehegattenzuschlag (§ 33a des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges -BVG-) und Kinderzuschlag (§ 33b BVG) als Nebeneinkünfte angesehen. Die Grundrente diene der Deckung der durch Schädigungsfolgen verursachten Mehraufwendungen und stehe damit für eine Deckung krankheitsbedingter Aufwendungen nicht mehr zur Verfügung. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, daß Kriegsbeschädigten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vH oder 40 vH, zu denen der Beigeladene freilich nicht gehöre, Ansprüche nach § 10 Abs 2, 4 BVG nicht zustünden. Daraus, daß die Grundrente grundsätzlich pfändbar sei, folge nicht, daß sie den Nebeneinkünften zuzurechnen sei. Ehegatten- und Kinderzuschlag müßten deswegen außer Betracht bleiben, weil sie nicht der Deckung des Lebensbedarfs gerade des Beigeladenen zu dienen bestimmt seien.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung der Urteile der Vorinstanzen
festzustellen, daß der Beigeladene über den
31. Oktober 1973 hinaus versicherungspflichtiges
Mitglied der Beklagten geblieben sei.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig. Zwar hat der Kläger nunmehr beantragt, festzustellen, daß der Beigeladene über den 31. Oktober 1973 hinaus versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten geblieben sei, während er in den Vorinstanzen lediglich eine fortbestehende Pflichtversicherung des Beigeladenen festgestellt wissen wollte; darin könnte im Hinblick auf § 47 Nr 2 KVLG eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung (§ 168 Halbsatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) gefunden werden. Diese Frage kann indessen auf sich beruhen. Es ist nicht ersichtlich, daß der Kläger im Revisionsverfahren in der Tat ein anderes Rechtsschutzziel verfolgen wollte als in den Vorinstanzen; sein Revisionsantrag war daher nach § 123 SGG im Sinne seines bisherigen Rechtsschutzbegehrens aufzufassen.
In der Sache konnte die Revision keinen Erfolg haben; die zulässige (vgl SozR 5420 § 2 Nr 8) Feststellungsklage ist, wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben, unbegründet. Der Beigeladene war nach dem 31. Oktober 1973 nicht nach dem allein in Betracht kommenden § 2 Abs 1 Nr 2 KVLG in der hier anzuwendenden ursprünglichen Fassung (KVLG aF) in der Krankenversicherung der Landwirte versichert.
Wie der erkennende Senat bereits durch Urteil vom 20. Oktober 1977 (SozR 5420 § 2 Nr 8) entschieden hat, gehört auch die Grundrente aus der Kriegsopferversorgung zu den Nebeneinkünften im Sinne von § 2 Abs 1 Nr 2 KVLG aF. In seinem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 10. September 1980 - 11 RK 1/80 - hat der Senat an dieser Auffassung festgehalten und sich dabei mit den gegen sie erhobenen Bedenken eingehend auseinandergesetzt; in diesem Zusammenhang hat er ausgesprochen, daß auch der Ehegattenzuschlag und der Pauschalbetrag für Kleiderverschleiß den Nebeneinkünften zuzurechnen sind. Das Vorbringen des Klägers im gegenwärtigen Verfahren enthält keine neuen Gesichtspunkte, die zu einer abweichenden Beurteilung Anlaß geben könnten. Im übrigen kann für den Kinderzuschlag nichts anderes gelten als für die anderen Versorgungsbezüge, die der Kläger dem Beigeladenen gewährt; Wortlaut und Zweck des § 2 Abs 1 Nr 2 KVLG aF erfordern eine uneingeschränkte Berücksichtigung aller Nebeneinkünfte.
Nach alledem war die Revision mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
Fundstellen