Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 10.10.1958) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 1958 mit den ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurück verwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der im Jahre 1913 geborene Kläger schloß im Jahre 1937 eine dreijährige Maurerlehre mit der Gesellenprüfung ab. Er war anschliessend bis zur Einberufung zum Wehrdienst (August 1939) als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt. Während des Wehrdienstes mußten Anfang 1942 infolge Erfrierung die vorderen Teile seiner beiden Füße amputiert werden. Seither ist er einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht mehr nachgegangen. Er bezieht seinen Lebensunterhalt aus der Nutzung seines Hauses und aus einer Versorgungsrente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 80 V. H. Zeitweilig betrieb er außerdem noch einen Bierausschank. Er ist unverheiratet.
Von 1942 bis 1951 gewährte ihm die Beklagte Invalidenrente Diese wurde durch Bescheid vom 28. September 1951 entzogen, weil der Kläger durch leichte Arbeiten im Sitzen einen die Invaliditätsgrenze übersteigenden Verdienst erzielen könne- und deshalb nicht mehr invalide sei. Dieser Entziehungsbescheid wurde dadurch bindend, daß der Kläger die Revision gegen das die Entziehung bestätigende Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 11. März 1954 im Oktober 1954 zurücknahm.
Im Februar 1955 beantragte der Kläger die Wiedergewährung der entzogenen Invalidenrente mit der Begründung, seit 1942 invalide zu sein. Diesen Antrag lehnte die Beklagte nach Beiziehung eines orthopädischen Gutachtens durch Bescheid vom 23. September 1955 ab, weil der Kläger nicht invalide sei. Er könne als Pförtner, Hausmeister oder in gewerblichen Betrieben zumindest noch die Hälfte des üblichen Lohnes verdienen. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) in München durch Urteil vom 15. November 1956 mit ähnlicher Begründung abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger nur noch beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. Januar 1957 an Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 1246 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu gewähren. Durch Urteil vom 10. Oktober 1958 hat das LSG die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit nicht erfüllt seien. Der Kläger sei trotz Beeinträchtigung seiner Steh- und Gehfähigkeit und trotz Wirbelsäulenveränderungen, chronischem Hexenschuß und chronischem Ischiasleiden noch in der Lage, als angelernter Arbeiter leichte bis mittelschwere Arbeiten vorwiegend im Sitzen zu verrichten. Hierbei sei vor allem an die Tätigkeiten eines Vorpolierers und Fließbandarbeiters in der Metallindustrie zu denken, die er, notfalls nach einer kürzeren Anlernzeit, verrichten könne. Diesen Tätigkeiten sei der Kläger geistig gewachsen. Das gehe daraus hervor, daß er sich ein Haus habe bauen können und verstanden habe, dieses Haus wirtschaftlich zu nutzen; Arbeitsplätze der genannten Art seien in ausreichender Zahl, wenn auch an anderen Orten als dem derzeitigen Wohnsitz des Klägers, vorhanden. Derartige Tätigkeiten könnten dem Kläger in Anbetracht der nur kurzen Ausübung des Maurerberufs auch zugemutet werden, zumal er als Alleinstehender nicht an einen bestimmten Arbeitsort gebunden sei und ihm zugemutet werden könne, sein Haus durch Vermietung zu nutzen. In entsprechenden Anlernberufen sei zudem in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht ein höherer Aufstieg als früher möglich. In einem derartigen Beruf könne der Kläger mindestens die Hälfte des Lohns eines gesunden Maurers verdienen. Es hat die Revision zugelassen.
Gegen das ihm am 26. November 1958 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Dezember 1958 Revision beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Er beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des LSG vom 10. Oktober 1958, des Urteils des SG vom 15. November 1956 und des Bescheides vom 23. September 1955 zu verurteilen, ihm vom 1. Januar 1957 an Rente wegen Berufsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe zu gewahren und die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Er rügt Verletzung des § 1246 RVO und meint, nach dieser Vorschrift habe das Berufungsgericht ihn als gelernten Maurer nicht auf die Tätigkeit eines angelernten oder ungelernten Arbeiters verweisen dürfen, nachdem er den erlernten Beruf wegen der vorhandenen Gesundheitsstörungen nicht mehr ausüben könne. Einer derartigen Verweisung stünde schon der wirtschaftliche und soziale Abstieg entgegen, den die Ausübung eines derartigen Berufs gegenüber dem Lehrberuf des Maurers mit sich bringen würde. Da der Beruf des Maurers in letzter Zeit finanziell und sozial stark angehoben worden sei, werde dieses Abgleiten auch durch einen möglichen Aufstieg in den ungelernten oder angelernten Tätigkeiten nicht ausgeglichen, auf die ihn das LS verweisen wolle. Das LSG habe daher den Rentenanspruch wegen Berufsunfähigkeit zu Unrecht verneint.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und hat davon abgesehen, einen Schriftsatz einzureichen.
Die zulässige Revision hatte teilweise Erfolg.
Der Kläger begehrt jetzt nur noch, die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. Januar 1957 an Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Der Umstand, daß der Kläger ursprünglich die Gewährung der Invalidenrente beantragt hat und der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23. September 1955 demgemäß auch nur zu diesem Antrag Stellung genommen hat, steht einer Entscheidung über die Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente nach § 1246 RVO durch die Gerichte nicht entgegen. Denn aus der Gesamtheit der Übergangsvorschriften des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) ergibt sich mit genügender Deutlichkeit, daß die Berufsunfähigkeitsrente als Fortsetzung der Invalidenrente anzusehen ist, wenn ihre Gewährung auch an abweichende Voraussetzungen geknüpft ist. Es bedurfte daher weder eines neuen Rentenantrages des Klägers noch eines neuen die Berufsunfähigkeitsrente betreffenden Bescheides des Beklagten, um über den Anspruch auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente entscheiden zu können.
Der Kläger hat den Rentenantrag im Februar 1955 gestellt, obwohl die seit dem Jahre 1942 gewährte Invalidenrente erst einige Zeit vorher – rechtskräftig geworden durch die Revisionsrücknahme im Oktober 1954 – entzogen worden ist. Es könnte fraglich sein, ob dem neuen Antrag nicht § 1635 Abs. 1 RVO; nach welchem der Rentenantrag grundsätzlich erst ein Jahr nach Zustellung der Entscheidung wiederholt werden kann, entgegensteht. Dies kann hier jedoch dahingestellt bleiben, nachdem der Kläger seine Klage auf Gewährung von Rente für die Zeit vom 1. Januar 1957 an beschränkt hat. Denn am 1. Januar 1957 war die in § 1635 RVO vorgeschriebene Jahresfrist jedenfalls verstrichen.
Das Berufungsgericht war somit nicht gehindert, zu prüfen, ob der Kläger seit dem 1. Januar 1957 berufsunfähig nach § 1246 Abs. 2 RVO ist. Dem Ergebnis seiner Prüfung kann jedoch nicht zugestimmt werden.
Berufsunfähig ist nach § 1246 Abs. 2 RVO ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Mit Recht ist das Berufungsgericht bei seiner Prüfung, ob beim Kläger diese Voraussetzungen erfüllt sind, vom Beruf des gelernten Maurers als bisherigen Beruf des Klägers ausgegangen. Der Kläger hat diesen Beruf in dreijähriger Lehrzeit mit Erfolg erlernt, ihn im Anschluß an die Lehre noch etwa 2 1/2 Jahre ausgeübt und nur wegen Gesundheitsstörungen aufgeben müssen. Ob es bei der Prüfung, welches der bisherige Beruf eines Versicherten im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist, eine Rolle spielt, wielange er diesen Beruf ausgeübt hat, bedarf hier keiner Prüfung. Wenn es sich um einen Facharbeiter handelt, der mit Erfolg die Lehre abgeschlossen hat, reicht eine Dauer der Berufsausübung von 2 1/2 Jahren jedenfalls aus. Die spätere Lösung des Klägers von dem Maurerberuf kann nicht zu seinen Ungunsten verwertet werden, weil sie auf gesundheitlichen Gründen beruht, d. h. auf Gründen, für deren Folgen der Versicherungsträger gerade einzustehen hat (BSG 2, 182, 187). Der Umstand, daß der Kläger dann von einem noch späteren Zeitpunkt an durch private Zimmervermietung und durch Betreiben eines Bierausschanks seinen Lebensunterhalt verdient hat, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Da es sich hierbei nicht um pflichtversicherte Tätigkeiten handelt, können sie insoweit auch keine versicherungsrechtliche Bedeutung haben, da sie ihrerseits keinesfalls geeignet sind, als „bisheriger Beruf des Versicherten” im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO an die Stelle des Maurerberufs zu treten. Denn als solcher kann immer nur eine pflichtversicherte Tätigkeit angesehen worden. Im vorliegenden Fall kann daher nur die Tätigkeit des gelernten Maurers als bisheriger Beruf des Klägers angenommen werden.
Der Kläger ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts durch die Gesundheitsstörungen in seiner Steh- und Gehfähigkeit so beeinträchtigt, daß er den Beruf des gelernten Maurers nicht mehr ausüben kann.
Zu Recht hat das Berufungsgericht aber weiterhin geprüft, ob der Kläger nicht auf andere Tätigkeiten verwiesen werden kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Anlernarbeiten vorwiegend im Sitzen, notfalls nach kürzerer Anlernzeit, zu verrichten, und durch derartige Tätigkeiten noch mehr als die Hälfte des Lohns eines gesunden Maurers zu verdienen. Hierbei geht das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum davon aus, daß der Besitz eines eigenen Hausgrundstücks einen zur Berufsausübung notfalls erforderlichen Umzug an einen anderen Ort jedenfalls nicht grundsätzlich unzumutbar erscheinen läßt. Auch sind im vorliegenden Fall, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, keine Anhaltspunkte ersichtlich, daß ein solcher Umzug als unzumutbar angesehen werden könnte (zu vgl. SozR RVO § 1246 Aa 12 Nr. 21).
Eine Verweisung ist allerdings nur auf Tätigkeiten möglich, die dem Versicherten unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Ein Versicherter kann hiernach nicht auf Berufe verwiesen werden, deren Ausübung einen wesentlichen sozialen Abstieg bedeuten würde. Dies wäre der Fall, wenn der Verweisungsberuf in den Augen der Umwelt ein wesentlich geringeres Ansehen genösse als der bisher verrichtete Beruf (BSG 9, 254, 258; SozR RVO § 1246 Bl. Aa 2 Nr. 4; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 670).
Anders als bei der Prüfung, welches der bisherige Beruf des Versicherten im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist, spielt – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – die Dauer der Ausübung des bisherigen Berufs für die Entscheidung der Frage, auf welche Tätigkeiten der Versicherte – ausgehend von diesem Beruf – zumutbar verwiesen werden kann, keine Rolle. Nach § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO kommt es zwar u. a. auf die Dauer der Ausbildung, nicht aber auf die Dauer der Ausübung des bisherigen Berufs an. In dieser Vorschrift beziehen sich die Worte „der Dauer und des Umfangs” nämlich nur auf die Worte „seiner Ausbildung”, nicht aber auf die Worte „seines bisherigen Berufs”. Nicht nur, daß man nicht von dem „Umfang” eines Berufes sprechen kann, so daß es hätte heißen müssen „der Dauer der Ausübung seines bisherigen Berufs”, sind auch die Worte „Ausbildung” und „seines bisherigen Berufs” nicht durch ein „und” verbunden, sondern durch ein „sowie” getrennt.
Die Verweisung eines gelernten Arbeiters auf ungelernte Tätigkeiten ist, da mit deren Verrichtung für den gelernten Arbeiter ein wesentlicher sozialer Abstieg verbunden wäre, grundsätzlich ausgeschlossen; Ausnahmen sind nur möglich, wenn es sich um besondere, aus dem Kreis der sonstigen ungelernten Tätigkeiten deutlich hervorgehobene Tätigkeiten, etwa um eine besondere Vertrauensstellung oder eine besonders verantwortungsreiche Tätigkeit handelt (vgl. dazu SozR RVO § 1246 Aa 2 Nr. 4). Dagegen ist es grundsätzlich zulässig, einen gelernten Arbeiter auf einen anerkannten Anlernberuf (für den eine ein- bis zweijährige Anlernzeit vorgeschrieben ist) zu verweisen. Versicherte, die eine für einen anerkannten Anlernberuf vorgeschriebene Ausbildung mit Erfolg durchlaufen haben und eine solche Tätigkeit ausüben, stehen zwar im sozialen Ansehen nicht den gelernten Arbeitern gleich. Der soziale Abstieg, der insofern für einen gelernten Arbeiter mit der Verrichtung einer anerkannten Anlerntätigkeit verbunden ist, kann aber als wesentlich in der Regel nicht angesehen worden. Ausnahmen von dieser Regel werden allerdings dann zu erwägen sein, wenn die Verweisung von einem besonders hohe Anforderungen stellenden und deshalb besonders hohes Ansehen genießenden Lehrberuf auf einen verhältnismäßig einfachen anerkannten Anlernberuf in Frage steht. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor. Für einen gelernten Maurer bedeutet die Ausübung eines anerkannten Anlernberufs daher keinen wesentlichen sozialen Abstieg. Insoweit ist dem Berufungsgericht zu folgen.
Eine Verweisung auf einen anerkannten Anlernberuf ist aber, wie das Berufungsgericht nicht genügend beachtet hat, nach § 1246 Abs. 2 RVO nur möglich, wenn der Versicherte nicht nur gesundheitlich, sondern auch nach seinen beruflichen Fähigkeiten zu dessen Verrichtung in der Lage ist. Das kann aber grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn der Versicherte die für einen solchen Beruf vorgeschriebene Ausbildung, gegebenenfalls eine entsprechende Umschulung, erfolgreich durchlaufen hat. Es geht nicht an, einen Versicherten auf eine Tätigkeit zu verweisen, für die er die notwendigen Fähigkeiten erst noch durch eine Ausbildung oder Umschulung erwerben muß. Allenfalls können, ohne daß eine solche Ausbildung oder Umschulung durchgeführt ist, diese Fähigkeiten auch dann noch als vorliegend angenommen werden, wenn der Versicherte beispielsweise einen solchen Beruf tatsächlich ausübt oder zumindest früher einmal aus geübt hat, oder wenn die Fähigkeiten, die er auf Grund eines bisherigen Berufes besitzt, auch für die Ausübung eines anerkannten Anlernberufs deshalb ausreichen, weil es sich um einen verwandten Beruf handelt. Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, daß der Kläger die für die Ausübung von Anlernberufen, vor allem die für die Ausübung der namentlich genannten Tätigkeiten des Fließbandarbeiters und des Vorpolierers erforderlichen geistigen Voraussetzungen besitzt, damit hat es jedoch nicht festgestellt, daß der Kläger über die zur Ausübung dieser Berufe notwendigen sonstigen Fähigkeiten verfügt. Diese Feststellung aber wäre erforderlich gewesen. Aus den bisher bekannten Unterlagen ergibt sich zudem nichts, was darauf hindeuten könnte, daß der Kläger die für die Ausübung des anerkannten Anlernberufs erforderlichen Fähigkeiten besitzt. Auf die namentlich genannte Tätigkeit des Vorpolierers insbesondere kann er nicht verwiesen werden. Denn diese Tätigkeit setzt eine zweijährige Anlernzeit voraus. Weder hat der Kläger eine solche durchlaufen, noch hat er die erforderlichen Fähigkeiten auf andere Weise erlangt. Die vom Berufungsgericht außerdem genannte „Fließbandarbeit” ist kein Beruf, sondern nur eine zusammenfassende Bezeichnung von Tätigkeiten verschiedenster Art. Eine Tätigkeit am Fließband wird zwar vielfach eine ungelernte Tätigkeit mit allenfalls kurzer Einweisung sein; deren Verrichtung kann aber einem gelernten Facharbeiter in der Regel nicht zugemutet werden. Soweit es sich um gelernte oder angelernte Tätigkeiten handeln sollte, wird eine Verweisung nicht möglich sein, weil dem Kläger die erforderlichen beruflichen Fähigkeiten fehlen werden.
Das Berufungsgericht wird hiernach noch zu prüfen haben, ob der Kläger solche ungelernten Tätigkeiten oder Tätigkeiten mit kurzer Einweisungs- oder Anlernzeit, die sich deutlich aus dem Kreis der üblichen Tätigkeiten dieser Art herausheben, etwa besondere Vertrauenstätigkeiten oder besonders verantwortungsreiche Tätigkeiten verrichten kann und ob er solche echten angelernten Tätigkeiten verrichten kann, die seinem Maurerberuf verwandt sind, bei denen er also die erforderlichen Fähigkeiten ausnahmsweise schon jetzt besitzt. Allerdings wird gerade bei diesen letzteren Tätigkeiten zu prüfen sein, ob der Kläger sie nach seinem Gesundheitszustand verrichten kann. Wenn er nach seinem Gesundheitszustand schon keine Maurertätigkeit mehr verrichten kann, so erscheint es zumindest fraglich, ob er verwandte angelernte Tätigkeiten zu verrichten in der Lage ist.
Das angefochtene Urteil mußte hiernach aufgehoben und, da es an erforderlichen Tatsachenfeststellungen mangelt, zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Unterschriften
Raack, Bundesrichter Mellwitz ist an der Unterschrift durch Urlaub verhindert Raack, Dr. Dapprich
Fundstellen
Haufe-Index 926307 |
BSGE, 57 |