Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 21.02.1963) |
SG Lübeck (Urteil vom 27.05.1961) |
Tenor
Die Anschlußrevision der Beklagten wird als unzulässig verworfen.
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Februar 1963 aufgehoben. Die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile des Sozialgerichts Lübeck vom 27. Mai 1961 werden zurückgewiesen.
Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
I
Die Kläger sind der 1904 geborene Otto P. seinerzeit Hilfskrankenpfleger in Geesthacht (G.) und sein 1935 geborener Sohn Walter P. der als Gärtnergehilfe tätig war und seit dem 9. August 1957 wieder bei den Eltern in G. wohnte. Sie verlangen Entschädigung von der Beklagten wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls, den sie auf einer Fahrt von Lauenburg (L.) nach G. mit dem von Walter P. gelenkten Motorrad am 11. August 1957 erlitten; beiden Klägern mußte wegen der schweren Unfallverletzungen das linke Bein amputiert werden. Nach Meinung der Kläger standen sie bei dem Unfall unter Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 3 in Verbindung mit §§ 542, 543 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF, weil die unfallbringende Fahrt im Dienste des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) durchgeführt worden sei; damals war Otto P. ehrenamtlicher Führer der Sanitätsbereitschaft im Ortsverein G. des DRK, Walter P. gehörte dieser Organisation als ehrenamtlicher Bereitschaftsmann an. Über Anlaß und Verlauf der Fahrt von G. nach L. und zurück hat das Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein folgendes festgestellt:
„Im Jahre 1957 hatte der Ortsverein Geesthacht des DRK sein 25jähriges Jubiläum. Deswegen fanden schon vor dem Unfall der Kläger im Vorstand des Vereins mehrere Besprechungen über Vorbereitung und Durchführung einer Jubiläumsfeier statt. Die Jubiläumsfeier war für den 5. und 6. Oktober 1957 geplant. Gelegentlich einer der Besprechungen, an der auch der Kläger Otto P. teilgenommen hat, wurde beschlossen, im Rahmen der Jubiläumsfeier eine Übung vorzuführen und dazu Mitglieder des DRK-Ortsvereins lauenburg, vor allem seiner aktiven Bereitschaft heranzuziehen. Daraufhin beauftragte der Zeuge N. in seiner Eigenschaft als damaliger Vorsitzender des Festausschusses des DRK-Ortsvereins Geesthacht den Kläger Otto P. nach Lauenburg zu fahren und mit den zuständigen Mitgliedern des dortigen DRK-Ortsvereins die vom Geesthachter Ortsverein gewünschte gemeinschaftliche Übung in einzelnen zu besprechen, weil er keine Zeit hatte, diese Besprechungen selbst zu führen und Otto P. als damaliger Bereitschaftsführer im DRK-Ortsverein Geesthacht die Übung leiten sollte; einen genauen Zeitpunkt für die Fahrt nach Lauenburg bestimmte er nicht, wie er es auch Otto P. überließ, mit dem Lauenburger DRK-Ortsverein nach eigenem Ermessen zu verhandeln. An Sonntag, den 11.8.1957, gegen 14.30 Uhr fuhren die Kläger, ohne sich vorher auf der Geschäftsstelle des DRK-Ortsvereins Geesthacht nach den ihnen unbekannten Anschriften der Vorstandsmitglieder des DRK-Ortsvereins Lauenburg, die auf der Geschäftsstelle vorlagen, erkundigt zu haben, in Zivilkleidung mit dem Motorrad Walter P., das dieser lenkte, von der gemeinschaftlichen Wohnung in Geesthacht nach Lauenburg zum Sportplatz, auf dem zwei Fußballspiele – ein Vorspiel und ein Hauptspiel – zwischen einer Mannschaft des Geesthachter Sportvereins und einer solchen des Lauenburger Sportvereins nacheinander stattfanden. Beide Kläger sahen den Fußballspielen zu und leisteten zwei verletzten Fußballspielern Erste Hilfe. Die DRK-Ortsvereine Lauenburg und Geesthacht hatten keine Bereitschaftsmänner zur Wahrnehmung des Sanitätsdienstes auf dem Sportplatz abgeordnet. Da der Kläger Walter P. wegen einer Verabredung am Sonntag abend wieder in Geesthacht sein wollte, traten die Kläger schon kurz vor Beendigung des zweiten Fußballspiels gegen 17.30 Uhr die Rückfahrt nach Geesthacht an, auf der sie gegen 17.35 Uhr verunglückten.”
Der DRK-Kreisverband berichtete, die Kläger seien zum Lauenburger Sportplatz in der Erwartung gefahren, dort einen Kameraden des DRK-Ortsvereins L. anzutreffen, um sich von diesem die Anschriften des Vorsitzenden und des Bereitschaftsführers des DRK-Ortsvereins L. geben zu lassen. Sie hätten aber auf dem Sportplatz keinen Lauenburger DRK-Kameraden gefunden, nicht einmal den für Fußballspiele vorgeschriebenen Bereitschaftssanitäter. Aus diesem Grunde hätten sie den Sportplatz nicht wieder verlassen, sondern seien bis zum Ende der Fußballspiele dort geblieben, um bei Unfällen als Sanitäter eingreifen zu können. Sie hätten also als Ersatzmänner für die nicht anwesenden Lauenburger DRK-Kameraden Bereitschaftsdienst auf dem Sportplatz versehen, der von 15 Uhr bis 17.30 Uhr gedauert habe. Zweimal sei ihr Dienst in Anspruch genommen worden. Bei beiden Fußballspielen sei jeweils ein Spieler verletzt worden, Otto P. habe die Verletzten massiert. Der DRK-Ortsverein teilte mit, Otto P. habe, da auf dem Sportplatz keine Sanitäter vom Lauenburger DRK gewesen seien, sich für verpflichtet gehalten, das DRK bei den Fußballspielen zu vertreten. Die Geesthachter Bereitschaft habe sich darauf verlassen, daß zu den Fußballspielen Lauenburger Sanitäter abgestellt würden. Sonst hätte sie selbst einen oder zwei Sanitäter dort hingeschickt. Die Geesthachter Bereitschaft betreue auch Geesthachter Spieler auf auswärtigen Spielplätzen. Die Kläger hätten zwar auf dem Lauenburger Sportplatz keine vollständige Sanitäterausrüstung, wohl aber das für Erste Hilfe gebräuchliche Verbandszeug in der Tasche gehabt.
Die Beklagte erteilte beiden Klägern am 30. Juni 1960 Ablehnungsbescheide: Alle Umstände sprächen dafür, daß die Kläger die Fahrt am 11. August 1957 in eigenwirtschaftlichem Interesse unternommen hätten. Die Fahrt zum Fußballspiel auf dem Lauenburger Sportplatz habe weder den Zweck gehabt, im Sinne des Vorstandsbeschlusses des Geesthachter DRK-Ortsvereins tätig zu werden, noch auf dem Sportplatz Sanitätsdienst zu leisten. Die Kläger hätten in L. alle Bemühungen unterlassen, dem Vorstandsbeschluß nachzukommen. Der Umstand, daß auf dem Sportplatz kein Vertreter des Lauenburger DRK anwesend gewesen sei, habe kein Anlaß sein können, nunmehr dem Fußballspiel zuzusehen, ohne sich weiterhin auf die Auffindung von Mitgliedern des Lauenburger DRK im Ort selbst zu bemühen.
Das Sozialgericht (SG) Lübeck hat die Geesthachter DRK-Funktionäre S., N. und V. vernommen und mit den Urteilen vom 27. Mai 1961 die Beklagte zur Rentengewährung an die Kläger verurteilt; Der Zeuge N. habe Otto P. den Auftrag erteilt, nach L. zu fahren, um dort Einzelheiten über die Jubiläumsfeier zu besprechen, ohne ihm einen genauen Zeitpunkt für diese Fahrt anzugeben. Somit habe es im Sinne dieser Vereinbarung gelegen, daß die Kläger am 11. August 1957 die Fahrt nach L. zu diesem Zweck angetreten hätten. Daß Otto P. es unterlassen habe, sich mit dem Lauenburger DRK-Vorsitzenden in Verbindung zu setzen, obwohl dies der eigentliche Zweck seiner Fahrt gewesen sei, und daß er keine geeigneten Wege gefunden habe, sein eigentliches. Vorhaben auszuführen, sondern es vorgezogen habe, sich für die Erste Hilfe bei den Fußballspielen bereitzuhalten, sei aus seiner Unbeholfenheit zu erklären, Anhaltspunkte dafür, daß die Kläger aus privaten Gründen nach L. gefahren seien, seien nicht ersichtlich.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG durch Beschluß vom 2. März 1962 die beiden Verfahren gemäß § 113 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur gemeinschaftlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 1963 hat das LSG als Zeugen die Ehefrau des Klägers zu 1) Hilda P. und den Lauenburger Kaufmann Sch…, seinerzeit Kassierer bei der Sportveranstaltung sowie als Sachverständigen den DRK-Kreisbereitschaftsführer W. vernommen. Es hat die Urteile des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen; Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lasse sich nicht feststellen, daß die Fahrt der Kläger am 11. August 1957 eine Dienstreise für das DRK gewesen sei. Zwar sei der vom Zeugen N. dem Kläger Otto P. erteilte Auftrag nicht dem unversicherten inneren Vereinsbetrieb zuzurechnen, sondern habe seinem Inhalt nach eine nach §§ 537 Nr. 3, 542 Abs. 1 RVO aF versicherte Dienstleistung betroffen. Der von einem zuständigen Mitglied des DRK-Ortsvereins G. im Vereinsinteresse erteilte Auftrag habe nämlich der Vorbereitung einer Übung der Geesthachter DRK-Bereitschaft mit Mitgliedern der Lauenburger DRK-Bereitschaft gedient. Trotz der damit verknüpften werbenden Wirkung auf die Öffentlichkeit hätte auch diese Übung die Ausbildung der beiden Bereitschaften gefördert; das Wesen einer Übung für den Ernstfall wäre trotz des Rahmens einer Jubiläumsfeier erhalten geblieben. Infolgedessen seien auch die Vorbereitung für diese Übung unfallversichert gewesen und ebenso eine Fahrt des Otto P. nach L. auf Grund des ihm erteilten Auftrags als eine der Übung vorangehende notwendige Vorbereitungshandlung. Auch für den Kläger Walter P. habe es sich hierbei um eine versicherte Dienstreise für das DRK gehandelt; er habe als Bereitschaftsmann dem Bereitschaftsführer unterstanden, die familiäre Beziehung zwischen den beiden Klägern ändere hieran nichts.
Bei Berücksichtigung aller Umstände könne jedoch nicht angenommen werden, daß die Fahrt der Kläger am 11. August 1957 wirklich der Ausführung des dem Kläger Otto P. vom Zeugen N. erteilten dienstlichen Auftrags gedient habe. Vielmehr lasse sich die Möglichkeit nicht ausschließen, daß die Kläger allein deswegen nach L. gefahren seien, um sich die auf dem dortigen Sportplatz ausgetragenen beiden Fußballspiele anzusehen.
Allerdings lasse der für die Fahrt gewählte Tag an sich noch keinen Schluß auf diese Absicht zu; denn der Zeuge N. habe keinen genauen Zeitpunkt für die Dienstfahrt bestimmt, und die berufstätigen Kläger hätten für länger dauernde Fahrten mit Besprechungen für das DRK nur sonntags Zeit gehabte. Für diese Absicht sprächen jedoch die weiteren Tatsachen, daß die Kläger die für die Ausführung des Auftrags benötigten Anschriften des Lauenburger DRK-Ortsvereinsvorstandes nicht kannten, in Zivilkleidung fuhren, in L. sofort den Sportplatz aufsuchten, diesen bis zur Rückfahrt nicht mehr verließen, sondern den Fußballspielen zusahen, niemanden nach den Anschriften befragten, auch nicht den Kassierer am Sportplatzeingang, obwohl den Klägern aus ihrer langjährigen DRK-Tätigkeit die engen Beziehungen zwischen DRK und Fußballvereinen bekannt sein müßte, so daß sie wegen der Auskunft nicht nur auf DRK-Männer angewiesen waren. Ein Interesse der Kläger an der Lauenburger Fußballveranstaltung sei um so weniger auszuschließen, als ihr Heimatverein beteiligt gewesen sei. Daran ändere auch nichts, daß am 11. August 1957 andernorts für die Kläger ebenfalls erreichbare, an sich interessantere Fußballspiele stattgefunden hätten.
Die Angaben der Zeugin P. wiesen zwar auf eine Dienstreise nach L. hin; diese Aussage für sich allein könne aber die Annahme, die Kläger seien zwecks Vorbereitung der Einsatzübung nach L. gefahren, nicht stützen; einmal sei sie inhaltlich zu unbestimmt, zum anderen ständen alle äußeren Geschehnisse dagegen. Auf keinen Fall werde durch die Aussage des Zeugen Sch… die Behauptung der Kläger gestützt, sie hätten auf dem Sportplatz nur Lauenburger DRK-Kameraden gesucht, um sie nach den Anschriften der Vorstandsmitglieder bzw. des Bereitschaftsführers zu fragen, und seien ausschließlich zu diesem Zweck zum Sportplatz gefahren. Die Tatsache, daß sich die Kläger sogleich als Mannschaftsbetreuer ausgaben, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt vom Mangel der Betreuung durch Lauenburger DRK-Sanitäter noch gar nicht wissen konnten, der sie angeblich erst zu einer Sinnesänderung bewogen haben sollte, lege dem Schluß am nächsten, daß sie von vornherein den Fußballspielen während deren ganzer Dauer beiwohnen wollten. Das äußere Geschehen, das mangels anderer schlüssiger Beweise allein die Absichten der Kläger verdeutlichen könne, lasse in keinem Punkt die Absicht erkennen, mit Lauenburger DRK-Männern Besprechungen zu führen. Nach alledem bleibe es ungewiß, ob die Fahrt der Kläger eine Dienstreise für das DRK gewesen sei; diese Ungewißheit gereiche den Klägern zum Nachteil (BSG 6, 70).
Der auf der Rückfahrt nach G. eingetretene Unfall habe auch nicht deshalb unter Versicherungsschutz gestanden, weil die Kläger zuvor auf dem Lauenburger Sportplatz zwei verletzten Fußballspielern Erste Hilfe geleistet hätten. Allerdings seien die Kläger nicht nur bei diesen Hilfeleistungen, sondern darüber hinaus auch während der übrigen Zeit ihres Aufenthalts auf dem Sportplatz versicherungsgeschützt gewesen. Selbst wenn dieser Aufenthalt dem Zweck des Zuschauens gedient habe, sei das nur teilweise der Fall, da die Kläger sich auf dem Sportplatz entschlossen hätten, gleichzeitig den Betreuungsdienst wahrzunehmen und jederzeit Erste Hilfe zu leisten, wozu sie auch ohne besonderen dienstlichen Auftrag befugt gewesen seien. Da sich der Aufenthalt auf dem Sportplatz nicht eindeutig in einen eigenwirtschaftlichen und einen dienstlichen Teil zerlegen lasse und den Belangen des DRK wesentlich gedient habe, sei der Versicherungsschutz während des Aufenthalts anzuerkennen. Danach, insbesondere für den Nachhauseweg, habe er jedoch nicht bestanden, da insoweit der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gefehlt habe. Dieser Zusammenhang fehle in allen jenen Fällen, in denen DRK-Männer infolge zufälliger Anwesenheit zum Einsatz kämen und danach nach Hause zurückkehrten, wie sie es auch ohne den Einsatz hätten tun müssen. Eine rechtlich wesentliche Beziehung zwischen dem Einsatz und der Rückkehr komme nur in Betracht, wenn die Rückkehr sich z. B. zeitlich erheblich verschiebe, eine gefährlichere Fahrt in der Dunkelheit erfordere oder während der Rückkehr Übermüdung infolge des Einsatzes bestehe. Eine solche besondere Beziehung sei hier nicht ersichtlich. Für den Entschluß der Kläger, schon vor Spielschluß die Rückfahrt anzutreten, seien allein persönliche Interessen, nämlich die Verabredung des Walter P., maßgebend gewesen. Hierdurch sei die während des Aufenthalts auf dem Sportplatz hergestellte Beziehung zum DRK-Dienst derart in den Hintergrund gerückt, daß sie für das Zurücklegen des Weges von L. nach G. als unerheblich ausgeschieden sei.
Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es nach seiner Ansicht „eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob Beziehungen, die das Mitglied einer DRK-Bereitschaft erst nach Beendigung einer aus eigenwirtschaftlichen Gründen durchgeführten Fahrt zum Dienst im DRK hergestellt hat, in jedem Falle oder nur unter bestimmten Voraussetzungen auch für den Rückweg bestehen bleiben.”
Gegen das ihnen am 10. Juli 1963 zugestellte Urteil haben die Kläger am 13. März 1963 Revision eingelegt und sie zugleich sowie am 14. Mai und 31. Juli 1963 wie folgt begründet; Das LSG habe die Vorschriften der §§ 537 Nr. 3, 543 RVO aF verletzt. Die Auffassung des LSG, DRK-Angehörige seien nur im unmittelbaren Einsatz und bei Fahrten von oder zum Einsatz nur dann versichert, wenn diese unmittelbar zum Einsatz gehörten, treffe nicht zu. Eine Dienstfahrt liege immer dann vor, wenn sie aus dienstlichen Gründen angetreten werde oder zu einem dienstlichen Einsatz geführt habe. Es komme nicht darauf an, welche Gedanken der Verunglückte sich bei einem Weg gemacht habe, sondern nur darauf, daß der Weg mit der Tätigkeit zusammenhänge.
Wenn ein DRK-Mann außerhalb seines Wohnsitzes im Einsatz gestanden habe, müsse er nach Dienstbeendigung wieder nach Hause fahren. Daß er auf einer privaten Reise ebenfalls hätte nach Hause fahren müssen, sei selbstverständlich, aber selbst eine private Fahrt werde dadurch, daß sie zu einem dienstlichen Einsatz geführt habe, zu einer Dienstfahrt.
Bezüglich des Zwecks der Hinfahrt greift die Revision die Beweiswürdigung des LSG an und meint, entgegen der vom LSG vertretenen Ansicht sprächen alle Umstände dafür, daß die Fahrt nach L. eine Dienstfahrt zum Zweck der Verhandlung über die Einsatzübung gewesen sei. Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile des SG Lübeck vom 27. Mai 1961 zurückzuweisen.
Die Beklagte, der das Berufungsurteil ebenfalls am 10. Juli 1963 zugestellt wurde, hat am 3. September 1963 Anschlußrevision eingelegt. Hiermit wendet sie sich gegen den vom LSG vertretenen Standpunkt, die Vorbereitung der Einsatzübung sei an sich dem versicherten Dienstbetrieb des DRK zuzurechnen und der Kläger Walter P. habe vom Kläger Otto P. einen dienstlichen Fahrtauftrag erhalten können. Die Beklagte macht insoweit geltend, § 537 Nr. 3 RVO aF begründe Versicherungsschutz nur für wirkliche Hilfeleistungen und hierauf vorbereitende echte Ausbildungsübungen, nicht dagegen für Schauübungen bei DRK-Vereinsfesten, die gar nicht der Ausbildung, sondern propagandistischen Zwecken dienten Ferner habe das LSG verkannt, daß Walter P. die unfallbringende Fahrt nicht als Untergebener des Bereitschaftsführers, sondern lediglich als Sohn seines Vaters auf Grund der Familienbeziehung unternommen habe.
Im übrigen beantragt die Beklagte Zurückweisung der Revision und meint, das LSG sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß es an ausreichenden Anhaltspunkten für einen betrieblichen Fahrtzweck fehle.
Die Kläger halten die Anschlußrevision der Beklagten für unzulässig, da für die mit ihr aufgeworfenen Rechtsfragen die Revision nicht zugelassen worden sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Kläger ist statthaft durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, daher zulässig.
Die von der Beklagten erhobene unselbständige Anschlußrevision ist nicht zulässig. Zwar ist allgemein im Verfahren nach dem SGG die Vorschrift des § 556 der Zivilprozeßordnung (ZPO) über die Anschließung des Revisionsbeklagten an die Revision entsprechend anwendbar (BSG 8, 24, 29). Die mit einer Begründung versehene Anschlußschrift ist rechtzeitig beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen Ihrer Zulässigkeit steht es auch nicht – wie die Kläger meinen – entgegen, daß das LSG in der Begründung seiner Zulassungsentscheidung nur auf eine bestimmte Rechtsfrage Bezug genommen hat, welche von der Anschlußrevision nicht aufgegriffen worden ist; selbst wenn das LSG hiermit die Revisionszulassung auf diese eine Rechtsfrage hätte beschränken wollen, wäre eine solche Beschränkung unbeachtlich (vgl. SozR SGG § 162 Bl. Da 51 Nr. 170 mit weiteren Nachweisen). Mit der Anschlußrevision erstrebt die Beklagte jedoch eine Änderung nicht des Ausspruchs, sondern lediglich der Gründe des Berufungsurteils, und zwar hinsichtlich sachlich-rechtlicher Vorfragen, die – falls es überhaupt auf sie ankäme – bei der zugelassenen Revision ohnehin von Amts wegen nachzuprüfen wären (BSG 3, 180, 186); um eine solche Nachprüfung gegebenenfalls anzuregen, stand der Beklagten die schlichte Revisionserwiderung zur Verfügung, ihrer Anschlußrevision bedurfte es hierfür nicht (vgl. BGH, NJW 1958, 868 = ZZP Bd. 72, 215; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., S. 672; Wieczorek, ZPO-Komm., Anm. A II b 1 zu § 556; Stein/Jonas/Schönke/Pohle, ZPO-Komm., 18. Aufl., Anm. I 1 zu § 521).
Das LSG hat die Entschädigungsansprüche der Kläger unter zwei Gesichtspunkten geprüft; 1. Ob die Kläger am Unfalltage ihre Fahrt von G. nach L. zu dem Zweck angetreten hätten, dienstliche Angelegenheiten mit Vertretern des Lauenburger DRK zu besprechen; 2. ob jedenfalls ihre Rückfahrt, auf der sie den Unfall erlitten, deshalb unter Versicherungsschutz gestanden habe, weil sie auf dem Sportplatz in L. während der Fußballspiele Betreuungsdienst als DRK-Bereitschaftsmänner ausgeübt hatten. Unter beiden Gesichtspunkten ist das LSG zu dem Ergebnis gelangt, Entschädigungsansprüche der Kläger bestünden nicht. Dieser Entscheidung wird nur hinsichtlich der erstgenannten Fragestellung beigepflichtet.
Insoweit vermag das Revisionsvorbringen, das sich mit der Beweiswürdigung des LSG auseinandersetzt, die Annahme des LSG nicht zu erschüttern, nach den gesamten Umständen bleibe es ungewiß, ob die Fahrt nach L. eine Dienstreise der Kläger für das DRK gewesen sei oder aber lediglich dem Besuch der Fußballveranstaltung gedient habe. Die Revision möchte allerdings aus den Ergebnissen der Beweisaufnahme abweichende Schlüsse ziehen. Ihre Darlegungen sind jedoch nicht geeignet, dem LSG Überschreitungen der Grenzen des Beweiswürdigungsrechts, insbesondere Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze des täglichen Lebens (vgl. BSG 2, 236), nachzuweisen.
Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen das angefochtene Urteil, soweit es unter dem an zweiter Stelle genannten Gesichtspunkt den Versicherungsschutz auch für die Rückfahrt der Kläger nach G. verneint hat. In dieser Beziehung hat das LSG festgestellt, die Kläger hätten, als sie nach Betreten des Lauenburger Sportplatzes die Abwesenheit von DRK-Sanitätern bemerkten – also wahrscheinlich schon kurz nach ihrer Ankunft –, den Entschluß gefaßt, gleichzeitig den von der Lauenburger bzw. Geesthachter DRK-Bereitschaft nicht gestellten Betreuungsdienst wahrzunehmen und auf den Sportplatz jederzeit Erste Hilfe zu leisten, wozu sie auch ohne besonderen dienstlichen Auftrag befugt gewesen seien; die Ernstlichkeit dieses Entschlusses sei dadurch erwiesen, daß die Kläger auch tatsächlich zwei verletzten Fußballspielern Hilfe geleistet hätten. Bedenken gegen diese Feststellungen bestehen nicht, insbesondere hat auch die Beklagte im Revisionsverfahren hiergegen nichts vorgetragen; der Senat ist mithin an die Feststellungen gebunden (§ 163 SGG). Bedenkenfrei ist weiterhin die vom LSG hieraus gefolgerte Auffassung, die Kläger seien nicht bloß bei der zweimaligen Betreuung Verletzter, sondern auch während der übrigen Zeit ihres Aufenthalts auf dem Sportplatz – dieser dauerte, wie aus den Gründen des angefochtenen Urteils hervorgeht, etwa 2 1/2 Stunden – unfallversichert gewesen. Mit Recht hat das LSG angenommen, dieser Aufenthalt habe dem privaten Zweck des Zuschauens nur teilweise gedient, er sei durch das Verhalten der Kläger zum anderen Teil auch dienstbedingt geworden, der gesamte Aufenthalt auf dem Sportplatz lasse sich nicht in einen privaten und einen dienstlichen Teil zerlegen.
Diese Auffassung entspricht dem in der Rechtsprechung entwickelten Begriff der „gemischten Tätigkeit” (vgl. BSG 3, 240, 245 mit weiteren Nachweisen); danach genügt es für die Bejahung des Versicherungsschutzes, daß eine gemischte Tätigkeit dem versicherten Zweck wesentlich dient, sie braucht ihm nicht überwiegend zu dienen; abzulehnen ist der Versicherungsschutz nur, wenn das Handeln im dienstlichen Interesse lediglich einen Nebenzweck der Gesamttätigkeit darstellt. Nun könnte man zwar in Erwägung ziehen, die dienstliche Einsatzbereitschaft der Kläger deshalb als einen bloßen Nebenzweck des Aufenthalts auf dem Sportplatz zu betrachten, weil sie vermutlich hierdurch und durch das zweimalige Eingreifen bei Verletzungen nicht wesentlich daran gehindert waren, den Verlauf der Fußballspiele als Zuschauer zu beobachten. Diese Erwägung verbietet sich jedoch nach Meinung des Senats, weil sonst der – ohne jeden Zweifel zu gewährleistende – Versicherungsschutz für Personen in Frage gestellt wäre, die als Sanitäter, Ärzte, Wachmänner oder dgl. zur Dienstleistung bei Sportveranstaltungen, Theateraufführungen, Versammlungen, öffentlichen Umzügen und bei ähnlichen Anlässen entsandt werden; der Versicherungsschutz könnte nicht gut davon abhängen, ob der einzelne jeweils ohne persönliche Anteilnahme, allein in Befolgung eines zwingenden Auftrags oder aber zugleich als interessierter Zuschauer sich bei der Veranstaltung dienstbereit aufhält. Auf Grund der Feststellungen des LSG kann der Aufenthalt der Kläger nicht anders beurteilt werden, als wenn sie vom DRK als Bereitschaftsmänner zum Betreuungsdienst dorthin entsandt worden wären. Ihr – vom LSG angenommenes – persönliches Interesse am Fußballspiel kann also nicht entscheidend dagegen sprechen, daß ihr Aufenthalt auf dem Sportplatz den versicherungsgeschützten Zwecken des DRK wesentlich gedient hat.
Nicht beizupflichten ist indessen der abschließenden Erwägung des LSG, für den Nachhauseweg der Kläger sei der Versicherungsschutz entfallen, weil hierbei der innere Zusammenhang mit der unfallversicherungsrechtlich geschützten Tätigkeit gefehlt habe; dieser Zusammenhang fehle in allen jenen Fällen, in denen DRK-Männer infolge zufälliger Anwesenheit zum Einsatz kämen und dann nach Hause zurückkehrten, wie sie es auch ohne den Einsatz hätten tun müssen; eine rechtlich wesentliche Beziehung zwischen dienstlichem Einsatz und Rückkehr könne nur erwogen werden, wenn z. B. die Rückkehr infolge des Einsatzes sich erheblich verzögere oder in übermüdetem Zustand durchgeführt wurde. Derartige Erwägungen hat das LSG Schleswig selbst in einem vom erkennenden Senat (BSG 3, 240) bestätigten früheren Urteil, welches einen im wesentlichen gleichliegenden Sachverhalt betraf, nicht angestellt; vielmehr hat es damals den Standpunkt vertreten, daß der rechtliche Charakter einer – aus privaten Gründen angetretenen – Motorradfahrt eine Veränderung erfahren habe infolge des Dazwischentretens einer dienstlichen Verrichtung, zu welcher sich der später Verunglückte aus eigenem Antrieb, ohne besondere Weisung des Dienstherrn entschlossen hatte. Der erkennende Senat ist seinerzeit dem Berufungsurteil beigetreten; er hat den Zusammenhang der Rückfahrt mit der eingeschobenen dienstlichen Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt bejaht, daß die dienstliche Verrichtung nicht nur gelegentlich der privaten Fahrt stattgefunden, sondern einen wesentlichen Teil der unterwegs insgesamt ausgeübten Betätigungen ausgemacht habe. Von diesem Gesichtspunkt aus, dem freizugeben der Senat keinen Anlaß findet, läßt sich aber auch im vorliegenden Streitfall der Versicherungsschutz für die Kläger nicht ablehnen, mögen auch die oben angeführten Erwägungen im angefochtenen Urteil an sich nicht unbeachtlich erscheinen. Der hier gegebene Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, daß der Aufenthalt der Kläger auf dem Fußballplatz, der die gesamte Zeit von ihrem Eintreffen in L. bis zum Antritt der Rückfahrt ausfüllte, gleichzeitig privaten und dienstlichen Zwecken diente, wobei – wie oben ausgeführt wurde – die dienstliche Einsatzbereitschaft nicht als Nebenzweck in den Hintergrund trat, sondern einen wesentlichen, wenn auch nicht den überwiegenden Zweck für die Anwesenheit der Kläger während der Fußballspiele bildete, Folgerichtig muß dann aber auch für die Rückfahrt der Kläger der innere Zusammenhang mit ihrem mehrere Stunden lang versehenen Betreuungsdienst anerkannt werden. Auf die besonderen Voraussetzungen, die das LSG hervorgehoben hat, kann es für den Versicherungsschutz während des Heimwegs nicht abgestellt werden. Unerheblich ist es hierbei nach Auffassung des Senats, daß die Kläger schon kurze Zeit vor Schluß der Fußballspiele sieh auf den Heimweg begeben haben. Dies hat sich auf die Tatsache, daß sie etwa 2 1/2 Stunden lang ernstlich Bereitschaftsdienst versehen hatten, nicht entscheidend ausgewirkt; eine andere Beurteilung wäre freilich geboten, wenn sich die Kläger so frühzeitig vom Sportplatz entfernt hätten, daß ihre vorübergehende Betätigung für das DRK nur als unwesentlicher Nebenzweck ihrer gesamten Fahrt erschiene. Für eine solche Beurteilung bieten aber die vom LSG getroffenen Feststellungen keinen Anhaltspunkt.
Auf die hiernach begründete Revision der Kläger waren das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufungen der Beklagten gegen die im Ergebnis zutreffenden Urteile des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Unterschriften
Brackmann, Dr. Kaiser, Dr. Baresel
Fundstellen