Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Frage des Beginns des Altersruhegeldes bei wirksamer Beitragsnachentrichtung einer ursprünglich nach GAL 1957 § 8 Abs 6 von der Beitragspflicht befreiten landwirtschaftlichen Unternehmerin.
2. Der Anspruch auf das Altersgeld besteht nicht erst vom 1. des Monats an, in dem die Beiträge nachentrichtet worden sind, sondern schon vom Inkrafttreten des Neuregelungsgesetzes (1962-01-01), wenn der Antragsteller sich zur Nachentrichtung von Beiträgen bereit erklärt und auch die Voraussetzungen des GAL 1961 § 27 Abs 1 Buchst c erfüllt sind.
Normenkette
GAL § 8 Abs. 6 Fassung: 1957-07-27; GAL 1957 § 8 Abs. 6 Fassung: 1957-07-27; GALNReglG § 27 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1961-07-03; GALNReglG 1961 § 27 Abs. 1 Buchst. c Fassung: 1961-07-03
Tenor
Die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 5. Februar 1964 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. Oktober 1959 den Antrag der Klägerin auf Altersgeld ab, weil sie nicht beitragspflichtig gewesen sei. Die Klage gegen diesen Bescheid ist erfolglos geblieben. Im Dezember 1962 erklärte sich die Klägerin bereit, Beiträge nach Art. 2 § 7 des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte vom 3. Juli 1961 - GAL nF - (BGBl I 845) nachzuentrichten. Gleichzeitig beantragte sie erneut Altersgeld. Mit Schreiben vom 17. April 1963 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie sei vom 1. Oktober 1957 bis 10. Februar 1958 in das Mitgliederverzeichnis eingetragen worden und kraft Gesetz gemäß § 8 Abs. 6 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte vom 27. Juli 1957 (BGBl I 1063) - GAL aF - von der Beitragspflicht befreit. Sie werde jedoch aufgrund ihrer am 22. Dezember 1962 eingegangenen Erklärung beitragspflichtig und solle deshalb die ausstehenden Beiträge in Höhe von 40,- DM entrichten. Nachdem die Klägerin diese Beiträge im Mai 1963 gezahlt hatte, gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 5. Juni 1963 Altersgeld vom 1. Mai 1963 an.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben; sie begehrt Altersgeld auch schon für die Zeit vom 1. Januar 1962 bis zum 30. April 1963. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt: Die Erklärung der Klägerin vom 22. Dezember 1962 begründe Beitragspflicht vom 1. Oktober 1957 an. Damit werde sie nicht anders behandelt als die übrigen Beitragspflichtigen. Im Falle der Nachentrichtung von Beiträgen gelten diese als rechtzeitig entrichtet, so daß auch schon Altersgeld von einem vor der Nachentrichtung liegenden Zeitpunkt an gewährt werden könne. Darüber hinaus lasse der Antrag vom 22. Dezember 1962 gemäß Art. 2 §§ 4 und 6 des Neuregelungsgesetzes die Leistung schon vom 1. Januar 1962 an beginnen. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das Urteil hat die Beklagte mit Einwilligung der Klägerin Sprungrevision eingelegt.
Sie rügt Verletzung des § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF und trägt vor: Die Klägerin, die bisher nach § 8 Abs. 6 GAL aF von der Beitragspflicht befreit gewesen sei, habe von der Möglichkeit des Art. 2 § 7 des Neuregelungsgesetzes Gebrauch gemacht und sich zur Nachentrichtung von Beiträgen verpflichtet. Diese Möglichkeit der Nachentrichtung ändere aber nichts an dem Umstand, daß auch in solchen Fällen die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF erfüllt, daß also die Beiträge tatsächlich entrichtet sein müßten. Solange dies nicht geschehen sei, fehle es an diesen gesetzlichen Voraussetzungen; Altersgeld könne daher erst gewährt werden, wenn die Beiträge gezahlt seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 5. Februar 1964 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die nach § 161 SGG statthafte Sprungrevision ist zulässig, konnte aber keinen Erfolg haben.
Nach § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF erhalten Personen, die am 1. Oktober 1957 das 50. Lebensjahr vollendet hatten und an diesem Tage landwirtschaftliche Unternehmer i. S. des § 1 waren, Altersgeld, wenn sie ... für die Zeit, in der sie nach dem 1. Oktober 1957 landwirtschaftliche Unternehmer waren, Beiträge entrichtet haben. Die Klägerin war ursprünglich gemäß § 8 Abs. 6 GAL aF beitragsfrei, weil für das Unternehmen zunächst R B und später R B Beiträge entrichtet hatten. Die Klägerin hat jedoch von der Möglichkeit des Art. 2 § 7 des Neuregelungsgesetzes Gebrauch gemacht und für die Zeit nach dem 1. Oktober 1957 bis zur Abgabe des Unternehmens Beiträge nachentrichtet, nachdem sie eine entsprechende Erklärung gegenüber der Beklagten vor dem 1. Januar 1963 abgegeben hat. Im Gegensatz zu der Frist für die Abgabe der Erklärung (1. Januar 1963) enthält die Vorschrift keine Frist, innerhalb der die Beiträge nachzuentrichten sind und von welchem Zeitpunkt an die Leistungen zu gewähren sind. (Aus Art. 2 § 15, der den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung, den 1. Januar 1962, bestimmt, ergibt sich nur, daß der 1. Januar 1962 der früheste Zeitpunkt für Leistungen nach dieser Vorschrift ist.) Auch Art. 2 § 7 des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe idF der Bekanntmachung vom 14. September 1965 (BGBl I 1449) enthält für die gleichartige Vorschrift ebenfalls keine Frist für die Nachentrichtung, sondern sagt auch nur, daß die Leistungen frühestens vom 1. April 1963 an gewährt werden. Für die Auffassung der Beklagten, solange Beiträge nicht entrichtet seien, seien die Voraussetzungen für das Altersgeld nicht erfüllt, ergibt sich jedoch nichts aus dem Gesetz. Wie sich aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF ("Beiträge entrichtet haben") im Gegensatz zu § 25 Abs. 1 GAL aF ("beitragspflichtige Unternehmer") entnehmen läßt, genügt es nicht, wenn eine Beitragspflicht bestand, vielmehr müssen auch tatsächlich die Beiträge entrichtet worden sein. Damit ist aber nicht gesagt, in welchem Zeitpunkt dies geschehen muß, um Leistungen schon vom Inkrafttreten des Neuregelungsgesetzes, dem 1. Januar 1962 an, zu erhalten. Da das Gesetz insoweit keine Frist festlegt, müssen hierfür andere Grundsätze herangezogen werden. Aber auch unter den allgemeinen Vorschriften enthält das GAL keine entsprechende Norm. Der Senat hat in seinem Urteil vom 22. April 1965 (BSG 23, 37) ausgesprochen, daß Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse, die bis zum Ablauf von 2 Jahren nach Schluß des Kalenderjahres entrichtet werden, für das sie gelten sollen, bezüglich des § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF als in dem Monat entrichtet anzusehen sind, für den sie bestimmt seien; dabei sei § 1418 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) entsprechend anzuwenden. Dort handelt es sich aber um Beiträge von Unternehmern, die schon immer beitragspflichtig waren, nicht aber - wie im vorliegenden Fall - um Beiträge von Unternehmern, die sich erst zur Nachentrichtung von Beiträgen bereit erklärt haben. Hier muß es genügen, wenn die Nachentrichtung innerhalb angemessener Frist nach Abgabe der Bereiterklärung erfolgt. Der Senat wendet dabei den Grundgedanken des § 1420 Abs. 1 RVO an: Hiernach steht einer rechtzeitigen Entrichtung der Beiträge die Bereiterklärung des Versicherten zur Nachentrichtung gegenüber einer zuständigen Stelle gleich, wenn die Beiträge binnen angemessener Frist entrichtet werden. Da die Beitragspflicht erst durch die Abgabe der Erklärung im Dezember 1962 begründet worden ist und auch die Beiträge innerhalb angemessener Frist nach Abgabe der Erklärung und nach Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis (April 1963) im Mai 1963 entrichtet worden sind, müssen sie so behandelt werden, als ob sie schon während der Zeit, für welche sie nachentrichtet worden sind, entrichtet worden wären. Die Klägerin hat damit - außer den übrigen Voraussetzungen - auch die Voraussetzung des § 27 Abs. 1 Buchst. c GAL nF erfüllt, weil sie "für die Zeit", in der sie landwirtschaftliche Unternehmerin war, Beiträge wirksam nachentrichtet hat. Ihr steht daher auch Altersgeld auch für die Zeit vom 1. Januar 1962 bis zum 30. April 1963 zu.
Die Revision der Beklagten gegen das sozialgerichtliche Urteil mußte daher zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Fundstellen