Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Klägerin macht als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes (Versicherter) die Zahlung einer Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) wegen Vollendung des 50. Lebensjahres für verschiedene Zeiträume vom 1. Juni 1971 an bis zum Tode ihres Ehemannes im Juli 1974 geltend.
Der Versicherte hatte - mit Unterbrechungen - von Januar 1938 bis Ende September 1968 im Bergbau, zuletzt als Hauer in der Gewinnung gearbeitet. Von Oktober 1968 bis zu seinem Tode war er im Werk Wuppertal-Elberfeld der Farbenfabriken Bayer-AG als Chemiearbeiter tätig.
Den vom Versicherten im Juli 1970 gestellten Antrag auf Gewährung der Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. November 1971 ab, weil der Versicherte im Vergleich zu den von ihm als Hauer verrichteten knappschaftlichen Arbeit noch eine wirtschaftlich gleichwertige Arbeit verrichte. Nicht mehr wirtschaftlich gleichwertig sei eine Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der der Versicherte bis zu 46,73 DM täglich verdiene (Hauerdurchschnittslohn der Lohngruppe 10 = 51,93 DM abzüglich 10% = 46,73 DM). Diesen Verdienst habe der Versicherte erreicht. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 1972 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Versicherte habe einen tariflichen Stundenlohn von 5,38 DM, hinzu komme eine tarifliche Erschwerniszulage von 0,22 DM, eine tarifliche Schichtzulage von 0,32 DM, eine betriebsübliche Produktenprämie von 0,86 DM und eine individuelle außertarifliche Zulage von 0,83 DM. Da nur die letztgenannte Zulage unberücksichtigt bleiben müsse, ergebe sich ein tariflicher Stundenlohn von 6,78 DM, dem ein Schichtlohn von 54,24 DM (8 Stunden zu je 6,78 DM) entspreche. Damit werde die wirtschaftliche Gleichwertigkeitsgrenze von 46,73 DM überschritten.
In dem nachfolgenden Klageverfahren hat die Beklagte eingeräumt, daß auch die tarifliche Erschwerniszulage von 0,22 DM und die tarifliche Schichtzulage von 0,32 DM bei der Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit außer Betracht zu bleiben habe, nicht aber die betriebsübliche Produktenprämie. Sie ist der Ansicht, daß bei dem dann bei der Prüfung der Gleichwertigkeit zu berücksichtigenden Tariflohn die wirtschaftliche Gleichwertigkeitsgrenze immer noch überschritten werde. Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 24. August 1973 den Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Versicherten ab 1. August 1970 die Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG zu zahlen. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin die Klage auf Zahlung der Bergmannsrente für die Zeiträume vom 1. August 1970 bis zum 31. Mai 1971, vom 1. April bis zum 30. Juni 1972, vom 1. April bis zum 31. Juli 1973 und für den Monat April 1974 zurückgenommen. Daraufhin hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen die Berufung hinsichtlich der verbleibenden Zeiträume vom 1. Juni 1971 bis zum 31. März 1972, vom 1. Juli 1972 bis zum 31. März 1973, vom 1. August 1973 bis zum 31. März 1974 und vom 1. Mai 1974 bis zum 31. Juli 1974 zurückgewiesen, weil während dieser Zeiträume ein Anspruch auf Bergmannsrente gegeben gewesen sei. Während dieser Zeiten habe - allerdings nur ohne Mitberücksichtigung der Produktenprämie keine wirtschaftliche Gleichwertigkeit bestanden. Es sei zwischen den Beteiligten unstreitig und auch durch den Akteninhalt gesichert, daß dann vom 1. Juni 1971 bis zum 31. März 1972 dem tariflichen Hauerdurchschnittslohn abzüglich 10% in Höhe von 46,74 DM nur ein Chemiearbeitertariflohn von 43,04 bzw. 45,68 DM gegenübergestanden habe, vom 1. Juli 1972 bis zum 31. März 1973 hätten die entsprechenden Werte 51,99 DM gegenüber 48,72 DM, vom 1. August 1973 bis zum 31. März 1974 56,99 DM gegenüber 53,52 DM und vom 1. Mai 1974 bis zum 31. Juli 1974 63,88 DM gegenüber 60,58 DM betragen. Die Produktenprämie sei während der genannten Zeiträume gleichbleibend in Höhe von 6,88 DM gezahlt worden, so daß nur bei ihrer Mitberücksichtigung der Verdienst des Versicherten den Wert des tariflichen Hauerdurchschnittslohns abzüglich 10% überschritten hätte. Diese Berücksichtigung sei jedoch nicht möglich. Grundsätzlich sei bei dem Lohnvergleich zwischen der hauptberuflichen Tätigkeit und der hypothetischen Verweisungstätigkeit von dem tariflich vereinbarten Lohn auszugehen. Prämien, die aufgrund von Einzel- oder Betriebsvereinbarungen nur für einen Teil der Arbeiter einer in der Lohnordnung aufgeführten Tätigkeit vereinbart seien, könnten nicht berücksichtigt werden. Da bei der früheren Tätigkeit des Hauers allein von dem tariflichen Schichtlohn und nicht von dem effektiven Hauerdurchschnittslohn einer Schachtanlage ausgegangen werden könne, gebiete es der Grundsatz der versicherungsrechtlichen Gleichbehandlung, auch den Wert der jetzt ausgeübten Tätigkeit nach dem Lohn zu bemessen, den ein Chemiearbeiter, wie der Versicherte, innerhalb des Tarifbezirks bei normaler Arbeitsleistung und normalen Verhältnissen erwarten konnte. Auszugehen sei also von der in diesem Tarifbezirk für die Berufsgruppe übliche Entlohnung. Darunter falle nicht die dem Versicherten gezahlte Produktenprämie, denn diese Prämie sei nicht vertraglich vereinbart; es handele sich vielmehr um einen außertariflichen, betrieblich frei festgesetzten Zuschlag zum Tariflohn, der nicht auch von anderen Unternehmen innerhalb des hier maßgeblichen Tarifbezirks wenigstens 25% der Arbeiter der entsprechenden Arbeitergruppe gewährt werde. Eine einheitlich oder auch nur annähernd vergleichbare Prämien- bzw. Zulagenregelung bestehe für den Tarifbezirk nicht. Gegen das Urteil hat das LSG die Revision zugelassen.
Die Beklagte macht mit der von ihr eingelegten Revision geltend, der wirtschaftliche Wert der zu vergleichenden Tätigkeiten ergebe sich aus der Vergütung, die der Arbeitnehmer bei normaler Arbeitsleistung unter normalen Verhältnissen erwarten könne. Zuzüglich zum Tariflohn gezahlte Zulagen und Prämien seien nur dann außer Betracht zu lassen, wenn sie wegen der persönlichen - überdurchschnittlichen - Leistung gewährt würden. Zulagen und Prämien, auf die jedoch der Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf die individuelle Leistung einen Anspruch habe, seien dagegen für den wirtschaftlichen Wert einer Tätigkeit bestimmend; sie seien deshalb Bestandteil des im Rahmen des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG relevanten Arbeitseinkommens. In einem solchen Falle komme es nicht einmal darauf an, warum die Zulage oder Prämie zum Tariflohn gezahlt werde. Wenn die Prämie unabhängig vom Arbeitsergebnis und von der individuellen Leistung gezahlt werde, müsse sie auch in dem nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 MG anzustellenden Wertvergleich einbezogen werden. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Gleichwertigkeitsprüfung nach § 45 Abs. 2 RKG und der nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG liege darin, daß sich die Gleichwertigkeitsprüfung nach § 45 Abs. 2 RKG in der Regel auf hypothetische Verweisungstätigkeiten beziehe, während es bei der Gleichwertigkeitsprüfung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG (ebenso wie bei § 86 Abs. 2 Satz 1 RKG) auf eine tatsächlich verrichtete Tätigkeit ankomme. Deshalb könne die in einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) im Jahre 1961 zur Prüfung einer verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit vertretene Ansicht, daß Prämien oder Zulagen, die nicht durch Tarifvertrag vereinbart seien, bei der Prüfung der im wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit nicht berücksichtigt werden können, sofern nur weniger als 25% der Arbeiter der entsprechenden Arbeitergruppe des Tarifbezirks diese Prämie erhielten, hier nicht herangezogen werden. Im übrigen seien aber, die hierfür erforderlichen Zahlen des Tarifbezirks gar nicht festgestellt worden, genaue Zahlen über die Zahlung von Prämien an bestimmte Arbeitnehmer dürften bei
einem derartig umfänglichen Tarifbezirk auch kaum zu erlangen sein; es müsse dann hilfsweise von den Verhältnissen im Beschäftigungsbetrieb ausgegangen werden. Hier stehe aber fest, daß von 1694 Arbeitern 613, also mehr als 1/4 eine Produktenprämie erhielten. Für den Ehemann der Klägerin sei der Normallohn nicht der Tariflohn, sondern ein über den Tariflohn hinausgehender Lohn gewesen, der für die Beurteilung des objektiven wirtschaftlichen Wertes seiner Tätigkeit maßgebend sei.
Die Beklagte beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. Januar 1977 und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24. August 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin weist darauf hin, daß es sich bei der Produktenprämie nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG um eine außertarifliche Zulage handele, die von dem Arbeitgeber ihres Ehemannes aufgrund betrieblicher Übung gezahlt worden sei. Eine einheitliche oder auch nur annähernd vergleichbare Prämien- bzw. Zulagenregelung bestehe für den Tarifbereich nicht. Außertarifliche Zulagen, die nicht einmal branchenüblich seien, könnten aber bei der Feststellung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit nicht berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG erhält ein Versicherter auf Antrag Bergmannsrente, wenn er das 50. Lebensjahr vollendet, im Vergleich zu der von ihm bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit keine wirtschaftlich gleichwertigen Arbeiten mehr ausübt und eine Versicherungszeit von 300 Kalendermonaten mit ständigen Arbeiten unter Tage oder diesen gleichgestellten Arbeiten zurückgelegt hat. Streitig ist unter den Beteiligten nur, ob der Versicherte im Vergleich zu der von ihm zuletzt im September 1968 als Hauer verrichteten knappschaftlichen Arbeit während der streitigen Zeit wirtschaftlich gleichwertige Arbeiten verrichtet hat.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden (z.B. in den Urteilen vom 28. Januar 1971 und 28. Februar 1974 SozR Nr. 30 zu § 45 RKG und SozR 2600 § 45 Nr. 2), daß die in § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG geforderte wirtschaftliche Gleichwertigkeit keine vollständige Übereinstimmung der Vergleichslöhne verlangt; eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit im Sinne dieser Vorschrift sei vielmehr auch dann noch anzunehmen, wenn die Differenz des Arbeitseinkommens zwischen dem bisherigen Beruf und dem noch ausgeübten Beruf nicht mehr als 10% betrage. Zwar könnte die Verwendung des Begriffs "wirtschaftlich gleichwertig" - insbesondere im Vergleich zu dem in Abs. 2 der gleichen Vorschriften gebrauchten Begriff "im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig" - die Annahme nahelegen, der Gesetzgeber wolle hier eine völlige wirtschaftliche Gleichwertigkeit der noch ausgeübten Tätigkeit zum Hauptberuf voraussetzen. Indessen ergibt sich aus der Gesetzesbegründung eindeutig, daß der Gesetzgeber mit der ab 1.1.1968 in Kraft getretenen Neufassung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG die bis zum 31. März 1939 geltende Regelung (damals für die Alterspension) wieder einführen wollte und davon ausging, daß damals ein Lohnabfall bis zu 10% der Annahme der Gleichwertigkeit in diesem Sinne nicht entgegenstand (vgl. BR-Drucks. 481/67, S. 29, Begründung zu Art. 1 § 3 Nr. 6 zum Entwurf des FinÄndG 1967). Die Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zum früheren Recht, an das der Gesetzgeber anknüpfte, sollte ursprünglich verhindern, daß durch unbedeutende, wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallende Lohnunterschiede die Gleichwertigkeit von Lohnarbeiten ausgeschlossen wurde und kleine Lohnschwankungen und die sich daraus ergebenden geringfügigen Veränderungen der Relation der Lohnhöhe für einzelne Tätigkeiten zu einer ständigen Veränderung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit und damit des Rentenanspruchs führten (vgl. Mansfeld/Pohle, Kommentar zum RKG, 1932, Anm. 2 f. zu § 36). Diese Erwägungen haben auch heute noch Gültigkeit und der bei der Neufassung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG durch das FinÄndG zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille muß daher auch heute noch berücksichtigt werden, jedoch muß zwischen den Begriffen "wirtschaftlich gleichwertig" in § 45 Abs. 1 Nr. 1 RKG und "im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig" in § 45 Abs. 2 RKG eine deutliche und spürbare Abgrenzung erhalten bleiben.
Bis zu seinem Urteil vom 30. März 1977 - 5 Rkn 13/76 - ging der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß bei Hauern und gelernten Handwerkern andere Tätigkeiten dann noch wirtschaftlich im wesentlichen gleichwertig im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG waren, wenn die Lohndifferenz nicht mehr als 20% betrug. Diese Rechtsprechung bedurfte aber wegen der im Laufe der Jahre eingetretenen Verringerung der tariflichen Lohndifferenzen zwischen den einzelnen bergmännischen Tätigkeiten, der Aufspaltung der Hauertätigkeit in drei verschiedene Hauertätigkeiten mit unterschiedlichen Lohngruppen, der Ausweitung des von der Knappschaftsversicherungspflicht erfaßten Personenkreises, vor allem aber wegen des Erfordernisses deutlicherer Abgrenzung der Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit zu der Rente wegen Berufsunfähigkeit einer Korrektur. Im Urteil vom 30. März 1977 hat der Senat daher entschieden, daß bei der Prüfung, ob ein Versicherter nach § 45 Abs. 2 RKG vermindert bergmännisch berufsfähig ist, im Verhältnis zum Hauptberuf des Versicherten Tätigkeiten nur dann noch als wirtschaftlich im wesentlichen gleichwertig anzusehen sind, wenn die Differenz zwischen der tariflichen Einstufung des Hauptberufs des Versicherten und der tariflichen Einstufung des in Betracht gezogenen Verweisungsberufs nicht größer als etwa 12,5% ist.
In dem Urteil vom 30. März 1977 hat der Senat bereits darauf hingewiesen, daß als Folge der Neubestimmung der "im wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit" zwangsläufig eine Überprüfung der Grenze der "wirtschaftlichen Gleichwertigkeit" im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG erfolgen müsse. Eine deutliche und spü% nicht mehr gegeben. Deshalb hält es der Senat für notwendig, den für die Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 1 RKG bisher maßgebend gewesenen Prozentsatz von 10% auf etwa 7 % zu verringern, so daß nunmehr eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG dann nicht mehr anzunehmen ist, wenn die Differenz des Arbeitseinkommens zwischen der bisherigen Tätigkeit und der noch ausgeübten Tätigkeit des Versicherten größer als etwa 7 % ist. Infolge der im Laufe der letzten Jahre eingetretenen allgemeinen Verringerung der tariflichen Lohndifferenz zwischen den einzelnen Tätigkeiten sind auch die Veränderungen in den Relationen der Lohnhöhe für die einzelnen Tätigkeiten durch den Abschluß neuer Lohntarifverträge geringer geworden, so daß der Prozentsatz von 7 % ausreicht, den ursprünglichen Zweck der Festsetzung eines solchen Prozentsatzes zu erreichen, daß kleinere Veränderungen dieser Relationen nicht zu einer ständigen Veränderung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit und damit des Rentenanspruchs führen.
Der Senat hat bereits entschieden, daß bei einem Hauer, der vor dem 1. Juni 1971, also zu einem vor der Neuordnung des tariflichen Entlohnungswesens im rheinisch-westfälischen Bergbau liegenden Zeitpunkt die knappschaftliche Arbeit aufgegeben hat, die bisherige knappschaftliche Tätigkeit bei dem nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 RKG erforderlichen Lohnvergleichs wirtschaftlich durch eine Einordnung in die neue tarifliche Lohngruppe 10 unter Tage zu bewerten ist (SozR 2600 Nr. 45 Nr. 14).
Der tarifliche Hauerlohn abzüglich 7 % und der Chemiearbeitertariflohn betrugen in den noch streitigen Zeiträumen:
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Hauerlohn |
Chemiearbeitertariflohn |
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-7 % |
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vom 1.6.71 bis 31.3.72 |
48,04 DM |
45,60 DM |
vom 1.7.72 bis 31.3.73 |
53,44 DM |
48,72 DM |
vom 1.8.73 bis 31.3.74 |
58,57 DM |
53,52 DM |
vom 1.5.74 bis 31.7.74 |
ca. 65,60 DM |
60,56 DM |
Die Produktenprämie betrug in den genannten Zeiträumen einheitlich 6,88 DM.
Daraus ergibt sich, daß der dem Versicherten zustehende Chemiearbeiterlohn während der streitigen Zeiträume nur dann höher als der Hauerlohn abzüglich 7 % war, wenn zu dem Chemiearbeitertariflohn die in dem Betrieb des Versicherten durch Betriebsvereinbarung gezahlte Produktenprämie hinzugezählt werden müßte, das heißt, daß dem Versicherten die Bergmannsrente nur dann zustand, wenn die Produktenprämie beim Lohnvergleich nicht mitberücksichtigt werden darf. Das ist aber auch der Fall. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. SozR Nr. 25, 29 und Nr. 32 zu § 45 RKG und SozR 2600 § 45 Nr. 2) entschieden, daß bei der Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG, ebenso wie bei der Anwendung des § 45 Abs. 2 RKG, Gegenstand des Wertvergleichs nicht die effektive Höhe des jeweiligen Erwerbseinkommens, sondern der objektive wirtschaftliche Wert der zu vergleichenden Tätigkeiten ist, der sich in der Regel aus der tariflich vorgeschriebenen Vergütung ergibt, auf die der Arbeitnehmer auf jeden Fall Anspruch erheben kann. Zulagen und Prämien, die über den Tariflohn hinausgehend nicht durch Tarifvertrag, sondern nur durch Einzelarbeitsvertrag oder - wie im vorliegenden Fall - durch Betriebsvereinbarung festgelegt werden, können bei der Prüfung, ob eine Tätigkeit einer anderen wirtschaftlich gleichwertig ist, grundsätzlich nicht mitberücksichtigt werden, weil solche Zulagen und Prämien den objektiven Wert der ausgeübten Tätigkeit nicht erhöhen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sie aufgrund der Einzelarbeitsverträge oder der Betriebsvereinbarungen für einen so großen Teil der Arbeiter einer in der Lohnordnung aufgeführten Tätigkeit des Tarifbezirks gewährt werden, daß dies praktisch einer tarifvertraglichen Regelung für diese Arbeitergruppe gleichzubewerten ist. Somit können betrieblich vereinbarte, nicht durch Tarifvertrag abgesicherte Zulagen nur dann den objektiven wirtschaftlichen Wert einer Tätigkeit erhöhen, wenn sie so allgemein üblich sind, daß sie praktisch schon notwendig zum Arbeitseinkommen der betreffenden Arbeitnehmer des Tarifbezirks gehören. Das war aber nach den Feststellungen des LSG bei der dem Ehemann der Klägerin gezahlten Produktenprämie nicht der Fall, weil sie im wesentlichen nur in dem Betrieb gezahlt wurde, in welchem der Versicherte tätig war. Wenn der Senat in einem Urteil vom 9. November 1961 (SozR Nr. 16 zu § 35 RKG a.F.) festgestellt hat, daß "jedenfalls" Zulagen dann nicht praktisch schon notwendig zum Arbeitseinkommen der betreffenden Arbeitnehmer des Tarifbezirks gehören, wenn nur weniger als 25% der Arbeiter der entsprechenden Arbeitergruppe des Tarifbezirks diese Zulagen erhalten, so kann daraus nicht etwa der weitergehende Schluß gezogen werden, daß dies dann der Fall ist, wenn 25% dieser Arbeiter die Zulage erhalten. Aus dem Dargelegten ergibt sich, daß es auch nicht möglich ist - wie es die Beklagte möchte -, nur die Verhältnisse in einem Werk zu berücksichtigen, weil die übertarifliche Bezahlung der Arbeit bestimmter Arbeitergruppen in einem Werk allein für die Bestimmung des allgemein objektiven wirtschaftlichen Wertes der Tätigkeit dieser Arbeitergruppen nicht maßgebend ist. Wenn aber die Produktenprämie bei dem Verdienst des Ehemannes der Klägerin nicht mitberücksichtigt werden kann, war die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Chemiearbeiter in den streitigen Zeiten der früher ausgeübten Hauertätigkeit nicht gleichwertig, so daß ihm für die streitigen Zeiträume die Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres zu Recht zugesprochen worden ist und die Revision der Beklagten zurückgewiesen werden mußte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
Haufe-Index 518743 |
BSGE, 123 |