Verfahrensgang
Hessisches LSG (Urteil vom 24.11.1971) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 24. November 1971 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob Kurzarbeitergeld (Kug) an einem Wochenfeiertag zu zahlen ist, wenn die Kurzarbeit an diesem Feiertag beginnt.
Die Klägerin zeigte der Beklagten am 24. April 1967 wegen Auftragsmangels Kurzarbeit an, und zwar für Werk und Verwaltung in Eschwege ab 1. Mai 1967 (Tag der Arbeit) und für die Abteilung Finanz- und Rechnungswesen in Eschwege und Kassel ab 15. Mai 1967 (Pfingstmontag). Die Kurzarbeit war für Werk und Verwaltung in Eschwege dahingehend geregelt, daß die erste Woche arbeitsfrei war, die zweite und dritte Woche voll gearbeitet wurde und in der vierten Woche wiederum die Arbeit ausfiel. Die Abteilung Finanz- und Rechnungswesen in Eschwege und Kassel arbeitete in der ersten Woche nicht, in der zweiten voll, in der dritten Woche wiederum nicht und in der vierten ebenfalls voll. Die Klägerin hat für die Wochen, in denen gearbeitet wurde, vollen Lohn gezahlt für Werk – und Verwaltung Eschwege, also auch für den 15. Mai 1967 (Pfingstmontag).
Die Beklagte bewilligte Kug für die beantragten Zeiträume, ausgenommen die beiden Feiertage, an denen jeweils die Kurzarbeit begann, d. h. für Werk und Verwaltung Eschwege nicht für den 1. Mai 1967, für die Abteilung Finanz- und Rechnungswesen nicht für den 15. Mai 1967. Zur Begründung wird ausgeführt, daß an diesen Tagen die Kurzarbeit nicht unvermeidbar gewesen sei (Bescheide vom 8. Mai 1967 und 19. Juni 1967, Widerspruchsbescheid vom 18. August 1967).
Die hiergegen gerichtete Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos (Urteil des Sozialgerichts – SG – Kassel vom 26. April 1968; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts – LSG – vom 24. November 1971).
Die Klägerin hatte ihr Begehren vornehmlich darauf gestützt, daß an den streitigen Feiertagen hätte gearbeitet werden müssen, wenn nicht ein am 10. Mai 1967 fälliger Lieferauftrag eines französischen Auftraggebers von diesem zurückgenommen worden wäre.
Das LSG hat die Ansicht vertreten, ein unvermeidbarer Arbeitsmangel (§ 117 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung – AVAVG. –) an Sonn- und Feiertagen liege nur vor, wenn in einem Betrieb in der Regel an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werde. Blieben wegen der Rücknahme eines Auftrages außergewöhnliche Belastungen aus, die Feiertags- und Mehrarbeit notwendig gemacht hätten, bestehe keine Möglichkeit, solchen Arbeitsausfall mit Kug auszugleichen. Die gesetzliche Regelung knüpfe an die regelmäßige Arbeitszeit im Betrieb an (§ 2 118 Abs. 2; 123 AVAVG).
Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine unrichtige Auslegung des § 117 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG und bringt hierzu insbesondere vor:
Das LSG habe zu Unrecht darauf abgestellt, ob der Betrieb grundsätzlich eine durchgehende Arbeitszeit habe und an Sonn- und Feiertagen arbeite. Nach dem für den Betrieb der Klägerin maßgeblichen Tarifvertrag betrage die regelmäßige Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche. Die Verteilung der Arbeitsstunden sei vom Arbeitgeber im Einverständnis mit dem Betriebsrat vorzunehmen. Sein Arbeitsverbot an Feiertagen sei dem Tarifvertrag nicht zu entnehmen. Bei betrieblicher Notwendigkeit könne auch an Feiertagen gearbeitet werden. Da ohne die Rücknahme des französischen Auftrages Feiertagsarbeit erforderlich gewesen wäre, müsse auch der Feiertag in die Berechnung einbezogen werden.
Das LSG habe auch den § 120 Abs. 3 AVAVG unrichtig angewandt. Danach gelten Wochenfeiertage nur als Zeiten des Arbeitsausfalls, soweit eine Lohnzahlung nicht infolge des Arbeitsmangels entfalle. Der Runderlaß des Präsidenten der Bundesanstalt vom 7. März 1967 – II a 71202 – enthalte den Hinweis, dem Betrieb sei nicht zuzumuten, die Kurzarbeitsperiode nach dem Ausfall von Wochenfeiertagen auszurichten. Die organisatorischen, technischen und sozialpolitischen Gründe, die für den konkreten Arbeitsplan maßgebend gewesen seien, seien hinreichend dargetan worden. Daraus ergäbe sich, daß die Kurzarbeitsperiode jeweils mit dem Wochenbeginn habe einsetzen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 24. November 1971 und das Urteil des SG Kassel vom 26. April 1968 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 8. Mai und 19. Juni 1967 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. August 1967 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Kurzarbeitergeld auch für den 1. und 15. Mai 1967 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Urteile und Bescheide.
Beide Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –) zugestimmt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Die Zurückverweisung ist geboten, weil gemäß § 75 Abs. 2 SGG die Beiladung des Betriebsrats der Klägerin erforderlich war. Ein solcher Verfahrensfehler ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachten (BSG, Beschluß vom 12. März 1974 – 2 S 1/74 –).
Das LSG hat zutreffend die von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer nicht beigeladen. Die Klägerin macht die Rechte ihrer Arbeitnehmer, denen die Ansprüche auf Kug materiell zustehen (§§ 116, 120 AVAVG), im eigenen Namen geltend. Wegen der weitgehend von den betrieblichen Verhältnissen abhängigen Leistung des Kug hat das Verfahren bei der Bewilligung und Feststellung des Kug eine besondere Ausgestaltung erhalten. Abweichend von dem üblichen Grundsatz, daß der Anspruchsberechtigte die Voraussetzungen für die Gewährung nachzuweisen oder sonst dabei mitzuwirken hat, wurden beim Kug in Anpassung an die besonderen Verhältnisse dieser Leistungsart die Nachweis- und Mitwirkungspflichten dem Arbeitgeber (oder dem Betriebsrat) auferlegt. Dieser hat nach § 188 Abs. 1 Satz 1 AVAVG die Kurzarbeit anzuzeigen, nach Abs. 2 Satz 2 den Antrag auf Gewährung des Kug zu stellen und nach Abs. 3 die Voraussetzungen für den Lohnausfall nachzuweisen. Er unterliegt insoweit der Kontrolle durch das Arbeitsamt, welches insbesondere Einsicht in seine Geschäftsbücher und sonstige Unterlagen nehmen kann. Schließlich ist der Arbeitgeber oder die Betriebsvertretung, nicht aber der vom Lohnausfall betroffene Arbeitnehmer der Adressat des Bewilligungsbescheides (§ 188 Abs. 1 Satz 3 AVAVG), Nach § 188 Abs. 4 AVAVG ist § 170 AVAVG, der für das Arbeitslosengeld die persönliche Antragstellung vorschreibt, von der entsprechenden Anwendung auf das Kug-Verfahren ausgenommen. Aus allem muß entnommen werden, daß das Arbeitsamt bei dem Verfahren zur Gewährung des Kug grundsätzlich mit dem Arbeitgeber zu tun haben soll, während sich der einzelne Arbeitnehmer wegen des Kug – ebenso wie wegen des Arbeitslohns, an dessen Stelle das Kug tritt – nur an seinen Arbeitgeber halten soll (s. für die gleichartige Regelung des Schlechtwettergeldes BSG 33, 64 ff). Ist aber der Arbeitgeber – hier die Klägerin – Subjekt des Verwaltungsverfahrens und haben die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer insoweit keine Befugnis, ihre Rechte zu verfolgen, so ist die Klägerin Prozeßstandschafterin ihrer Kurzarbeit leistenden Arbeitnehmer (vgl. BSG 22, 181, 183 = SozR Nr. 26 zu § 144 SGG; BSG SozR Nr. 5 zu § 143 1 AVAVG). Aus der Rechtsstellung der Klägerin im Verwaltungsverfahren ist auf ihre Befugnis zu schließen, anstelle und unter Ausschluß der materiell-rechtlich Berechtigten auf Kug zu klagen (zum Begriff der Prozeßstandschaft: Stern, Rechtsschutz im Sozialrecht, 1965, S. 223, 230 mit weiteren Nachweisen). Eine Klagebefugnis der Anspruchsberechtigten ist auch nicht insoweit anzuerkennen, als es sich um die „persönlichen Voraussetzungen” des Anspruchs auf Kug handelt (so aber Hennig/Kühl/Heuer, AFG, § 72 Anm. 13). Die Prozeßführungsbefugnis kann sich nur auf den geltend gemachten Anspruch als ganzen beziehen, nicht aber auf einzelne Elemente seiner Begründung (vgl. BSG SozR Nr. 5 zu § 143 1 AVAVG). Wenn somit den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern neben der Klägerin eine Klagebefugnis nicht zusteht, besteht such nicht die Gefahr divergierender Entscheidungen, denen durch eine notwendige Beiladung gemäß § 75 Abs. 2 SGG zu begegnen wäre. Eine Beiladung der betroffenen Arbeitnehmer würde vielmehr die vom Gesetzgeber in § 188 AVAVG erstrebte Verfahrensvereinfachung durchkreuzen (ebenso Stern aaO S. 243 ff, 245). Die Entscheidung des Prozesses zwischen dem Prozeßstandschafter und dem Prozeßgegner wirkt ohnehin materiell gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern. Der Ausschluß der Klagebefugnis der vom Lohnausfall betroffenen Arbeitnehmer und die sich daraus ergebende Folge, daß sie nicht zu den notwendig Beizuladenden gehören, verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG.); insoweit greifen dieselben Erwägungen durch, welche der Senat bereits zum Ausschluß der Klagebefugnis des Arbeitnehmers beim Schlechtwettergeld angestellt hat (vgl. BSG 33, 64, 67).
Anstelle der betroffenen Arbeitnehmer ist jedoch die Betriebsvertretung nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig zum Verfahren beizuladen. Die Entscheidung kann auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen. Eine einheitliche Entscheidung ist immer dann erforderlich und eine Beiladung deshalb geboten, wenn der Rechtsstreit zwischen zwei Beteiligten unmittelbar materielle Rechte eines Dritten berührt. Dies ist hier der Fall, weil der Betriebsvertretung zur Sicherung der Arbeitnehmerinteressen im Rahmen der Gewährung von Kug ein materielles Kontrollrecht zusteht, das durch die Entscheidung in diesem Verfahren berührt wird. Dieses Kontrollrecht folgt aus § 188 Abs. 1 und 2 AVAVG. Seinem Wortlaut nach wird der Betriebsvertretung zwar nur das Recht eingeräumt, anstelle des Arbeitgebers die Kurzarbeitsanzeige zu erstatten und den Antrag auf Lohnausfallvergütung zu stellen. Die besondere Funktion dieses Rechts zwingt aber zu weitergehenden Folgerungen. Die eingeräumten Befugnisse stellen einen – wenn auch unvollkommenen – Ausgleich dafür dar, daß der einzelne Arbeitnehmer aus Praktikabilitätserwägungen von der Mitwirkung am Verfahren über die Lohnausfallvergütung ausgeschlossen ist. Sie ermöglichen Arbeitnehmerinteressen über die Betriebsvertretung zur Geltung zu bringen. Daran wird deutlich, daß der Betriebsvertretung schon verfahrensrechtlich mehr als ein bloßes Antragsrecht zugestanden wird, daß sie nämlich im gleichen Umfang wie der Arbeitgeber die Befugnis erhält, die Rechte der betroffenen Arbeitnehmer prozeßstandschaftlich wahrzunehmen.
Materiell-rechtlich handelt es sich um eine konkrete (und inhaltlich weitergehende) Ausprägung des Rechts und der Pflicht der Betriebsvertretung, darüber zu wachen, daß im Betrieb die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen eingehalten werden (§ 54 Abs. 1 Buchst. b Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG – 1952, heute § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG), Auch für den Bereich der Gewährung von Kug wird der Betriebsvertretung die Aufgabe übertragen, darüber zu wachen, daß die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Ihr wird allerdings zusätzlich noch ein Einwirkungsrecht eingeräumt, um die Einhaltung dieser Vorschriften sicherstellen zu können. Der innere Zusammenhang mit § 80 BetrVG wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß dort dem Betriebsrat keine solchen besonderen Einwirkungsbefugnisse übertragen sind, vielmehr nach einheitlicher Auflassung das Überwachungsrecht des Betriebsrats auf dem Grundsatz der partnerschaftlichen Zusammenarbeit beruht und hierdurch geprägt wird. § 80 BetrVG unterscheidet sich zwar insofern von § 188 AVAVG. Trotz der weitergehenden Befugnisse der Betriebsvertretung nach § 188 AVAVG hat das Kontrollrecht im Bereich des AVAVG aber den gleichen systematischen Ausgangspunkt und damit in gleicher Weise materiell-rechtlichen Charakter wie das Überwachungsrecht aus § 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG.
Die Notwendigkeit der Beiladung ist auch der einzige Weg, den mit der Übertragung eines Kontrollrechts auf die Betriebsvertretungen bezweckten sozialen Schutz sicherzustellen. Gewährt das Gesetz der Betriebsvertretung die Prozeßstandschaft wie dem Arbeitgeber, so ist es verfahrensrechtlich unerläßlich, ihr auch dann die Möglichkeit zu geben, sich am (gerichtlichen) Verfahren zu beteiligen, wenn sie von ihrem Anzeige- und Antragsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Die Möglichkeit, daß die Betriebsvertretung von sich aus in jeder Lage des Verfahrens diesen beitreten kann, läßt weder das AVAVG noch das SGG zu. Es ist der Betriebsvertretung also nicht gestattet – ohne Beiladung – in einem zwischen dem Arbeitgeber und der Beklagten anhängigen Rechtsstreit Beteiligte zu werden; sie ist somit auch nicht in der Lage, bei einem ungünstigen Ausgang eines solchen gerichtlichen Verfahrens Rechtsmittel einzulegen. Damit verbleibt die Beiladung als einziges Mittel; der Betriebsvertretung die Möglichkeit zu geben, im gerichtlichen Verfahren ihre soziale Schutzfunktion und ihr Kontrollrecht im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer wahrzunehmen.
Gegen die Beteiligungsfähigkeit der Betriebsvertretung nach § 70 Nr. 2 SGG bestehen keine Bedenken (BVerfGE 5, 293, 302; Hess. LSG SGG 55, 308). Die Betriebsvertretung ist im Rahmen ihrer Aufgaben beteiligungs- und damit prozeßfähig.
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 19 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes (WpflG) steht der hier vertretenen Auffassung über die notwendige Beiladung nicht entgegen. Nach § 19 Abs. 5 WpflG hat neben dem Wehrpflichtigen der gesetzliche Vertreter die Befugnis, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen. Das BVerwG hat in einem Rechtsstreit, der von dem gesetzlichen Vertreter geführt wurde, die Beiladung des Wehrpflichtigen verneint, weil es den Wehrpflichtigen nicht als Dritten im Sinne des § 65 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angesehen hat (BVerwGE 35, 247). Im Streit sei nur ein materielles Recht, nämlich das Recht des Wehrpflichtigen, das von dem gesetzlichen Vertreter wahrgenommen werde. Der Wehrpflichtige selbst habe demgegenüber kein anderes materielles Recht, das von der Entscheidung berührt werde. Eine notwendige Beiladung des Wehrpflichtigen stelle zudem eine mit § 19 Abs. 5 WpflG nicht zu vereinbarende Einschränkung des „selbständigen Verfahrensrechts” des Prozeßstandschafters dar.
Wenn auch – verfahrensrechtlich – zwischen dem § 19 Abs. 5 WpflG und dem § 188 Abs. 1 AVAVG eine ähnliche Lage gegeben zu sein scheint, so besteht dennoch ein für die Frage der notwendigen Beiladung bedeutsamer Unterschied. Während nach Auffassung des BVerwG der Wehrpflichtige selbst außerhalb des im Verfahren streitigen materiellen Rechts nicht in seinen Rechten berührt wird, wird – wie oben dargelegt – außer den im Streit befindlichen Kug-Ansprüchen, die von der Betriebsvertretung prozeßstandschaftlich verfolgt werden können, such noch das besondere Kontrollrecht der Betriebsvertretung durch das Verfahren berührt. Dies führt entsprechend auch zu einer unterschiedlichen Entscheidung über die Beiladung.
Die somit gebotene und vom LSG unterlassene notwendige Beiladung der Betriebsvertretung der Klägerin macht das Verfahren des LSG fehlerhaft und zwingt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG, welches die Beiladung nunmehr noch nachzuholen hat.
Bei der Sachentscheidung wird das LSG erwägen müssen, daß § 117 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 123 AVAVG beim Lohnausfall zwar von der „betriebsüblichen Arbeitszeit” ausgeht, insoweit jedoch die „Doppelwoche” als Berechnungsfaktor einsetzt (vgl. auch § 122 Satz 1 AVAVG). Daraus könnte sich die rechtliche Folgerung ergeben, daß Feiertage der Doppelwoche grundsätzlich in die Berechnung einbezogen werden, sofern überhaupt in der Doppelwoche Kurzarbeit eintritt. Dem stünde nicht entgegen, daß nach herrschender Auffassung der § 123 AVAVG mit dem Begriff „betriebsübliche Arbeitszeit” nicht nur die Dauer, sondern auch die Lage der Arbeitszeit bezeichnet, also von Bedeutung sein könnte, ob samstags und sonntags regelmäßig gearbeitet wird (so schon RVA AN 1934, 200 f; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, AVAVG 1960, § 123 – Rdnr. 3). Die Vorschriften über das Kug enthalten im übrigen keine Regelung, die den Arbeitgeber zwingt, die Kurzarbeit erst an den Tag zu beginnen, der auf einen am Wochenanfang liegenden gesetzlichen Feiertag folgt; insoweit sollen die Einzelverhältnisse des jeweiligen Betriebs maßgebend bleiben. Hierfür spricht auch, daß auf diese Weise die Doppelwoche mit der Kalenderwoche übereinstimmen kann (vgl. im übrigen Draeger/Buchwitz/Schönefelder, AVAVG, § 117 Rdnr. 30). Ob ein Wochenfeiertag Ausfalltag ist, für diesen Tag also Kug gezahlt werden muß, regelt § 120 Abs. 3 AVAVG. Danach gelten als Zeiten des Arbeitsausfalles Wochenfeiertage nur, soweit eine Lohnzahlungspflicht infolge des Arbeitsmangels entfällt. Dabei wird kein Unterschied dahingehend gemacht, ob der Wochenfeiertag am Anfang, in der Mitte oder am Ende einer Woche liegt. Bei der rechtlichen Beurteilung wird das LSG diese Vorschrift im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen vom 2. August 1951 Feiertagslohnzahlungsgesetz – (BGBl I 479) sehen müssen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dazu entschieden, daß Feiertagslohn stets nur dann zu zahlen ist, wenn ausschließlich der Feiertag den Arbeitsausfall verursacht hat (vgl. BAG AP Nr. 1 und Nr. 6 zu § 1 Feiertagslohnzahlungsgesetz; ferner AP Nr. 2 zu § 56 BetrVG 1952). In der letztgenannten Entscheidung beschäftigt sich das BAG auch mit einem Fall von Kurzarbeit. Es vertritt dort die Auffassung, daß Feiertagslohn nicht zu zahlen sei, wenn in einem kurzarbeitenden Betrieb die an sich auf den Feiertag fallende Arbeitszeit auf einen anderen Tag verlegt worden sei. In diesem Fall wäre nach Meinung des BAG die Verlegung der Arbeitszeit die entscheidende nächste Ursache für den Ausfall. Unter Berücksichtigung beider Vorschriften und der gesamten Rechtsprechung des BAG wird die Auffassung gerechtfertigt sein, daß sozialpolitisch beabsichtigt war, dem Arbeitnehmer auch während eines Wochenfeiertages den Anspruch entweder auf Lohn oder Lohnersatz zu erhalten. Des LSG wird bei der Auslegung des § 120 Abs. 3 AVAVG demgemäß zu prüfen haben, ob dann nicht schon von einer Ausfallzeit im Sinne dieser Vorschrift gesprochen werden kann, wenn der Arbeitgeber an dem Wochenfeiertag verkürzt hätte arbeiten lassen, sofern es sich dabei nicht um einen Wochenfeiertag gehandelt hätte. Jedenfalls sollte die hier zu entscheidende materielle Frage unter dem Gesichtspunkt beurteilt werden, daß die Regelungen nach dem Feiertagslohnzahlungsgesetz und die des § 120 Abs. 3 AVAVG nach Sinn und Zweck einander ergänzen sollten.
Unterschriften
Dr. Brocke, Hennig, Dr. Gagel
Fundstellen