Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderbarkeit der Teilnahme einer Hausfrau an Lehrgang zur Ausbildung von Hauswirtschaftsmeisterinnen
Normenkette
AFG §§ 44, 47 Abs. 1 S. 3, § 41 Abs. 1, §§ 42, 45
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. März 1973 insoweit aufgehoben, als es den von der Klägerin erhobenen Anspruch auf Unterhaltsgeld betrifft. In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur neuen Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Gründe
I
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Beklagte die Teilnahme der Klägerin an einem Lehrgang zur Ausbildung von Hauswirtschaftsmeisterinnen durch Unterhaltsgeld (UHG) und Übernahme von Kosten der Krankenversicherung (KrV) zu fördern hat.
Die 1944 geborene Klägerin ist verheiratet und in Korbach wohnhaft. Sie besitzt eine mehr als fünfjährige Praxis als selbständige Hausfrau. Von 1965 bis zum 15. Januar 1971 war sie als Verwaltungsangestellte beim Finanzamt in Korbach beschäftigt. Nach der Geburt eines Sohnes am 20. November 1970 hatte sie ihr Beschäftigungsverhältnis zum 15. Januar 1971 (Ablauf der Schutzfrist) gekündigt und war als Pflichtmitglied aus ihrer Krankenkasse ausgeschieden. Seit dem 16. Januar 1971 führte sie ihren Familienhaushalt, ohne daneben erwerbstätig zu sein.
Ab 13. Januar 1971 nahm die Klägerin an einem Lehrgang zur Ausbildung von Hauswirtschaftsmeisterinnen überwiegend in Arolsen teil. Der Lehrgang fand einmal wöchentlich statt und umfaßte sechs Schulstunden zu je 45 Minuten.
Dem Antrag der Klägerin vom 26. Januar 1971 auf Förderung dieses Lehrgangs gab die Beklagte insoweit statt, als sie für den ersten Maßnahmeabschnitt (13. Januar bis 15. Juli 1971) Lehrgangsgebühren, Kosten für Lernmittel und Arbeitskleidung, Kosten der KrV sowie die Kosten für die im März 1973 fällig werdende Prüfungsgebühr übernahm. Die Bewilligung des UHG lehnte sie ab, weil die Unterrichtszeit weniger als 14 Stunden wöchentlich betrage (Bescheid vom 7. Juni 1971 idF des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1971).
Im Bescheid vom 6. September 1971 bewilligte die Beklagte für den zweiten Maßnahmeabschnitt vom 25. August bis zum 15. Dezember 1971 die Erstattung von Lehrgangsgebühren, Lernmitteln sowie der Kosten für die Kranken- und Unfallversicherung.
Mit der Klage vom 16. September 1971 wendete sich die Klägerin gegen die Ablehnung des UHG im Bescheid vom 7. Juni 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1971. Gegen den Bescheid vom 6. September 1971 erhob sie am 27. September 1971 Widerspruch mit dem Antrag, die Kosten ihrer KrV für das ganze Jahr 1971 zu erstatten. Die Beklagte erließ dann in bezug auf den dritten Maßnahmeabschnitt vom 9. Januar bis 15. Juli 1972 noch den Bescheid vom 14. Februar 1972, der wiederum nur die Erstattung von Lehrgangsgebühren, Lernmitteln und KrV-Kosten für die Zeit der Maßnahmeteilnahme betraf. Die von der Klägerin mit Widerspruch vom 20. Februar 1972 hiergegen weiter verfolgten Ansprüche lehnte die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 21. April 1972 ab.
Mit Urteil vom 7. Juni 1972 hat das Sozialgericht (SG) Kassel die Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, die Kosten der KrV auch für Zeiten zwischen den einzelnen Maßnahmeabschnitten zu übernehmen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten der KrV hat das SG als unmittelbar durch die Förderungsmaßnahme verursacht angesehen. Einen Anspruch auf UHG hat es jedoch verneint, weil die Klägerin selbst bei großzügiger Betrachtungsweise nur 12 Stunden Arbeitsausfall wöchentlich habe.
Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligten Berufung eingelegt.
Während des Berufungsverfahrens hob die Beklagte im Bescheid vom 18. September 1972 die Entscheidung der Widerspruchsstelle vom 17. August 1971 in bezug auf die Bewilligung der Erstattung von KrV-Kosten rückwirkend ab 13. Januar 1971 auf, weil es sich hierbei nicht um ausschließlich durch die Teilnahme an der Maßnahme verursachte Kosten und damit nicht um notwendige Kosten im Sinne des Gesetzes handele.
Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat im Urteil vom 28. März 1973 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 18. September 1972 abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es das Urteil des SG abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Das LSG ist der Ansicht, daß die im Laufe des Prozesses erlassenen Bescheide Gegenstand des Verfahrens geworden seien (§ 96 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Einen Anspruch auf UHG hat das LSG verneint, weil die Klägerin weder am Vollzeitunterricht noch am berufsbegleitenden Unterricht teilnehme (§ 44 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG-). Von berufsbegleitendem Unterricht könne nur die Rede sein, wenn die Maßnahme eine Erwerbstätigkeit unterbreche, so daß das UHG Lohnausfall auszugleichen habe. Hausfrauen gingen keiner Erwerbstätigkeit nach. Auf sie seien die Vorschriften über das UHG auch nicht entsprechend anzuwenden, weil sich Förderungen durch die Beklagte auf den Arbeitsmarkt bezögen. In diesen Bereich gehöre die Tätigkeit von Hausfrauen nicht.
Die Übernahme der KrV-Kosten habe die Beklagte mit Recht aufgehoben, weil diese Kosten nicht unmittelbar durch die Maßnahme notwendig geworden seien. Der KrV-Schutz sei unabhängig von der Teilnahme an dem Lehrgang ohnehin erforderlich geworden, weil die Klägerin aus ihrem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden sei.
Gegen das Urteil hat die Klägerin die zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die unrichtige Anwendung des § 44 AFG und der §§ 5, 7, 11 der dazu erlassenen Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 - AFuU 1969 - (ANBA 1970, 85, 772). Zur Begründung trägt sie insbesondere vor:
Entgegen der Auffassung des LSG übe eine Hausfrau einen anerkannten Beruf, nämlich die Tätigkeit einer Selbständigen, aus. Das ergebe sich vor allem aus den §§ 1356, 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Umstand, daß die Klägerin keinen Einkommensverlust durch die Teilnahme an dem Lehrgang erleide, sei eine Folge des Familienrechts, das der Hausfrau für ihren Dienst in der Familie kein Entgelt zubillige. Im Falle der Erwerbstätigkeit beider Ehegatten müßten Kleinkinder von einer Haushaltshilfe betreut und versorgt werden. Soweit nichts anderes vereinbart sei, gingen die Kosten für eine Haushaltshilfe zu Lasten der Ehefrau. Nichts anderes könne gelten, wenn sich die Ehefrau auf ihren Beruf als selbständige Hausfrau vorbereitete. Soweit das LSG seine Ansicht damit begründe, daß die Beklagte arbeitsmarktbezogene Maßnahmen treffe, seien seine Ausführungen unzutreffend und unerheblich. Aus den einschlägigen Regelungen des AFG und der dazu ergangenen Anordnung lasse sich nicht herleiten, daß selbständige Hausfrauen keinem Beruf nachgingen. Eine solche Annahme stehe im Widerspruch zu tatsächlichen Feststellungen des LSG über die Zugangsvoraussetzungen zu dem geförderten Lehrgang und der Förderung selbst. Die Klägerin meint weiter, die Beklagte habe diejenigen KrV-Kosten zu übernehmen, die aus Anlaß der Teilnahme an dem Lehrgang entstanden seien. Das sei hier der Fall. Als Ehefrau eines Beamten mit einem Kind sei die Klägerin zu 60 % (stationär 70 %) beihilfeberechtigt. Die KrV habe die Klägerin nur wegen erhöhten Risikos während des Lehrgangs abgeschlossen. Im übrigen sei sie bereit gewesen, das verbleibende Risiko zu tragen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. März 1973 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juni 1972 und die Bescheide der Beklagten vom 7. Juni in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1971, vom 6. September 1971 und vom 14. Februar 1972 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 1972 zu ändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. September 1972 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Fortbildung zur Hauswirtschaftsmeisterin in der Zeit vom 13. Januar 1971 bis zum 31. März 1973 Unterhaltsgeld nach § 44 AFG zu gewähren und die Kosten ihrer Krankenversicherung während der Maßnahmedauer einschließlich der Ferienzeiten zu tragen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie räumt ein, die Tätigkeit der Klägerin als selbständige Hausfrau sei als berufliche Tätigkeit im Sinne des AFG zu werten. Ein Anspruch auf UHG bestehe jedoch nicht, weil die Maßnahme allenfalls einen Ausfall von 12 Stunden wöchentlich bewirke. Im übrigen nimmt die Beklagte auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug.
II
Die Revision der Klägerin ist nur wegen des Anspruchs auf UHG begründet und führt insoweit zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG. Wegen des Anspruchs auf Erstattung der KrV-Kosten ist die Revision nicht begründet.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß diese beiden, von der Klägerin auf Grund ihrer Teilnahme an dem Lehrgang zur Ausbildung von Hauswirtschaftsmeisterinnen gegen die Beklagte erhobenen Ansprüche sachlich zu entscheiden waren, weil die Prozeßvoraussetzungen hierfür erfüllt sind (BSG 8, 3, 9). Den Anspruch auf Gewährung von UHG gem. § 44 AFG hat die Beklagte im Bescheid vom 7. Juni 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1971 (§ 95 SGG) für den gesamten Zeitraum der Bildungsmaßnahme abgelehnt. Nach dem Widerspruchsbescheid vom 17. August 1971 hat die Klägerin form- und fristgerecht Klage erhoben. Soweit die Klägerin sich wegen des von ihr erhobenen Anspruchs auf Erstattung der Kosten für ihre KrV im Widerspruch vom 27. September 1971 dagegen gewandt hat, daß die Beklagte ihr diese Leistung im Bescheid vom 6. September 1971 nicht für das ganze Jahr 1971 bewilligt hat, ist seitens der Beklagten zwar ein förmlicher Widerspruchsbescheid nicht ergangen. Dennoch fehlt es für eine Sachentscheidung auch insoweit nicht an dem erforderlichen Widerspruchsverfahren (§§ 78, 80 SGG). Im Aufhebungsbescheid vom 18. September 1972 hat die Beklagte nämlich die Bewilligung von KrV-Kosten für den gesamten Zeitraum der Bildungsmaßnahme abgelehnt. Damit hat sie zugleich negativ über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung dieser Kosten für unterrichtsfreie Zeiten entschieden. Hierin ist zugleich, auch wenn dies in dem Bescheid vom 18. September 1972 nicht ausdrücklich ausgesprochen worden ist, die bis dahin fehlende Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin vom 27. September 1971 zu erblicken (vgl. die ähnlich gelagerte Entscheidung des BSG in SozR Nr. 19 zu § 78 SGG). Der Bescheid vom 18. September 1972 ist gem. § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Daraus ergibt sich, daß auch der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten ihrer KrV insgesamt Streitgegenstand geworden ist. Bei dieser Sachlage konnte es offenbleiben, ob der Bescheid vom 6. September 1971 bereits nach § 86 Abs. 1 SGG oder, wovon das LSG ausgegangen ist, gem. § 96 SGG unmittelbar in das Verfahren Eingang gefunden hat.
Der Anspruch der Klägerin auf UHG richtet sich nach § 44 AFG. Danach wird UHG Teilnehmern an Maßnahmen der beruflichen Fortbildung oder Umschulung (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 3 AFG) gewährt, und zwar bei Maßnahmen mit ganztägigem Unterricht stets, bei solchen mit berufsbegleitendem Unterricht nur dann, wenn durch die Teilnahme mindestens ein Drittel der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit ausfällt. Nach § 44 Abs. 1 AFG kommt es für den Anspruch auf UHG nicht nur auf die Form an, in der die einzelne Maßnahmeart durchgeführt wird. Da sich in dieser Vorschrift die für die Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Bildung allgemein aufgestellte Förderungspflicht der Bundesanstalt für Arbeit -BA- (vgl. § 33 Abs. 1, § 34, § 41 Abs. 1, § 47 Abs. 1 AFG) in bezug auf eine bestimmte Förderungsart - das UHG - konkretisiert, setzt die Anwendung des § 44 AFG stets voraus, daß überhaupt eine förderungsfähige Maßnahme im Sinne des AFG vorliegt, an welcher der das UHG begehrende Antragsteller teilnimmt. Dies hängt im vorliegenden Fall davon ab, ob die Tätigkeit der Klägerin als Hausfrau als "Beruf" oder "berufliche Tätigkeit" i. S. der Vorschriften des AFG über die berufliche Bildung anzusehen ist. Der erkennende Senat ist im Gegensatz zum LSG der Auffassung, daß die Tätigkeit der Hausfrau einen Beruf im Sinne der Vorschriften über die individuelle Förderung der beruflichen Bildung nach dem AFG darstellt. Wie er bereits in der Entscheidung vom 21. Mai 1974 (7 RAr 33/72) hervorgehoben hat, ist hierbei auf den Sinn und Zweck des jeweils anzuwendenden Gesetzes abzustellen (vgl. BSGE 30, 48, 50). Wenn es gem. § 2 Nr. 5 AFG eines der Ziele der Maßnahmen noch dem AFG sein soll, Frauen, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erschwert ist, weil sie verheiratet sind oder waren, beruflich einzugliedern - nicht nur wiedereinzugliedern - (vgl. auch zu BT-Drucks. V/4110 S. 5 zu § 2), so ist ungeachtet der Frage, ob die Tätigkeit einer Hausfrau allgemein im Sozialrecht als Beruf angesehen werden kann, dies jedenfalls für den Bereich der beruflichen Bildungsförderung nach dem AFG zu bejahen. Die Aufgabenstellung der Beklagten in bezug auf den Arbeitsmarkt bedeutet nicht, daß der Bildungswillige schon von vornherein einen auf dem Arbeitsmarkt konkret verwertbaren Beruf haben muß[xxxxx]vielmehr ist es gerade der erklärte Zweck der Bildungsförderung des AFG, diesem Ziel zu dienen. Auch die Regelung in § 43 Abs. 1 Nr. 3 AFG zeigt, daß insbesondere die berufliche Fortbildung gerade der bislang ausschließlich als Hausfrau tätigen Frau zugute kommen soll. Eine Fortbildung nach § 41 AFG kann insoweit nur aufbauen auf Erfahrungen und Kenntnissen aus der Hausfrauentätigkeit; denn nach § 41 Abs. 1 AFG ist es - u.a. - das inhaltliche Ziel der beruflichen Fortbildung, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten festzustellen, zu erhalten, zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen. Wie der Senat bereits entschieden hat, bedeutet die Regelung in § 43 Abs. 1 Nr. 3 AFG darüber hinaus nicht, daß eine auf den Eintritt oder Wiedereintritt weiblicher Arbeitsuchender in das Berufsleben gerichtete Bildungsmaßnahme stets nur der beruflichen Fortbildung zuzuordnen ist (vgl. BSG vom 21. Mai 1974 - 7 RAr 33/72 und 7 RAr 15/72 -). Inhaltlich stellt sich der Lehrgang, an dem die Klägerin teilgenommen hat, für sie als eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung nach § 41 Abs. 1 AFG dar; die Maßnahme hat jedenfalls zum Ziel, die beruflichen Kenntnisse der Klägerin als Hausfrau zu erweitern. Die Klägerin gehört ferner zu dem nach § 42 AFG im Rahmen der beruflichen Fortbildung zu fördernden Personenkreis. Sie hat als Angestellte eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt; ihre mehrjährige berufliche Tätigkeit als Hausfrau läßt erwarten, daß sie an der Fortbildungsmaßnahme mit Erfolg teilnehmen wird. § 42 AFG verlangt nicht, daß die die Beitragspflicht begründende Beschäftigung im inneren Zusammenhang mit dem durch die Bildungsmaßnahme angestrebten Berufsziel steht (vgl. auch § 7 Abs. 1 Nr. 2 AFuU 1969, Schönefelder-Kranz-Wenka, FG, § 42 Anm. 2).
Notwendige Feststellungen des LSG fehlen allerdings zu der Frage, ob die von der Klägerin besuchte Maßnahme objektiv die Zugangsvoraussetzungen des § 41 Abs. 1 AFG erfüllt, nämlich zwingend entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetzt (vgl. BSG 36, 48; BSG vom 19.3.1974 - 7 RAr 9/73 -). Hiervon hängt der Förderungsanspruch der Klägerin aber ab. Da der Rechtsstreit schon aus einem weiteren Grund an das LSG zurückverwiesen werden muß, wird es gleichzeitig die insoweit erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Das LSG hat nämlich - von seinem Rechtsstandpunkt zutreffend - keine Feststellungen zum Umfang des für die Klägerin durch die Teilnahme am Lehrgang erforderlichen Zeitaufwandes getroffen. Hierauf kommt es jedoch für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf UHG an; denn der Lehrgang wird von ihr berufsbegleitend besucht. In diesem Fall hängt der Anspruch auf UHG davon ab, ob durch die Teilnahme am Teilzeitunterricht (§ 33 AFG) ein bestimmter Arbeitszeitausfall eintritt. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Klägerin wegen der Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme einen Einkommensverlust konkret erleidet oder nicht; denn wenn das UHG u.a. auch dazu bestimmt ist, den Einkommensausfall der Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme zu ersetzen, hängt seine Gewährung nicht davon ab, daß ein solcher Ausfall im betreffenden Einzelfall tatsächlich vorliegt. Dies ergibt sich schon aus der Bemessung des UHG gem. § 44 Abs. 3 AFG auf der Grundlage eines fiktiven Einkommens i. S. von § 112 Abs. 7 AFG.
Die Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 2 AFG, deren Einfügung in das Gesetz der Ausschluß für Arbeit für erforderlich gehalten hat, weil er dem durch den Regierungsentwurf vorgesehenen völligen Ausschluß der Teilnehmer an Maßnahmen mit berufsbegleitenden Unterricht vom Bezug des UHG nicht zustimmen konnte (vgl. zu BT-Drucks. V/4110 S. 9/10 zu § 43 Abs. 1), ist zwar zugeschnitten auf abhängig Beschäftigte. Da allgemein die Förderung der beruflichen Fortbildung jedoch nicht nur für abhängig Beschäftigte in Betracht kommt (§ 42 AFG, vgl. auch die Regelung in § 44 Abs. 4 AFG; ferner BT-Drucks. V/2291 S. 71 zu § 41; Schönefelder-Kranz-Wanka, AFG, § 42 Anm. 2; Hennig-Kühl-Heuer, AFG, Anm. zu § 42), ist es von der Ermächtigung in § 39 AFG gedeckt, daß die Beklagte in § 11 Abs. 2 Satz 3 AFuU 1969 eine besondere Regelung zur Feststellung des Arbeitsausfalls von Selbständigen und Mithelfenden getroffen und sich dabei in zeitlicher Hinsicht an der 42-Stunden-Woche des abhängig Beschäftigten orientiert hat. Danach ist die Arbeitszeit von Selbständigen und Mithelfenden um mindestens ein Drittel i. S. des § 44 Abs. 1 Satz 2 AFG gemindert, wenn sie ihre Tätigkeit wegen der Teilnahme an der Maßnahme mindestens 14 Stunden in der Woche nicht ausüben können.
Hausfrauen sind nicht etwa deshalb von dieser Regelung auszunehmen, weil in § 11 Abs. 2 Satz 3 AFuU 1969 nur von "Selbständigen und Mithelfenden" gesprochen wird. Dieser Umstand gibt jedenfalls keinen ausreichenden Anhalt dafür, daß die BA Hausfrauen damit durch Satzungsregelung (vgl. BSG 35, 164) von der Förderung im Rahmen der beruflichen Bildung ganz oder teilweise hat ausnehmen wollen, so daß nicht darauf eingegangen zu werden braucht, ob ein evtl. Ausschluß mit dem Inhalt der Ermächtigung zur satzungsrechtlichen Regelung in § 39 AFG noch vereinbart werden könnte. Die Beklagte geht, wie der vorliegende Fall zeigt, selbst offenbar nicht davon aus, daß sie einen derartigen Ausschluß vorgenommen hat.
Die Arbeitszeiteinbuße einer Hausfrau durch Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme ist entsprechend der Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 AFuU 1969 festzustellen. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil die Tätigkeit einer Hausfrau hinsichtlich Lage, Dauer und Verteilung der Arbeitszeit weniger der Tätigkeit von abhängig Beschäftigten als viel eher der von Selbständiger und Mithelfenden angenähert ist. Handelt es sich, wie im Fall der Klägerin, um eine verheiratete Hausfrau, die noch der zusätzlichen Belastung als Mutter ausgesetzt ist, so ist deren Tätigkeit auch nicht auf eine bestimmte Wochenarbeitszeit beschränkt. Sie übt ihre Tätigkeit grundsätzlich an jedem Tag der Woche, auch an Sonn- und Feiertagen, aus, sofern nicht Besonderheiten eines Einzelfalles etwas anderes ergeben. Nach Auffassung des Senats wird eine andere Beurteilung dem Charakter der Tätigkeit einer solchen Hausfrau nicht gerecht. Auch bei Selbständigen und Mithelfenden wird es je nach der Besonderheit ihrer Tätigkeit häufig an der Identität mit Tätigkeiten in abhängiger Beschäftigung fehlen. Infolgedessen kann hier nur eine Berücksichtigung der für den betreffenden Personenkreis üblichen Tätigkeitsbedingungen in Betracht kommen.
Für den Umfang des Ausfalls der hiernach zugrunde zu legenden Arbeitszeit ist einmal auf die zeitliche Belastung durch die Teilnahme an dem Lehrgang selbst einschließlich der erforderlichen Wegezeit abzustellen. Hinzuzurechnen ist ferner ein angemessener Zeitaufwand für Vorbereitung und Verarbeitung des Unterrichtsstoffes einschließlich eventueller häuslicher Übungsarbeiten. Die Auffassung der Beklagten, daß diese Arbeiten in der "Freizeit" zu erledigen seien, geht fehl. Weil gerade der berufsbegleitende Unterricht mit einer geringeren Unterrichtszeit auskommen muß als der Vollzeitunterricht, ist sein Erfolg stärker als dort von der Vor- und Nacharbeit der Lehrgangsteilnehmer abhängig. Daß der Grundsatz der Einbeziehung solcher "Hausarbeiten" in den erforderlichen Zeitaufwand als Maßstab für die Berechtigung der Gewährung von UHG von der Beklagten anerkannt wird, zeigt letztlich ihre Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 1 AFuU 1969. Danach wird eine Maßnahme im Vollzeitunterricht bereits dann anerkannt, wenn der Unterricht in jeder Woche an mindestens fünf Werktagen stattfindet und je Tag wenigstens vier Unterrichtsstunden umfaßt. Es wird nämlich davon ausgegangen, daß der Teilnehmer nunmehr wegen seiner Vor- und Nacharbeit sowie notwendiger Hausarbeiten ganztags in Anspruch genommen ist, so daß er eine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann (vgl. Schönefelder-Kranz-Wanka, AFG, § 34 Anm. 4; Hoppe-Berlinger, AFG, § 34 Anm. 3b).
Für das Ausmaß des dadurch bedingten Arbeitszeitausfalls sind die Verhältnisse des Einzelfalles maßgebend. Man wird zwar im Grundsatz davon ausgehen können - analog zu der o.a. Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 1 AFuU 1969 -, daß für häusliche Vor- und Nacharbeiten etwa derselbe Zeitaufwand erforderlich ist wie für den reinen Unterricht. Dies kann im Einzelfall aber unterschiedlich sein und ist ggf. durch Sachverständige oder durch den Lehrgangsträger aufzuklären. Das LSG wird die hiernach erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Es wird dabei auch der Behauptung der Klägerin nachgehen müssen, ihr Zeitaufwand sei ferner durch notwendige Exkursionen erhöht worden. Andererseits kann die Klägerin nicht auch solchen Aufwand durch häusliche Übungen geltend machen, der ihr gleichzeitig die Erledigung sonst ohnehin anfallenden Arbeiten in ihrer Tätigkeit als Hausfrau ermöglichte. Da von der endgültigen Feststellung des so ermittelten Arbeitszeitausfalles in der Tätigkeit der Klägerin als Hausfrau der von ihr erhobene Anspruch auf UHG abhängt, muß das angefochtene Urteil insoweit aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Wegen des Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der Kosten für ihre private KrV ist die Revision unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die ursprüngliche Teilbewilligung dieser Kosten im Bescheid vom 18. September 1972 gem. § 151 Abs. 1 AFG aufgehoben und gleichzeitig das über die Bewilligung hinausgehende Begehren der Klägerin insoweit abgelehnt. Der Klägerin steht ein solcher Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Gem. § 45 AFG trägt die BA u.a. die durch die Teilnahme an dem Lehrgang unmittelbar entstehenden notwendigen Kosten auch einer KrV. Sofern der Klägerin ein Anspruch auf UHG zugebilligt wird, ist sie kraft Gesetzes krankenversichert (§ 155 Abs. 1 AFG). In diesem Fall besteht für eine private KrV aus Anlaß des Lehrgangs keine Notwendigkeit. Der von der Klägerin erhobene Erstattungsanspruch hinsichtlich ihrer Versicherungsbeiträge ist aber auch dann nicht begründet, wenn sie keinen KrV-Schutz nach § 155 Abs. 1 AFG hat. Denn diese Kosten sind jedenfalls nicht unmittelbar durch die Teilnahme an dem Hauswirtschaftsmeisterinnen-Lehrgang entstanden. Die Auffassung des LSG, daß der bis zum 15. Januar 1971 bestehende gesetzliche KrV-Schutz der Klägerin nicht deshalb weggefallen ist, weil sie an dem Hauswirtschaftslehrgang hat teilnehmen wollen, sondern deshalb, weil sie wegen der Versorgung ihres Kindes ihr Beschäftigungsverhältnis gelöst hatte, ist nicht zu beanstanden. § 45 AFG geht von einer Kausalität zwischen der Teilnahme und dem Abschluß der KrV aus, wie insbesondere das Wort "unmittelbar" aufzeigt. Da der frühere gesetzliche KrV-Schutz der Klägerin aber aus anderen Gründen als der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme entfallen ist, ergibt sich für die von der Klägerin eingegangene private KrV nicht der i. S. des § 45 AFG erforderliche enge Kausalzusammenhang der ausschließlichen weil unmittelbaren Verursachung dieser Kosten durch die Teilnahme an dem Lehrgang. Auch aus § 17 Abs. 1 Satz 2 AFuU 1969 läßt sich nichts anderes herleiten. Notwendige Kosten der Krankenhilfe, die die Beklagte hiernach für Maßnahmeteilnehmer, die kein UHG beziehen, übernimmt, können nur solche Kosten sein, die unmittelbar durch die Teilnahme an der Maßnahme i. S. von § 45 AFG entstehen. Im übrigen hat die Klägerin die Feststellung des LSG, daß sie um einen Versicherungsschutz gegen Krankheit zu haben, auch dann eine KrV hat abschließen müssen, wenn sie an dem Lehrgang nicht teilgenommen hätte, nicht substantiiert angegriffen. Der Hinweis der Klägerin auf die Beihilfeberechtigung ihres Ehemannes aus seiner Tätigkeit als Beamter auch für Aufwendungen in Krankheitsfällen der Klägerin berührt nicht diese vom LSG dargetane Notwendigkeit eines eigenen KrV-Schutzes der Klägerin selbst.
Das LSG wird bei seiner Entscheidung auch über die Erstattung von Kosten des Revisionsverfahrens befinden.
Unterschriften
Dr. Brocke zugleich für Richter am BSG Dr. Gagel, der wegen Urlaubs verhindert ist, seine Unterschrift beizufügen.
Hennig
Fundstellen
Haufe-Index 1455846 |
BSGE, 109 |
NJW 1975, 325 |